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Erich Mühsam/Staatsräson/vierzehnter Akt

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22./23. August 1927, nachts.

Die Todeszelle in Charlestown. Die Bühne wird durch einen zweiten Vorhang hinten abgeschlossen.

Vanzetti schreibt. Sacco liest.


VANZETTI. Was liest du, Sacco?

SACCO. Briefe von Lincoln. Es war ein anderer Geist in Amerika.

VANZETTI. Das Bürgertum lebte noch in revolutionären Erinnerungen und hatte daher Ideale.

SACCO. Und du, Vanzetti – was schreibst du?

VANZETTI. Einen Brief an meinen Vater. Luigia hat viel Heimweh geweckt.

SACCO. Das war ein sonderbarer Tag heute. Hast du morgens gedacht, daß wir am Abend noch leben würden?

VANZETTI. Das habe ich seit Jahren fast keinen Morgen mehr gedacht.

SACCO. Trotzdem – ich hoffte heute, es würde ernst sein, jetzt läßt Fuller diesen 22. August auch wieder vorübergehen.

VANZETTI. Er soll es machen wie er will. Noch einmal das erleben wie vor zwölf Tagen, den inneren Menschen gewappnet, Hirn und Herz vorbereitet, die Bilanz abgeschlossen – um dann, mit rasiertem Schädel, vierzig Minuten vor der Prozedur von neuem auf Wartezeit gesetzt zu werden – nein, das mache ich nicht noch mal mit. Mir ist dieser 22. August heute vergangen wie jeder Tag seit sechs Jahren.

SACCO. Mir eigentlich auch – nur, als heute mittag Rosa da war mit den Kindern und ich beim Abschied doch denken mußte – nie wieder! ich will's dir eingestehen, wie ich das kleine Mädel auf den Arm nahm, da habe ich geweint, zum ersten Mal seit langer Zeit.

VANZETTI. Brauchst dich nicht zu schämen, Freund. Ich wünschte, ich hätte noch Tränen.

SACCO. Es muß doch schon spät sein, Vanzetti. Sie lassen heute lange das Licht brennen.

VANZETTI. Ja, merkwürdig. Um so besser. So können wir uns noch etwas beschäftigen.


Vanzetti schreibt weiter;

Sacco liest. Schritte.

Thompson und Musmanno werden eingelassen.


SACCO. Nanu! Jetzt noch, zu so später Nachtzeit! – Schweigen.

VANZETTI. Ah – ich verstehe.

THOMPSON. Uns fällt die schmerzliche Aufgabe zu, Ihnen mitzuteilen, daß Sie um zwölf Uhr sterben müssen.

SACCO. Das Ende. – Endlich!

MUSMANNO. Genossen, wir haben alles versucht – alles – Schlägt die Hände vors Gesicht.

VANZETTI. Wir wissen, was ihr für uns getan habt.

SACCO. Uns genügt, daß ihr wißt, daß wir unschuldig sind.

THOMPSON. Davon sind wir überzeugt. Sonst hätten wir den Kampf längst aufgegeben.

MUSMANNO. Alle elektrischen Stühle und Galgen der Welt werden der Welt die Überzeugung nicht nehmen, daß an euch ein grauenhafter Mord verübt wird.

VANZETTI. Wie erfuhren Sie es, Rechtsanwalt?

THOMPSON. Ich war mit McAnarney abends um zehn Uhr zum Gouverneur auf sein Landgut bestellt, und jetzt komme ich direkt mit dem Auto von dort her.

SACCO. Und du, Musmanno?

MUSMANNO. Ich wurde nicht mehr mit vorgelassen zu Fuller. Ich mußte im Flur warten, von 10 Augen bei jeder Bewegung beargwöhnt. Das Verteidigungskomitee wird nicht mehr anerkannt.

VANZETTI. Werdet ihr es auflösen?

MUSMANNO. Wie kannst du das denken? Für uns werdet ihr nie tot sein – und der Kampf für euch geht weiter – erst recht!

VANZETTI. Vielleicht werden wir im Tode dem Proletariat auch noch nützlich sein.

SACCO. Bei dem Gedanken stirbt sich's leicht. – Aber, Freund Thompson, erzählen Sie von Fuller. War er mit Ihnen so scheinheilig wie mit uns?

THOMPSON. O nein. Er erklärte schneidend und kalt, er habe sich entschieden, daß Sie und Madeiros hingerichtet werden. Dann zeigte er uns einen Brief des Generalstaatsanwalts, der ihm riet, keinen Aufschub mehr zu gewähren. Auch hätte er heute abend alle beteiligten Beamten, Richter und Staatsanwälte bei sich gesehen, und der Beschluß ist von denen einstimmig gebilligt worden.

VANZETTI. Der Gouverneur Fuller ist ein Mörder, ebenso wie Thayer und Katzmann, die gekauften Zeugen und alle, die an diesem Verbrechen teilhaben.

SACCO. Die Mitteilung, daß es aus ist, kann uns nicht mehr überraschen. Der Kapitalismus ist hart und erbarmungslos gegen die treuen Soldaten der Revolution. Sag den Genossen, Musmanno, daß wir stolz sind, so zu sterben und zu fallen, wie es Anarchisten zukommt.

MUSMANNO. Ich kann jetzt nichts erwidern – verzeiht mir. Ich will den Kameraden noch Grüße und Wünsche sagen. Und sorge dich nicht um deine Kinder. Ihnen wird nichts fehlen.


Er wendet sich ab.


SACCO. Danke, Freund.

THOMPSON. Von Ihren Nächsten haben Sie Abschied genommen?

VANZETTI. Es war wohl ein Abschied – aber wir sagten doch noch auf Wiedersehen!


Aufseher schließt auf.


AUFSEHER. Die beiden Frauen sind da. Sollen sie warten?

THOMPSON. Nein – wir gehen. Leben Sie wohl, seien Sie stark. Wir wissen, daß Sie unschuldig sterben.

VANZETTI. Dank für alle Mühe und Sorge für uns – leben Sie wohl.

SACCO. Sie waren unser guter Geist bei den Verhandlungen. Dank und alles Gute für Sie.


Thompson rasch ab.
Musmanno umarmt beide.


SACCO. Leb wohl, Musmanno!

VANZETTI. Sag den Genossen, wir sterben gern, wenn es der Sache dient. Leb wohl.


Musmanno ab.
Rosa und Luigia werden eingelassen. Rosa umarmt Sacco, Luigia Vanzetti. Langes Schweigen.


VANZETTI. Ja, gute Luigia, es ist soweit.


Luigia bemüht sich, etwas zu sagen, schluchzt.


LUIGIA Bricht in Tränen aus. Sieh nur, Sacco – jetzt weine ich auch.

SACCO. Rosa, meine Geliebte. Sei mutig, für die Kinder.

ROSA. Nicola, du sollst mich in dieser Stunde nicht schwach sehen. So wie ich dich liebe, hasse ich deine Mörder.

SACCO. Gut, daß du die Kinder nicht noch einmal hergebracht hast. Es wäre zu schwer gewesen.

ROSA. Wir waren bei Gouverneur Fuller und sind von da mit der Straßenbahn gekommen.

VANZETTI. Ihr wart noch bei Fuller?

LUIGIA. Wir haben für euch gebeten. Er schien ergriffen zu sein – aber es war alles vergeblich.

VANZETTI. Ergriffen! Mit dem geschwungenen Mörderbeil in der Hand spielen sie noch die Sanftmütigen!

SACCO. Laß uns jetzt nicht mit den Feinden rechten, Vanzetti. Die wenigen Minuten noch ganz unseren Lieben.

VANZETTI. Komm hierher, Luigia. Lassen wir Nicola und Rosa ohne Zeugen sprechen.

SACCO. Küsse unsere süße kleine Inès, Rosa, und unserem Sohn sage dies von seinem Vater; er soll es wie mein Testament hüten. Dante ist jetzt vierzehn Jahre alt, da muß er stark sein und seine Mutter zu trösten verstehen. Wenn du in trüben Gedanken bist, soll er dich hinausführen ins Freie, wie ich es sonst getan habe, soll mit dir Blumen pflücken, unter dem Schatten der Bäume ausruhen und Freude und Erholung in der Natur finden. Vor allem schärfe ihm ein, daß er nie allein an sein Glück denken darf, sondern daß er den Schwachen und Hilflosen beistehen und den Verfolgten helfen muß. Nur die Armen sind seine wahren Freunde, nur die Genossen, die bereit sind zu kämpfen und zu fallen, wie sein Vater und Bartolomeo gefallen sind im Kampf um Freude und Freiheit für das Proletariat. Wäre er nicht so jung, so hätte ich gewünscht, er sähe die Hinrichtung seines Vaters mit an. Es wäre eine schreckliche Erinnerung, aber er könnte sie morgen gebrauchen, um der Welt die Schande des Jahrhunderts vorzuwerfen, die sich in der Grausamkeit unseres ungerechten Todes offenbart. Später wird Dante begreifen, daß dies ein Kampf ist zwischen Reich und Arm, zwischen Gesetz und Freiheit. Ich sage ihm das aus dem Hause des Todes. Er möge dies Haus zertrümmern helfen mit den Hämmern des Sozialismus und der Anarchie und daran arbeiten, daß an die Stellen der Gefängnisse und Richtstätten Werkstätten freier Arbeit und Schulen der Wahrheit für Waisen und Unmündige errichtet werden.

ROSA. Ich will alles behalten, was du mir aufgetragen hast, und ich will deinen Kindern eine gute Mutter bleiben und sie in deinem Geiste erziehen, Nicola.

VANZETTI. Grüße den Vater, Luigia, grüße deine Kinder, Rosa. Dankt unseren Genossen für alles, was sie für uns getan haben. Daß wir sterben müssen, nimmt unserer Dankbarkeit nichts von ihrer Stärke. Aber sie müssen zusammenstehen, die Arbeiter, und, was auch komme, ein Herz und eine Seele sein. Wir sind nur zwei, die aus ihrer Mitte gerissen werden. Aber unsere Ideen, die revolutionären Ideen des Weltproletariats werden in Millionen Hirnen weiterleben. Sie können nicht besiegt und nicht zerstört werden. Mögen unsere Schmerzen, unsere Sorgen und auch unsere Fehler und Niederlagen, unsere ganze Leidensgeschichte Waffen werden für die künftigen Kämpfe und für die Befreiung der Menschheit. Sagt von uns allen Kameraden der Arbeit und des Kampfes ein letztes Lebewohl mit traurigem, aber von Liebe erfülltem Herzen. Sagt ihnen, wir bitten sie in dieser düstern Stunde nur um eines: Einigkeit! Grüßt sie und sie sollen Mut haben. Wir bleiben die ihrigen im Leben wie im Tode!

SACCO. Jetzt geht. Ihr sollt nicht mehr hier sein, wenn sie uns abführen. Lange Umarmung.


Beide Frauen ab. Sacco und Vanzetti gehen aufeinander zu und drücken sich die Hände.


AUFSEHER tritt ein. Der Direktor läßt fragen, ob wir Ihnen irgendwelche Wünsche erfüllen können.

VANZETTI. Danke, wir brauchen nichts.

AUFSEHER bleibt stehen. Ich – wir alle – möchten es Ihnen gern erleichtern.

SACCO. Wir wissen, Sie sind ein guter Mensch.

AUFSEHER. Meine Kollegen wollen hereinkommen, Abschied nehmen.

VANZETTI. Lassen Sie sie doch kommen.


Drei weitere Aufseher treten ein. Bleiben befangen und traurig stehen.


2. AUFSEHER. Wir haben erfahren – Sie haben den Tod nicht verdient, wir wissen es.

VANZETTI. Sie haben keine Schuld an dem, was uns geschieht.

1. AUFSEHER. Wir glauben alle, daß Sie unschuldig sind.

2. AUFSEHER. Wir lernen hier drinnen unterscheiden zwischen guten und schlechten Menschen.

SACCO. Auch wir haben unterscheiden gelernt in den sieben Jahren zwischen denen, die Menschen verleumden und ermorden um des Staates willen, und Menschen, die, wenn sie auch im Staatsdienst stehen, ihre Pflicht mit Erbarmen und Güte zu erfüllen suchen.

2. AUFSEHER. O ja, wir haben auch Aufseher in den amerikanischen Gefängnissen, die ohne Herz sind für die Gefangenen.

3. AUFSEHER. Aber Sie beide haben uns alle auf Ihrer Seite.

VANZETTI. Wir sind Ihnen dankbar für alle die kleinen Gefälligkeiten, die Sie uns erwiesen haben.

4. AUFSEHER. Menschen wie Sie! Wenn unsere Vorgesetzten solche Menschen wären!

3. AUFSEHER. Wenn wir Sie fliehen lassen könnten – wir täten es.

SACCO. Wir glauben es Ihnen. Auch ihr seid Unglückliche, auch ihr seid Ausgebeutete und Vergewaltigte.

1. AUFSEHER. Wir haben viel von Ihnen gelernt in der kurzen Zeit, die Sie hier waren, und wir werden Ihr Andenken in Liebe bewahren.

SACCO. Lehren Sie Ihre Kinder gute Menschen sein – und die Freiheit lieben.

VANZETTI. Seien Sie gewiß, daß wir ohne Groll gegen Sie sterben. Sie haben getan, was Sie konnten, um uns die letzten Tage zu erleichtern.

2. AUFSEHER geht auf sie zu, gibt ihnen die Hand. Ich hatte geglaubt, der Gerechtigkeit zu dienen in diesem Hause. Jetzt weiß ich es besser.

4. AUFSEHER. Ich verspreche es Ihnen, wir wollen von jetzt ab in allen Gefangenen nur noch Unglückliche sehen.

3. AUFSEHER. Und ihnen helfen.

SACCO. Wie hat Madeiros die Nachricht aufgenommen?

1. AUFSEHER. Er liegt nebenan in der Zelle und schläft. Wir sollen ihn erst wecken, wenn es soweit ist. Ich werde jetzt einmal hineinsehen. – Leben Sie wohl, glauben Sie uns, daß wir Sie bewundern und um Sie trauern.


Die Aufseher wischen sich die Augen. Sacco und Vanzetti drücken ihnen die Hand.


SACCO. Wir danken Ihnen für alles.


Die Aufseher ab.


VANZETTI. Sie haben kein frohes Leben mit ihrem Dienst. Es sind arme Menschen.

SACCO. Und gute Menschen. – Auch Madeiros tut mir leid.

VANZETTI. Ihn tröstet nicht einmal der Gedanke, für eine gute Sache zu sterben.

SACCO. Und doch glaube ich, ihm ist eine Ahnung aufgegangen, daß auch er nur ein Opfer des Kapitalismus ist.

VANZETTI. Wie er an uns gehandelt hat, das war eine gute Tat, das weiß er auch, und das gibt ihm die Befriedigung, die ihn vor dem Tode noch ruhig schlafen läßt.

SACCO. Sie lassen Madeiros mit uns zusammen hinrichten, um durch diese Geste den Zusammenhang unseres Todes mit dem Raubmord zu betonen.

VANZETTI. Ja – aber sie erreichen höchstens, daß vor den Augen des Weltproletariats ein gewöhnlicher Bandit mit uns für die Sache der Freiheit stirbt.

SACCO. Sein Tod heiligt sein Leben. Er gehört jetzt zu uns, und sein Name wird neben den unseren in der Geschichte der Märtyrer der revolutionären Bewegung fortleben.

VANZETTI. Wir sterben, ohne Blut vergossen zu haben. Aber wir wollen uns nicht erheben über die Armen, die der Kampf ums Dasein zu Verbrechern gemacht hat. Es gibt keine Klasse unter dem Proletariat.

SACCO. Wenn die Arbeiter das einmal begriffen haben werden, dann werden sie alle ins Heerlager der Revolution strömen, die die Not am tiefsten entwürdigt hat, die sogar an der Seele Schaden gelitten haben!


Pause.


VANZETTI. Mir ist ganz frei und wohl zumute.

SACCO. Mir auch, Vanzetti. Das Ende ist leicht, wenn auch der Abschied eben schwer war.

VANZETTI. Weißt du, wie lange sie uns auf das Ende haben warten lassen? Sieben Jahre, drei Monate und siebzehn Tage.

SACCO. Ich wünsche es nicht einmal unseren Quälgeistern, daß sie das durchmachen müßten. Sie sind alle nur die Vollstrecker eines schlechten Prinzips.

VANZETTI. Der Staatsräson.


Gefängnisdirektor Hendry tritt ein.


HENDRY stockend. Ich habe die Pflicht, Ihnen zu sagen, daß Ihre Stunde gekommen ist.


Sacco und Vanzetti umarmen sich.


SACCO. Bruder!

VANZETTI. Bruder! Sie folgen wortlos dem Direktor.


Die Szene verdunkelt sich. Der hintere Vorhang geht auf. Im Hintergrund, etwas erhöht, im Halbdunkel der elektrische Stuhl. Daneben steht rechts und links je ein Henker. Die Bühne (vor dem Stuhl) bleibt einen Augenblick leer. Dann erscheinen Direktor Hendry, fünf Wärter, vier Ärzte, der Sheriff und ein Journalist.


HENDRY. Sheriff, wollen Sie hier Aufstellung nehmen, die Ärzte hier, Sie sind der zugelassene Vertreter der Presse?

JOURNALIST. Ja.

HENDRY weist jedem seinen Platz an. So setzen Sie sich hierher. Zu den Wärtern. Sie werden jetzt die Delinquenten vorführen. Nachdem ich ihnen den Beschluß des Gouverneurs mitgeteilt haben werde, bringen Sie Sacco und Vanzetti in die getrennten Zellen nebenan zurück. Madeiros wird zuerst hingerichtet.


Wärter ab, kommen mit Sacco, Vanzetti und Madeiros zurück.


HENDRY. Sie, Nicola Sacco, Bartolomeo Vanzetti und Celestino Madeiros, sind durch rechtskräftigen Rechtsspruch zum Tode durch den elektrischen Stuhl verurteilt worden. Das Urteil ist vom Gouverneur des Staates Massachusetts bestätigt worden. Ich eröffne Ihnen, daß Sie jetzt Ihre Strafe empfangen sollen.


Ein Geistlicher tritt ein.


GEISTLICHER. Auf dem schweren Wege, den Sie zu gehen im Begriffe sind, will die Kirche Sie nicht ohne Beistand lassen.

VANZETTI. Geben Sie sich mit uns keine Mühe, guter Mann.

GEISTLICHER. Gott verzeiht auch den Sündern.

SACCO. Wir bedürfen Ihres Beistandes wirklich nicht.

GEISTLICHER zu Madeiros. Aber Sie, mein Sohn, wollen doch den kirchlichen Trost in dieser Stunde nicht von sich weisen.

MADEIROS apathisch. Lassen Sie mich in Frieden.

GEISTLICHER. Bedenken Sie doch – auch wenn Sie mit Ihrem Heiland zerfallen sind –

SACCO. Wir wünschen zu sterben, wie wir gelebt haben.

VANZETTI. Und wir haben unser Leben außerhalb der frommen Einrichtungen Ihrer Gesellschaftsordnung zugebracht.

GEISTLICHER. So sei Gott euern armen Seelen gnädig. Ab.

SHERIFF. Führen Sie die Verurteilten Sacco und Vanzetti in ihre Zellen. Madeiros bleibt hier.


Sacco und Vanzetti drücken Madeiros die Hand und werden abgeführt.


HENDRY. Scharfrichter, walten Sie Ihres Amtes!


Die Henker führen Madeiros auf den elektrischen Stuhl, stülpen ihm die Maske auf. Handbewegung des Direktors. Dunkelheit. Man hört die Maschine surren. Es wird Licht. Die Ärzte sind über Madeiros Leiche gebeugt.


EIN ARZT. Er ist tot. Die Leiche wird beiseite getragen.

SHERIFF. Nicola Sacco!

SACCO erscheint in Begleitung der Wärter. Es lebe die Anarchie! Er geht auf den Stuhl zu. Während er angeschnallt wird. Leb wohl, mein Weib! Lebt wohl, meine Kinder! Und alle meine Freunde! Dunkelheit. Ich bin unschuldig! – Mutter! Man hört die Maschine surren. Licht. Ärzte über die Leiche gebeugt.

EIN ARZT. Er ist tot. Die Leiche wird beiseite getragen.

SHERIFF. Bartolomeo Vanzetti!

VANZETTI erscheint in Begleitung der Wärter, geht auf den Stuhl zu, schüttelt den beiden Henkern die Hand. Bleibt vor dem Stuhl stehen. Ich wiederhole hier im Angesicht des Todes: Ich bin unschuldig. Ich habe wohl manches Unrecht begangen, aber nie ein Verbrechen. Ich danke allen, die für uns gekämpft haben. Ich bin ein unschuldiger Mann, ebenso wie mein Schicksalsgenosse Sacco unschuldig war. Setzt sich auf den Stuhl. Dunkelheit. Ich verzeihe den Männern, die mir dies antaten. Man hört die Maschine surren. Licht. Ärzte stehen über die Leiche gebeugt.

EIN ARZT. Er ist tot. Die Leiche wird zu den an dern getragen.

HENDRY. Nach dem Gesetz erkläre ich euch für tot. Damit ist der Spruch des Gerichtes gesetzmäßig ausgeführt.

STIMMEN. Von außen Rache! Nieder der Staat! Es lebe die Revolution!


Vorhang.


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