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Georg von Rauch

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Georg von Rauch (* 12. Mai 1947 in Marburg an der Lahn, ermordet am 4. Dezember 1971 in Berlin (West))

Leben[edit]

Georg war Sohn eines gleichnamigen damaligen Marburger Universitätsdozenten für Philosophie und späteren Kieler Professors für Osteuropageschichte. Unmittelbar nach dem Abitur an der Kieler Gelehrtenschule 1966 heiratete Rauch die Malerin Illo, bereits 1967 wurde er in weiterer Folge Vater einer Tochter, Yamin. Ebenfalls 1966 nahm Rauch ein Studium der Philosophie in Kiel auf. Die Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 und die dadurch beschleunigte Aufheizung des politischen Klimas in Deutschland brachten den intensiv politisch interessierten Rauch dazu, sein Studium noch im selben Jahr an die Freie Universität Berlin zu verlegen. Unmittelbar nach seiner Ankunft in Berlin trat Rauch in den Sozialistischen Deutschen Studentenbund ein. Im Verlauf der nächsten Monate engagierte sich Rauch in verschiedenen linken Initiativen, vor allem auf dem Gebiet der Bildungspolitik, sowie in der Protestbewegung gegen den Vietnamkrieg und wurde zunehmend radikaler. Nicht zuletzt das Attentat auf Rudi Dutschke am 11. April 1968 ließ ihn mit dem politischen System der Bundesrepublik Deutschland brechen.

In dieser Zeit lebte Georg von Rauch in einer Kommune in der Wielandstrasse in Berlin-Charlottenburg. Hauptmieter der betreffenden Wohnung war der Rechtsanwalt Otto Schily. Die als "Wielandkommune" bekannt gewordene Gruppe von etwa 10 bis 20 Personen, der neben von Rauch auch sein Freund Michael Baumann angehörte, praktizierte dabei nach dem Vorbild der Kommune 1 einen bewußt antibürgerlichen Lebensstil, wobei man sich als Avantgarde einer grundlegenden gesellschaftlichen Veränderung begriff. Drogenkonsum und sexuelle Experimente waren an der Tagesordnung; den Lebensunterhalt erwarb man durch den Raubdruck und Verkauf sozialistischer Klassiker und routinemäßigen Ladendiebstahl in Supermärkten ("proletarischer Einkauf").

Stadtguerillero[edit]

Aus der Wielandkommune heraus bildete sich schließlich ein loser Kreis, für den der Konsum von Haschisch und „Einklauen“ nur Ausgangspunkte für entschiedenere Angriffe auf die bestehende Gesellschaftsordnung sein konnten. Mitverantwortlich für diese Radikalisierung waren die Ereignisse des Jahres 1968, insbesondere das Attentat auf Rudi Dutschke und das brutale Vorgehen der französischen Polizei im Pariser Mai. Angeregt von der Stadtguerilla-Idee der Tupamaros in Uruguay und den antiimperialistischen und sozialrevolutionären Schriften linker Vordenker wie Che Guevara und Mao Zedong schlussfolgerte man im Umkreis der Wielandkommune, dass nur eine Avantgarde revolutionärer Kämpfer in den Großstädten des Westens zu wahren Verbündeten der Befreiungsbewegungen in der 3. Welt werden könne.

Als Voraussetzung für das Funktionieren der Aktionen solcher rebellischer Gliederungen wurden die Aufgabe von Überbleibseln einer bürgerlichen Existenz (wie etwa einer festen, offiziellen Wohnadresse) und die Bereitschaft zur Anwendung von offener Gewalt gegenüber Repräsentanten und Institutionen des Staates und seiner „Verbündeten“ betrachtet. Der aus der Wielandkommune hervorgegangene Kreis von Stadtguerilleros, zu dessen aktivsten Mitgliedern von Rauch und Baumann gehörten, bezeichnete sich dabei in bewusst ironischer Brechung bald als Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen. Als Mitglied des Zentralrats, der ideologisch und personell zu einer der wichtigsten Vorstufen der terroristischen Bewegung 2. Juni werden sollte, war von Rauch nicht nur rein gedanklich in den „Untergrund“ gegangen, sondern verübte in den folgenden drei Jahren auch öfters schwere Straftaten.

Nachdem er zusammen mit seinen Freunden und Kampfgenossen Thomas Weisbecker und Michael Baumann den Journalisten Horst Rieck zusammengeschlagen hatten, wurde Rauch am 2. Februar 1970 schließlich verhaftet. Die folgenden eineinhalb Jahre verbrachte er in Untersuchungshaft, um schließlich wegen Nötigung, Körperverletzung und versuchten schweren Raubes angeklagt zu werden.

Am 8. Juli 1971 gelang es von Rauch aber, der Staatsgewalt zu entkommen. Die genaueren Umstände seiner Flucht wurden in der linken Sympathisantenszene bald unter dem Schlagwort "Verwechselungs-go-out" legendär: Von Rauch musste sich an diesem Tag zusammen mit Baumann und Weisbecker wegen des Überfalls auf Rieck vor dem Kriminalgericht in Berlin-Moabit verantworten, die Verhandlung wurde allerdings vertagt. Von Rauch und Weisbecker, die sich ähnlich sahen, hatten im Gerichtssaal ihre Rollen vertauscht, was offenbar niemandem aufgefallen war. Als daher der Richter Baumann und Weisbecker im Gegensatz zu ihrem Mitangeklagten Haftverschonung gewährte und die beiden aufforderte, den Gerichtssaal zu verlassen, konnte von Rauch unbemerkt an Stelle Weisbeckers aus dem Justizgebäude spazieren. Als Weisbecker später seine Identität preisgab, wurde auch er entlassen, bald darauf jedoch mit weiterem Haftbefehl wegen Fluchthilfe für von Rauch erneut gesucht.

Der gewaltsame Tod[edit]

Nach fünf Monaten auf der Flucht wurde Georg von Rauch am Abend des 4. Dezember 1971 in der Eisenacher Strasse, Nähe Mündung Kleiststraße, in Berlin-Schöneberg von Zivilfahndern gestellt und unter umstrittenen Umständen von einem Polizisten durch Kopfschuss getötet.

Rauch hatte zuvor zusammen mit seinen drei Kampfgefährten Michael "Bommi" Baumann, Hans Peter Knoll und Heinz Brockmann versucht, einen gestohlenen Ford Transit umzuparken, jedoch nicht geahnt, dass dieser bereits unter Observation von Polizisten und Verfassungsschützern stand. In der offiziellen Version der staatlichen Behörden war später davon die Rede, dass es beim Versuch der Verhaftung zu einem Schusswechsel gekommen sei. In dessen Verlauf seien von beiden Seiten zusammen etwa 25 Schüsse abgegeben worden. Dabei hätten die Gestellten, die außer von Rauch schließlich entkommen konnten, das Feuer eröffnet.

Linke Unterstützer zogen diese Darstellung später in Zweifel und verwiesen darauf, dass neben der Leiche keine Pistole gefunden worden war. Sie schlossen daraus, ein unbewaffneter von Rauch sei ohne Gegenwehr erschossen worden ("Killfahndung"). Dahingegen wartete Baumann in einem Spiegel-Interview zwei Jahre darauf mit einer anderen Version auf: Danach habe in der Tat von Rauch zuerst geschossen, jedoch sei fast gleichzeitig von den Ermittlern gefeuert worden. Baumann räumte bei gleicher Gelegenheit ein, dass auch er an diesem Tag Schüsse abgegeben hatte.

Ein Verfahren gegen den Polizisten fand nicht statt.

Nachwirkung[edit]

Von Rauch wurde bereits unmittelbar noch seinem Tod für die linksradikale Szene zu einer Art Märtyrer. Unter anderem wurde das von der Hausbesetzerszene in Beschlag genommene ehemalige Schwesternwohnheim des Bethanien in Berlin-Kreuzberg von seinen Besetzern in „Georg-von-Rauch-Haus“ umbenannt. Diesem widmete die Rock-Band Ton Steine Scherben um ihren Frontmann Rio Reiser 1972 den Rauch-Haus-Song.

Auch die Bewegung 2. Juni, in der der Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen kurz nach Georg von Rauchs Tod aufging, führte ihn als eine Art postumes Mitglied und bemühte sich, sein Andenken hochzuhalten.

Umso übler nahmen diese Unterstützergruppen Baumann später, dass dieser die Darstellung der Justiz von den unmittelbaren Umständen der tödlichen Schüsse auf Georg von Rauch im wesentlichen bestätigt hatte.

Literatur und Quellen[edit]

  • Baumann, Bommi. Wie alles anfing. Mit einem Vorwort von Heinrich Böll und einer Nachbemerkung von Michael Sontheimer. Berlin: Rotbuch-Verlag, 1991.

siehe auch[edit]

Weblinks[edit]

Kategorie:AnarchistInnen