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Zins

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Zins (von lat. census, Abgabe) ist das Entgelt für ein leihweise über einen bestimmten Zeitraum zur Nutzung überlassenes Sache- oder Finanzgut das der Leiher seinem Leihgeber zahlt.

Im Folgenden wird versucht werden die Entstehung des Zinses, seine Vorraussetzungen und die Ursachen für das falsche Verständnis dessen zu erklären. Hierbei wird von Band 3 des Kapitals von Marx und Engels ausgegangen (MEW 25).

Vorraussetzungen

Um den Artikel voll zu begreifen wird die Kenntnis dessen vorausgesetzt, was Marx als Mehrwert (relativer Mehrwert und absoluter Mehrwert), Kapital und Kapitalfetisch bezeichnete. Außerdem ist es wichtig, hier noch einige neue Begriffe zu definieren. Marx unterscheidet in der Analyse des Zinstragenden Kapitals zwischen dem Geldkapitalisten, der sein Kapital gegen Zins verleiht, und dem fungierenden Kapitalisten, der in einem ganz normalen Produktionsprozess von seinen Arbeitern den Mehrwert produzieren lässt, auf dessen Grundlage er den Profit erwirtschaftet (Vorsicht: Mehrwert ist nicht gleich Profit).

Geschichte

Verleih von Geld gegen Zinsen ist kein spezifisches Phänomen einer kapitalistischen Gesellschaft, nur die Bedingungen des Verleihens sind unterschiedliche. Der Verleih gegen Zinsen ist wahrscheinlich so alt wie das Geld an sich, damals wurde es jedoch gegen wesentlich höhere Zinssätze an Menschen verliehen, die Geld direkt zum Tausch brauchten, um sich Waren zur Lebenserhaltung oder ähnlichem zu kaufen. Weil diese Menschen das geliehene Geld meistens dringend benötigten, waren auch Zinssätze bis zu 30% möglich, die die Menschen dann auch oft in lebenslange Abhängigkeit zwängten. In der kapitalistischen Gesellschaft ist die Situation gänzlich anders. Hier ist diese Art des Verleihs zwar auch noch vorhanden, die Regel ist jedoch, dass Geld an fungierende Kapitalisten verliehen wird, die dieses als Kapital verwenden.

Entstehung

Der Zins entsteht entgegen weit verbreiteter Meinungen nicht, weil Geld, bzw. Kapital die Eigenschaft hätte, sich von alleine zu vermehren. Diese oberflächlich logisch erscheinende Vorstellung ist jedoch eine Folge des Kapitalfetischs, hierauf werde ich im Kapitel "falsches Verständnis von Zins" näher eingehen. Für den fungierenden Kapitalisten lohnt sich das Leihen vom Geldkapitalisten nur deshalb, weil er es als Kapital einsetzen kann. Mit Hilfe von diesem Kapital kann der relative oder absolute Mehrwert des Kapitalisten vergrößert werden, sodass der Kapitalist mehr Profit erwirtschaften kann. Der Bruttoprofit (als der gesamte Profit) des fungierenden Kapitalisten muss von diesem aufgeteilt werden in Zins, den er dem Geldkapitalisten zurückzahlen muss und Unternehmergewinn, der den eigentlichen Profit des fungierenden Kapitalisten ausmacht. Für den Geldkapitalisten ergibt sich hierbei eine besondere Zirkulationsform des zinstragenden Kapitals im Gegensatz zum herkömmlichen Kapital des industriellen Kapitalisten: G - G - W - G´ - G" ; Das Geld G wird zuerst vom Geldkapitalisten dem fungierenden Kapitalisten gegeben, welcher dieses dann als Kapital im Produktionsprozess benutzt. Er bezahlt also Produktionsmittel (konstantes Kapital c) und Arbeitskraft (variables Kapital v) um eine Ware W mit zusätzlichem Mehrwert (m) zu produzieren. Nach dem Verkauf dieser Ware hat er den höheren Geldbetrag G´ erwirtschaftet, von welchem der Betrag G" an den Geldkapitalisten zurückfließt. Es lässt sich also erkennen, das der Profit des Geldkapitalisten (also des Verleihers) keineswegs "von selbst" entsteht, sondern auf dem Mehrwert beruht, den der fungierende Kapitalist von seinen Arbeitern erhält (beziehungsweise sich aneignet, denn die Arbeiter haben gar keine andere Wahl, als ihn dem Kapitalisten zur Verfügung zu stellen).

falsches Verständnis von Zins

Das Besondere am zinstragenden Kapital ist nicht der Zins – dieser ist nur ein besonderer Ausdruck der Kapitalverwertung –, sondern die scheinbar unvermittelte Form dieser Verwertung: Das Geld selbst scheint sich von ganz alleine zu vermehren. Marx bezeichnet das zinstragende Kapital daher als die ”fetischartigste Form” (MEW 25, S. 404) des Kapitalverhältnisses.

An diese ”fetischartigste Form” des Kapitalverhältnisses schließen historisch eine Reihe von verkürzten Kapitalkritiken an, die alle darauf hinauslaufen, nicht das Kapitalverhältnis selbst zu kritisieren, sondern nur die Existenz des Zinses, also den Zusammenhang zwischen Zins und Kapitalverhältnis auszublenden. Die Zinsnahme wurde einerseits dem ”produktiven” Kapitalverhältnis gegenübergestellt und moralisch kritisiert, als Einkommen, das nicht auf eigener Leistung beruhe. Andererseits wurde die Existenz des Zinses zur Ursache aller gesellschaftlichen Übel erklärt: Die ganze Gesellschaft werde direkt oder indirekt geknechtet, nur um letzten Endes den Geldbesitzern Zins zahlen zu können.

Im Kapitalismus ist es im Widerspruch dazu aber so, dass ein großer Teil der Kredite, der Bereicherung der Schuldner dient: Sie leihen sich Geld, um es als Kapital zu verwenden. Diese Form des Kredits, die in vorbürgerlichen Gesellschaften nur ausnahmsweise vorkam, ist die für kapitalistische Unternehmen typische Kreditform, die alle anderen Formen dominiert.

Unter kapitalistischen Verhältnissen, d.h. wenn auch die Produktion kapitalistisch organisiert ist, hat Geld die Fähigkeit, in einem bestimmten Zeitraum einen Profit zu erzielen. Wird Geld verliehen, so wird diese Fähigkeit ”verkauft”. Der ”Preis”, der für diese besondere Ware zu zahlen ist, ist der Zins. Gezahlt wird der Zins aus dem Profit, der mit Hilfe des Geldes erzielt wurde.

Die Bewegung des zinstragenden Kapitals, die von diesem Kreditsystem vermittelt wird, ist keine bloße Zutat, kein ”Überbau” über dem industriellen Kapital. Zwar entspringt, wie gleich deutlich werden wird, das zinstragende Kapital einerseits der Zirkulation des industriellen Kapitals, andererseits aber ist die Bewegung des industriellen Kapitals gar nicht möglich ohne Kredit.


Ein entwickeltes Kreditsystem ermöglicht dem Einzelkapital, einerseits auf die Bildung von Schätzen zu verzichten und brachliegendes Kapital auszuleihen, andererseits, wenn es einen Kredit aufnimmt, weit mehr zu akkumulieren. Für ein kapitalistisches Unternehmen ist eine gewisse Verschuldung daher keineswegs ”ungesund” oder ein Zeichen von Schwäche. In vorkapitalistischen Gesellschaften verschuldeten sich die Produzenten meistens aufgrund von Notlagen und hatten dann nicht selten Probleme, auch nur die Zinsen zu zahlen. Unter kapitalistischen Verhältnissen dienen die Kredite vor allem zur Finanzierung einer zusätzlichen Akkumulation: Kredite sollen die am Eigenkapital gemessene Profitrate steigern. Angenommen die Durchschnittsprofitrate beträgt acht Prozent und der Marktzinssatz fünf Prozent. Investiert ein Kapitalist eine Million Euro, dann kann er einen Profit von 80.000 Euro erwarten. Leiht er sich nun eine weitere Million Euro und diese zweite Million Euro wirft ebenfalls den Durchschnittsprofit ab, dann erhält unser Kapitalist zusätzlich 80.000 Euro, von denen er 50.000 Euro als Zins an den Geldbesitzer bezahlen muss. Sein Gesamtprofit beträgt dann 80.000 Euro + 30.000 Euro = 110.000 Euro: sein Eigenkapital (die eigene Million) hat ihm aufgrund des Kredits nicht nur die acht Prozent Durchschnittsprofit eingebracht, sondern elf Prozent. Diese Steigerung der Profitrate ist das Hauptmotiv zur Aufnahme von Krediten. (1)

Literatur

(1) Michael Heinrich; Kritik der politischen Ökonomie - Eine Einführung; Schmetterling Verlag; ISBN 3-89657-593-7; Reihe theorie.org.

(2) MEW 25


Kategorie:Ökonomie