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Dialektik

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Während früher Dialektik für eine Methode der Gesprächsführung stand, steht sie heute für Methoden zum Darstellung der Entwicklung sowohl in der Wirklichkeit als auch im Denken. Diese methodologischen Ansätze unterscheiden sich zum Bespiel bei Gottfried Wilhelm Leibniz, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Karl Marx bis hin in der Dialektik der Aufklärung, da mit diesen Methoden auch andere Vorstellungen der Entwicklung erzeugt werden und umgekehrt andere Vorstellungen von Entwicklung andere Methode erfordern.

Dialektik aus der Sicht der Trialektik[edit]

thumb|verzweigen und verknüpfen (von Sandra Uhlitzsch)

In der formalen Logik (unter anderem im Satz der Identität und im Satz der Nichtidentität) wird von isolierten Prozessen ausgegangen, die dann in einen Zusammenhang gebracht werden. Dagegen wird in der Dialektik von Zusammenhängen ausgegangen, wobei die zunächst stabil gewordenen Prozesse in den Zusammenhängen „ihre Fixiertheit, Natürlichkeit und angebliche Ursprünglichkeit verlieren und sich auf diese Weise als abgeleitete und vermittelte Erscheinungen [...] zeigen“ [1]. Dialektische Vorstellungen gehen demzufolge nicht von etwas Fertigem aus, sondern versuchen mit ihren Methoden die Entwicklung in der Natur, der Gesellschaft und im Denken zu begründen.

Eine Stärke dialektischer Herangehensweisen ist es, die Grenzen zum Beispiel zwischen biologischer und gesellschaftlicher Entwicklung zu bestimmen, das heißt, dass die biologische Entwicklung eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die gesellschaftliche Eigenentwicklung darstellt [2]. Auch im Denken nähert sich die sich wandelnde und damit relative Wahrheit der Grenze – der absoluten Wahrheit – an, ohne diese zu erreichen (Wahrheit).

Mit Hilfe des methodologischen Konzept der Trialektik werden Geltungsbereiche von Theorie bestimmt, um Theorien untereinander zu verknüpfen zu können. Dabei werden neben analytischen und konstruktiven Methoden auch dialektische verwendet.

Beispiel[edit]

Nach der Dialektik von Diskontinuität und Kontinuität (unter anderem von Peter Beurton) wird der kontinuierliche Verlauf bei einem Strukturwechsel nicht unterbrochen, aber in andere Bahnen gelenkt. Diese Vorstellung zeichnet sich durch mehrere Übergänge zur neuen Diskontinuität (wie zum Beispiel zu einer neuen Struktur) aus (Sprung, These 9).

Während die Vorstellungen des stetigen und sprunghaften Verlaufs nur isoliert voneinander betrachtet werden können (in der Verwendung der formalen Logik), stehen die Vorstellungen des kontinuierlichen und diskontinuierlichen Verlaufs auch miteinander in Beziehung.

Die Vorstellung über den stetigen Verlauf in der Evolution verwandelt sich nach der indirekten Verknüpfung mit der Vorstellung des sprunghaften Verlaufs in die Vorstellung des kontinuierlichen Verlaufs. Sie nähert sich der Vorstellung des stetigen Verlaufs an, aber erreicht sie nicht, da die kontinuierlichen Veränderungen immer in einer Diskontinuität wie eine Struktur erfolgen. Auch die Vorstellung des diskontinuierlichen Verlaufs nähert sich der Vorstellung des sprunghaften Verlaufs an, aber erreicht diesen nicht, da der stetige Fluss nicht unterbrochen, sondern in andere Bahnen gelenkt wird.

Die Dialektik von Diskontinuität und Kontinuität ist eine Grundlage des Fünf-Stufen-Qualitätssprungs.

Anwendung[edit]

Die Kritik an dialektischen Methoden und an der Darstellung von Wirklichkeit liegt aus der Sicht der Trialektik im Folgenden: Ein Begriff ist erst dann begriffen, wenn sein Geltungsbereich bestimmt worden ist. Dies gilt auch für jede Theorie oder Vorstellung.

Wer Erkenntnismittel in einer Weise verwendet, dass die Entwicklung in unendlich kleine Teile “zerlegt“ wird, für den verändert sich die Natur nur stetig. Wer solche Erkenntnismittel wählt, bei denen Teile zu einem Ganzen unveränderlich “zusammengeschweißt“ werden, der kann, damit eine Darstellung der Entwicklung möglich ist, nur "Brüche" zwischen dem einen Ganzen und dem folgenden Ganzen zulassen. Dann verändert sich die Natur nur sprunghaft.

Hier zeigt sich, dass die verwendeten Erkenntnismittel und die damit erzeugten Vorstellungen nicht zu trennen sind und damit wie Ort und Impuls in der Quantenphysik "verkettet" sind. Das mag der Erkenntnisprozess behindern, aber eröffnet andere Einsichten: Die Vorstellungen über den stetigen oder den sprunghaften Verlauf enthalten keine Aussagen über die Wirklichkeit, sondern stellen Grenzen dar, zwischen denen sich eine so verstandene Evolution vollzieht.

Auch die Dialektik von Diskontinuität und Kontinuität besitzt einen begrenzten Geltungsbereich (These 9). Nur wenn Theorien einen begrenzten Geltungsbereich besitzen, können sie in einer Kombination nebeneinander existieren und können sich in einer “Metamorphose“ wandeln. Damit kann Wirklichkeit wie eine vielschichtig verstandene Evolution begründet werden.

Geltungsbereich der D.[edit]

In Anlehnung an den Geltungsbereich der formalen Logik (Satz der Identität, Satz der Nichtidentität und Satz des ausgeschlossenen Dritten) werden hier die Eigenentwicklung, die Fremdeinflüsse und die plurale Totalität als Geltungsbereiche der Dialektik angenommen. Unter dieser pluralen und damit in sich begrenzten und wandlungsfähigen Totalität wird die indirekte Verknüpfung von (direkter) Eigenentwicklung und (indirekten) Fremdeinflüssen verstanden.


„Die Eigenentwicklung steht für diejenigen (inneren) Bedingungen der Organismen, die deren Funktionen direkt erzeugen, verändern und erhalten (siehe Abschnitt 2.2.2 oder Glossar). Die Eigen¬entwicklung der Organismen bedeutet auch, dass diese sich ihre Grenzen selbst setzen (zum Beispiel der Einzeller sich seine Zellmembran). Aber nicht alle Prozesse, die sich innerhalb dieser Grenzen vollziehen, unterliegen der Eigenentwicklung. Prozesse, die die Funktionen indirekt erzeugen, verändern und erhalten, sind notwendige, aber keine hinreichenden Bedingungen für die Eigenentwicklung und werden den Fremdeinflüssen zugeordnet. Damit kann die Eigenentwicklung niemals autark (unabhängig von äußeren Bedingungen) sein, sondern ist autonom.

Als Fremdeinflüsse werden diejenigen Bedingungen verstanden, die das Funktionswachstum in den Grenzen der Eigenentwicklung indirekt verändern oder erhalten. Die Fremdeinflüsse entstehen nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb der (äußeren) Grenzen der Eigenentwicklung. Jedoch können die Fremdeinflüsse nicht auf die unmittelbaren Existenzgrundlagen wie Nahrung, Temperatur, Licht usw. reduziert werden. Die Existenzbedingungen können wie eine defekte DNS über den Tod der Organismen “entscheiden“ und somit nicht mehr in die Veränderung der Funktionen “eingreifen“. Wenn die Evolution begründet werden soll, sind deshalb vor allem solche Fremdeinflüsse zu berücksichtigen, die Funktionen erhalten und deren Wachstum beschleunigen oder hemmen.

Die Totalität wirkt zwar innerhalb ihres Geltungsbereiches scheinbar “unendlich“ oder “vollständig“, ist aber auch durch deren Geltungsbereich begrenzt. Das bedeutet, dass sich nicht alles gegenseitig beeinflusst oder alles mit allem in einem Zusammenhang steht, wie dies in „Gaia“-Hypothese von James Lovelock (1991) beschrieben wird. Die hier verstandene Totalität ist eine Bedingung dafür, dass die plurale Wechselwirkung vom Ganzen und seinen Teilen entstehen kann. In dieser bestimmen die Teile das Ganze direkt und das Ganze die Teile indirekt, so dass das Ganze weniger als die “Summe“ seiner Teile ist.

In der Totalität werden Eigenentwicklung und Fremdeinflüsse so miteinander in Beziehung gesetzt, dass beide nicht voneinander getrennt werden können. Damit sind sie Momente dieser Komplexität oder Totalität. Diese Totalität bedeutet weder die Dominanz der Eigenentwicklung noch die der Fremdeinflüsse, sondern stellt als indirekte Verknüpfung der Momente von direkter Eigenentwicklung und indirekten Fremdeinflüssen etwas “Drittes“ dar. Dieses “Dritte“, das für das Zusammenwirken der beiden Momente steht, kann sich selbst wandeln.“ [3]

Dialektik (HKWM)[edit]

thumb|Buchumschlag des HKWM

Der Artikel Dialektik beginnt im historisch-kritischen Wörterbuch des Marxismus (HKWM) wie folgt:

„»Algebra der Revolution« hat Alexander Herzen die hegelsche D genannt, und als »lebendige Seele« des Marxismus pflegt man zumal in der Nachfolge Lenins die materialistische D zu bezeichnen. Sie ist ein Schlüssel zum philosophischen Denken und zur sprachlich-ästhetischen Produktionsweise Brechts, der sie die Große Methode nennt. Was D bedeutet, ist umstritten, und der Streit um D ist immer zugleich ein Streit um den richtigen Weg gewesen.

»In ihrer mystifizierten Form«, gemeint ist die hegelsche, »ward die D deutsche Mode, weil sie das Bestehende zu verklären schien«; in der Form, die Marx ihr gibt und die er im Nachwort zur 2. Auflage des Kapital (1873) »ihre rationelle Gestalt« nennt, »ist sie dem Bürgertum und seinen doktrinären Wortführern ein Ärgernis und Greuel«; sie ist es, weil sie subversiv ist, weil sie in die herrschende Ordnung als die Ordnung der Herrschaft Bewegung bringt, »weil sie in dem positiven Verständnis des Bestehenden zugleich auch das Verständnis seiner Negation« seines notwendigen Untergangs einschließt, jede gewordne Form im Flusse der Bewegung, also auch nach ihrer vergänglichen Seite auffaßt, sich durch nichts imponieren läßt, ihrem Wesen nach kritisch und revolutionär ist«. – In diesem Sinn praktizierte D wurde auch staatssozialistischer Herrschaft ein Ȁrgernis und Greuel«." [4]


Literatur[edit]

  • Beurton, Peter: Zur Dialektik in der biologischen Evolution. – Deutsche Zeitschrift für Philosophie 23, H.7 S. 913-925, Berlin 1975.
  • – : Fragen der Wissenschaftsentwicklung seit Darwin unter besonderer Berücksichtung von Otto Heinrich Schindewolf, in: Herbert Hörz u.a. (Hrsg.), Gesetz – Entwicklung – Information, S. 134-157 Berlin 1979.
  • Haug, Wolfgang Fritz: Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus (HKWM) Bd. 2, Hamburg 1995.
  • Kosik, Karel: Die Dialektik des Konkreten, Eine Studie zur Problematik des Menschen und der Welt, Frankfurt a.M 1986.
  • Otto, Stefan: Eine vielschichtig verstandene Evolution - 24 Thesen zum systematischen und indirekten Verknüpfen von Evolutionstheorien, Jena 2011.
  • Christoph Zimmer: Aufklärung ohne Dialektik. 3., erweiterte Edition 2013.

Weblinks[edit]


Kategorie: Trialektik (Wandel der Erkenntnismittel)

Kategorie: HKWM
  1. Karel Kosik: 1986, Seite 16
  2. Stefan Otto: 2011, Abschnitt 3.1.6
  3. Stefan Otto 2011, 324
  4. Wolfgang Fritz Haug 1995, Spalte 657: (http://www.inkrit.de/e_inkritpedia/e_maincode/doku.php?id=d:dialektik)