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Dialektik der Aufklärung

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Die Dialektik der Aufklärung ist ein philosophischer Essayband von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno. Im Untertitel bezeichnend als Philosophische Fragmente benannt. Es ist eine Art Bestandsaufnahme über das Scheitern und die Folgen, sowie die Ursachen von Vernunft und Aufklärung. Nicht zufällig passierte dieser „Rückschritt in eine neue Form der Barbarei“. Dies beweist nämlich das Versagen der Aufklärung. Es soll gezeigt werden, wie die Vernunft als Instrument missbraucht wird, und wie dadurch die Machenschaften des Dritten Reichs zu erklären sind.


Gliederung[edit]

Die Dialektik der Aufklärung gliedert sich in fünf Kapitel, die jedoch einzeln jeweils als philosophische Essay zu bezeichnen sind. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der Widersprüchlichkeit des Vernunftbegriffes und das dadurch bedingte Auf und Ab der Aufklärung. Das zweite und auch das dritte Kapitel lässt sich als Exkurs verstehen. Thema des zweiten Abschnittes ist die Odyssee. Das dritte Kapitel thematisiert Romane des Marquise de Sade. Darauf folgt das vierte Kapitel über die „Aufklärung als Massenbetrug“. Das fünfte und letzte Kapitel macht faschistische Propaganda zum Thema. Den Abschluss des Werks bilden „Aufzeichnungen und Entwürfe“, die schon vor Abschluss der Essays entstanden waren.

Die Gliederung lässt erkennen, dass es Horkheimer und Adorno nicht um ein logisch strukturiertes und abgeschlossenes Werk ging.

Inhalt[edit]

Ein Kernpunkt der Dialektik der Aufklärung ist die „Aufklärung als Massenbetrug“. Unter Kulturindustrie ist die kommerzielle Vermarktung von Kultur zu verstehen; der Industriezweig, der sich gezielt mit der Herstellung von Kultur beschäftigt. Im Gegensatz dazu steht die authentische Kultur.

Nach der Auffassung Horkheimers und Adornos, raubt industriell hergestellte Kultur dem Menschen die Phantasie und übernimmt das Nachdenken für ihn. Die Kulturindustrie liefert die „Ware“ so, dass dem Menschen nur noch die Aufgabe des Konsumenten zukommt. Durch Massenproduktion ist alles gleichartig und unterscheidet sich höchstens in Kleinigkeiten. Alles wird in ein Schema gepresst und erwünscht ist es, die reale Welt so gut wie möglich Nachzuahmen. Triebe werden so weit geschürt, dass eine Sublimierung nicht mehr möglich ist.

Als Beispiel lässt sich der Kinofilm anführen. Prinzipiell sind alle Filme ähnlich. Sie sind darauf ausgelegt, die Wirklichkeit möglichst gut wiederzugeben. Auch Fantasy-Filme, die den Anspruch erheben, nicht realitätsnah zu sein, werden den Anforderungen nicht gerecht. Egal, wie außergewöhnlich sie sein wollen, das Ende ist zumeist schon sehr schnell absehbar, da es nun mal viele Filme gibt, die nach dem gleichen Schema produziert wurden. Desweiteren werden z.B. durch erotische Darstellungen Triebe so weit gestärkt, dass eine Umwälzung auf anderes nicht mehr möglich ist.

Das Ziel der Kulturindustrie ist – wie in jedem Industriezweig – ökonomischer Art. Alles Bemühen ist auf wirtschaftliche Erfolge ausgerichtet.

Die authentische Kultur hingegen ist nicht zielgerichtet, sondern Selbstzweck. Sie fördert die Phantasie des Menschen, indem sie Anregungen gibt, aber anders als die Kulturindustrie, den Freiraum für eigenständiges menschliches Denken lässt. Authentische Kultur will nicht die Wirklichkeit nachstellen, sondern weit über sie hinausgehen. Sie ist individuell und lässt sich nicht in ein Schema pressen.

Als Ursachen für die Entstehung von Kulturindustrie führen Horkheimer und Adorno an, dass sich Firmen finden, die Kultur vermarkten und dadurch das ökonomische Ziel der Profitmaximierung verfolgen. Durch diesen Umstand bleibt Kultur nicht, was sie ist bzw. sein soll, sondern wird eine Ware wie jede andere.


Ein weiterer Teil des Werkes beschäftigt sich mit Antisemitismus und faschistischer Propaganda. Dabei liegt der Schwerpunkt der Betrachtung auf faschistischer Propaganda in den USA.

Es geht immer darum, Menschen für sich zu gewinnen, wobei, neben dem Inhalt, das Hauptaugenmerk auf der Stimulation von Mechanismen des Unterbewusstseins liegt. Wesentlich ist, dass der Redner keine hervorgehobene Position den Zuhörern gegenüber einnimmt, sondern als „einer von ihnen“ spricht. In dieser Situation spricht er nicht von abstrakten Dingen, sondern erzählt natürliche Situationen. Ob er sie selber erlebt hat, oder ob sie nur seiner Phantasie entspringen, ist egal. Der Redner stellt sich selbst als ein Überbringer der Nachricht dar, wodurch die Zusammengehörigkeit zwischen ihm und der Zuhörerschaft gestärkt werden soll. Laut Horkheimer und Adorno wecken Redner Neugierde bei der Zuhörerschaft, indem sie Andeutungen machen, über die die Zuhörer mehr erfahren wollen und ihm somit ihre Aufmerksamkeit schenken. Ob die „Skandale“ nun wahr oder fiktiv sind, ist egal. Hauptsache, man gibt den Zuhörern das Gefühl, sie gehörten zu einem eingeweihtem Kreis, der diese Informationen erhält.

Das Ziel, das die Propaganda verfolgt und erreichen will, wird nicht klar benannt. Vielmehr geht es darum, von „Großem“ oder „Mächtigem“ zu sprechen, was die Zuhörer beeindruckt, ohne dass sie dies weiter hinterfragen.

Ein grundlegendes Element faschistischer Propaganda liegt darin, keine Texte zu veröffentlichen, aus denen man die Gesinnung erschließen könnte, denn so würden sie angreifbar.

Eine faschistische Rede ist stark auf bildhafte Darstellung ausgelegt. Der Redner versucht, ein möglichst einheitliches, klares Bild vom „Feind“ zu schaffen und zum Zuhörer zu transportieren. Ob dieses Bild der Wirklichkeit entspricht oder nicht, spielt eine extrem untergeordnete Rolle. Damit die Rede „spannend“ bleibt und die Aufmerksamkeit der Zuhörerschaft nicht verloren geht, werden gezielt bestimmte Schlagworte eingesetzt, die den Menschen immer wieder ins Bewusstsein rufen, worum es geht und wogegen man sich wehren muss. Diese Schlagworte bleiben im Unterbewusstsein hängen und haben einen hohen Erinnerungswert.

Faschistische Propaganda ist immer sehr genau geplant und durchdacht. Man setzt psychologische Mittel und Tricks gezielt und bewusst ein.

Die Situation der Rede ist vergleichbar mit einer Show. Der Redner bietet dem Publikum etwas; er bricht Regeln und Tabus. Es reicht nicht, die Zuhörerschaft allein mit Worten von den Plänen des Redners zu überzeugen, sondern dem Publikum muss etwas geboten werden. Der Redner verhält sich nicht so, wie ein Redner es üblicherweise tut. Stattdessen präsentiert er sich. Beim Publikum werden Gefühle von Freude und Spaß geweckt, die dann dazu führen, dass die Ideologie des Redners übernommen wird. Der Mensch wird gut unterhalten und bekommt eine gute Show geboten, deshalb ist er dankbar und verinnerlicht die Ideologie. Dies führt aber auch dazu, dass der Einzelne seine Selbstbeherrschung oder Selbstkontrolle verlieren kann und dadurch in Abhängigkeit gerät. Die Persönlichkeit jedes einzelnen Zuhörers wird dadurch in extremem Maße beschnitten.

Durch die immer gleiche Abfolge von Ähnlichkeit der Shows wird die Situation ritualisiert. Die Situation wird zelebriert. Faschistische Rituale weisen besondere Eigenschaften und Merkmale auf. Solche Reden sind auf Schwarz-Weiß-Malerei ausgelegt. Beispielsweise ist der Feind das Böse und Grauen schlechthin, der Rest ist das Gute und Reine. Es gibt keine Zwischenstufen. Der Redner arbeitet mit der Verwendung von Klischees. Durch die oben angesprochenen Schlagworte verankern sich diese Klischees bei der Zuhörerschaft und die Erwartung geht dahin, immer wieder diese Klischees zu wiederholen.

Ritualisierung hat auch in diesem Zusammenhang einen religiösen Beigeschmack. Indem der Redner versucht, seine Ideologie als etwas „Göttliches“ zu verkaufen, entsteht beim Zuhörer der Eindruck, dass das Gesagte gut ist. Rituale verstärken zwischenmenschliche Bindungen und lassen die Menschen näher zusammenrücken.

Ein weiterer entscheidender Punkt ist, dass Dinge nur angedeutet bzw. angeschnitten, aber nicht komplett enthüllt werden. Der Redner spricht z.B. von „dunklen Mächten“, ohne jedoch festzulegen, wer oder was die dunklen Mächte eigentlich sind. Man geht also davon aus, dass die Zuhörer wissen (oder erahnen), was gemeint ist. Auf Seiten der Zuhörerschaft entsteht hingegen das Gefühl, sie gehörten zu einer eingeweihten In-Group, weil sie die unklaren Äußerungen des Redners verstehen und wissen, was gemeint ist. Man vermittelt das Gefühl der Zusammengehörigkeit, da man die Fakten nicht gezielt ansprechen muss, sondern jeder weiß, was gemeint ist.

Der wohl wesentlichste und bedeutsamste Punkt, den Horkheimer und Adorno in ihrer Dialektik der Aufklärung zum Thema des faschistischen Rituals anführen, ist, dass ein solches Ritual wenig auf den Inhalt ausgelegt ist. Viel wichtiger ist dabei die Inszenierung, die Show. Dies muss psychoanalytisch betrachtet werden, denn ein Ritual wie oben beschrieben, kann sexuelle Befriedigung liefern. Die Lust am Enthüllen kann als Ersatz für sexuelle Befriedigung dienen. Die Ritualsituation kann symbolisch für eine Operdarbietung stehen. Die Darlegung der „Realität“ (oder was der Redner als Realität gewusst haben will), kommt der Tötung eines Opfers gleich. Der Feind wird symbolisch getötet. Es entsteht der Wunsch, nicht nur symbolisch, sondern real und sakral den Feind zu opfern.


Die Rezeptionsgeschichte[edit]

Ursprünglich waren die Fragmente nur Inhalt einer Flaschenpost mit der Absicht der Autoren, nicht sofort vergessen zu sein. Deshalb waren Horkheimer und Adorno auch sehr von dem Erfolg der Dialektik der Aufklärung überrascht, der jedoch erst etwa 20 Jahre nach Erscheinen des Buches in Europa und den USA eintrat. Seither (also seit Mitte der 60er Jahre) ist das Werk jedoch als eine Grundlage der Vernunftkritik zu bezeichnen.

Literatur[edit]

  • Rüdiger Safranski: "Schiller - oder die Erfindung des Deutschen Idealismus, 12. Kapitel
  • Theodor W. Adorno und Max Horkheimer: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. 275 Seiten. Frankfurt am Main: Fischer, 1969. ISBN 3-596-27404-4
  • Andreas Hetzel: Interpretation. Max Horkheimer / Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung., in: Interpretationen. Hauptwerke der Sozialphilosophie, Reclam, 2001, S. 148-172. ISBN 3-15-018114-3

Siehe auch[edit]

Weblinks[edit]

Kategorie:Frankfurter Schule