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Difference between revisions of "Nationalanarchismus"

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Die Bewegung des '''Nationalanarchismus''' ist in den 1990er Jahren als eine Verbindung von [[Nationalismus]] und [[Anarchismus]] und als radikale Gegenbewegung zum Modernismus entstanden.
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'''Nationalanarchismus''' ist eine seit 1998 im [[Internet]] verbreitete [[Wortschöpfung]] einiger Personen, die [[Nationalismus]] und [[Anarchismus]] verbinden soll. Sie ist Teil einer [[Querfront]]strategie im [[Rechtsextremismus]].  
  
Synonym benutzt werden häufig die Begriffe ''antiautoritärer Nationalsozialismus'', ''libertärer Nationalsozialismus'' oder ''brauner Anarchismus''.
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== Vertreter und Position ==
  
Das Ziel dieser Bewegung ist die ''nationale Anarchie''.
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In Deutschland propagiert Peter Töpfer seit etwa 1998 im Internet eine „nationale Anarchie“ als politisches Ziel, das den „rationalen Kern“ von Nationalismus und Anarchismus vereinen soll. Es gebe keine gemeinsame Organisationsform, jeder Nationalanarchist spreche für sich. Sie verträten eine radikale Alternative zur [[Globalisierung]], die [[Multikulturalität]] nicht innerhalb, sondern zwischen ethnisch homogenen Völkern herstellen wolle.<ref>[http://web.archive.org/web/20071010033202/www.nationalanarchismus.org/alle_texte/alle_texte.html Webseiten Peter Töpfers]</ref> Dieses Ziel verfolgen auch Troy Southgate in Großbritannien<ref>zu Southgates Eigendarstellung: [http://www.new-right.org/?p=21 Interview im Englischen];  [http://www.extremepolitics.org/2009/01/13/interview-with-national-anarchist-troy-southgate/ Interview with National Anarchist, Troy Southgate] in extreme politics, abgerufen 11. Dezember 2009</ref> oder Hans Cany in Frankreich.
Die jeweiligen Nationalstaaten werden von den Nationalanarchisten nicht als ihre Nationen anerkannt. Sie beziehen sich jedoch auf ihre ethnische Zugehörigkeit und betonen sie. Multikulturelle Gedanken werden konsequent abgelehnt. Genauer bedeutet dies ein radikaler Dezentralismus auf ethnischer Grundlage.
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[[Antidogmatismus|Antidogmatisch]] werden sowohl Nationalisten als auch Anarchisten als historische Vorbilder akzeptiert.
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Töpfer ist seit 1995 als Mitherausgeber der Zeitschrift „[[Sleipnir (Zeitschrift)|Sleipnir]]“ u.a. wegen Verbreitung von [[Holocaustleugnung]]<ref>[http://www.im.nrw.de/sch/350.htm Innenministerium NRW: ''Sleipnir - Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik'']</ref> und seit 1998 als regelmäßiger Teilnehmer an [[NPD]]-Demonstrationen bekannt. Sein Versuch, mit der [[Anarchistische Symbolik|Farbsymbolik]] von [[Anarchosyndikalismus|Anarchosyndikalisten]] und [[kommunistischer Anarchismus|kommunistischen Anarchisten]] einen anarchistischen Flügel bei rechtsextremen Nationalisten zu propagieren, stieß dort auf Ablehnung. Seither wirbt Töpfer im Internet weiter für ein strategisches Bündnis von Rechtsextremisten mit „deutschen Anarchisten“ und unterstützt dazu aktiv rechtskräftig verurteilte Holocaustleugner wie [[Horst Mahler]] und befreundete [[Neonazi]]s wie [[Christian Worch]].<ref>[http://www.bnr.de/content/schwarz-rote-fahne Peter Nowak: „Schwarzrote Fahne“, in: Blick nach Rechts 25/16. Dezember 1999] (für Nichtmitglieder kostenpflichtig)</ref> Er organisierte mehrere sogenannte Querfronttreffen, etwa mit [[Karl Nagel (APPD)|Karl Nagel]], ehemaliger Kanzlerkandidat der [[Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands|Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands]]. Eins dieser Treffen im August 2001 wurde polizeilich aufgelöst, dabei wurde Töpfer verhaftet.<ref>Amtsgericht Rotenburg an der Fulda, Aktenzeichen: 53a GS 36/01]</ref> Er arbeitete mit [[Michael Koth]] vom „[[Kampfbund Deutscher Sozialisten]] (KDS)“ zusammen, einer [[Neonazismus|neonazistischen]] Querfrontorganisation, die aus nationalistischer Sicht die [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] verherrlicht.<ref name="vs-bb-29">[http://www.verfassungsschutz.brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/2002_aktuelle_fassung.pdf Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2002, S. 29 (pdf)]</ref> Gemeinsame Aktivitäten bezeichnen Töpfer und Koth als ''Bündnis nationale Linke im nationalen Widerstand'' und ''AG Antifaschismus im nationalen Widerstand''.<ref>[http://freeweb.dnet.it/antifhain/fenster_toepfer.htm Stressfaktor, Februar 2005: ''Peter Töpfer, Querfrontler aus Lichtenberg'']</ref>
  
Die nationalanarchistischen Gruppen der verschiedenen Länder stehen über die '''Nationalanarchistische Internationale''' in Kontakt zueinander. Die Nationalanarchistische Internationale ist keine Organisation, sondern ein loses Netzwerk. Jede Gruppe behält ihre volle Eigenständigkeit (Mikrostrukturalismus) und ist auch in sich nicht hierachisch aufgebaut. Diesem Netzwerk ordnen sich Gruppen aus derzeit 13 Ländern zu.
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== Einordnung ==
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Anarchismus und Nationalismus sind im 19. Jahrhundert als einander ausschließende Weltanschauungen entstanden. Denn die anarchistischen Prinzipien [[Egalitarismus]], Ablehnung von [[Herrschaft]] und Zwang setzen die prinzipielle Gleichheit der Individuen voraus und richteten sich daher gegen alle Ideologien, mit denen die ethnische Homogenisierung und der Ausschluss bestimmter Menschengruppen begründet werden. Dort, wo anarchistische Bewegungen politischen Einfluss gewannen, wandten sie sich entschieden gegen [[Faschismus]] und [[Rassismus]], z.&nbsp;B. im [[Spanischer Bürgerkrieg|Spanischen Bürgerkrieg]] 1936. Ebenso wenden sich heutige Anarchisten gegen Nationalismus.<ref>[http://www.infoshop.org/faq/secD7.html The Pierre J. Proudhon Memorial Computer Infoshop.org (Dezember 1998): ''Are anarchists opposed to National Liberation struggles?'']</ref>
  
Der Nationalanarchismus in Deutschland geht zurück auf [[Peter Töpfer]], der auch als Sprecher der Bewegung auftritt, und hat post-[[Hegelianismus|linkshegelianische]] und [[Aufklärung|aufklärerische]] Wurzeln.  
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Deswegen kritisieren Beobachter wie [[Ralf Fischer]], dass Nationalanarchisten ihre Ideologie als Unterströmung des Anarchismus ausgeben. Die nationale Anarchie deute die Anarchie zur Befreiung von Multikulturalität um. Der Nationalanarchismus sei in Wirklichkeit eine Spielart von Rassismus. Es handele sich dabei größtenteils um ein Internetphänomen. Vertreter der Strömung seien bereits vorher als Rechtsextreme aufgefallen.<ref>[http://www.campodecriptana.de/content/ausgabe5_anarchismus.pdf Ralf Fischer: ''Nationaler Anarchismus? Anarchismus von Rechts!'' (pdf)]</ref>
Im Allgemeinen liegen die Wurzeln der meisten Nationalanarchisten für gewöhnlich im links[[autonom]]en Spektrum.
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Wahrscheinlich handelt es sich bei den Nationalanarchisten in England, um [[Troy Southgate]], wohl um die größte und bekannteste Sektion.
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Der deutsche Anarchismusforscher [[Jochen Schmück]] führt in seiner „Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus“ auch Publikationen von Karnevalisten und Nationalisten auf und begründet dies wie folgt:
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{{Zitat|Und so finden sich dann in unserer Pressedokumentation neben den 99 Prozent echten anarchistischen und libertären Zeitschriften auch einige seltsame „Sumpfblüten“ von Pseudo-Anarchisten. Ich denke da z.B. an eine Faschingszeitung […] Aber auch an die Blätter der Anarcho-Stalinisten oder der sog. Nationalanarchisten. Denn auch das gehört zur Dokumentation der Wirkungsgeschichte des deutschsprachigen Anarchismus mit dazu, dass das Label „anarchistisch“ auch von Nicht- oder Anti-Anarchisten aus taktischen oder sonstigen Gründen übernommen wird.<ref>[http://projekte.free.de/dada/DadA-Interview.htm ''„ALLES BLEIBT ANDERS“: Interview mit Jochen Schmück zum zehnjährigen Bestehen der DadA-Website (1. Mai 2006)]</ref>}}
  
Die ideologische Autonomie der nationalen Sektionen und Mikrostrukturalismus der Nationalanarchistischen Internationale läßt in den einzelnen Gruppen auch speziell eigene Anschauungen zu.
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Soziologe [[Thomas Pfeiffer (Sozialwissenschaftler)|Thomas Pfeiffer]] ordnet Töpfers Ideologie ebenfalls als Querfrontversuch mit einer Nähe zur [[Neue Rechte|Neuen Rechten]] ein:<ref>[http://www.extremismus.com/texte/neuerechte2.pdf Thomas Pfeiffer, Verfassungsschutz NRW (25. April 2003): ''Die Neue Rechte in Deutschland'', S.66]</ref>
So betrachtet die größte nationalanarchistische Gruppe in Spanien neben [[Kropotkin]] und [[Bakunin]] auch Adolf Hitler als ihr Vorbild.  
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{{Zitat|Eine gewisse Renaissance erlebt die Querfront-Strategie auch in Kreisen, die anarchistische und rechtsextremistische Ansätze zusammenführen möchten und sich daher als „nationalanarchistisch“ verstehen. Zu ihrer Belebung hat insbesondere der frühere Mitherausgeber der neurechten Zeitschrift 'Sleipnir' (vgl. 7.2.1), der Berliner Peter Töpfer, beigetragen. Mittlerweile tauchen nationalanarchistische Gedanken auch auf mehreren Internet-Seiten aus diesem Umfeld auf.}}
  
[[Kategorie:Anarchismus]]
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[[Roger Griffin]] zählt die Ideologie des Briten Troy Southgate, der sich ebenfalls als Nationalanarchist bezeichnet<ref>[http://english.pravda.ru/politics/2002/01/17/25828.html Troy Southgate: ''Transcending the Beyond from Third Position to National-Anarchism'']</ref>, zum Spektrum Querfront und kategorisiert dieses insgesamt als „Metapolitisierung des [[Faschismus]]“.<ref>[http://home.alphalink.com.au/~radnat/theories-right/theory6.html Roger Griffin: ''Fascism’s new faces (and new facelessness) in the 'post-fascist’ epoch'']</ref>
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== Einzelnachweise ==
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Revision as of 17:57, 29 July 2015

Nationalanarchismus ist eine seit 1998 im Internet verbreitete Wortschöpfung einiger Personen, die Nationalismus und Anarchismus verbinden soll. Sie ist Teil einer Querfrontstrategie im Rechtsextremismus.

Vertreter und Position

In Deutschland propagiert Peter Töpfer seit etwa 1998 im Internet eine „nationale Anarchie“ als politisches Ziel, das den „rationalen Kern“ von Nationalismus und Anarchismus vereinen soll. Es gebe keine gemeinsame Organisationsform, jeder Nationalanarchist spreche für sich. Sie verträten eine radikale Alternative zur Globalisierung, die Multikulturalität nicht innerhalb, sondern zwischen ethnisch homogenen Völkern herstellen wolle.[1] Dieses Ziel verfolgen auch Troy Southgate in Großbritannien[2] oder Hans Cany in Frankreich.

Töpfer ist seit 1995 als Mitherausgeber der Zeitschrift „Sleipnir“ u.a. wegen Verbreitung von Holocaustleugnung[3] und seit 1998 als regelmäßiger Teilnehmer an NPD-Demonstrationen bekannt. Sein Versuch, mit der Farbsymbolik von Anarchosyndikalisten und kommunistischen Anarchisten einen anarchistischen Flügel bei rechtsextremen Nationalisten zu propagieren, stieß dort auf Ablehnung. Seither wirbt Töpfer im Internet weiter für ein strategisches Bündnis von Rechtsextremisten mit „deutschen Anarchisten“ und unterstützt dazu aktiv rechtskräftig verurteilte Holocaustleugner wie Horst Mahler und befreundete Neonazis wie Christian Worch.[4] Er organisierte mehrere sogenannte Querfronttreffen, etwa mit Karl Nagel, ehemaliger Kanzlerkandidat der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands. Eins dieser Treffen im August 2001 wurde polizeilich aufgelöst, dabei wurde Töpfer verhaftet.[5] Er arbeitete mit Michael Koth vom „Kampfbund Deutscher Sozialisten (KDS)“ zusammen, einer neonazistischen Querfrontorganisation, die aus nationalistischer Sicht die DDR verherrlicht.[6] Gemeinsame Aktivitäten bezeichnen Töpfer und Koth als Bündnis nationale Linke im nationalen Widerstand und AG Antifaschismus im nationalen Widerstand.[7]

Einordnung

Anarchismus und Nationalismus sind im 19. Jahrhundert als einander ausschließende Weltanschauungen entstanden. Denn die anarchistischen Prinzipien Egalitarismus, Ablehnung von Herrschaft und Zwang setzen die prinzipielle Gleichheit der Individuen voraus und richteten sich daher gegen alle Ideologien, mit denen die ethnische Homogenisierung und der Ausschluss bestimmter Menschengruppen begründet werden. Dort, wo anarchistische Bewegungen politischen Einfluss gewannen, wandten sie sich entschieden gegen Faschismus und Rassismus, z. B. im Spanischen Bürgerkrieg 1936. Ebenso wenden sich heutige Anarchisten gegen Nationalismus.[8]

Deswegen kritisieren Beobachter wie Ralf Fischer, dass Nationalanarchisten ihre Ideologie als Unterströmung des Anarchismus ausgeben. Die nationale Anarchie deute die Anarchie zur Befreiung von Multikulturalität um. Der Nationalanarchismus sei in Wirklichkeit eine Spielart von Rassismus. Es handele sich dabei größtenteils um ein Internetphänomen. Vertreter der Strömung seien bereits vorher als Rechtsextreme aufgefallen.[9]

Der deutsche Anarchismusforscher Jochen Schmück führt in seiner „Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus“ auch Publikationen von Karnevalisten und Nationalisten auf und begründet dies wie folgt:

„Und so finden sich dann in unserer Pressedokumentation neben den 99 Prozent echten anarchistischen und libertären Zeitschriften auch einige seltsame „Sumpfblüten“ von Pseudo-Anarchisten. Ich denke da z.B. an eine Faschingszeitung […] Aber auch an die Blätter der Anarcho-Stalinisten oder der sog. Nationalanarchisten. Denn auch das gehört zur Dokumentation der Wirkungsgeschichte des deutschsprachigen Anarchismus mit dazu, dass das Label „anarchistisch“ auch von Nicht- oder Anti-Anarchisten aus taktischen oder sonstigen Gründen übernommen wird.[10]“

Soziologe Thomas Pfeiffer ordnet Töpfers Ideologie ebenfalls als Querfrontversuch mit einer Nähe zur Neuen Rechten ein:[11]

„Eine gewisse Renaissance erlebt die Querfront-Strategie auch in Kreisen, die anarchistische und rechtsextremistische Ansätze zusammenführen möchten und sich daher als „nationalanarchistisch“ verstehen. Zu ihrer Belebung hat insbesondere der frühere Mitherausgeber der neurechten Zeitschrift 'Sleipnir' (vgl. 7.2.1), der Berliner Peter Töpfer, beigetragen. Mittlerweile tauchen nationalanarchistische Gedanken auch auf mehreren Internet-Seiten aus diesem Umfeld auf.“

Roger Griffin zählt die Ideologie des Briten Troy Southgate, der sich ebenfalls als Nationalanarchist bezeichnet[12], zum Spektrum Querfront und kategorisiert dieses insgesamt als „Metapolitisierung des Faschismus“.[13]

Einzelnachweise

  1. Webseiten Peter Töpfers
  2. zu Southgates Eigendarstellung: Interview im Englischen; Interview with National Anarchist, Troy Southgate in extreme politics, abgerufen 11. Dezember 2009
  3. Innenministerium NRW: Sleipnir - Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik
  4. Peter Nowak: „Schwarzrote Fahne“, in: Blick nach Rechts 25/16. Dezember 1999 (für Nichtmitglieder kostenpflichtig)
  5. Amtsgericht Rotenburg an der Fulda, Aktenzeichen: 53a GS 36/01]
  6. Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2002, S. 29 (pdf)
  7. Stressfaktor, Februar 2005: Peter Töpfer, Querfrontler aus Lichtenberg
  8. The Pierre J. Proudhon Memorial Computer Infoshop.org (Dezember 1998): Are anarchists opposed to National Liberation struggles?
  9. Ralf Fischer: Nationaler Anarchismus? Anarchismus von Rechts! (pdf)
  10. „ALLES BLEIBT ANDERS“: Interview mit Jochen Schmück zum zehnjährigen Bestehen der DadA-Website (1. Mai 2006)
  11. Thomas Pfeiffer, Verfassungsschutz NRW (25. April 2003): Die Neue Rechte in Deutschland, S.66
  12. Troy Southgate: Transcending the Beyond from Third Position to National-Anarchism
  13. Roger Griffin: Fascism’s new faces (and new facelessness) in the 'post-fascist’ epoch

Kategorie:Faschismus