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Staat

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(Redirected from Kritik am Rechtsstaat)
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Staat ist ein mehrdeutiger Begriff verschiedener Sozial- und Staatswissenschaften. Im weitesten Sinn bezeichnet er eine politische Ordnung, in der einer bestimmten Gruppe, Organisation oder Institution eine privilegierte Stellung zukommt bei der Ausübung von (politischer) Macht. (wikipedia)

Staat - das ist ein Instrument der Regierung zur Unterdrückung des Einzelnen. Für Niccolò Machiavelli (1469–1527) waren alle menschlichen Gewalten, die Macht über Menschen haben, Staat. - Die Regierung ist nur eine Ansammlung von Menschen, die alle ihr Bestes tun, um zu bekommen was sie in irgendeiner Weise wollen, wovon sie sich Profit versprechen, so wie du und ich. Jeder, der erwartet, dass die Regierung den Menschen fair und gleich behandeln würde, ist offensichtlich ein äußerst naiver Staatsromantischer utopischer Spinner aus einer fernen Dimension. Regierungen stellen nichts anderes dar als Räuberbanden im privaten Sektor. In der Tat sind die Linien, welche die Regierung und den Privathandel trennen so verschwommen als könnten sie genauso gut nicht vorhanden sein. Dennoch, für den Möchtegern-Aufsteiger im Turbo-Lift auf dem Weg zur Macht, ein paar Hinweise auf die Strukturen der staatlichen Institutionen - dies könnte sich als lehrreich erweisen: Zwei Zweige bilden zusammen die Regierung: Der Staat (das heißt die Macht-Inhaber=private multinationale Konzerne) und das Parlament. Auch hier ist der Abstand zwischen den beiden Zweigen mehr theoretisch als tatsächlich. Unterhändler bewegen sich permanent, die ganze Zeit zwischen den beiden Institutionen hin und her um zwischen beiden zu vermitteln. Die Wünsche des Parlaments an den Staat und die Wünsche des Staats an das Parlament weiterzugeben um diese umzusetzen. Dies erzeugt den parlamentarischen Staat, welcher sich somit lediglich durch die Institutionalisierung eines Parlamentes (welches auch nur die Interessen des Staates umsetzt, also nicht der Menschen) vom autokratischen Staat in seiner frühesten Form als absolutistischer Monarchie unterscheidet, welcher noch keines Parlamentes bedurfte und die Herrschaft der wenigen direkt (ohne den Umweg über Parlamente) ausgeübt wurde.

Das Gegenteil eines Staates ist die klassenlose Gesellschaft d.h. die staatenlose Gesellschaft in welcher keine Gruppe Privilegien genießt und allen dieselben Rechte zukommen und diese ist bis vor gar nicht einmal so langer Zeit sogar der Normalzustand jeder menschlichen Gemeinschaft auf allen Kontinenten gewesen.

Anarchie, eine Gesellschaft ohne Staat hat seit undenklichen Zeiten existiert. Anarchismus, die Lehre, dass die Rückkehr zu einer solchen Gesellschaftsform sogar wünschenswert ist, ist eine viel modernere Entwicklung.

Wenn sich das Volk wieder selbst organisiert, seine Geschicke selbst in die Hand nimmt, frei von Staat und Regierung, frei von Banken und Konzernen, so ist das eine höhere Form der Ordnung, dann ist es die dem Staat entgegengesetzte Organisationsform der Anarchie (der Herrschaftsfreiheit) Hier soll an einigen grundsätzlichen Punkten deutlich gemacht werden, dass es vor dem Hintergrund der Kritik der politischen Ökonomie nicht allein um eine zur bürgerlichen Theorie des Staates alternative Theorie geht, sondern vor allem um eine Kritik der Politik. Damit ist nicht eine Kritik bestimmter Politikern gemeint, sondern eine Kritik von Staat und Politik als sozialen Formen, d. h. als einer bestimmten Weise, den gesellschaftlichen Zusammenhang zu vermitteln.

Hier soll an einigen grundsätzlichen Punkten deutlich gemacht werden, dass es vor dem Hintergrund der Kritik der politischen Ökonomie nicht allein um eine zur bürgerlichen Theorie des Staates alternative Theorie geht, sondern vor allem um eine Kritik der Politik. Damit ist nicht eine Kritik bestimmter Politiker gemeint, sondern eine Kritik von Staat und Politik als sozialen Formen, d. h. als einer bestimmten Weise, den gesellschaftlichen Zusammenhang zu vermitteln.

Anarchisten lehnen jegliche Art von Macht gegen Menschen ab, deshalb richten wir uns gegen den Staat. Ziel des Anarchismus und genauso des Kommunismus ist die vollständige Abschaffung von (National-)Staaten durch die Errichtung einer herrschaftslosen Gesellschaft.

Wer oder was ist der Staat?[edit]

“Der Staat das sind doch wir alle.“ FALSCH

Der Staat verfügt über das Monopol legaler Gewaltausübung.. Institutionen: Parlament, Regierung, Finanzamt Gewalt: Polizei nach innen, Militär nach außen Justiz:

Der Staat des Kapitals

Der Staat sichert die Rechte: (bürgerliche) Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, Eigentum.

Gesamtinteresse: maximale Kapitalverwertung contra Akzeptanz

Politik = die Festlegung von Rechten und der Streit um die Auslegung dieser Rechte.

Aktuelle Politik = Gesamtinteresse

Das Gesamtinteresse ändert sich. Es muss immer wieder neu bestimmt werden. (Aber nur in einem bestimmten Rahmen; nur innerhalb bestimmter Grenzen: Die kapitalistische Produktion darf nicht gefährdet werden. So muss u. a. ein Angebot an Arbeitskräften erhalten bleiben. Nur dem Schein nach ist der Staat eine selbstständige Instanz. Der Staat ist abhängig von den Gesetzen und Widersprüchen der ökonomischen Reproduktion. Die Gesetzmäßigkeiten des kapitalistischen Reproduktionsprozesses erlegen den staatlichen Umverteilungsstrategien Grenzen und Beschränkungen auf.

Das falsche Bewusstsein, der Staat sei eine selbstständige Instanz rührt daher, dass der Staat zwischen Arbeitskräften und Kapitalisten (neudeutsch: Arbeitnehmer und Arbeitgeber) vermittelt: Der einzelne Kapitalist muss durch Konkurrenzzwänge so viel wie möglich aus den Arbeitskräften herausholen, wobei er aber die Arbeitskräfte zerstören würde. Hier braucht es einer übergeordneten Instanz. Der Staat muss den Interessen der einzelnen Kapitalisten in der Bändigung der selbstzerstörerischen Tendenzen ihrer Konkurrenz gegenübertreten.

Die Lohnarbeiter, selbst an der Erhaltung ihrer (einzigen Ware, der) Arbeitskraft interessiert, erkämpfen allgemeine Regelungen, die vom Staat gesetzlich fixiert und gegen einzelne Kapitalinteressen durchgesetzt werden.

Die Folge ist der Anschein der Staatsautonomie und Staatsneutralität. Dieser Schein ist kein bloßes Hirngespinst, sondern das Resultat seiner wirklichen Praxis.

Dieses falsche Bewusstsein als Basis reformistischer und revisionistischer Strategien in der Arbeiterbewegung, sofern sie diese durch “Eroberung“ dieser neutralen und autonomen Instanz / den Staat als Mittel zur sozialistischen Umwälzung der Gesellschaft gebrauchen wollen, ist zu kritisieren.)

Der Staat verhält sich neutral gegenüber allen Warenbesitzern, der Freiheit und Gleichheit er notfalls mit Gewalt erhält. Die staatliche Zwangsgewalt garantiert die Gesetze des Äquivalententausches und somit die kapitalistische Ausbeutung. (Hinter “dem Willen“ der Warenbesitzer verbirgt sich der Wille der herrschenden Klasse.) → Der Staat ist nicht mehr neutral.

Funktionen des Staates:

  1. Setzung und Sicherung der rechtlichen und gesetzlichen Formen von Warentausch und Konkurrenz.
  2. Reproduktion der Gesellschaft (Straßen, Schulen, ... – Alles was unprofitabel oder wo politischer Widerstand)
  3. Arbeitskräfte erhalten (Sozialpolitik, Gesundheitswesen etc.)
  4. Krisen entschärfen, verschleiern (Subventionspolitik)
  5. Sicherung der Akkumulationsbedingungen (Erweiterung von Märkten, Erschließung ausländischer Finanzquellen, protektionistische Abschirmung des inländischen Marktes)

Der Staat erscheint als Verkörperung des Allgemeinwillens. Vom Wesen her vertritt er aber die Interessen des Kapitals.

Der Staat ist keine gleichbleibende Struktur. Es gibt verschiedene Staatstypen: Verfassungsstaat, Monarchie, faschistische Diktatur.

Geschichte der Staatsentstehung[edit]

Erste Phase der Staatsentstehung: Die Auflösung der akephalen Gesellschaft[edit]

Für Zehntausende von Jahren lebten die Menschen in Gesellschaften ohne formale politische Institutionen oder konstituierte Autorität. Erst vor etwa 6000 Jahren um die Zeit der so genannten Anfänge der Zivilisation, begannen die ersten Gesellschaften mit formalen Strukturen Gestalt anzunehmen. Hierarchie, Führungs- und Gehorsams-Ideologien begannen sich in einigen Regionen zu entwickeln. Zunächst waren diese hierarchischen Gesellschaften relativ selten und isoliert in erster Linie auf den nahen Osten des heutigen Asiens und später auch auf den Mittleren Osten beschränkt. Langsam stiegen sie an Größe und an Einfluss, manchmal eroberten sie die umliegenden weiterhin anarchischen Stammesgesellschaften, in denen die meisten Menschen weiterlebten, womit diese dann der Herrschaft eines Staates unterworfen wurden, meist geschah dies in Form der Sklaverei. [1]

Manchmal unabhängig davon als Reaktion des Drucks von außen, entwickelten andere Stammesgesellschaften auch hierarchische Erscheinungsformen, soziale und politische Organisation. Dennoch, bis zur Ära der europäischen Kolonisation, blieb ein Großteil des Planeten weltweit im Wesentlichen anarchisch organisiert, mit den unterschiedlichsten Kulturen der Menschen in den verschiedensten Teilen der Welt, weiterhin ohne formale Institutionen der Regierung teilweise für einige Regionen noch bis ins 19. Jahrhundert hinein. Erst im 20. Jahrhundert, als der Globus endgültig aufgeteilt wurde zwischen den europäischen Kolonialmächten, beanspruchten diese staatlichen Modelle politischer Organisation den gesamten Planeten für sich, welche fast ausschließlich von den europäischen Mächten unter sich aufgeteilt wurden; welche bis heute noch die Souveränität über nahezu den gesamten Planeten behaupten. siehe Kolonialismus und Imperialismus, Berliner Kongokonferenz 1884–1885. [2] Die ersten Staaten bildeten sich bereits im vierten Jahrtausend vor Christus. Über diese vorgeschichtliche Entstehung der ersten einheitlich verfassten politischen Gemeinwesen gibt es verschiedene historische Theorien, die oft mit der Legitimation einer aktuellen Staatsform verbunden sind. Der Aufstieg und Triumph der hierarchischen Gesellschaftsform ist alles andere als friedlich zugegangen. Krieg und sogenannte Zivilisation marschierten immer vorwärts Arm in Arm und hinterließen eine Schneise der Zerstörung und des Völkermords welcher kaum denkbar ist, über ihre vielen Opfer, von denen die meisten Eroberer wenig oder kaum Verständnis zeigten für die gegen sie angeordneten Kräfte und ihre sogenannten primitiven Möglichkeiten des Lebens.

Es war ein Wettbewerb, so ungleich, wie er auch gnadenlos war. Die Unschuld der Regierungslosigkeit, Menschen welche ohne sie lebten seit Tausenden von Jahren, Menschen in anarchischen Gesellschaften hatten keine Vorstellung von Anarchie als einer eigenen Art zu leben. Das Leben ohne Herrscher war einfach etwas, was sie für sie der Normalfall war. Folglich entwickelte sich die Idee des Anarchismus, welches eine Rückkehr zum Leben ohne Herrscher forderte auch in den frühen bereits hierarchisierten Staaten = Klassengesellschaften wie beispielsweise die Taoisten in China und die Stoiker im antiken Griechenland welche auch bereits schon Anarchisten genannt wurden.

Die meisten zeitgenössischen Anthropologen, Ethnologen, Vor- und Frühgeschichts-Forscher, Historiker sowie Anarchisten stimmen allgemein darin überein, das für Jahrtausende, also für die längste Zeit vor jeder aufgezeichneten Geschichte die menschlichen Gesellschaften ohne eine herrschende Klasse existierten, welches ebenso auch durch die moderne Ethnologie und Untersuchung aller indigenen Kulturen bestätigt wird, so existieren alle staatenlosen Kulturen welche gleichzeitig auch immer egalitäre Kulturen waren und teilweise noch heute sind, ohne eine gesonderte Gruppe von etablierten Autoritäten oder formalen politischen Institutionen [3] nach dem kanadischen Professor Harold Barclay, muss der Anarchismus als eigenständige Perspektive bzw. die Gentilstruktur welche wir auf dem gesamten Planeten auf allen Kontinenten in abgewandelter Form wiederfinden [4][5] - bereits lange zuvor schon in der Altsteinzeit entstanden sein, bevor der Mensch aus Afrika in alle Welt emigrierte, nur so lassen sich die universalen anarchen Strukturen weltweit, welche Kriege und Privilegientum weniger verhinderten und gerade damit faktisch unmöglich machten, erklären. So lebten die Menschen den größten Teil ihres Daseins seit Jahrtausenden in vollständig autonomen und absolut autarken selbst-verwalteten Gesellschaften ohne je eine institutionalisierte Regierung oder politische Klasse zu benötigen. Das Aufkommen des Staates ist regional sehr unterschiedlich, so begannen die frühesten Staatsbildungen in Mesopotamien bereits im 4 Jahrtausend v. Chr. in Form von Stadtstaaten wonach die Stadt Eridu den sumerischen Königslisten nach angeblich die älteste aller Städte sein sollte. Während für die meisten afrikanischen und amerikanischen Regionen die Staatsbildungen erst mit den Entdeckungsfahrten und Eroberungen der europäischen Seefahrer einsetzten, für manche Regionen Afrikas jedoch gar erst im 19 Jh. mittels dem Kolonialismus und Imperialismus der europäischen Mächte einsetzte. [6]

Nach dem Aufstieg der hierarchisierten staatlichen Klassen-Gesellschaften in Mesopotamien und der Entstehung vieler weiterer Stadtstaaten wie z.B. Adab, Kish, Larsa, Lagasch, Nippur, Shurrupak, Ur und Uruk ab dem 4 Jahrtausend v.Chr., sowie der darauffolgenden Ausbreitung der Sklaverei durch Handel und Unterwerfung benachbarter Kulturen beinahe über den gesamten vorderen Orient den Stromläufen des Euphrat und Tigris folgend, womit ebenfalls die monarchische Herrschaftsform dort eingeführt wurde, somit eine Stadt-Staatenbildung überall dort wo der Einfluss der frühen Reiche hinreichte erfolgte. Sowie die Kenntnis von bronzenen Waffen und Schwertern (damit auch Krieg und Staat) archäologisch nachweisbar wird, - Ägypten Einigung Ober- und Unterägyptens unter König Menes um 3150 v.Chr., China ab 1766 v.Chr. (Beginn der Shang-Dynastie) und Indien ab 1386 v.Chr (Einfall indo-arischer Reiternomaden am Indus und Unterwerfung der Harappa-Kultur), womit auch dort Sklaverei durch Schriften erstmals archäologisch sowie historisch bestätigt werden kann - sprich die Errichtung des Staates, die alten Gentil-Strukturen wurden somit zersprengt womit Privilegientum und Ungerechtigkeit, Sklaverei und Brutalität, Etatismus und Zentralismus überhaupt erst ermöglicht wurden. Doch erst im 1. Jahrtausend v.Chr. werden die anarchistischen Ideen auch als eine klar formulierte kritische Reaktion auf die politischen Herrschafts-Institutionen einerseits im antiken China mit den Schriften der Taoisten und andererseits im antiken Griechenland mit den Philosophenschulen der Kyniker, der Epikureer, der Hedonisten, der Eudaemonisten, der Schule der Skeptiker sowie am klarsten formuliert in der Schule der Stoiker schriftlich fassbar, die Zurückweisung der Sklaverei, die Berufung auf das Naturrecht, sowie die eindeutige Ablehnung des Staates und aller weiteren hierarchischen sozialen Beziehungen welche danach trachteten die Herrschaft von einigen wenigen Menschen über die große Masse aller anderen Menschen zu legitimieren. [7]


Naturvölker sind in Clans organisiert, das heißt zahlreichen Verbänden innerhalb eines Stammes, die auf Verwandtschaft beruhen. In diesen Clans herrscht Gemeineigentum und die Beute wird mit allen Mitgliedern geteilt; eine Form des Zusammenlebens, die Kropotkin einen primitiven Kommunismus nennt. Der Individualismus ist den meisten Naturvölkern unbekannt und unverständlich. Das Zusammenleben wird durch soziale Normen als ungeschriebene Gesetze geregelt, die nur selten gebrochen werden. Dabei kennen die Menschen in Naturvölkern keine Autorität, außer die Öffentliche Meinung, mit der sie das Fehlverhalten anderer Mitmenschen sanktionieren können. Kropotkin nennt beispielsweise beim Eskimovolk der Aleuten die Praxis der Jäger, beim Teilen der Beute einem gierigen Mitjäger ihre ganze Beute abzugeben, um ihn dadurch zu beschämen. Seine Ausführungen illustriert Kropotkin an Volkstämmen, die ihre traditionelle Lebensweise beibehielten und von vielen zeitgenössischen Ethnologen erforscht wurden, wie zum Beispiel die Yámana Patagoniens, die Khoi Khoi oder die Tungusen. Er kritisiert die einseitigen spekulativen Menschenbilder einerseits Jean-Jacques Rousseaus mit dessen idealisiertem edlen Wilden und andererseits Thomas Hobbes' Vorstellung, dass der Mensch dem Menschen ein Wolf sei. Huxleys Interpretation der unzivilisierten Wilden, die Kannibalismus, Kindestötung und das Aussetzen von Greisen praktizieren, widerlegt Kropotkin und stellt sie als grobe Verallgemeinerungen dar. Bei einigen Völkern werde der Kannibalismus bei extremer Nahrungsknappheit praktiziert, wobei sich dennoch bei einigen Völkern Mexikos oder Fidschis der Kannibalismus zum religiösen Zeremoniell entwickelte. Die Kindestötung passiere nur selten und in allerhöchster Not und das freiwillige Zurückbleiben von Greisen in Notzeiten geschehe, weil diese nicht das Leben des ganzen Clans aufs Spiel setzen wollen. In der Regel werden bei Naturvölkern die älteren Menschen fürsorglich behandelt und außerordentlich geschätzt. Dabei sind Familien spätere Entwicklungen in der menschlichen Evolutionsgeschichte und nicht, wie Thomas H. Huxley 1888 in seinem damals zum Dogma erhobenen Buch "Der Kampf ums Dasein" - "struggle for existence" meint, vorbewusste Grundeinheiten, zu denen sich bewusstseinslose Wesen im Laufe der Evolution zusammenschließen und erst im Laufe der Zeit Clans, Stämme, Völker und Nationen bildeten. Kropotkin konnte beweisen das sich Familien durch veränderte Ehekonventionen erst allmählich aus den Clangesellschaften entwickelten. Gestützt durch seine Forschungen auf Morgan, McLennan, Lubbock, Durkheim, Espinas, Post und Kowalewsky welche auf gleiche Ergebnisse kamen. (siehe auch Friedrich Engels 1884 - "Über die Entstehung der Familie, des Privateigentums und des Staates" - gleiches Resultat über die Entstehung der Familie, des Privateigentumes usw.

Heute herrscht Konkurrenzkampf statt Kooperation - das es auch einmal ganz anders war konnte Fürst Peter Kropotkin sowie Dutzende weitere Forscher, Ethnologen, Anthropologen, Vor- und Frühgeschichtsforscher nachweisen, genannt seien hier nur Morgan, McLennan, Lubbock, Durkheim, Espinas, Post und Kowalewsky. Sowie Friedrich Engels, James Mellaart, Naomi Hamilton, Professor Harold Barclay, Professor David Graeber etc.

Gegenseitige_Hilfe_in_der_Tier-_und_Menschenwelt[edit]

Die Verschachtelung dieser Segmente gewährleistet die weitgehende Selbstregulierung von Kooperations- und Konfliktbeziehungen ohne eine dauerhafte zentrale politische Autorität. Dies ermöglicht die größtmögliche Flexibilität und Dezentralisierung der politischen Organisation. Auf diese Weise können auch größere Gesellschaften akephal funktionieren, entgegen der früheren Annahme, dass nur kleine Gruppen „herrschaftslos“ sein könnten.

Typischerweise sind in segmentären Gesellschaften die Älteren gegenüber den Jüngeren übergeordnet (Seniorität). Solche Gesellschaften sind zudem meist egalitär (ohne größere soziale Unterschiede), da die dauerhafte Anhäufung von persönlichem Reichtum für einzelne Mitglieder kaum möglich ist. Die Rolle der Frauen ist nur scheinbar untergeordnet.

In seiner Arbeit Regulierte Anarchie griff der deutsche Ethnologe Christian Sigrist 1967 das Thema der herrschaftsfreien Gesellschaften auf und entwickelte die Theorie weiter (siehe Akephalie: Herrschaftsfreiheit).

So war es auch in der westlichen Ethnologie lange üblich, vonNaturvölkern und Stämmen zu sprechen, wenn in Gesellschaften kein Staatswesen existiert, und deren (vermeintliche) Machthaber als Häuptlinge zu bezeichnen. So war es etwa in Nordamerika nicht vorstellbar, dass es ethnische Gruppen ohne die Trias „Stamm“, „Territorium“ und „Häuptling“ gab. - Die Herrschaftsform von „Häuptlingen“ wurde aus dem eurozentristischem Blickwinkel oft undifferenziert wahrgenommen. Hohe Autorität, reine Sprecherfunktionen oder das Funktionsprinzip (Kriegshäuptling ist z. B. ein anderer als der Friedenshäuptling) wurden mit dieser Perspektive eingeebnet. Mit der Fixierung auf „Häuptlinge“ schuf man sich zudem ein ethnologisches Folgeproblem, da man empirisch tribes without rulers (dt. Volksgruppen ohne Anführer) auffand. Dies bereitete vor allem der britischen Kolonialverwaltung Schwierigkeiten, da sie auf die „Indirect Rule“ eingestellt war: Dazu aber hätte es der direct rulers (Häuptlinge) bedurft, so dass man diesen Völkern zum Teil die ihnen fremde Rechtsform von „Häuptlingen“ aufzwang. - Zur Etablierung der Bezeichnung in den europäischen Ursprungsländern des Kolonialismus trugen insbesondere die weite Verbreitung der Bücher von James Fenimore Cooper und Karl May bei. Zu Lebzeiten der Autoren erschien die vermittelte Darstellung sehr realistisch und lebensgetreu. Insbesondere von Karl May weiß man, dass seine Darstellungen nur aus dem ihm damals zur Verfügung stehenden Literaturquellen stammten, zu denen vor allem die Lederstrumpfromane Coopers gehörten. Eine ähnliche Bedeutung kam schließlich dem Film zu, zunächst dem Genre„Western“, später den Verfilmungen der Karl-May-Romane.

Das südafrikanische San-Volk zählt zu den egalitären Gesellschaften, die sich ohne ein übergeordnetes politisches Führungssystem organisieren. Auch wird keine formale Rechtsprechung ausgeübt. Verstöße gegen die moralischen Grundsätze der San werden schlimmstenfalls mit einem Ausschluss aus der Gemeinschaft geahndet. Nomadisierende Kleingruppen von oft 40 bis höchstens 200 San setzen sich – neben verwandtschaftlichenBeziehungen – nach persönlichen Vorlieben flexibel zusammen. Über Gruppenbelange wie Jagd oder Ortswechsel wird gemeinsam im Konsens entschieden; Frauen sind gleichberechtigt. Die Wirtschaft der San ist eine Schenkökonomie, gründend auf regelmäßigen Schenkungen statt auf Handel und Kauf von Gegenständen und Dienstleistungen. Das südamerikanische Volk der Reche-Mapuche hatte nach Darstellungen einiger Autoren bis zum Auftauchen der spanischen Kolonisatoren eine gesellschaftliche Organisation ohne zentrale Herrschaft oder festgezogenen Grenzen zwischen gesellschaftlichen Schichten und Territorien entwickelt. Ordnung sei vor allem durch soziale Strukturen, Verwandtschaften und Allianzen geregelt gewesen. Die Definition der Gruppe sei nicht von der Abstammung, sondern Ausdrucksfähigkeit als Gruppe abhängig gewesen. Zumeist seien in der politischen Anthropologie (heutePolitikethnologie), die sich keine Gesellschaft ohne Herrschaft vorstellen konnte, die herrschaftsfreien Gesellschaften des amerikanischen Doppelkontinents nur mit Blick auf die „Häuptlinge“, den Ionco genannten Friedens­schlichter und Gruppen­mediatoren, sowie den zusätzlich vorhanden temporären Kriegshäuptling und den am Rande der Gesellschaft stehenden Schamanen untersucht. Diese verfügten sicher über Macht, nicht aber über zu Herrschaft nötigen Erzwingungsstab und Zwangsgewalt. Die spanischen Konquistadoren urteilten so über die Reche-Mapuche inantagonistischer Art zum eigenen straff hierarchischen System: „Sie haben kein Oberhaupt, sie kennen keine Obrigkeiten an, sie haben keine Sprache, sie haben kein Gesetz, ihnen fehlen Glaube und Ansehen.“ Die ethnozentristische Betrachtung der indigenen Bevölkerung als Mangel­gesellschaft ohne Staat, ohne Schrift, ohne Geschichte und ohne Markt blendet dabei aus, dass diese Gesellschaften die Beherrschung der natürlichen Umwelt nach ihren Bedürfnissen ohne den herkömmlichen Entwicklungs­diskurs der Parallelität von ökonomischer Entwicklung und Entwicklung politischer Macht vollbracht haben. Zudem gab es bei den Reche-Mapuche keine universelle Gottesfigur. Anders als bei Maya und Azteken gab es keine Gottheiten und zentrale Repräsentations­instanzen in der religiösen Sphäre. Ihr Land verwalten die Mapuche noch heute in Gemeineigentum.

Kritik an der Fortschrittsideologie[edit]

"Manche moderne Evolutionstheoretiker halten von der Idee des Fortschritts überhaupt nichts und ordnen sie in die lange Reihe pseudowissenschaftlicher Ideen ein.Im Bereich der sozialen bzw. kulturellen Evolution liegen die Dinge nicht anders, sind eher noch verwirrender. Viel stärker noch als die organische Evolution ist die Evolution von (menschlichen) Gesellschaften und Kulturen unseren Wertungen ausgesetzt und vom Standpunkt des Beobachters abhängig. So mag etwa das Viktorianische Zeitalter in gewisser Hinsicht besser gewesen sein als unser heutiges, aber ich kann nicht wissen, ob ich, der ich jetzt - in Mitteleuropa - lebe und aufgewachsen bin, mich im Viktorianischen England oder Wilhelminischem Deutschland besser gefühlt hätte, was ja nicht zuletzt auch von der konkreten Lebenssituation, in der ich mich persönlich damals befunden hätte, abhängig gewesen wäre. Solche Überlegungen bringen uns nicht weiter. Natürlich ist es nicht von der Hand zu weisen, daß die abendländische wissenschaftlich-technische Zivilisation heute das Leben vieler Menschen erleichtert und sich daher maßgeblich von den Gesellschaften paläolithischer Jäger und Sammler unterscheidet, die aber nichts von jener Zivilisation wußten und sie daher auch nicht vermißt haben können (Fox 1989) Anläßlich einer Podiumsdiskussion in Leipzig vor fünfzehn Jahren wurde meiner Skepsis entgegengehalten, daß wir heute doch offensichtlich fortschrittlicher seien als beispielsweise die alten Römer, weil wir im Gegensatz zu diesen die Sklaverei angeblich doch abgeschafft haben. Ich konnte und kann darauf nur erwidern: Unsere Zivilisation hat, nachdem die Sklaverei offiziell abgeschafft war, den einzelnen auf sehr subtile Weise in die Abhängigkeit getrieben, wofür die verordnete Hektik unseres Alltags Zeugnis ablegt. Bei näherer wissenschaftlicher Betrachtung wurde die Sklaverei des "Imperium Romanum" also niemals wirklich abgeschafft bzw. wurde sie lediglich reformiert und zwar zur Leibeigenschaft des Mittelalters, welche neben den selbst verwalteten "freien Städten" des Mittelalters parallel bestanden, also Sklaverei einerseits in Form der Leibeigenschaft auf dem Lande; Selbstverwaltung, Freiheit und Anarchie hingegen in den Städten sofern diese noch keine Reichs-Städte waren so waren diese autonom und selbstverwaltet, den europäischen Leibeigenen wurde dann hingegen von der Kirche permanent erzählt und gepredigt sie seien keine Sklaven mehr, wie es die Israeliten in Ägypten gewesen seien, dennoch hätten sie ihrem Herrn, dem aristokratischem Bodenbesitzer zu gehorchen und Abgaben an diese herrschende, privilegierte Klasse zu leisten. Diese Leibeigenschaft des Mittelalters wurde wiederum reformiert - welthistorisch erst vor relativ kurzer Zeit, vor kaum 2 Jahrhunderten - zur heutigen Lohnsklaverei in welcher sich unsere Zivilisation noch heute befindet und diesen Zustand sogar imstande war durch Kolonialismus und Imperialismus der vergangenen Jahrhunderte zu globalisieren und damit diesen dann auch noch eurozentristisch vollkommen überheblich als Endpunkt der Geschichte zu feiern. Gerade so als seien mit dem immer stärker zunehmendem Zentralismus - siehe EU, Brüssel - alle Probleme behoben, gerade so als benötigten die einfältigen Menschen eine "Führung" durch eine kleine, privilegierte Klasse der Hochfinanz welche alle Fäden in den Händen führen müsse. Und welche Kräfte des Fortschritts haben uns Kinderpornographie, Menschenschmuggel, Drogenhandel, Gewaltvideos und Konsumzwang gebracht? Man verstehe mich nicht falsch, ich meine nicht, daß früher alles besser gewesen sei als heute, sondern ich möchte, wie schon an anderer Stelle, betonen, daß in der Menschheitsgeschichte stets alte Übel durch neue ersetzt worden sind. Für den Glauben an einen universalen Fortschritt in der Sozial- und Kulturgeschichte besteht mithin kein Grund. In den großen Bereich des illusionären Denkens gehört auch der Fortschrittsgedanke. Zumindest in funktionaler Hinsicht steht er auf derselben Stufe wie die Ideen der Vorsehung und der individuellen Unsterblichkeit (Rapp 1992) Er nährt Hoffnungen. Wenn schon nicht heute alles so ist, wie man es sich wünscht, dann wird es wohl in Zukunft besser werden. Hoffnungen und Illusionen bestimmen auch die Menschheitsgeschichte. Die daraus folgenden Verwirrungen und Katastrophen, heute wie in früheren Zeiten, vermögen ein illusionsbedürftiges Lebewesen nicht wirklich zu erschüttern. Der Glaube an die Vorsehung, an eine geschichtsimmanente Gesetzlichkeit oder eben an eine progressive sich entfaltende Geschichte hat zwar mittlerweile - in Europa - ein wenig von seiner Attraktivität verloren, verschwunden ist er aber nicht. Für den autoritären Sozialisten - den Marxisten - ist gestern schlechter als heute und morgen wiederum besser als heute, für ihn ist alles Fortschritt. (Landauer 1919) Karl Popper (1961) widmete diesem Glauben eine vernichtende Kritik, aber schon unser Alltagsleben sollte uns lehren, daß es mit einer von vornherein - von welchem "Geist" auch immer - geordneten Weltgeschichte nicht mit rechten Dingen zugeht, es sei denn, wir schließen beide Augen im tiefen Glauben, daß alles seine Ordnung habe. Jeder von uns erlebt viele Überraschungen, angenehme und unangenehme, - z.B. plötzliche Autounfälle mit Bremsversagen in denen ausgerechnet der Fahrer-Airbag nicht aufgeht - die sich mit der Vorstellung, daß alles Geschehen von vornherein gesetzmäßig geordnet sei, nicht in Einklang bringen lassen. Freilich wird jemand, der von der göttlichen Vorsehung oder auch von einer ohne Gott gesetzmäßig bestimmten Welt überzeugt ist, darin noch keine Gefahr für seine Überzeugung erblicken. - Im nachhinein lässt sich alles in diese Überzeugung einordnen. Lächerlich sind allerdings oft die hierfür ins Treffen geführten "Argumente", die etwa so lauten: "Dieses oder jenes musste ja geschehen, weil es dir bestimmt war" oder "Ja, es ist schrecklich, das du mit deinem Auto tödlich verunglückt bist, aber offenbar musste das so geschehen, es war dir bestimmt". "Warst du denn angeschnallt? Warst du zu schnell gefahren?" Die Schuld wird immerzu beim Individuum gesucht, welches dazu bestimmt gewesen sei. Aber es war ja so bestimmt, wenn die Bremsen nicht funktionierten und der Airbag nicht aufging dann war es ja so bestimmt, auch das Blitzeis an diesem Tage war demnach so bestimmt. Wenn nun etwas nicht geschehen ist, kann man aber genauso sagen, daß es eben nicht geschehen durfte. Wenn Herr Schmidt seinen Autounfall überlebt hat, dann darf man glauben, daß ihm der Tod zu eben diesem Zeitpunkt nicht bestimmt war. Rein logisch gesehen sind das keine Argumente. Der Glaube an die Bestimmung drückt meines Erachtens bloß die menschliche Hilflosigkeit aus, das menschliche Unvermögen, alle Ereignisse dieser Welt zu begreifen. Da es zu unserer Natur gehört, daß wir überall nach Sinn suchen, eine sinnlose Welt so einfach nicht akzeptieren können, hat unser Denken allerlei Tricks entwickelt, die uns helfen, eine sinnvolle Welt zu konstruierenund den Glauben an sie nicht zu verlieren. Vor allem geht es uns darum, im eigenen Leben einen Sinn zu finden, und den finden wir am einfachsten dadurch, daß wir diesen Vorgang als Teil eines sinnvollen Universums interpretieren. Wenn nämlich schon das Universum an sich sinnvoll ist, dann muß ja auch unser Leben, was immer wir an angenehmen oder unangenehmen Ereignissen wir erleben, welche Katastrophen auch immer über uns hereinbrechen, irgendeinen Sinn haben. - Da bricht man sich das Rückgrat, wird später unter Drogen bzw. Schmerzmittel gesetzt um den Schmerz zu betäuben und erfährt just in diesem Augenblick das habe ja alles einen vorherbestimmten Sinn. Nach den wirklichen Gründen wie es dazu kam wird dann nicht weiter gefragt. Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens hilft vielen von uns auch der Glaube an den Fortschritt in der Evolution. Zusammen mit dem Gedanken an eine zweckmäßig bzw. sinnvoll geordnete Welt liefert dieser Glaube eine trostreiche Illusion, vor der auch manche Evolutionstheoretiker nicht gefeit sind obwohl die meisten es besser wissen, so daß der Fortschrittsbegriff zum zentralen Element mancher Vorstellungen und Interpretationen von Evolution wurde. Während ich all dies hier schreibe tobt in vielen Ländern der Welt ein Bürgerkrieg, hungerten Millionen von Menschen, denen man ihre Nahrung vorenthält, da diese sie sich nicht mehr leisten können und diese Nahrung stattdessen zur Viehmast nach Euroopa und Nordamerika exportiert wird, was mehr Profit erzielt, während ich hier sitze und schreibe sind Millionen von Menschen auf der Flucht vor Kriegen und wurden aus ideologischen und politischen Gründen - welche immer Konzerninteressen darstellen - verfolgt; es wurden viele Tausend Menschen aus Habgier und Eifersucht ermordet, es begingen viele Tausend Menschen aus Verzweiflung Selbstmord; es wurden in vielen Ländern unzählige Menschen gefoltert und hingerichtet von europäisch, US-amerikanisch eingesetzten Regierungen nach europäischem Modell, es starben Millionen von Menschen an AIDS; Krebs und anderen heimtückischen Krankheiten der modernen europäischen Zivilisation, teils verursacht durch seelische Qualen; es wurden an vielen Orten der Welt Terroranschläge mit zahlreichen Toten und verletzten verübt,; es wurden - teils durch die Politik des Westens - in vielen Ländern gefährliche fundamentalistische Bewegungen verstärkt oder gegründet; es sind Millionen Menschen geboren worden, von denen vielen von vornherein ein früher qualvoller Tod bevorsteht, es sind viele Tausend Pflanzen- und Tierarten ausgerottet worden. Daß heutzutage also alles besser sei als früher, ist ein Irrglaube, dem man nur huldigen kann wenn man beide Augen fest zudrückt. Weder im organischen, noch im soziokulturellen Bereich ist Evolution als eine kontinuierliche Höherentwicklung zu verstehen. Frohe Botschaften werde ich nicht verkünden. Die überlasse ich den Träumern, den religiösen Führern, den Politikern und allen anderen, die dem Schein dem Sein gegenüber den Vorzug geben." - Professor Franz Manfred Wuketits

Formbestimmungen des bürgerlichen Staates: Rechtsstaat, Sozialstaat, Demokratie[edit]

Dieser Abschnitt wurde eingefügt von Staats-Kritik_1 und sollte gekürzt werden. Mit der „instrumentellen“ Staatsauffassung ist ein grundsätzliches Problem verbunden: Sie unterschlägt die qualitative Differenz von vorbürgerlichen und bürgerlichen Gesellschaftsverhältnissen und betont allein die Spaltung der Gesellschaft in unterschiedliche Klassen. Worauf es aber für eine Analyse des Staates ankommt, ist die spezifische Form, in der sich diese Klassen aufeinander beziehen und ihr Klassenverhältnis reproduzieren.

[Diesen Punkt betont Marx im „Kapital“: „Die spezifische ökonomische Form, in der unbezahlte Mehrarbeit aus den unmittelbaren Produzenten ausgepumpt wird, bestimmt das Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis, wie es unmittelbar aus der Produktion selbst hervorwächst und seinerseits bestimmend auf sie zurückwirkt. Hierauf aber gründet sich die ganze Gestaltung des ökonomischen, aus den Produktionsverhältnissen selbst hervorwachsenden Gemeinwesens und damit zugleich seine politische Gestalt.“ (MEW 25, S. 799)]

In vorbürgerlichen Gesellschaften waren ökonomische und politische Herrschaft noch nicht getrennt: Dort war das Herrschaftsverhältnis der Sklavenbesitzer oder feudalen Grundherren ein persönliches Herrschaftsverhältnis über „ihre“ Sklaven bzw. leibeigenen Bauern, das (aus heutiger Sicht) gleichzeitig ein politisches Machtverhältnis und ein ökonomisches Ausbeutungsverhältnis darstellte.

In bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften fallen ökonomische Ausbeutung und politische Herrschaft auseinander. Der Eigentümer des Bodens oder der Produktionsmittel hat nicht auch noch eine mit diesem Eigentum verbundene richterliche, polizeiliche oder militärische Funktion, die ihm politische Herrschaft verleiht. Ökonomische Herrschaft hat daher auch keinen persönlichen Charakter mehr, der einzelne Lohnarbeiter ist nicht von einem bestimmten Kapitalisten persönlich abhängig. Auf dem Markt treten sich die Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft als rechtlich „gleiche“ und „freie“ Privateigentümer gegenüber, auch wenn die einen nur ihre Arbeitskraft und die anderen die Produktionsmittel besitzen. Sarkastisch bemerkte Marx dazu im „Kapital“:

„Die Sphäre der Zirkulation oder des Warenaustausches, innerhalb deren Schranken Kauf und Verkauf der Arbeitskraft sich bewegt, war in der Tat ein wahres Eden der angeborenen Menschenrechte. Was allein hier herrscht, ist Freiheit, Gleichheit, Eigentum (...). Freiheit! Denn der Käufer und Verkäufer einer Ware, z. B. der Arbeitskraft, sind nur durch ihren freien Willen bestimmt. Sie kontrahieren als freie, rechtlich ebenbürtige Personen. Der Kontrakt ist das Endresultat, worin sich ihre Willen einen gemeinsamen Rechtsausdruck geben. Gleichheit! Denn sie beziehen sich nur als Warenbesitzer aufeinander und tauschen Äquivalent für Äquivalent. Eigentum! Denn jeder verfügt nur über das seine.“ (MEW 23, S. 189 f.)

Das ökonomische Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnis wird durch Übereinkunft zwischen freien und gleichen Vertragspartnern konstituiert und kann jederzeit wieder aufgelöst werden. Dass die Ausgebeuteten ihrer Ausbeutung zustimmen, liegt daran, dass sie in einer Gesellschaft von Privateigentümern gar keine andere Möglichkeit haben, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Der Lohnarbeiter ist zwar nicht von einem bestimmten Kapitalisten persönlich abhängig, muss seine Arbeitskraft aber an irgendeinen Kapitalisten verkaufen, um zu überleben.

Das aus der Produktion hervorwachsende Herrschaftsverhältnis zwischen den Klassen ist in der bürgerlichen Gesellschaft also ein ganz anderes, als in allen vorbürgerlichen Gesellschaften. Daher weist auch die politische Gestalt der bürgerlichen Gesellschaft, der bürgerliche Staat, ganz eigene Charakteristika auf.

In vorbürgerlichen Gesellschaften begegneten sich die Menschen von vornherein als rechtlich Ungleiche. Rechte und Pflichten waren durch ihren jeweiligen Stand bzw. sozialen Status definiert; ökonomische und politische Herrschaftsverhältnisse waren unmittelbar miteinander verschränkt. Unter kapitalistischen Verhältnissen ist die unmittelbare politische Gewalt zur Aufrechterhaltung der ökonomischen Ausbeutung nicht notwendig: Es genügt, wenn der Staat als eine jenseits der Gesellschaft stehenden Gewalt gewährleistet, dass sich die Mitglieder der Gesellschaft als Privateigentümer verhalten. Allerdings muss es eine eigenständige, unabhängige Gewalt sein, denn sie soll ja alle zwingen, die anderen als Privateigentümer anzuerkennen.

Als Rechtsstaat behandelt der bürgerliche Staat seine Bürger als freie und gleiche Privateigentümer: Alle Staatsbürger sind denselben Gesetzen unterworfen und haben dieselben Rechte und Pflichten. [Fußnote: In Anlehnung an die bekannte marx'sche Formulierung könnte man davon sprechen, dass diese und die folgenden Aussagen nur für den bürgerlichen Staat „in seinem idealen Durchschnitt“ gelten. Genauso wenig wie die Darstellung der kapitalistischen Produktionsweise „in ihrem idealen Durchschnitt“ bereits eine vollständige Analyse der kapitalistischen Gesellschaft liefert, ist dies beim Staat der Fall. So war die Durchsetzung der vollen rechtlichen und politischen Gleichheit der Bürger (und vor allem der Bürgerinnen) ein Prozess, der in vielen Staaten bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts dauerte und zum Teil noch andauert. Darüber hinaus leben heute aufgrund weltweiter Migrationsprozesse in den meisten Staaten nicht nur rechtlich gleiche Staatsbürger, sondern auch eine wachsende Zahl von Bürgern anderer Staaten, die erheblich geringere oder, wie bei illegal Eingewanderten, fast überhaupt keine Rechte genießen.] Der Staat schützt das Privateigentum eines jeden Bürgers, unabhängig vom Ansehen der Person. Dieser Schutz besteht vor allem darin, dass die Bürger verpflichtet werden, sich wechselseitig als Privateigentümer anzuerkennen: Aneignung fremden Eigentums ist nur bei beidseitiger Übereinkunft erlaubt; fremdes Eigentum erhält man in der Regel nur durch Schenkung, Erbschaft, Tausch oder Kauf.

Der Staat verhält sich den einzelnen Bürgern gegenüber tatsächlich als eine neutrale Instanz; diese Neutralität ist keineswegs nur Schein. Gerade vermittels dieser Neutralität sichert der Staat vielmehr die Grundlagen der kapitalistischen Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse. Der Schutz des Eigentums impliziert, dass diejenigen, die außer ihrer Arbeitskraft kein (relevantes) Eigentum besitzen, ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Um sich ihren Lebensunterhalt aneignen zu können, müssen sie sich dem Kapital unterwerfen. Damit wird der kapitalistische Produktionsprozess möglich und dieser reproduziert dann wieder die ihm vorausgesetzten Klassenverhältnisse. Der einzelne Arbeiter kommt aus dem Produktionsprozess so heraus, wie er in ihn einging. Sein Lohn reicht im Wesentlichen zur (eigenen bzw. familiären) Reproduktion. Um sich erneut zu reproduzieren, muss er erneut seine Arbeitskraft verkaufen. Auch der Kapitalist kommt wieder als Kapitalist aus dem Prozess heraus: Sein vorgeschossenes Kapital fließt mitsamt einem Profit zu ihm zurück, so dass er es sogar vergrößert vorschießen kann. Der kapitalistische Produktionsprozess produziert demnach nicht nur Waren, er reproduziert auch das Kapitalverhältnis selbst.

Es ist allerdings ein spätes historisches Resultat, dass die Reproduktion des Kapitalverhältnisses, zumindest in den entwickelten kapitalistischen Ländern, weitgehend ohne unmittelbaren staatlichen Zwang vor sich geht (mittelbar, als Drohung, ist die Staatsgewalt jedoch stets präsent). Während der „ursprünglichen Akkumulation“, als der „doppelt freie Arbeiter“ erst noch „produziert“ werden musste, war dies ganz anders. Der Staat musste dauerhaft und direkt eingreifen, um die kapitalistische Produktion möglich zu machen und zu fördern: zunächst, indem er die Grundherren dabei unterstützte, die Bauern von dem Land zu vertreiben, das sie die ganze Zeit bewirtschaftet hatten (Schafzucht war für die Grundherren einträglicher); und dann, um die entwurzelten und vagabundierenden Menschen in die kapitalistischen Fabriken mit ihrer strengen Disziplin zu zwingen. Damit soll nicht gesagt werden, dass die verschiedenen Regierungen einem Generalplan zur Einführung des Kapitalismus gefolgt seien, hatten ihre Maßnahmen doch ganz unterschiedliche Gründe. Allerdings konnte sich der moderne Kapitalismus erst als Resultat dieser Gewaltmaßnahmen etablieren. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich eine Arbeiterklasse entwickelte, „die aus Erziehung, Tradition, Gewohnheit die Anforderungen jener Produktionsweise als selbstverständliche Naturgesetze anerkennt“. [Fußnote: Dieser von Marx nur kurz erwähnte Sachverhalt ist eines der zentralen Themen von Foucault (1976). In diesem Zusammenhang kritisierte Michel Foucault den traditionellen Begriff von Macht, der diese auf ein Vermögen reduziere, das sich die eine oder die andere Seite (Klasse) einfach aneignen könne. Dem stellte er eine „Mikrophysik der Macht“ entgegen, welche jeden Einzelnen in seinen verinnerlichten Einstellungen und Verhaltensweisen durchziehe.] Erst dann genügt für die „Herrschaft des Kapitalisten über den Arbeiter“ der „stumme Zwang der ökonomischen Verhältnisse“, so dass die staatliche Zwangsgewalt nur noch in Ausnahmefällen nötig ist (MEW 23, S. 765). Unter entwickelten kapitalistischen Verhältnissen wird die Aufrechterhaltung der Klassenverhältnisse gerade dadurch gesichert, dass der Staat als Rechtsstaat seine Bürger unabhängig von ihrer Klassenzugehörigkeit als freie und gleiche Privateigentümer behandelt, ihr Eigentum und ihren Verkehr als Eigentümer schützt.

[Fußnote: Da sich die Kapitalverwertung immer neue Bereiche erobert, müssen Privateigentumsverhältnisse unter den veränderten Bedingungen auch immer wieder aufs Neue etabliert werden, aktuell etwa im Internet (vgl. Sabine Nuss (2002): „Download ist Diebstahl? Eigentum in einer digitalen Welt“. In: PROKLA 126, S. 11-35.).[1]


Der bürgerliche Staat ist allerdings nicht nur Rechtsstaat, der lediglich einen formalen Rahmen setzt und die Einhaltung dieses Rahmens durch sein Gewaltmonopol sichert. Er gewährleistet auch die allgemeinen materiellen Bedingungen der Kapitalakkumulation, sofern diese Bedingungen von den Einzelkapitalen nicht in kapitalistischer Weise hergestellt werden können, da sie keine ausreichenden Profite abwerfen. Zu diesen Bedingungen, die historisch wechseln bzw. in verschiedenen Perioden eine unterschiedliche Bedeutung haben, gehört unter anderem die Bereitstellung einer entsprechenden Infrastruktur (vor allem von Verkehrs- und Kommunikationsnetzen), von Forschungs- und Ausbildungskapazitäten sowie eines wertstabilen Geldes durch die Zentralbank. [Fußnote: Die Existenz des Geldes beruht nicht auf staatlichen Akten, es ist vielmehr die Ware, die Geld notwendig macht. Allerdings ist es unter normalen kapitalistischen Bedingungen der Staat der den Wert der jeweils konkreten Gestalt des Geldes durch seine Institutionen (in einem entwickelten Kapitalismus die Zentralbank) garantiert.] Der Staat agiert dabei, wie Engels es nannte, als „ideeller Gesamtkapitalist“ (MEW 20, S. 260), der mit seiner Politik das kapitalistische Gesamtinteresse an einer möglichst profitablen Akkumulation verfolgt. Dieses Gesamtinteresse ist nicht immer identisch mit den besonderen Interessen einzelner Kapitalfraktionen oder gar einzelner Kapitalisten, weshalb staatliche Handlungen durchaus diesen besonderen Interessen entgegenstehen können – gerade deshalb bedarf es einer eigenen, von den besonderen Kapitalien unabhängigen Instanz. Zwar gibt es immer wieder Beispiele dafür, dass Regierungen einzelne Kapitale direkt begünstigen, doch zeigt sich darin kein für den bürgerlichen Staat wesentliches, mit ihm notwendigerweise verbundenes Moment. Daher wird ein solches begünstigendes Verhalten gerade in bürgerlichen Kreisen, die Staat und Kapital keineswegs kritisch gegenüberstehen, als „Skandal“ angeprangert.

Die wesentliche Voraussetzung kapitalistischer Akkumulation ist die Existenz von Lohnarbeitern und Lohnarbeiterinnen. Deren Reproduktion wird durch den Lohn, den das Kapital zahlt, ermöglicht. Für das einzelne Kapital stellt der Lohn (genauso wie Maßnahmen zum Arbeits- und Unfallschutz etc.) lediglich einen Kostenfaktor dar, der minimiert werden muss, um unter dem Druck der Konkurrenz einen möglichst hohen Gewinn zu erreichen. Trifft das Kapital dabei auf keine Gegenwehr in Gestalt von starken Gewerkschaften oder ähnlichen Zusammenschlüssen, dann werden überlange Arbeitszeiten, gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen und Hungerlöhne durchgesetzt, die dazu führen, dass sich die Arbeitskräfte auf Dauer nicht mehr reproduzieren können: Dem Kapital mit seinem (von der Konkurrenz erzwungenen) Trieb zu immer größerer Verwertung ist somit eine Tendenz zur Zerstörung der Arbeitskraft immanent. Der einzelne Kapitalist mag dies zwar erkennen und auch bedauern, viel ändern kann er daran aber nicht, wenn er nicht bankrott gehen will. Damit das Kapital nicht das Objekt seiner Ausbeutung zerstört, muss dieses Objekt durch ein staatliches Zwangsgesetz geschützt werden. Ein gesetzlicher Normalarbeitstag, Bestimmungen zum Unfall- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sowie gesetzliche Mindestlöhne (bzw. eine minimale staatliche Unterstützung wie die Sozialhilfe in der BRD, die als Lohnuntergrenze wirkt) – häufig erst durch Kämpfe der Arbeiter und Arbeiterinnen durchgesetzt – schränken zwar die Verwertungsmöglichkeiten des Kapitals ein, sichern sie aber auf Dauer.

Der Staat verhindert nicht nur die Zerstörung der Arbeitskraft, er gewährleistet als Sozialstaat auch ihre Reproduktion, soweit dies durch die zwischen Arbeiter und Kapitalist ausgehandelte Lohnzahlung allein nicht möglich ist. Durch die verschiedenen Sozialversicherungen sichert der Staat die Arbeitskraft gegenüber den grundlegenden Risiken, denen sie in einer kapitalistischen Ökonomie ausgesetzt ist: Die dauerhafte Unmöglichkeit des weiteren Verkaufs der Arbeitskraft aufgrund von Unfällen oder Alter (Unfall- bzw. Rentenversicherung); die vorübergehende Unmöglichkeit des Verkaufs der Arbeitskraft aufgrund von Krankheit oder Arbeitslosigkeit (Kranken- bzw. Arbeitslosenversicherung, Sozialhilfe).

Die Mittel für die sozialstaatlichen Leistungen stammen aus dem Akkumulationsprozess, egal ob sie über Sozialversicherungsbeiträge oder über Steuern finanziert werden. Ein Teil des gesellschaftlichen Wertprodukts wird dazu verwendet, so dass sich die Mehrwertmasse verringert. Für die einzelnen Kapitalisten bedeutet dieser Abzug genauso eine Einschränkung wie die oben erwähnten Schutzbestimmungen. Insofern verletzt der Staat als Sozialstaat das unmittelbare Interesse jedes Kapitals nach maximaler Verwertung und stößt auf entsprechenden Widerstand. Daher sind sozialstaatliche Leistungen in vielen Fällen erst als Resultat von Kämpfen der Arbeiterbewegung zustande gekommen. Der Sozialstaat wird deshalb als eine „Errungenschaft“ der Arbeiterbewegung, ein Zugeständnis an die Arbeiterklasse (um sie ruhig zu halten) aufgefasst. In der Tat ist das Leben der Lohnarbeiter und Lohnarbeiterinnen mit sozialstaatlichen Sicherungen in der Regel erheblich einfacher und sicherer als ohne sie. Allerdings handelt es sich dabei keineswegs um einseitige Leistungen für die Arbeitskräfte, die – wie zuweilen behauptet wird – bereits der ersten Schritt zur Überwindung des Kapitalismus darstellen würden. Vielmehr handelt es sich um eine mit dem Kapitalismus konforme Sicherung der Existenz der Lohnarbeiter. Einerseits ist es im Interesse des Kapitals, dass diejenigen Arbeiter und Arbeiterinnen, deren Arbeitskraft aufgrund von Krankheit, Unfall oder mangels Nachfrage vorübergehend nicht zu verwerten ist, dem Kapital trotzdem in einem „ordentlichen“ Zustand erhalten bleiben. Andererseits sind die sozialstaatlichen Leistungen in der Regel an den Verkauf der Arbeitskraft (bzw. die Bereitschaft dazu) gebunden: Leistungen wie das Arbeitslosengeld oder die Altersrente hängen vom vorherigen Lohn ab – ein Zusammenhang, der allein schon auf viele Arbeiter und Arbeiterinnen disziplinierend wirkt; bei arbeitsfähigen Personen ist die Zahlung von Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe außerdem daran gebunden, dass sie sich aktiv um den Verkauf ihrer Arbeitskraft bemühen. Ist dies nicht der Fall, wird die Kürzung oder gänzliche Verweigerung der Zahlungen von den staatlichen Behörden als Mittel der Disziplinierung eingesetzt. Die Leistungen des Sozialstaates entbinden also keineswegs vom Zwang zum Verkauf der Arbeitskraft.

Eine entscheidende Schwäche der Auffassung, der bürgerliche Staat sei lediglich ein Instrument in der Hand der Kapitalistenklasse, besteht darin, dass sowohl eine einheitliche und politisch handlungsfähige „herrschende“ Klasse vorausgesetzt wird als auch ein klar definiertes Klasseninteresse, dem nur noch das Instrument der Umsetzung fehlt. Weder das eine noch das andere ist selbstverständlich. Die „ökonomisch herrschende Klasse“ besteht im Kapitalismus aus konkurrierenden Kapitalisten mit ganz unterschiedlichen, teilweise gegenläufigen Interessen. Zwar gibt es ein gemeinsames Interesse an der Aufrechterhaltung der kapitalistischen Produktionsweise. Wenn diese aber nicht gerade durch revolutionäre Bewegungen gefährdet ist, dann ist dieses Interesse viel zu allgemein, um eine Richtschnur für das „normale“ Staatshandeln abzugeben. Die Interessen, die das Staatshandeln bestimmen, sind nicht einfach da und warten auf ihre Umsetzung, wie bei der instrumentellen Auffassung unterstellt wird, sie müssen überhaupt erst konstituiert werden.


Alle staatlichen Maßnahmen sind umstritten, egal, ob es um die konkrete Ausgestaltung des Rechtssystems, um die Sicherung der materiellen Bedingungen der Akkumulation oder um Art und Umfang sozialstaatlicher Leistungen geht. Jede Maßnahme bringt in der Regel für einige Kapitale (manchmal sogar für alle) Nachteile mit sich, für andere Vorteile (oder weniger Nachteile als für den Rest). Langfristig erwarteten – aber unsicheren – Vorteilen stehen unmittelbare Nachteile gegenüber. Worin das kapitalistische Gesamtinteresse besteht, auf welche Herausforderungen der Staat reagieren sollte und in welcher Art und Weise – alles das muss immer wieder neu herausgefunden werden. Die staatliche Politik setzt eine beständige Ermittlung dieses Gesamtinteresses und der Maßnahmen zu seiner Umsetzung voraus.

Nicht selten gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, wie das kapitalistische Gesamtinteresse verfolgt werden kann. Alternative Strategien sind möglich, so dass sich die staatliche Politik nicht auf die einfache Umsetzung von Notwendigkeiten der kapitalistischen Ökonomie reduzieren lässt. Der in marxistischen Zirkeln beliebte Verweis auf den ökonomischen Zweck einer staatlichen Maßnahme ist als Erklärung unzureichend. Die Machtverhältnisse zwischen einzelnen Kapitalfraktionen, geschickte Bündnisse, Einfluss innerhalb des Staatsapparates und in den Medien der Öffentlichkeit und ähnliche Faktoren sind für die Durchsetzung oder Verhinderung einzelner Maßnahmen oder auch ganzer Strategien von entscheidender Bedeutung, und zuweilen werden dadurch auch für das kapitalistische Gesamtinteresse schädliche Ergebnisse hervorgebracht. Lobbyarbeit, das Ringen um Einfluss etc. ist keine Regelverletzung, sondern genau die Art und Weise, in der die Suche nach Konsens normalerweise stattfindet.

Die staatliche Politik setzt aber nicht nur einen Konsens innerhalb der wichtigsten Kapitalfraktionen über das kapitalistische Gesamtinteresse voraus. Diese Politik muss auch gegenüber den unteren Klassen legitimiert werden; auch von ihnen ist ein bestimmtes Maß an Konsens notwendig. Nur dann ist gewährleistet, dass sie durch ihre soziale Praxis die Reproduktion der kapitalistischen Verhältnisse nicht stören (wobei solche Störungen nicht erst bei politisch motiviertem Widerstand beginnen) und insbesondere den von ihnen häufig verlangten Opfern zustimmen oder diese zumindest passiv hinnehmen. Zur Herstellung von Legitimation und zur Aufrechterhaltung der „disziplinierten“ Verhaltensweisen als Arbeiter und als Staatsbürger genügt es aber nicht, die Politik nur „gut zu verkaufen“; die Interessen der unteren Klassen – ihre Interessen innerhalb des Kapitalismus, d. h. ihre Interessen an einer besseren Existenz als Lohnarbeiter – müssen zumindest soweit berücksichtigt werden, wie sie das kapitalistische Gesamtinteresse an einer gelingenden Akkumulation nicht „zu sehr“ beeinträchtigen. Auch dabei spielt es eine Rolle, wie stark und geschickt diese Interessen vertreten werden, welchen Einfluss ihre Repräsentanten in den Parteien, Staatsapparaten und Medien haben.

Die Auseinandersetzung über die verschiedenen politischen Maßnahmen und die unterschiedlichen Strategien, die Bildung von Konsens und Legitimation, die kapitalismuskonforme Integration von Interessen – all dies umfasst nicht nur die „herrschende“, sondern auch die „beherrschten“ Klassen. Sie erfolgt sowohl innerhalb wie außerhalb der staatlichen Institutionen: in den Medien der bürgerlichen Öffentlichkeit (Fernsehen, Presse) ebenso wie in den Institutionen demokratischer Willensbildung (den Parteien, Parlamenten, Ausschüssen). Zwar kann Politik mit den Machtmitteln des Staates auch diktatorisch gegen eine Mehrheit der Bevölkerung durchgesetzt werden. Eine länger andauernde Ausschaltung demokratischer Institutionen und die Einschränkung von Presse- und Meinungsfreiheit bringt jedoch erhebliche materielle Kosten mit sich (umso geringer die Legitimation ist, umso umfassender muss der Repressionsapparat sein) und stört zudem erheblich die Ermittlung des kapitalistischen Gesamtinteresses. Militärdiktaturen und Ähnliches sind in entwickelten kapitalistischen Ländern eher die Ausnahme.

Ein wesentliches Verfahren zur Herstellung von Legitimation wie auch eines kapitalismuskonformen Konsenses sind allgemeine, geheime und freie Wahlen. Damit wird es der Bevölkerungsmehrheit möglich, missliebige Politiker oder Parteien abzuwählen und durch andere zu ersetzen. Die neue Regierung, egal ob sich ihre Politik von derjenigen der alten Regierung unterscheidet oder nicht, kann sich gegenüber Kritikern darauf berufen, dass sie „gewählt“ und somit von der Mehrheit der Bevölkerung auch „gewollt“ sei. Diese „Legitimität durch Verfahren“ steht in der politikwissenschaftlichen Behandlung der Demokratie im Vordergrund – bei weitgehender Ausblendung des kapitalistischen Kontextes. Dem Unmut der Bevölkerung über die Zumutungen der Politik wird durch die Möglichkeit von regelmäßigen Wahlen nicht nur ein frühzeitiges Ventil geboten, er wird auch kanalisiert, indem er sich gegen einzelne Politiker und Parteien richtet und nicht gegen das politische und ökonomische System, das hinter deren Politik steht. Dementsprechend gilt in der bürgerlichen Öffentlichkeit ein politisches System dann als demokratisch, wenn es die effektive Möglichkeit zur Abwahl der Regierung bietet.

Die in Teilen der Linken anzutreffende Idealisierung der Demokratie, welche die real existierenden demokratischen Institutionen am Ideal eines Staatsbürgers misst, der über möglichst viele Sachverhalte durch Abstimmungen selbst entscheiden sollte, sieht genauso vom sozialen und ökonomischen Kontext der Demokratie ab wie der oben erwähnte politikwissenschaftliche Mainstream. Neben den unterschiedlichen Varianten demokratischer Systeme (mit starkem Präsidenten, mit starkem Parlament etc.) gibt es keine „wirkliche“ Demokratie, die man endlich mal einführen müsste; unter kapitalistischen Verhältnissen sind die existierenden demokratischen Systeme bereits die „wirkliche“ Demokratie (wer die „wirkliche“ Demokratie in möglichst vielen und einfach einzuleitenden Volksabstimmungen erblickt, möge sich z. B. in der Schweiz umschauen, ob dies zu großen Veränderungen führt).

Staat und Öffentlichkeit stellen, wie oft hervorgehoben wird, einen Kampfplatz unterschiedlicher Interessen dar; in einem demokratischen System ist dies besonders deutlich zu sehen. Allerdings ist dieser Kampfplatz kein neutrales Spielfeld. Vielmehr wirkt sich dieses Spielfeld strukturierend auf die Auseinandersetzungen und die aus ihnen resultierende politische Praxis aus. Die staatliche Politik ist zwar keineswegs durch die ökonomische Situation vollständig determiniert, bei ihr handelt es sich aber auch nicht um einen offenen Prozess, bei dem alles möglich wäre. Einerseits spielen etwa Auseinandersetzungen innerhalb und zwischen den Klassen sowie die relative Stärke und Konfliktfähigkeit einzelner Gruppen etc. eine wichtige Rolle, so dass unterschiedliche Entwicklungen stets möglich sind. Andererseits muss die Politik aber immer auch dem kapitalistischen Gesamtinteresse an einer gelingenden Kapitalakkumulation Rechnung tragen. Parteien und Politiker mögen von ihrer Herkunft und ihren Werthaltungen her durchaus unterschiedlich sein; in ihrer Politik, insbesondere wenn sie an der Regierung sind, orientieren sie sich in der Regel an diesem Gesamtinteresse. Dies liegt nicht daran, dass sie von der Kapitalseite „bestochen“ oder sonst irgendwie abhängig wären (obwohl dies auch vorkommen kann), sondern an der Art und Weise, wie sich Parteien durchsetzen, und an den Arbeitsbedingungen der Regierung – Prozesse und Bedingungen, denen sich auch linke Parteien, die auf Regierungsbeteiligung abzielen, nicht entziehen können.

Um als Präsident gewählt zu werden oder als Partei eine Mehrheit zu erhalten, müssen unterschiedliche Interessen und Werthaltungen angesprochen werden. Um in den Medien ernst genommen zu werden (eine wesentliche Voraussetzung dafür, um überhaupt bekannt zu werden), müssen „realistische“, „umsetzbare“ Vorschläge gemacht werden. Bevor es einer Partei gelingt, auch nur in die Nähe der Regierungsbeteiligung zu kommen, durchläuft sie in der Regel einen langjährigen Erziehungsprozess, in welchem sie sich an die „Notwendigkeiten“, d. h. an die Verfolgung des kapitalistischen Gesamtinteresses immer weiter anpasst, einfach um einen größeren Wahlerfolg zu haben. Ist eine Partei dann endlich an der Regierung, muss sie dafür Sorge tragen, dass sie die erreichte Zustimmung behält. Hier wird nun insbesondere wichtig, dass ihr „politischer Gestaltungsspielraum“ ganz entscheidend von ihren finanziellen Möglichkeiten abhängt: diese werden einerseits von der Höhe der Steuereinnahmen bestimmt und andererseits von der Höhe der Ausgaben, zu denen als größter Posten die sozialen Leistungen gehören. Bei einer erfolgreichen Kapitalakkumulation ist das Steueraufkommen hoch und die Sozialausgaben für Arbeitslose und Arme sind relativ gering. In Krisenphasen geht dagegen das Steueraufkommen zurück und gleichzeitig steigen die Sozialausgaben. Die materielle Grundlage des Staates ist somit unmittelbar mit der Kapitalakkumulation verknüpft; keine Regierung kommt an dieser Abhängigkeit vorbei. Zwar kann eine Regierung ihren finanziellen Spielraum mittels Verschuldung etwas erhöhen, doch wachsen damit auch die zukünftigen Finanzlasten. Zudem erhält ein Staat nur solange problemlos Kredit, wie die zukünftigen Steuereinnahmen, aus denen der Kredit zurückgezahlt werden soll, gesichert sind, was wiederum eine gelingende Kapitalakkumulation voraussetzt.

Die Förderung der Akkumulation ist aber nicht nur das selbstverständliche Ziel der Politiker, auch breiten Bevölkerungsschichten gilt es als Binsenweisheit, dass es „unserer“ Wirtschaft gut gehen muss, damit es auch „uns“ gut gehen kann. „Opfer“, die zunächst einmal nur den kapitalistischen Unternehmen zugute kommen, werden in Erwartung besserer Zeiten für alle mehr oder weniger bereitwillig getragen. Eingängig formulierte der frühere sozialdemokratische Bundeskanzler Helmut Schmidt in den 1970er Jahren: „Die Profite von heute sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen.“ Kritik regt sich bei der Mehrheit der Bevölkerung normalerweise nicht an den Zumutungen der Politik und der Förderung des Profits, sondern daran, dass diese Förderung nicht die erhofften Resultate gebracht hat.

Hier zeigt sich die politische Relevanz des Fetischismus, der die spontane Wahrnehmung der Akteure der kapitalistischen Produktion strukturiert. In der trinitarischen Formel erschien die kapitalistische Produktionsweise als „Naturform“ des gesellschaftlichen Produktionsprozesses. Der Kapitalismus erscheint als ein alternativloses Unternehmen, in dem Kapital und Arbeit ihre „natürlichen“ Rollen einnehmen. Die Erfahrungen von Ungleichheit, Ausbeutung und Unterdrückung führen daher nicht zwangsläufig zur Kritik am Kapitalismus, sondern eher zur Kritik an Zuständen innerhalb des Kapitalismus: „Übertriebene“ Ansprüche oder eine „ungerechte“ Verteilung werden kritisiert, aber nicht die kapitalistische Grundlage dieser Verteilung. Arbeit und Kapital erscheinen als die gleichermaßen notwendigen und daher auch gleichermaßen zu berücksichtigenden Träger der Produktion des gesellschaftlichen Reichtums. Gerade vor dem Hintergrund der trinitarischen Formel wird verständlich, warum die Auffassung vom Staat als einem neutralen Dritten, der sich „ums Ganze“ kümmern soll und an den appelliert wird, er solle „soziale Gerechtigkeit“ herstellen, so plausibel und so weit verbreitet ist.

Dieses staatlich umhegte „Ganze“ von Kapital und Arbeit wird dann, in den einzelnen Ländern in unterschiedlichem Ausmaß, als Nation angerufen, als imaginierte Schicksalsgemeinschaft eines „Volkes“, das über eine angeblich „gemeinsame“ Geschichte und Kultur konstruiert wird. Realisiert wird diese nationale Gemeinschaft in der Regel aber erst durch Abgrenzung gegen „innere“ und „äußere“ Feinde. Der Staat erscheint als die politische Gestalt der Nation: Ihr „Wohl“ hat er sowohl durch seine Politik nach innen als auch durch die Vertretung der „nationalen Interessen“ nach außen zu verwirklichen. Und genau das macht der Staat auch, wenn er das kapitalistische Gesamtinteresse verfolgt, denn unter kapitalistischen Verhältnissen existiert kein anderes Gemeinwohl als dieses kapitalistische Gesamtinteresse.

Das aus der Produktion hervorwachsende Herrschaftsverhältnis zwischen den Klassen ist in der bürgerlichen Gesellschaft also ein ganz anderes, als in allen vorbürgerlichen Gesellschaften. Daher weist auch die politische Gestalt der bürgerlichen Gesellschaft, der bürgerliche Staat, ganz eigene Charakteristika auf.

In vorbürgerlichen Gesellschaften begegneten sich die Menschen von vornherein als rechtlich Ungleiche. Rechte und Pflichten waren durch ihren jeweiligen Stand bzw. sozialen Status definiert; ökonomische und politische Herrschaftsverhältnisse waren unmittelbar miteinander verschränkt. Unter kapitalistischen Verhältnissen ist die unmittelbare politische Gewalt zur Aufrechterhaltung der ökonomischen Ausbeutung nicht notwendig: Es genügt, wenn der Staat als eine jenseits der Gesellschaft stehenden Gewalt gewährleistet, dass sich die Mitglieder der Gesellschaft als Privateigentümer verhalten. Allerdings muss es eine eigenständige, unabhängige Gewalt sein, denn sie soll ja alle zwingen, die anderen als Privateigentümer anzuerkennen.

der Rechtsstaat[edit]

Subjektivität absichern. Das sichert die Klassenherrschaft genau durch diese Neutralität. (Der Staat verbietet es den Reichen wie den Armen unter Brücken zu nächtigen.) Der Staat ist wirklich neutral, aber genau so sichert er Klassenherrschaft.

Als Rechtsstaat behandelt der bürgerliche Staat seine Bürger als freie und gleiche Privateigentümer: Alle Staatsbürger sind denselben Gesetzen unterworfen und haben dieselben Rechte und Pflichten.[8]

Der Staat schützt das Privateigentum eines jeden Bürgers, unabhängig vom Ansehen der Person. Dieser Schutz besteht vor allem darin, dass die Bürger verpflichtet werden, sich wechselseitig als Privateigentümer anzuerkennen: Aneignung fremden Eigentums ist nur bei beidseitiger Übereinkunft erlaubt; fremdes Eigentum erhält man in der Regel nur durch Schenkung, Erbschaft, Tausch oder Kauf.

Der Staat verhält sich den einzelnen Bürgern gegenüber tatsächlich als eine neutrale Instanz; diese Neutralität ist keineswegs nur Schein. Gerade vermittels dieser Neutralität sichert der Staat vielmehr die Grundlagen der kapitalistischen Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse. Der Schutz des Eigentums impliziert, dass diejenigen, die außer ihrer Arbeitskraft kein (relevantes) Eigentum besitzen, ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Um sich ihren Lebensunterhalt aneignen zu können, müssen sie sich dem Kapital unterwerfen. Damit wird der kapitalistische Produktionsprozess möglich und dieser reproduziert dann wieder die ihm vorausgesetzten Klassenverhältnisse. Der einzelne Arbeiter kommt aus dem Produktionsprozess so heraus, wie er in ihn einging. Sein Lohn reicht im Wesentlichen zur (eigenen bzw. familiären) Reproduktion. Um sich erneut zu reproduzieren, muss er erneut seine Arbeitskraft verkaufen. Auch der Kapitalist kommt wieder als Kapitalist aus dem Prozess heraus: Sein vorgeschossenes Kapital fließt mitsamt einem Profit zu ihm zurück, so dass er es sogar vergrößert vorschießen kann. Der kapitalistische Produktionsprozess produziert demnach nicht nur Waren, er reproduziert auch das Kapitalverhältnis selbst.

Der Sozialstaat[edit]

Reproduktion der Arbeitskraft sichern und damit Ausbeutung sichern. (Arbeitsschutz bis Rentenversicherung – was Alles dazu gehört wird durch Kräfteverhältnisse bestimmt.)

Der Staat verhindert nicht nur die Zerstörung der Arbeitskraft, er gewährleistet als Sozialstaat auch ihre Reproduktion, soweit dies durch die zwischen Arbeiter und Kapitalist ausgehandelte Lohnzahlung allein nicht möglich ist. Durch die verschiedenen Sozialversicherungen sichert der Staat die Arbeitskraft gegenüber den grundlegenden Risiken, denen sie in einer kapitalistischen Ökonomie ausgesetzt ist: Die dauerhafte Unmöglichkeit des weiteren Verkaufs der Arbeitskraft aufgrund von Unfällen oder Alter (Unfall- bzw. Rentenversicherung); die vorübergehende Unmöglichkeit des Verkaufs der Arbeitskraft aufgrund von Krankheit oder Arbeitslosigkeit (Kranken- bzw. Arbeitslosenversicherung, Sozialhilfe).

Die Mittel für die sozialstaatlichen Leistungen stammen aus dem Akkumulationsprozess, egal ob sie über Sozialversicherungsbeiträge oder über Steuern finanziert werden. Ein Teil des gesellschaftlichen Wertprodukts wird dazu verwendet, so dass sich die Mehrwertmasse verringert. Für die einzelnen Kapitalisten bedeutet dieser Abzug genauso eine Einschränkung wie die oben erwähnten Schutzbestimmungen. Insofern verletzt der Staat als Sozialstaat das unmittelbare Interesse jedes Kapitals nach maximaler Verwertung und stößt auf entsprechenden Widerstand. Daher sind sozialstaatliche Leistungen in vielen Fällen erst als Resultat von Kämpfen der Arbeiterbewegung zustande gekommen. Der Sozialstaat wird deshalb als eine „Errungenschaft“ der Arbeiterbewegung, ein Zugeständnis an die Arbeiterklasse (um sie ruhig zu halten) aufgefasst. In der Tat ist das Leben der Lohnarbeiter und Lohnarbeiterinnen mit sozialstaatlichen Sicherungen in der Regel erheblich einfacher und sicherer als ohne sie. Allerdings handelt es sich dabei keineswegs um einseitige Leistungen für die Arbeitskräfte, die – wie zuweilen behauptet wird – bereits der ersten Schritt zur Überwindung des Kapitalismus darstellen würden. Vielmehr handelt es sich um eine mit dem Kapitalismus konforme Sicherung der Existenz der Lohnarbeiter. Einerseits ist es im Interesse des Kapitals, dass diejenigen Arbeiter und Arbeiterinnen, deren Arbeitskraft aufgrund von Krankheit, Unfall oder mangels Nachfrage vorübergehend nicht zu verwerten ist, dem Kapital trotzdem in einem „ordentlichen“ Zustand erhalten bleiben. Andererseits sind die sozialstaatlichen Leistungen in der Regel an den Verkauf der Arbeitskraft (bzw. die Bereitschaft dazu) gebunden: Leistungen wie das Arbeitslosengeld oder die Altersrente hängen vom vorherigen Lohn ab – ein Zusammenhang, der allein schon auf viele Arbeiter und Arbeiterinnen disziplinierend wirkt; bei arbeitsfähigen Personen ist die Zahlung von Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe außerdem daran gebunden, dass sie sich aktiv um den Verkauf ihrer Arbeitskraft bemühen. Ist dies nicht der Fall, wird die Kürzung oder gänzliche Verweigerung der Zahlungen von den staatlichen Behörden als Mittel der Disziplinierung eingesetzt. Die Leistungen des Sozialstaates entbinden also keineswegs vom Zwang zum Verkauf der Arbeitskraft.

Demokratie[edit]

Divergente (auseinandergehende) Interessen vereinheitlichen, herrschende Interessen der Bourgeoisie (idealer Gesamtkapitalist), beherrschte Klasse wird einbezogen

Der entwickelte Kapitalismus hat Tendenz zu

  1. Rechtsstaat
  2. Sozialstaat
  3. Demokratie

Sonst verliert Kapitalismus seine Stabilität.

Auf Krisen von kapitalistischen Demokratien können Diktaturen als Reaktionen folgen. Diktaturen sind fürs Kapital nur vorübergehend / Ausnahmezustand.

Auch im Normalstaat werden schon manche Rechte ignoriert.

Der Staat reguliert Ãœberakkumulation und Kapitalvernichtung.

Staat ist Befrieder von Klassenkonflikten. Betriebliche Mitbestimmung ist marginal /kaum Einfluss auf Produktionsentscheidungen.

Der Staat kommt für emanzipatorische Politik nicht in Frage.

Indem der Staat die ausgebeutete Klasse sichert (Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Rentenversicherung), erhält er die Zustimmung dieser Klasse.

Ideologie: Staat sei autonom gegenüber der Ökonomie.

Klassenkampf um materielle Zugeständnisse ja, hat aber Grenzen. Kleine oder große Zugeständnisse = quantitativ. → Einbindung in die Unterwerfung. Es geht nicht um quantitative Zugeständnisse, sondern um qualitative.

Betriebsräte, Stellvertreterpolitik, Mitbestimmung sind unheimlich integrierend. Betriebsrat ist nur für allgemeines Betriebswohl.

In den 1950er Jahren gab es Streiks gegen das Betriebsverfassungsgesetz.

Handlungsbeschränkungen (Ökonomie, Produktionsverhältnisse). Strukturelle Grenzen des Handelns. Keine Handlungsalternativen

Die Funktion des Sozialstaates ist nicht ein schönes Leben für alle, sondern die (Ware) Arbeitskraft zu erhalten. Denn die (Ware) Arbeitskraft ist die einzige Ware, die Mehrwert schaffen kann. Dazu wird die Arbeitskraft zu einem konformen Verhalten gezwungen (darum wird auch eine Alterssicherung garantiert)

Der Staat schützt Eigentum – große und kleine Reichtümer. Er hält somit den Zwang aufrecht, Arbeitskraft verkaufen zu müssen, wenn nur kleiner Besitz → Zwang zur Lohnarbeit

Sozialpolitik um Zwang zur Lohnarbeit aufrecht zu halten. Arbeitslosengeld gibt es nur, wenn Bereitschaft zur Lohnarbeit aufrecht erhalten wird.

Wohlstand = Abfall bei Profit Profit funktioniert auch ohne diesen Abfall

Regierung ist von Steuereinnahmen abhängig,

  • muss für Prosperität sorgen
  • fördert somit zwangsläufig Profit etc. strukturell – egal welche Partei Regierung stellt

Das Interesse des Gesamtkapitals geht auch über Leichen von Einzelkapitalen.

Schröder: "Wir wollen nicht Alles anders machen, aber Alles besser." → egal ob Kohl, Schröder oder Stoiber

Abwechseln des Personals erhält die Demokratie aufrecht.

In der DDR wurde dieses Abwechseln zwischen Regierung und Opposition nicht zugelassen, auch deshalb kam es zum Bruch.

Nationalismus[edit]

Das Ziel des Nationalismus besteht darin, die Nation fit zu machen, für den Wettbewerb, gegen andere Nationen.

Der Staat kann nicht unabhängig von den ökonomischen Verhältnissen betrachtet werden. Staat und Recht sind immer vor dem Hintergrund der ökonomischen Verhältnisse zu sehen.

Der Staat – ein Instrument der herrschenden Klasse[edit]

Der Staat ist das das Machtinstrument der herrschenden Klasse. Die repressive Seite des Staates, in Form von Polizei und Militär, tritt in Erscheinung wenn die vorgelagerten Befriedungs-, Konditionierungs-, und Repressionsstrukturen nicht mehr greifen (z. B. Schule, bürgerliche Medien, Sozialarbeit, Sozialpartnerschaft). In Staaten und teilen von Staaten, in denen es kaum Infrastruktur gibt, und z. B. Befriedung der der ArbeiterInnen durch sozialpartnerschaftliche Integration mangels Wirtschaftskraft nicht möglich ist, tritt der Staat oft nur miltärisch/polizeilich auf. Er wird repräsentiert durch die verschiedenen Organe. In der BRD ist der Staat in Exekutive (ausführende Gewalt: die Regierung) Legislative (gesetzgebende Gewalt: Bundestag, Bundesrat) und die Judikative (Rechtsprechung: die Gerichte) unterteilt. Die Behörden wie Polizei, Armee, Verwaltung unterstehen der Exekutive. Der Staat besitzt eine ordnende Funktion, in der er die kapitalistische Ordnung aufrechterhält. Er ermöglicht den Kapitalisten durch den Schutz des Eigentums und anderen Rechten in einer, für das Kapital sicheren Umgebung zu investieren und Profite zu erwirtschaften.

Die Repression seitens des Staates richtet sich nach dem Widerstand gegenüber dem Kapitalismus, der herrschenden Klasse und dem Staat selbst. Hat ein großteil der Bevölkerung den Kapitalismus und den Staat akzeptiert und sich mit den Verhältnissen abgefunden ist die Repression geringer, als wenn beispielsweise die ausgebeuteten Klassen sich organisieren und aktiv Widerstand leisten.

Meist wird der Staat zunächst als eine der Gesellschaft gegenüberstehende Macht begriffen. Dies deckt sich mit dem allgemeinen, umgangssprachlichen Verständnis des Staates als einer Institution, die in einer bestimmten Gesellschaft über das Monopol legitimer Gewaltausübung (kurz: Gewaltmonopol) verfügt; von Notwehr abgesehen, darf niemand außer den dazu bestimmten staatlichen Organen wie Polizei oder Militär Gewalt ausüben.

Oft wird diese Institution zugleich ein Instrument der herrschenden Klasse begriffen – und zwar auch in einer demokratischen Republik mit allgemeinem Wahlrecht.

Die Auffassung, dass der Staat in erster Linie ein Instrument in der Hand der ökonomisch herrschenden Klasse sei, dominierte. Auch radikal-demokratische bürgerliche Kritiker hielten zumindest den bestehenden Staat für ein Instrument unmittelbarer Klassenherrschaft. Ihrem eigenen Anspruch nach, sind die modernen Staaten allerdings neutral gegenüber den Klassen: Es gilt die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz und die Verpflichtung des Staates auf das Gemeinwohl. Wer den Staat vor allem als Instrument der Klassenherrschaft auffasst, versucht daher nachzuweisen, dass das tatsächliche Handeln der Regierung und die Funktionsweise der staatlichen Organe diesem Neutralitätsanspruch zuwiderlaufen.

Eine solche Auffassung besitzt eine gewisse empirische Plausibilität: Es lassen sich immer Beispiele von Gesetzen finden, die vor allem die Wohlhabenden begünstigen, oder von legalen (oder auch illegalen) Formen der Einflussnahme kapitalistischer Lobbygruppen auf Gesetzgebung und das politische Handeln der Regierung. Dass einzelne Kapitalfraktionen versuchen, den Staat als Instrument zu benutzen, und damit zuweilen auch Erfolg haben, ist unbestritten. Die Frage ist nur, ob mit diesem Sachverhalt bereits die wesentliche Charakterisierung des modernen, bürgerlichen Staates erfasst ist.

Unter den staatlichen Maßnahmen gibt es meistens auch solche, die den ärmeren Bevölkerungsschichten zugute kommen. Von den Vertretern der instrumentellen Staatsauffassung werden solche Maßnahmen als bloße Zugeständnisse interpretiert, als Methode, um die Unterdrückten und Ausgebeuteten ruhig zu stellen.

Staatskritik wird von den Vertretern dieser Auffassung vor allem als Entlarvung verstanden: Die Neutralität des Staates soll als eine nur scheinbare nachgewiesen werden. Die Staatskritik bezieht sich dann vor allem auf die jeweilige Verwendung des Staates, aber nicht auf Staat und Politik als soziale Formen.

In der politischen Praxis führt die instrumentelle Staatsauffassung meistens zur Forderung nach einem anderen Gebrauch des Staates: Der Gemeinwohlanspruch soll endlich ernst genommen und die Interessen der unteren Klassen besser berücksichtigt werden. Wann dies erreicht werden kann, wird unterschiedlich beurteilt. „Revolutionäre“ Strömungen betonen, dass eine staatliche Politik, die im „wirklichen“ Interesse der Mehrheit liege, erst nach einer Revolution möglich sei. Unklar bleibt aber meistens, wie die revolutionäre Politik in nicht-revolutionären Situationen aussehen soll. „Reformkritische“ Strömungen glauben dagegen, dass auch unter kapitalistischen Verhältnissen eine andere Politik, ein Klassenkompromiss, möglich sei. Dementsprechend wird von der Beteiligung linker Parteien an der Regierung eine „bessere“ Politik erwartet. Die häufig folgenden Enttäuschungen werden von dem einen Teil dieser Reformisten dann als leider notwendige Kosten der Kompromisse gerechtfertigt, der etwas radikalere Teil der Reformisten kritisiert die enttäuschende Politik und führt sie auf Anpassung oder „Verrat“ der führenden Köpfe der linken Parteien zurück. Nicht selten wird dann die nächste Partei gegründet, die es „wirklich“ anders machen soll. Dass es für die kritische Anpassung vielleicht auch strukturelle Gründe geben könnte, wird dabei ausgeblendet (siehe dazu den Schlussteil des folgenden Kapitels).

Zitate[edit]

  • „In Wirklichkeit aber ist der Staat nichts als eine Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch eine andere, und zwar in der demokratischen Republik nicht minder als in der Monarchie; und im besten Fall ein Ãœbel, das dem im Kampf um die Klassenherrschaft siegreichen Proletariat vererbt wird und dessen schlimmsten Seiten es ebenso wenig wie die Kommune umhin können wird, sofort möglichst zu beschneiden, bis ein in neuen, freien Gesellschaftszuständen herangewachsenes Geschlecht imstande sein wird, den ganzen Staatsplunder von sich abzutun.“ (Friedrich Engels)

Siehe auch[edit]

Einzelnachweise[edit]

  1. Harold Barclay, Völker ohne Regierung: eine Anthropologie des Anarchismus . (London: Kahn & Averill, 1982)
  2. David Graeber, Frei von Herrschaft: Fragmente einer anarchistischen Anthropologie . (Verlag: Peter Hammer Verlag, Wuppertal (2008))
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  4. Harold Barclay, Völker ohne Regierung: eine Anthropologie des Anarchismus . (London: Kahn & Averill, 1982)
  5. Friedrich Engels: Vom Ursprung des Staats, des Privateigentums und der Familie.
  6. Harold Barclay, Völker ohne Regierung: eine Anthropologie des Anarchismus . (London: Kahn & Averill, 1982)
  7. Harold Barclay, Völker ohne Regierung: eine Anthropologie des Anarchismus . (London: Kahn & Averill, 1982)
  8. Man könnte davon sprechen, dass diese und die folgenden Aussagen nur für den bürgerlichen Staat „in seinem idealen Durchschnitt“ gelten. Genauso wenig wie die Darstellung der kapitalistischen Produktionsweise „in ihrem idealen Durchschnitt“ bereits eine vollständige Analyse der kapitalistischen Gesellschaft liefert, ist dies beim Staat der Fall. So war die Durchsetzung der vollen rechtlichen und politischen Gleichheit der Bürger (und vor allem der Bürgerinnen) ein Prozess, der in vielen Staaten bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts dauerte und zum Teil noch andauert. Darüber hinaus leben heute aufgrund weltweiter Migrationsprozesse in den meisten Staaten nicht nur rechtlich gleiche Staatsbürger, sondern auch eine wachsende Zahl von Bürgern anderer Staaten, die erheblich geringere oder, wie bei illegal Eingewanderten, fast überhaupt keine Rechte genießen.


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