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Difference between revisions of "Liebe"

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(Liebe als Gefühl)
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Gefühle sind also Hochkomplex, sich selbst reflektierend und stehen in einem Zusammenhang zu unseren Emotionen. Da Liebe als '''Gefühl''' einen bewussten Anteil hat (die Reflektion) ist der kulturelle Einfluss auf unser Gefühlsleben, gerade bei der Liebe, kaum hoch genug einzuschätzen. Dazu Fromm:
 
Gefühle sind also Hochkomplex, sich selbst reflektierend und stehen in einem Zusammenhang zu unseren Emotionen. Da Liebe als '''Gefühl''' einen bewussten Anteil hat (die Reflektion) ist der kulturelle Einfluss auf unser Gefühlsleben, gerade bei der Liebe, kaum hoch genug einzuschätzen. Dazu Fromm:
  
"''Jedenfalls entwickelt sich das Gefühl der Verliebtheit gewöhnlich nur in Bezug auf solche menschlichen Werte, für man selbst entsprechende Tauschobjekte zur Verfügung hat. Man will ein GEschäft machen; [...] So verlieben sich zwei Menschen ineinander, wenn sie das Gefühl haben, das beste Objekt gefunden zu haben, das für sie in Anbetracht des eigenen Tauschwerts auf dem Markt erchwinglich ist. [...] in einer Kultur, in der die MArketing-Orientierung vorherrscht, in welcher der materielle Erfolg der höchste Wert ist, darf man sich kaum darüber wundern, daß sich auch die menschliche Liebesbeziehung nach den gleichen Tauschmethoden vollziehen, wie sie auf dem Waren- und Arbeitsmarkt herrschen''." <ref> Fromm, Erich (1949): Die Kunst des Liebens, Berlin S.13f </ref>  
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"''Jedenfalls entwickelt sich das Gefühl der Verliebtheit gewöhnlich nur in Bezug auf solche menschlichen Werte, für man selbst entsprechende Tauschobjekte zur Verfügung hat. Man will ein Geschäft machen; [...] So verlieben sich zwei Menschen ineinander, wenn sie das Gefühl haben, das beste Objekt gefunden zu haben, das für sie in Anbetracht des eigenen Tauschwerts auf dem Markt erchwinglich ist. [...] in einer Kultur, in der die MArketing-Orientierung vorherrscht, in welcher der materielle Erfolg der höchste Wert ist, darf man sich kaum darüber wundern, daß sich auch die menschliche Liebesbeziehung nach den gleichen Tauschmethoden vollziehen, wie sie auf dem Waren- und Arbeitsmarkt herrschen''." <ref> Fromm, Erich (1949): Die Kunst des Liebens, Berlin S.13f </ref>  
  
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Wir sehen also das Liebe nicht nur als '''Fähigkeit''', sondern auch als '''Gefühl''' betrachtet immer kulturellen Normen unterliegt. Weitere Beispiele dafür finden wir in den verschiedensten Arten von Beziehungsstrukturen, je nachdem in welchen Kulturkreis wir blicken. Natürlich ist die pluralität an verschiedenen Beziehungsformen nicht nur mit dem kulturellen Aspekt der Liebe zu erklären. Beziehungsformen sind in vielen Kulturen und Zeitaltern kein Produkt der '''Liebe''', sondern rationalen Erwägungen. Dazu Fromm:
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"Im Viktorianischen Zeitalter war die Liebe [...] kein spontanes persönliches Erlebnis, das hinterher vielleicht zu einer Heirat führte. Ganz im Gegenteil: [...] Der [Heirats]Abschluß erfolgte aufgrund gesellschaftlicher Erwägungen unter der Annahme, daß sich die Liebe nach der Heirat schon einstellen werde." <ref> Fromm, Erich (1949): Die Kunst des Liebens, München. Seite 12 </ref>
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In diesem Falle gibt es noch einen Zusammenhang zwischen '''Liebe''' und '''Beziehung''', wenn auch im Verhältnis zur '''romantischen Zweierbeziehung''' mit umgedrehten Vorzeichen. In anderen Kulturepochen gibt es Beziehungsformen die ganz ohne '''Liebe''' auskommen.
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In der Moderne und vor allem der Postmoderne wird '''Liebe''' zu einem festen Bestandteil der [[Biopolitik]].
  
 
"''Wie andere Gefühle (Trauer, Freude, Wut) ist [Liebe] ein - in einem gesellschaftlichen Kontext eingebundenes - subjektives Erleben. In der Wechselwirkung zwischen Erleben und Handeln ist die Liebe eine Grundlage für das Handeln der Subjekte. Sie befinden sich damit auch im Zentrum machtpolitischer Interessen. In diesem Zentrum bildet Liebe zwischen den gesellschaftlichen Ensembles von Sexualität, Freundschaft, Solidarität und Glauben ein Dispositiv."''Schroedter / Vetter, <ref> Thomas Schroedter / Christina Vetter in (2010): Polyamorie. Stuttgart'' Seite 21 </ref>  
 
"''Wie andere Gefühle (Trauer, Freude, Wut) ist [Liebe] ein - in einem gesellschaftlichen Kontext eingebundenes - subjektives Erleben. In der Wechselwirkung zwischen Erleben und Handeln ist die Liebe eine Grundlage für das Handeln der Subjekte. Sie befinden sich damit auch im Zentrum machtpolitischer Interessen. In diesem Zentrum bildet Liebe zwischen den gesellschaftlichen Ensembles von Sexualität, Freundschaft, Solidarität und Glauben ein Dispositiv."''Schroedter / Vetter, <ref> Thomas Schroedter / Christina Vetter in (2010): Polyamorie. Stuttgart'' Seite 21 </ref>  
  
Als Gefühl ist Liebe nur zu fassen innerhalb eines kulturellen Kontextes. So ist aller biologisierungsversuche zu Trotz klar, das Liebe sich im Laufe der Menschheitsgeschichte immer wieder gewandelt hat und auch wandelt. Was als Liebe gewertet wird und was nicht unterliegt kulturellen Codes, einem Kulturellen Diskurs.
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Zusammenfassend bleibt zu sagen: Als Gefühl ist Liebe nur zu fassen innerhalb eines kulturellen Kontextes. So ist aller biologisierungsversuche zu trotz klar, das Liebe sich im Laufe der Menschheitsgeschichte immer wieder gewandelt hat und auch wandelt. Was als Liebe gewertet wird und was nicht unterliegt kulturellen Codes, einem kulturellen Diskurs.
  
 
Im weiteren werden wir ''Liebe als Gefühl'' unterteilen in Verschiedene ''Arten'' der Liebe. Diese haben verschiedene Überschneidungspunkte, können manchmal Deckungsgleich sein und stellen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der Sinn hinter dieser Ausführung ist es einmal, sozialogische Studien welche sich dieser Trennung bedienen, mithilfe der Folgende Liste verstehen zu können. Zweitens werden wir auch in diesem Artikel diese Unterteilung nutzten.
 
Im weiteren werden wir ''Liebe als Gefühl'' unterteilen in Verschiedene ''Arten'' der Liebe. Diese haben verschiedene Überschneidungspunkte, können manchmal Deckungsgleich sein und stellen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der Sinn hinter dieser Ausführung ist es einmal, sozialogische Studien welche sich dieser Trennung bedienen, mithilfe der Folgende Liste verstehen zu können. Zweitens werden wir auch in diesem Artikel diese Unterteilung nutzten.
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Die in unserem Artikel vorgenommene Trennung zwischen '''Gefühl''' und '''Fähigkeit''' ist nicht zu verstehen als zwei sich gegenseitig ausschließende Sichtweißen auf '''Liebe'''. Viel mehr sehen Precht sowie Fromm Liebe als '''Gefühl''' und '''Fähigkeit''' an.  
 
Die in unserem Artikel vorgenommene Trennung zwischen '''Gefühl''' und '''Fähigkeit''' ist nicht zu verstehen als zwei sich gegenseitig ausschließende Sichtweißen auf '''Liebe'''. Viel mehr sehen Precht sowie Fromm Liebe als '''Gefühl''' und '''Fähigkeit''' an.  
  
"[Die Liebe] ist ein Bedürfniss und eine Versammlung von Vorstellungen. Sie ist als Verlangen angebohren und als Fähigkeit durch Erfahrungen genährt und geprägt" <ref> Precht, Richard David (2010): Liebe, München Seite. 191f </ref>
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"''[Die Liebe] ist ein Bedürfniss und eine Versammlung von Vorstellungen. Sie ist als Verlangen angebohren und als Fähigkeit durch Erfahrungen genährt und geprägt''" Precht <ref> Precht, Richard David (2010): Liebe, München Seite. 191f </ref>
  
"Vielleicht sollte man besser sagen, daß die Wahrheit weder in der einen, noch in der anderen Auffassung zu finden ist." <ref> Fromm, Erich (1956); Die Kunst des Liebens, Seite 68 </ref>
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"''Vielleicht sollte man besser sagen, daß die Wahrheit weder in der einen, noch in der anderen Auffassung zu finden ist.''" Fromm <ref> Fromm, Erich (1956); Die Kunst des Liebens, Seite 68 </ref>
  
 
=== Liebe als Grundlage für Beziehungstrukturen ===
 
=== Liebe als Grundlage für Beziehungstrukturen ===

Revision as of 09:57, 12 August 2011

Liebe hat verschiedene Facetten. Als erstes Versuchen wir den Sammelbegriff Liebe in seine Verschiedenen Bedeutungen aufzuschlüsseln. Der Artikel betrachtet so Liebe als Gefühl, Liebe als Fähigkeit und Sexualität. Als Anarchist_innen sollten wir Versuchen Liebe von seinen bürgerlichen Illusionen und Vereinnahmungen zu Befreien. Einen solchen Versuch starten wir in Liebe in Zeiten des Kapitalismus [1].

Unter "Liebe als Gefühl" versuchen wir im weiteren Liebe in Verschiedene Arten aufzuschlüsseln. Damit soll keine entgültige Trennung z.B. zwischen der Liebe zu Freund_inn oder Partner_innen vorgenommen werden, sondern eine hierarchiefreie Möglichkeit geschaffen werden Liebe in ihren verschiedenen Formen beschreibbar zu machen [2]

Desweiteren ist Liebe nicht nur als Gefühl zu definieren, dem wir passiv ausgesetzt sind, sondern auch als Fähigkeit, die wir selbst ausbilden müssen. [3]. Eine ganz andere Sicht auf die Liebe, hier als dritte Angeführt, ist die von Niklas Luhmann. Er versucht Liebe "als symbolische[n] Code, der darüber informiert, wie man in Fällen, wo dies eher unwahrscheinlich ist, dennoch erfolgreich kommunizieren kann" [4].

Liebe als Gefühl

"Die Gefühle emanzipieren sich vom schlichten Reiz der Emotion." Richard David Precht [5]

Was ist ein Gefühl? Zu den Emotionen zählen Hunger, Durst, kälteempfinden und Schmerzen. Gefühle wie Liebe gehen über das Reine Reiz-Reaktionsschema von Emotionen weit hinaus und sind daher viel schwieriger zu erklären. Gefühle haben immer einen reflektierenden Teil: Ich selbst bemerke eine oder mehrere Emotionen bei mir die ich versuche einzuordnen und zu verstehen. Dazu noch einmal Precht:

"Der tatsächliche Vorgang des Liebens, aus dem >>die Liebe<< besteht, ereignet sich dagegen auf mehreren Ebenen: Ein anderer Mensch übt einen starken sinnlichen (und zwar nicht ausschließlich sexuellen) Reiz auf mich aus. Fast automatisch werde ich von diesem Reiz >>ergriffen<< - Eine Emotion. Im zweiten Schritt merke ich, dass etwas mit mir passiert - ein Gefühl. Ich reagiere nicht nur auf die von dem anderen Menschen ausgehenden Signale, sondern ich versuche sie zu begreifen, einschließlich der Gründe, die mich zu meiner Reaktion veranlassen. [...] In einem dritten Schritt versetze ich mich bewusst so weit in den anderen hinein, dass ich auf seine Wünsche und Bedürfnisse eingehen kann - ein reflektiertes Verhalten." [6]

Gefühle sind also Hochkomplex, sich selbst reflektierend und stehen in einem Zusammenhang zu unseren Emotionen. Da Liebe als Gefühl einen bewussten Anteil hat (die Reflektion) ist der kulturelle Einfluss auf unser Gefühlsleben, gerade bei der Liebe, kaum hoch genug einzuschätzen. Dazu Fromm:

"Jedenfalls entwickelt sich das Gefühl der Verliebtheit gewöhnlich nur in Bezug auf solche menschlichen Werte, für man selbst entsprechende Tauschobjekte zur Verfügung hat. Man will ein Geschäft machen; [...] So verlieben sich zwei Menschen ineinander, wenn sie das Gefühl haben, das beste Objekt gefunden zu haben, das für sie in Anbetracht des eigenen Tauschwerts auf dem Markt erchwinglich ist. [...] in einer Kultur, in der die MArketing-Orientierung vorherrscht, in welcher der materielle Erfolg der höchste Wert ist, darf man sich kaum darüber wundern, daß sich auch die menschliche Liebesbeziehung nach den gleichen Tauschmethoden vollziehen, wie sie auf dem Waren- und Arbeitsmarkt herrschen." [7]

Wir sehen also das Liebe nicht nur als Fähigkeit, sondern auch als Gefühl betrachtet immer kulturellen Normen unterliegt. Weitere Beispiele dafür finden wir in den verschiedensten Arten von Beziehungsstrukturen, je nachdem in welchen Kulturkreis wir blicken. Natürlich ist die pluralität an verschiedenen Beziehungsformen nicht nur mit dem kulturellen Aspekt der Liebe zu erklären. Beziehungsformen sind in vielen Kulturen und Zeitaltern kein Produkt der Liebe, sondern rationalen Erwägungen. Dazu Fromm:

"Im Viktorianischen Zeitalter war die Liebe [...] kein spontanes persönliches Erlebnis, das hinterher vielleicht zu einer Heirat führte. Ganz im Gegenteil: [...] Der [Heirats]Abschluß erfolgte aufgrund gesellschaftlicher Erwägungen unter der Annahme, daß sich die Liebe nach der Heirat schon einstellen werde." [8]

In diesem Falle gibt es noch einen Zusammenhang zwischen Liebe und Beziehung, wenn auch im Verhältnis zur romantischen Zweierbeziehung mit umgedrehten Vorzeichen. In anderen Kulturepochen gibt es Beziehungsformen die ganz ohne Liebe auskommen.

In der Moderne und vor allem der Postmoderne wird Liebe zu einem festen Bestandteil der Biopolitik.

"Wie andere Gefühle (Trauer, Freude, Wut) ist [Liebe] ein - in einem gesellschaftlichen Kontext eingebundenes - subjektives Erleben. In der Wechselwirkung zwischen Erleben und Handeln ist die Liebe eine Grundlage für das Handeln der Subjekte. Sie befinden sich damit auch im Zentrum machtpolitischer Interessen. In diesem Zentrum bildet Liebe zwischen den gesellschaftlichen Ensembles von Sexualität, Freundschaft, Solidarität und Glauben ein Dispositiv."Schroedter / Vetter, [9]

Zusammenfassend bleibt zu sagen: Als Gefühl ist Liebe nur zu fassen innerhalb eines kulturellen Kontextes. So ist aller biologisierungsversuche zu trotz klar, das Liebe sich im Laufe der Menschheitsgeschichte immer wieder gewandelt hat und auch wandelt. Was als Liebe gewertet wird und was nicht unterliegt kulturellen Codes, einem kulturellen Diskurs.

Im weiteren werden wir Liebe als Gefühl unterteilen in Verschiedene Arten der Liebe. Diese haben verschiedene Überschneidungspunkte, können manchmal Deckungsgleich sein und stellen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der Sinn hinter dieser Ausführung ist es einmal, sozialogische Studien welche sich dieser Trennung bedienen, mithilfe der Folgende Liste verstehen zu können. Zweitens werden wir auch in diesem Artikel diese Unterteilung nutzten.

Die Unterscheidung in verschiedene Arten der Liebe wird uns im weiteren Helfen mit dem Begriff der Liebe Konstruktiv umzugehen.

Eros

Unter Eros verstehe man eine Liebe die sich an idealen Schönheitsbildern orientiert. Dieser "Liebesstil" ist geprägt von der Suche nach einem_einer perfekten Geliebten

Ludus

Der Begriff Ludus wird genutzt um eine spielerische Liebe zu beschreiben, in Abgrenzung zu einer ernsthaften Liebe.

Storge

Bezeichnet geschwisterliche Liebe, oder die Liebe zwischen sehr alten Freund_innen.

Manie

Manie ist die bezeichnung für jede Art der Zwanghaften oder Paranoiden Art der Liebe

Agape

Agape ist die selbstlose Liebe, die "Nächstenliebe" das Neuen Testaments und die Mutterliebe

Pragma

Bezeichnet Vernunft-Ehen (bzw. Vernunft-Beziehungen), besonderns zu beginn der Aufklärung ein Ideal des Bürgertums, dessen kleinbürgerliche Familie von den "Romantikern" bedroht wurde.

Die in unserem Artikel vorgenommene Trennung zwischen Gefühl und Fähigkeit ist nicht zu verstehen als zwei sich gegenseitig ausschließende Sichtweißen auf Liebe. Viel mehr sehen Precht sowie Fromm Liebe als Gefühl und Fähigkeit an.

"[Die Liebe] ist ein Bedürfniss und eine Versammlung von Vorstellungen. Sie ist als Verlangen angebohren und als Fähigkeit durch Erfahrungen genährt und geprägt" Precht [10]

"Vielleicht sollte man besser sagen, daß die Wahrheit weder in der einen, noch in der anderen Auffassung zu finden ist." Fromm [11]

Liebe als Grundlage für Beziehungstrukturen

Das die Liebe als Gefühl auch als Grundlage für eine Ehe dienen kann ist eine historisch junge Erscheinung [12]. Erst das aufkommende Bürgertum des 18. Jahrhunderts brachte die Vernunftehe auf. Durch diese Vorarbeit war es den Romantikern Möglich eine "romantische" Ehe anzustreben, in der die Liebe als Unbändige Leidenschaft (die Betonung liegt hier auf dem passiven Character den der_die Liebende_r einnimmt gegenüber dieser Leidenschaft die ihn umfängt) grundlage einer Bindung sein sollte. In Form der modernen "Romantischen Zweierbeziehung" ist die Liebe zur Grundlage eines Großteils der erotischen Beziehung in der Moderne geworden (Zumindest innerhalb Europas). Ausgenommen ist die bis heute existierende Prostitution, so wie postmodernen Lebensformen wie der Polyamorie

Liebe als Fähigkeit

"Hinter der Einstellung, daß man nichts lernen müsse, um lieben zu können, steckt [...] die Annahme, es gehe bei dem Problem der Liebe um ein Objekt und nicht um eine Fähigkeit." Erich Fromm [13]

Fromm sieht Lieben als Fähigkeit an. Damit will er Liebe nicht zu etwas erklären das gänzlich unter der Kontrolle unseres Bewusstseins steht. Aber er sieht durchaus die Möglichkeit durch das Erkennen unserer Gefühle und dem Ergründen ihres Ursprungs Einfluss zu nehmen. Dieser Schluss führt ihn dazu, das wir die "Kunst des Liebes" nur erlenen können, wenn wir einige andere Disziplinen beherrschen.

Als Grundlage unsere Liebesfähigkeit auszuschöpfen sieht Fromm Disziplin an. Ohne diese sei es uns nicht Möglich in irgend einer Kunst den Meistergrad zu erreichen. Desweiteren sieht er Geduld und Konzentration als Notwendig an. Er unterscheidet dabei zwischen autoritärer Disziplin die uns von außen aufgenötigt wird um uns zu Entfremden (Lohnarbeit), und Selbstdisziplin um uns die Möglichkeit zu geben die ihn uns schlafenden Potentziale zu wecken [14]

Erich Fromm sieht die Fähigkeit zu Lieben also in Abhängigkeit zu der Charakterentwicklung des jeweiligen Menschen. Daher gibt es bei einem Menschen der sich noch nicht voll Entfaltet hat eine ganze Reihe an "pseudolieben".

Liebe als Fähigkeit wird nach Fromm durch vier Eigenschaften gekennzeichnet:

- Fürsorge - Verantwortungsgefühl - Achtung vor dem Anderen - Erkenntnis

Pseudolieben

Die von Fromm genannten Arten der "Pseudoliebe" lassen sich auch als Manie definieren.

Der Sadismus, der einen anderen Menschen vereinnahmt. Das eigene Ego wird aufgebläht, schluckt das andere Individuum. Fromm sieht das in Abgrenzung zu einer reifen Liebe in der sich die Liebenden gegenseitig als Eigenständige Wesen begreifen.

Der Masochismus, der einen anderen Menschen von sich Besitz ergreifen lässt. Er ist nicht der Gegensatz, sondern die andere Seite des Sadismus. Zumeist neigen Masochist_innen zu Sadismus gegenüber Menschen die sie als "Tieferstehend" begreifen, sowie Sadist_innen zu Masochismus neigen bei Führungspersonen etc.

Sexualität

Liebe in Zeiten des Kapitalismus

Kritik an der klassischen Zweierbeziehung im Westen

Die klassische Zweierbeziehung im Westen ist zum großen Teil aufgebaut auf der Propaganda der Katholischen Kirche, die sich nach dem Verlust der weltlichen Macht und dem Auflösen größerer gesellschaftlicher Zusammenhänge auf ein letztes Rückzugsgebiet zurückggezogen hat. So hatte die Paarbeziehung in früheren Jahrhunderten nicht die herausragende Stellung in der westlichen Gesellschaft, wie sie sie heute hat. Die gemischtgeschlechtliche Paarbeziehung wird hier als Ausgangs- und Bezugspunkt für alles Glück gesehen und somit auch mit Erwartungen überfrachtet. Nicht zuletzt hat sich in den letzten Jahren der Druck vermehrt, dass gemischtgeschlechtliche Paarbeziehungen Kinder kriegen. Dafür ist mensch nun teilweise auch bereit, die Ehe als Voraussetzung aufzugeben. Erst seit kurzem werden gesellschaftlich auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften einigermaßen toleriert, die noch in den 1950er Jahren illegalisiert wurden. Somit stellt sich die Liebe in der Partnerschaft vielerorts als Schlachtfeld für eine Vielzahl an gesellschaftlichen Konflikten dar, nicht zuletzt auch die lange Zeit seitens der Gesellschaft verweigerte Emanzipation der Frauen.

Wie kann anarchistische Liebe aussehen?

Liebe sollte nicht besitzergreifend sein und der Partnerin bzw. dem Partner immer Freiraum einräumen. Problematisch sind dabei sicher oft gesellschaftliche Konzepte in unseren Köpfen oder Gefühle der Eifersucht. Hier kann uns auch die Psychologie helfen zu ergründen, was tatsächlich in uns angelegt ist (dem wir auch immer Raum geben sollten) und was in uns lediglich ein verqueres gesellschaftliches Konzept (das wir bemühen sollten abzulegen).

In der Liebe sind Regeln tödlich, denn sie töten das unmittelbare Gefühl ab. Deswegen lehnen AnarchistInnen auch Schwüre wie die Ehe ab. Die Vielzahl an Ehescheidungen deutet auch darauf hin, dass das Konzept ewiger Treue dem Menschen nicht gerecht wird und eher zu mehr Leiden führt.

Nicht jede/r ist aber auch bereit zur absolut Freien Liebe. Wir suchen in Beziehungen auch oft ein Stück Sicherheit, gerade in Zeiten, in denen nichts mehr sicher scheint (Arbeitsplatz, Gesundheitssystem, Rente). Aber auch hier werden Beziehungen sehr oft mit Erwartungen überfrachtet, die aus einem allgemeinen Unsicherheitsgefühl oder Minderwertigkeitskomplexen erwachsen.

Die Liebe hat immer auch etwas Suchendes. Deswegen bringt es wenig, die Liebe an irgendeiner Theorie oder Ideologie auszurichten, an der gemessen mensch dann nur wieder ein Minderwertigkeitsgefühl entwickelt, weil es nicht gelingt, irgendeiner idealisierten Liebe gerecht zu werden. Wir lieben, weil (oder obwohl?) wir Menschen sind und weil wir Menschen sind, machen wir Fehler (auch in der Liebe). Die Liebe kann helfen uns selbst zu befreien und kann somit einer echten, gelebten Anarchie Bahn brechen. Aber nur dann, wenn wir nicht versuchen sie in ein enges Korsett aus Konzepten zu stecken!


Zitate

  • Wenn man Liebe nicht bedingungslos geben und nehmen kann, ist es keine Liebe, sondern ein Handel. Emma Goldman
  • Die Liebe ist eine Verächterin aller Gesetze, aller Vorschriften (...). Wenn die Welt jemals Gleichheit und Einigkeit hervorbringen wird, wird es nicht mehr die Ehe, sondern nur noch liebe geben! Emma Goldman

siehe auch

Freie Liebe, Polyamorie, Sexualität

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Diese Überschrift ist angelehnt an die Vorlesungsreihe Eva Illouz zu Adorno, erschienen im Suhrkampverlag unter dem Titel Gefühle in Zeiten des Kapitalismus
  2. Die weitere Einteilung der Liebe in Eros, Ludus, Storge, Manie, Agape und Prage übernehmen wir von John Alan Lee (1976): The Clors of Love. Englewood Cliffs, N.J.: Prentice-Hall, mit den Änderungen von Thomas Schroedter / Christina Vetter in (2010): Polyamorie. Stuttgart
  3. Fromm, Erich (1956); Die Kunst des Liebens
  4. Luhmann, Niklas (1994): Liebe als Passion, Frankfurt am Main
  5. Precht, Richard David (2010): Liebe, München Seite. 188
  6. Precht, Richard David (2010): Liebe, München Seite. 192
  7. Fromm, Erich (1949): Die Kunst des Liebens, Berlin S.13f
  8. Fromm, Erich (1949): Die Kunst des Liebens, München. Seite 12
  9. Thomas Schroedter / Christina Vetter in (2010): Polyamorie. Stuttgart Seite 21
  10. Precht, Richard David (2010): Liebe, München Seite. 191f
  11. Fromm, Erich (1956); Die Kunst des Liebens, Seite 68
  12. siehe hierzu Thomas Schroedter / Christina Vetter in (2010): Polyamorie. Stuttgart ab Seite 104
  13. Fromm, Erich (1956); Die Kunst des Liebens, Seite 12
  14. "Aber als Reaktion auf [die autoritäre Disziplin] besteht heute in zunehmenden Maß die Tendenz, jeder Art von Disziplin mit Argwohn zu begegnen und in einem undisziplinierten, trägen sich-gehen-lassen einen Ausgleich für die Routine zu suchen, du uns während unseres achstündigen Arbeitstages aufgezwungen wird. Fromm, Erich (1956); Die Kunst des Liebens, Seite 122

Weblinks

Kategorie:Liebe Kategorie:Leben