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Totalverweigerung

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Als Totalverweigerung oder genauer totale Kriegsdienstverweigerung (TKDV) bezeichnet man die Verweigerung des Wehrdienstes und aller Wehrersatzdienste trotz bestehender Wehrpflicht bzw. Wehrersatzpflicht.

Eine Totalverweigerung kann sehr unterschiedlich ausfallen und hat unterschiedliche Ursachen. Oft ist es eine kritische Einstellung des Totalverweigerers zum Staat und seinen Befugnissen über den einzelnen Bürger, selten aber auch ein persönlicher Hintergrund, zum Beispiel als Kind von Flüchtlingen aus einem Kriegsgebiet oder gar aus einer Diktatur, die zur Totalverweigerung führt.

Varianten

Die häufigsten Variationen der Totalverweigerung sind

  • Fahnenflucht (ins Ausland)
  • Verweigerung des Wehrdienstes
  • Verweigerung des Wehrersatzdienstes (z.B. Zivildienst)

Fahnenflucht

Einzig die Flucht ins Ausland (vor der Wiedervereinigung konnte man noch nach West-Berlin umziehen, um der Wehrpflicht zu entgehen) trägt kaum Konsequenzen mit sich, außer dass man einige Jahre im Ausland bleiben sollte.

Verweigerung des Wehrdienstes

Bei der Verweigerung des Wehrdienstes, also wenn kein KDV-Antrag gestellt wurde, wird der Totalverweigerer nach Aufgreifen durch Feldjäger 6-12 Wochen von der Bundeswehr arrestiert. Selten begeben sich Totalverweigerer auch freiwillig in die Kaserne, um so den Aufwand und auch die Strafe etwas zu verringern. Diese Variante der Totalverweigerung ist alles andere als angenehm, da die einzelnen Arreste manchmal ohne Unterbrechung abgesessen werden müssen und man von den Wachsoldaten nicht immer freundlich behandelt wird. Im Arrest gibt es üblicherweise eine Stunde Besuch in der Woche und eine Stunde Freigang am Tag, selten weicht die Bundeswehr hier von ihren Vorschriften ab und erschwert den Arrest durch Abnahme privater Gegenstände wie Bücher. Der Arrest endet mit einem Dienstverbot bis zu einer Verurteilung durch ein Strafgericht und anschließender Entlassung durch die Bundeswehr.

Die zu erwartende Bestrafung durch das Strafgericht ist stark regional abhängig, aber auch die Kooperation des Totalverweigerers während des Arrestes und Prozesses kann das Urteil beeinflussen. Zu erwarten sind Bewährungsstrafen bis sechs Monate oder entsprechende Geldstrafen. Selten wird nach Jugendstrafrecht geurteilt, obwohl die meisten Totalverweigerer jünger als 21 Jahre sind. Es kommt auch vor, dass Totalverweigerer nach verbüßter Strafe erneut einberufen werden und erneut bestraft werden, obwohl laut Grundgesetz eine Mehrfachbestrafung unzulässig ist. Dies wurde aber durch eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts in den Siebzigerjahren geregelt und heute kommt es nur zu vereinzelten Wiedereinberufungen, wenn zum Beispiel im Gerichtsurteil keine Gewissensentscheidung erkannt wird.

Verweigerung des Wehrersatzdienstes

Hier stellt der Wehrpflichtige nach oder während der Musterung einen KDV-Antrag. Ist dieser erfolgreich, d.h. wird man als Kriegsdienstverweigerer anerkannt, so entfällt die Wehrpflicht und an ihre Stelle tritt die Wehrersatzpflicht, die der Totalverweigerer dann verweigert. Der Verweigerer folgt dann nicht seiner Einberufung und erhält nach einigen Monaten einen Strafprozess wegen Dienstflucht. Die Strafmaße variieren nur wenig von denen der Wehrdiensttotalverweigerer, aber es ist eine Untersuchungshaft möglich, da manche Staatsanwälte von Dienstflucht auf Fluchtgefahr schließen.

Verweigerung der Musterung

Eine weitere Möglichkeit ist, der Musterung wiederholt unentschuldigt fernzubleiben. Solange keine Musterung erfolgt ist, kann auch keine Einberufung erfolgen. Dies kann im schlimmsten Fall eine polizeiliche Vorführung zur Musterung veranlassen und zu einem geringfügigen Verwarnungsgeld führen.

Nachträgliche Totalverweigerung

Nach Ableistung des Zivildienstes ist prinzipiell vorstellbar, dass neue Umstände oder ein neuer Gewissensbildungsprozess einen früheren Zivildienstleistenden veranlassen, den Zivildienst nachträglich zu verweigern. Die Behörden tun sich mit solchen Anträgen schwer: Zwar besteht kein Recht auf Totalverweigerung, jedoch wird mit dem Antrag auch gegen kein Gesetz verstoßen, da die Dienstpflicht bereits erfüllt ist.

Dokumentiert ist ein Fall, bei dem in Folge des völkerrechtlich umstrittenen Angriffs der NATO auf die frühere Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo-Krieg) ein ehemaliger Zivildienstleistender nachträglich den Zivildienst verweigerte und einen präventiven Antrag auf Nicht-Einberufung stellte, sollte Jugoslawien völkerrechtsgemäß im Rahmen legaler Verteidigungsmaßnahmen auch die Bundesrepublik Deutschland attackieren. Der Antrag wurde mangels Rechtsschutzbedürfnisses vom Bundesamt für den Zivildienst abgelehnt. Andere rechtliche Konsequenzen gab es keine. Der Antragsteller nahm seinen Antrag und seine Totalverweigerung zurück, nachdem die Kampfhandlungen eingestellt worden waren und die Präsenz ausländischer Mächte durch die UNO legalisiert worden war.

Gründe

Grund für diese Verweigerung kann die Ansicht sein, dass der Ersatzdienst

  • ein waffenloser Wehrdienst ist, der mit der pazifistischen Grundhaltung des Verweigernden nicht vereinbar ist und er jede Beteiligung an das Militär unterstützenden Aktionen ablehnt
  • Zeitverschwendung ist, da er etwas Sinnvolleres in der Zeit machen könnte
  • benutzt wird, um strukturelle Schwächen des Systems durch zwangsverpflichtete Arbeitende auszugleichen und dadurch der Staat nicht gezwungen wird, Verbesserungen in die Wege zu leiten
  • sowohl Kriegs- als auch Ersatzdienst einen Bruch der Gleichstellung von Mann und Frau bedeutet

Totalverweigerung ist in Deutschland grundgesetzlich nicht vorgesehen, dennoch wurden in der Vergangenheit wiederholt angeklagte Totalverweigerer freigesprochen, die dem Gericht ihre Überzeugungen, die sie dazu brachten zu verweigern, glaubwürdig darzustellen in der Lage waren. Allerdings gibt es auch viele Fälle, in denen Totalverweigerer zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.


siehe auch

Weblinks

Kategorie:Pazifismus Kategorie:Kriegsdienstverweigerung