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Kommune 1
Die Kommune1 (K1) war die erste politisch motivierte Wohngemeinschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Sie wurde am 1. Januar 1967 in Berlin gegründet und löste sich im November 1969 auf.
Die Kommune 1 entstand als Gegenreaktion auf die politischen Verhältnisse und den Zeitgeist in der BRD der 60er-Jahre, gegen die konservativen Vorstellungen von Geschlechterrollen und Sexmoral. Sie war gedacht als Gegenmodell zur bürgerlichen Kleinfamilie.
Die K1 wurde zwar wegen Verfassens eines "anarchistischen" Flugblattes aus dem deutschen SDS geworfen, sie war aber eher situationistisch/hedonistisch geprägt.
Contents
Entstehung
Mitglieder der Münchner Subversiven Aktion (wie Dieter Kunzelmann) und des Berliner SDS (wie Rudi Dutschke und Bernd Rabehl) überlegten, wie man sich von den als spießig und kleinbürgerlich empfundenen Lebensentwürfen lösen könne.
Dieter Kunzelmann hatte die Idee, eine Kommune zu gründen. Man beschloss, ein Leben der leidenschaftlich an sich selbst Interessierten zu versuchen. Kunzelmann zog bald nach Berlin. Dort gab es im SDS einen ersten Kommune-Arbeitskreis, der folgende Ideen verfolgte:
- Aus der Kleinfamilie entsteht der Faschismus. Sie ist die kleinste Zelle des Staates, aus deren unterdrückerischem Charakter sich alle Institutionen ableiten.
- Mann und Frau leben in Abhängigkeit voneinander, so dass keiner von beiden sich frei zum Menschen entwickeln kann.
- Diese Zelle musste zerschlagen werden.
Als dann diese Theorie in die Praxis eines Lebens als „Kommune“ umgesetzt werden sollte, sprangen viele SDSler ab, unter anderem Rudi Dutschke und Bernd Rabehl, die ihre Frauen und ihre alten Verhältnisse nicht aufgeben wollten. Am Ende zogen am Neujahrstag 1967 acht Männer und Frauen in die Atelierwohnung des Schriftstellers Uwe Johnson in Berlin-Friedenau ein, der sich damals gerade in New York aufhielt. Sie nannten sich Kommune 1.
Zu den Kommunarden der ersten Stunde zählten unter anderen:
- Dieter Kunzelmann,
- Fritz Teufel,
- Ulrich Enzensberger,
- Dorothea Ridder,
- Dagmar Seehuber
- Volker Gebbert
Rainer Langhans und Bommi Baumann kamen später dazu.
Die Kommunarden waren sehr unterschiedlich. Entsprechend unterschiedlich waren bald die Rollen, die jeder spielte. Kunzelmann war der Patriarch und ließ dies andere auch spüren. Seine Definition der Ziele der Kommune basierte auf seiner Zeit als „Situationist“ und in der „Subversiven Aktion“. Er war daher für die Abschaffung aller Sicherheiten, auch der finanziellen, weswegen er zum Beispiel Stipendien verachtete. Er wollte jeden Besitz, jede private Sphäre abschaffen. Und er war gegen das Leistungs-, aber für das Spaß- oder Lustprinzip. Jeder sollte und konnte tun, was sie/er wollte, solange es unter aller Augen geschah.
Langhans, Teufel und die anderen trugen auf Betreiben der Kommunefrauen hin lange Haare, Perlenketten, Armeemäntel oder Mao-Anzüge. Bald ließen sie sich ihre Interviews und Fotos bezahlen.
Die erste Phase(1967-68)
Die Kommunarden versuchten zunächst, sich gegenseitig die eigene biografische Identität zu erzählen, um dann genau solche alten Sicherheiten zu brechen. Nach Darstellung Baumanns führte die damit verbundene, scharfe Kritik und Selbstkritik beinahe zum Scheitern der Kommune.
Als Reaktion darauf kam es zu ersten nach außen gerichteten, grotesken Aktionen. Die Kommune 1 war während ihres ganzen Bestehens für diese Aktionen bekannt, die stets zwischen Realsatire und Provokation schwankten. Die Aktionen wurden für die Sponti-Bewegung und andere linke Szenen zum Vorbild.
So kam es z.B. am 5.April 1967 zum Puddingattentat auf den US-Präsidenten Humphrey. Es gab kaum eine Woche, in der die Kommune 1 nicht irgendwo in Berlin eine satirische Provokation aufführte, die Schlagzeilen in der Presse machte. So stieg die Kommune z.B. auf die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, um von oben hunderte Mao-Bibeln zu werfen. Allmählich wurde die K1 so zum "Publikumsliebling" der bürgerlichen Presse, was ihre Bewohner durchaus auskosteten. Im Flur der K1 hing ein Schild: Erst blechen, dann sprechen.
Die Kommune zog in eine Altbauwohnung an der Kaiser-Friedrich-Straße am Stuttgarter Platz in Berlin-Charlottenburg und später nach Berlin-Moabit.
Fritz Teufel wurde während der Demonstration vor der Oper gegen den Staatsbesuch von Schah Reza Pahlewi am 2. Juni (Tod von Benno Ohnesorg) verhaftet und des Landesverrats angeklagt. Er kam erst im Dezember wieder frei, nachdem er und viele Studenten mit ihm in den Hungerstreik getreten waren. Aber die Straße feierte längst die übermütigsten Partys: „Freiheit für Fritz Teufel!“ oder „Treibt Moabit den Teufel aus!“
Während Teufels Abwesenheit entstand das berühmte K1-Foto: die nackten Rückenansichten vor der Wand. Motto: Das Private ist politisch!
Am 6. Juni 1967 begann für Langhans und Teufel der „Brandstifter-Prozess“ - wegen eines Flugblattes der K1, in dem sie die Bevölkerung zur Brandstiftung in Kaufhäusern aufriefen (siehe unten). Sie wurden frei gesprochen. Ihren Prozess schrieben sie in dem späteren Kultbuch „Klau mich“ nach.
Die hedonistische Lebenseinstellung der K1-Bewohner, die nur das machten, was sie selbst gut fanden, polarisierte nicht nur das Bürgertum, sondern auch die politische Linke.
Der SDS stieß sich bald an dem provokanten Treiben der K1. Die mit SDS unterzeichneten provokanten Flugblätter der K1 („Wasserwerfer sind Papiertiger“) waren ihnen ein Dorn im Auge, was schließlich (nach Erscheinen des Flugblattes "Studenten, Lahmärsche und Karrieremacher"), zu ihrem Ausschluß aus dem SDS führte. Das Flugblatt rief dazu auf die Asta-wahlen an der FU (für die der SDS gerade mobilisierte) zu boykottieren. Den Kommunarden wurde unter anderem auch vorgeworfen, im Grunde keinerlei politisches Interesse zu verfolgen, sondern lediglich dem Egoismus zu frönen, das Flugblatt wurde als "anarchistisch" bezeichnet.
Klaus Hartung schrieb in der ZEIT: „Kaum eine politische Theorie war erfolgreicher als jene, wonach die Revolutionäre sich revolutionieren müssen, wonach ohne Veränderung des Alltagslebens es keine Veränderung der Gesellschaft geben wird.“
Die Kommune entwickelte sich für Andersdenkende zu einer Art Anlaufstelle für Probleme aller Art. Täglich kamen Hilfegesuche ein. Das Haus wurde von Freunden und Groupies regelrecht belagert, die vor allem Langhans und Teufel verehrten. Aufgrund des weiblichen Andrangs, den besonders Teufel verursachte, wurde er aus der K1 verwiesen. Er zog in eine Münchner Kommune und gehörte später zur „Bewegung 2. Juni“.
Die zweite Phase (1968-69)
Ende der 60er-Jahre veränderte sich das gesellschaftliche Klima. Die Kommune 1 zog im Spätsommer 1968 in eine verlassene Fabrik in der Stephanstraße, um sich neu zu orientieren. In der zweiten Kommune-Phase standen Sex, Musik und Drogen im Vordergrund.
Am 21. September 1968 fuhr die Kommune zu den Essener Songtagen, dem ersten Underground-Festival der BRD. Dort verliebte sich Langhans in Uschi Obermaier, ein Fotomodell aus München. Sie lebte dort mit der Musikkommune Amon Düül, zog jedoch bald in der Fabrik ein, wo Kommunarden gemeinsam in einem Schlafsaal wohnten. Obermaier und Langhans waren bald in der Presse „das schönste Paar der APO“.
Die Politisierung des Privaten, dass Langhans und Obermaier offen über ihre Beziehung, über Eifersucht und 'Lustautomat' in den Medien Auskunft gaben, war der nächste große Tabu-Bruch und läutete die „Sexuelle Revolution“ ein. Später folgten ihnen darin zum Beispiel John Lennon und Yoko Ono.
Die Besucher kamen auf einmal aus aller Welt; unter ihnen auch der legendäre Gitarrist Jimi Hendrix. Obermaier verliebte sich in ihn.
Obermaiers Gagen als Fotomodell stiegen, sie spielte eine Hauptrolle in dem Kultfilm „Rote Sonne“ von Rudolf Thome und posierte auf Covern und Postern. Laut Gerüchten soll der Stern ihr für eine Reportage und die Nacktfotos von ihr die Summe von 20.000 DM gezahlt haben.
Das Ende der K1
Irgendwann hatte sich die Energie der K1 verbraucht. Kunzelmann geriet immer mehr in die Abhängigkeit von Heroin. Der zweite Kommunarde wurde vor die Tür gesetzt (alle anderen, so heißt es, gingen von allein). Ab und zu tauchte die Münchner Frauen-Kommune auf.
Im November 1969 überfielen Rocker die Verbliebenen und verwüsteten die Räume. Das ließ die Verbliebenen den Glauben an die Zukunft der Kommune 1 verlieren und sie auflösen
Flugblätter
Kaufhausbrände
NEU ! UNKONVENTIONELL ! Warum brennst du, Konsument ? NEU ! ATEMBERAUBEND !
Die Leistungsfähigkeit der amerikanischen Industrie wird bekanntlich nur noch vom Einfallsreichtum der amerikanischen Werbung übertroffen: Coca Cola und Hiroshima, das deutsche Wirtschaftswunder und der vietnamesische Krieg, die Freie Universität und die Universität von Teheran sind die faszinierenden und erregenden Leistungen und weltweit bekannten Gütezeichen amerikanischen Tatendranges und amerikanischen Erfindergeistes; weben diesseits und jenseits von Mauer, Stacheldraht und Vorhang für freedom und democracy.
Mit einem neuen gag in der vielseitigen Geschichte amerikanischer Werbemethoden wurde jetzt in Brüssel eine amerikanische Woche eröffnet: ein ungewöhnliches Schauspiel bot sich am Montag den Einwohnern der belgischen Metropole:
Ein brennendes Kaufhaus mit brennenden Menschen vermittelte zum erstenmal in einer europäischen Grossstadt jenes knisternde Vietnamgefühl (dabeizusein und mitzubrennen), das wir in Berlin bislang noch missen müssen.
Skeptiker mögen davor warnen, 'König Kunde', den Konsumenten, den in unserer Gesellschaft so eindeutig Bevorzugten und Umworbenen, einfach zu verbrennen.
So sehr wir den Schmerz der Hinterbliebenen in Brüssel mitempfinden: wir, die wir dem Neuen aufgeschlossen sind, können, solange das rechte Mass nicht überschritten wird,dem kühnen und Unkonventionellen, das, bei aller menschlichen Tragik im Brüsseler Kaufhausbrand steckt, unsere Bewunderung nicht versagen.
Auch der Umstand, dass man dieses Feuerwerk Anti-Vietnam-Demonstarnten andichten will, vermag uns nichtbirrezuführen. Wir kennen diese weltfremden jungen Leute, die immer die (Plakate) von gestern tragen, und wir wissen, dass sie trotz aller abstrakten Bücherweisheit und romantischer Träumereien noch immer an unserer dynamischxx-amerikanischen Wirklichkeit vorbeigegangen sind.
Kommune I (24.5.1967)
Wann brennen die Berliner Kaufhäuser?
Bisher krepierten die Amis in Vietnam für Berlin. Uns gefiel es nicht, dass diese armen Schweine ihr Cocacolablut im vietnamesischen Dschungel verspritzen mussten. Deshalb trottelten wir anfangs mit schildern durch leere Straßen, warfen ab und zu Eier ans Amerikahaus und zuletzt hätten wir gern HHH in Pudding sterben sehen. Den Schah pissen wir vielleicht an, wenn wir das Hilton stürmen, erfährt er auch einmal, wie wohltuend eine Kastration ist, falls überhaupt noch was dranhängt...es gibt da so böse Gerüchte.
Ob leere Fassaden beworfen, Repräsentanten lächerlich gemacht wurden, die Bevölkerung konnte immer nur Stellung nehemn durch die spannenden Presseberichte. Unsere Belgischen Freunde haben es endlich den Dreh heraus, die Bevölkerung am lustigen Treiben in Vietnam wirklich zu beteiligen: sie zünden ein Kaufhaus an, dreihundert saturierte Bürger beenden ihr aufregendes Leben und Brüssel wird Hanoi. Keiner von uns braucht mehr Tränen über das arme vietnamesische Volk beim der Frühstückszeitung zu vergiessen. Ab heute geht sie in die Konfektionsabteilung von KaDeWe, Hertie, Woolworth, Bilka oder Neckermann und zündet sich diskret eine Zigarette in der Ankleidkabine an. Dabei ist nicht unbedingt erforderlich, dass das betreffende Kaufhaus eine Werbekampagne für amerikanische Produkte gestartet hat, denn wer glaubt noch an das `made in Germany´?
Wenn es irgendwo brennt in der nächsten Zeit, wenn irgendwo eine Kaserne in die Luft geht, wenn irgendwo in einem Stadion die Tribüne einstürzt, seid bitte nicht überrascht. Genausowenig wie beim überschreiten der Demarkationslinie durch die Amis, der Bombardierung des Stadtzentrums von Hanoi, dem Einmarsch der Marines nach China
Brüssel hat uns die einzige Antwort darauf gegeben:
Burn ware-house, burn ! Kommune I (24.5.67)
siehe auch
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