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Weltrevolution

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Eine Weltrevolution ist, nach marxistischer Auffassung, eine solche Revolution, die aus der nationalen Revolution ohne Unterbrechung erwachsen und zum Sozialismus führen soll. Schon Karl Marx und Friedrich Engels waren der Meinung, dass der Sozialismus unter internationalen Gesichtspunkten verwirklicht werden muss: "Die Emanzipation der Arbeiterklasse (ist) weder eine lokale, noch eine nationale, sondern eine soziale Aufgabe" (Marx, Gründungserklärung der Internationalen Arbeiterassoziation).

Marx bekanntestes Werk, das "Kommunistische Manifest", endet mit den Zeilen: "Proletarier aller Länder vereinigt euch!". Unter Lenin wurde der Gedanke der Weltrevolution noch als Leitidee angesehen, und so wurde im März 1919 die Dritte, die Kommunistische Internationale (Komintern) gegründet. Die Aufgabe dieser Organisation war, die noch nicht vereinte und siegreiche, aber immerhin existierende Weltrevolution der Jahre 1917-1926 um jeden Preis zu unterstützen: "Aus den dargelegten Grundsätzen folgt, daß die gegenseitige Annäherung der Proletarier und werktätigen Massen aller Nationen und Länder zum gemeinsamen revolutionären Kampf für den Sturz der Gutsbesitzer und der Bourgeoisie zum Eckstein der gesamten Politik der Komintern in der nationalen und kolonialen Frage gemacht werden muß." (Lenin, Ursprünglicher Entwurf der Thesen zur nationalen und kolonialen Frage).

Die Revolutionen in ganz Europa, deren erste und einzig erfolgreiche die Oktoberrevolution blieb, wurden jedoch allesamt blutig niedergeschlagen, oder aber, wie die deutsche Novemberrevolution, auf bürgerliche Wege geführt. Nach dem Tode Lenins kam es in der Sowjetunion zum offenen Machtkampf zwischen dem Generalsekretär der KPdSU und zukünftigem Despoten Joseph Stalin und dem Revolutionär und späterem Führer der Linken Opposition, Leo Trotzki. Die Nachfolge sollte den Fortgang der internationalen Politik der Sowjetunion bestimmen. Stalin befürwortete einen nationalen Kurs der "Neutralisierung der Weltbourgeoisie" und der diplomatischen Verhandlung, was mit einer These ideell untermauert wurde, die der Auffassung von Marx und Engels deutlich widersprach ("Sozialismus in einem Lande"): "Früher hielt man den Sieg der Revolution in einem Lande für unmöglich, da man annahm, daß zum Siege über die Bourgeoisie eine gemeinsame Aktion der Proletarier aller fortgeschrittenen Länder oder jedenfalls der Mehrzahl dieser Länder erforderlich sei. Jetzt entspricht dieser Standpunkt nicht mehr der Wirklichkeit. Jetzt muß man von der Möglichkeit eines solchen Sieges ausgehen" (Stalin, Ãœber die Grundlagen des Leninismus). Trotzki verteidigte gemäß seiner Theorie der permanenten Revolution, der theoretischen Basis seines Lebenswerkes, die Parole der Weltrevolution, die auf der Analyse Marx' fußte, dass in einer internationalen Produktionsweise jeder Gedanken an das längerfristige Ãœberleben einer autarken Wirtschaftsorganisation ein Hirngespinst sei. Im Gegensatz zu Stalin hielt er den Sozialismus im nationalen Rahmen gerade in einem so rückständigen Bauernland wie Russland für unmöglich: "»Glauben Sie etwa«, erwiderten mir in den Jahren 1905 bis 1917 dutzende Male die Stalins, Rykows und alle sonstigen Molotows, »daß Russland für die sozialistische Revolution reif ist?« Darauf habe ich stets geantwortet: Nein, das glaube ich nicht. Aber die Weltwirtschaft als Ganzes und vor allem die europäische Wirtschaft ist für die sozialistische Revolution völlig reif." (Trotzki, Die permanente Revolution).

Stalin, der wie seine Nachfolger die Rolle des Oberhauptes einer totalitären Bürokratie spielte, verwarf zugunsten des status quo die Notwendigkeit der Weltrevolution, und ließ auch keine Gelegenheit aus, dies den verbündeten "Friedensfreunden" zu versichern, wie man einem Interview (Scripps-Howard Newspapers, Ausgabe des 1. März 1936) mit dem amerikanischen Journalisten Roy Howard entnehmen kann. Während dieser Unterhaltung spielte sich in etwa folgende Szene ab:

"Wie steht es mit den Plänen und Absichten in Bezug auf die Weltrevolution?", so die Frage Howards. Darauf behauptete Stalin: "Solche Pläne und Absichten hatten wir niemals". Auf die perplexe Stammelei "Ja, aber..." Howards antworte der Sowjetdiktator, alles sei "die Folge eines tragischen Missverständnisses", worauf Howard, der sich nun wieder einigermaßen gefangen hatte, "Eines tragischen Missverständnisses?" nachhakte. Nach einer nun folgenden, leicht spitzfindigen und hier irrelevanten Erörterung, die mit dem Ergebnis endete, dass das Vermuten von Plänen einer Weltrevolution bei der sowjetischen Führung ein tragikomisches Missverständnis sei, fuhr Stalin fort, zu dozieren: „Export der Revolution – das ist Unsinn. Jedes Land führt seine Revolution selbst durch, wenn es so will, wenn es aber nicht will, so wird es keine Revolution geben. Unser Land zum Beispiel wollte die Revolution durchführen und hat sie durchgeführt.“

Kritiker der Weltrevolution warfen dem Postulat meist vor, dass es den Weltfrieden gefährde. Andererseits werden die stalinistische nationale Engstirnigkeit samt seiner Folgen von trotzkistischer Seite für die totalitäre Entartung und den Untergang der Sowjetunion verantwortlich gemacht.


Definitionsansatz (Revolution)

Die heutige Revolutionstheorie stellt fünf Hauptfaktoren besonders heraus, die wesentliche Voraussetzungen zur Entstehung einer Revolution darzustellen scheinen. Dabei ist vom Sonderfall der Entwicklungsländer abzusehen.

  1. eine plötzliche Rezession nach einer Zeit wirtschaftlicher Blüte, steigenden Wohlstands und steigender Erwartungen in die Zukunft.
  2. ein Bewusstsein, das die bestehenden Institutionen in Frage stellt.
  3. die Solidarisierung verschiedener Gruppen der Gesellschaft, die unterschiedliche Motive haben, mit dem bestehenden Zustand unzufrieden zu sein, und die sich zum Umsturz der alten Ordnung vorübergehend verbünden. Eine einzelne Gruppe, Schicht oder Klasse der Gesellschaft bringt keine Revolution zustande.
  4. eine Ideologie.
  5. Schwäche, Uneinigkeit und Ineffektivität auf Seiten der Gegenkräfte, dem Staate

(Weis, Der Durchbruch des Bürgertums, 1982, 96 f.)

siehe auch

bedeutende Vertreter


Weblinks