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Warum bin ich gegen Arbeit? (2)
Es wird immer Dinge geben, die getan werden müssen. Aber dafür möglichst wenig Zeit aufwenden zu müssen ist immer ein Traum der Menschheit gewesen. Nun hat sich dieser Traum verwirklicht, und alle empfinden es als einen Alptraum, da sich die sozialen Bedingungen nicht so rasch wie die Technik gewandelt haben.
Das Gefühl von Nützlichkeit gibt es in 95% aller Jobs nicht mehr. Der »Dienstleistungs«-sektor beschäftigt nur Dienstboten und Computeranhängsel, die keinen Grund haben, stolz zu sein. Selbst ein Arzt fungiert nur noch als Handelsvertreter der pharmazeutischen Konzerne. Wer kann von sich noch behaupten, er mache sich nützlich? Entscheidend ist nicht mehr, wozu etwas nützt, sondern wieviel man damit verdienen kann. Alleiniges Ziel jeder einzelnen Arbeit ist, den Gewinn des Unternehmens zu steigern und ebenso ist auch alleinige Beziehung des Arbeiters zu seiner Arbeit sein Gehalt. Gerade deshalb, weil Geld das Ziel ist und nicht gesellschaftlicher Nutzen, existiert Arbeitslosigkeit.
(Oft wurde erwidert, Ihr meint mit »Arbeit« doch »Lohnarbeit«. Dazu muss ausdrücklich gesagt werden: Es gibt nur zwei Arten von Arbeit: Sklaven- und Lohnarbeit. Gewiss gibt's auch Studenten, Künstler und andere Wichtigtuer, die kein Papier schreiben, ohne zu behaupten, sie leisteten eine wichtige »Arbeit«. Sogar die sog. »Autonomen« können kein antikapitalistisches »Seminar« organisieren, ohne »produktive Debatten« in »Arbeitsgruppen« zu führen. Armselige Worte für armselige Gedanken.
Den positiven Bezug auf den Begriff »Arbeit« hat Luther geprägt. Zitat: »Der Mensch ist zur Arbeit geboren wie der Vogel zum Fliegen.« Man könnte sagen, die Frage der Wortwahl sei ohne Bedeutung. Aber die Folgen blieben nicht aus, verwechselte man das Wort »Getränk« mit »Coca Cola«, das Wort »Kultur« mit »Lutz Rathenow« oder gar »Tätigkeit« mit »Arbeit«.)
Sobald man von Arbeit oder Arbeitslosigkeit redet, hat man es mit moralischen Kategorien zu tun. Diese Tendenz spitzt sich gegenwärtig zu, man braucht nur eine Zeitung zu lesen, um sich darüber klar zu werden. Statt Armut als Konsequenz ökonomischer Ursachen zu sehen, dominiert nun jene Denkschule, die Armut als Folge moralischen Fehlverhaltens sieht.
Wo die Arbeitsethik verloren gegangen ist, bleibt die Angst vor der Arbeitslosigkeit die beste Peitsche zur Steigerung des Kriechertums. Das Schaffen eines umgekehrten Bewußtseins würde auch die Lage der Arbeiterschaft verbessern: die Angst, arbeitslos zu werden, würde abnehmen, und der Mut, sich zu widersetzen könnte leichter zum Ausdruck kommen. Vielleicht würde eines Tages das Kräfteverhältnis wieder zugunsten der Arbeitenden sein. »Was? Sie wollen kontrollieren ob ich richtig krank bin oder nicht? Dann melde ich mich lieber wieder arbeitslos«.