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Sich-Behaupten

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thumb|upright=1.2|Vogelschwarm von Anna Schroll

Um die Frage beantworten zu können, ob sich Organismen an ihre Umwelt anpassen (als alternativloses Unterwerfen unter die Umwelt) oder nicht, bedarf es im Rahmen einer vielschichtig verstandenen Evolution mindestens drei Vorstellungen:

  • Anpassen der Organismen (Dominanz der indirekten Fremdeinflüsse in der Evolution) [1] [2] [3]
  • Auf-Sich-Selbst-Beziehen (Dominanz der direkten Eigenentwicklung wie Selbstherstellung, Selbstentfaltung und Selbsterhalt) [4] [5] [6]
  • Sich-Behaupten der Organismen (die Eigenentwicklung und die indirekte Verkopplung mit der Umwelt erfolgen gleichzeitig) [7]

Nach dem methodologischen Konzept der Trialektik besitzen alle drei Vorstellungen ihren Geltungsbereich, wobei die ersten beiden Vorstellungen die Grenzen darstellen, in denen sich die vielschichtig verstandene Vorstellung des Sich-Behauptens entwickelt. Aber diese Vorstellung ist für das Begründen vieler Spezialfälle nicht geeignet (siehe Allgemeines, Besonderes und Einzelnes, Deduktion).

Einleitung[edit]

Nach darwinistischen Vorstellungen über die Evolution, die auf der Dominanz der Fremdeinflüsse beruhen, erfolgen erst die Veränderungen in der Umwelt und dann die Eigenentwicklung (Anpassung). Vereinfacht können hier die Organismen als passive "Objekte" der Evolution verstanden werden.

Bei Vorstellungen, in denen die Eigenentwicklung dominiert, verändert sich zuerst die Eigenentwicklung und dann wird ein anderer Bezug zur Umwelt aufgebaut (Auf-Sich-Selbst-Beziehen). Hier werden Organismen als aktive "Subjete" der Evolution verstanden.

Die vielschichtige Vorstellung, dass sich Organismen (nicht einzelne Lebewesen) in ihrer Umwelt behaupten, beinhaltet auch, dass die Eigenentwicklung und die indirekte Verkopplung mit der Umwelt gleichzeitig erfolgen. Diese vielschichtige Vorstellung nähert sich den beiden konträren Vorstellungen (Anpassung und Auf-Sich-Selbst-Beziehen oder passives "Objekt" oder aktives "Subjekt") an, ohne dass diese integriert werden.


Thesen[edit]

Zwischenthese, Anpassung – Auf-Sich-Selbst-Beziehen: Es existieren zwei gegensätzliche Vorstellungen über Organismen: die Selektion der angepassten Organismen und das Auf-Sich-Selbst-Beziehen, aus dem heraus sich die Organismen mit der Umwelt verbinden. Die Vorstellungen werden entweder mit Hilfe der gegenstandsorientierten oder der methodenorientierten Forschung begründet. Die erste Vorstellung beinhaltet, dass die Entwicklung der Organismen den äußeren Bedingungen alternativlos unterworfen ist, wobei nur sekundär Möglichkeiten der Eigenentwicklung zugelassen werden. Und die zweite Vorstellung beinhaltet die Abhängigkeit von der Eigenentwicklung, wobei sekundär die Möglichkeiten von Fremdeinflüssen eingeschlossen sind. [8]

These, Sich-Behaupten von Organismen: Die vielschichtige Vorstellung, dass sich Organismen (nicht einzelne Lebewesen) in ihrer Umwelt behaupten, beinhaltet, dass sie die Veränderungen des Selbstbezugs und die indirekte Verkopplung mit der Umwelt gleichzeitig erfolgen. Diese Vorstellung, die aus den Vorstellungen der reinen Anpassung und des reinen Auf-Sich-Selbst-Beziehens erzeugt wird, kann diese nicht integrieren, ist demzufolge selbst begrenzt. Aber in der vielschichtigen Vorstellung des Sich-Behauptens bedingen sich die relativierte Vorstellung des Auf-Sich-Selbst-Beziehens (auf der Basis der direkten Eigenentwicklung) und die relativierte Vorstellung des Anpassens (auf der Basis indirekter Fremdeinflüsse) gegenseitig, so dass die beiden Vorstellungen jeweils in ihren Geltungsbereich präzisiert werden können. [9]

Inhalt[edit]

In den darwinistischen Theorien ist die Vorstellung über die Anpassung sehr allgemein gefasst, so dass eine Widerlegung nicht möglich ist. Die Anpassung lässt sich nur dann in sich widerspruchsfrei rekonstruieren, wenn sie als ein alternativloses Unterwerfen unter die Umwelt verstanden wird. Die Vorstellung der Anpassung von Organismen setzt voraus, dass diese Grenzen zur Umwelt besitzen, wobei innerhalb dieser Grenzen sich ihr Selbstbezug entfalten kann. Ein vollständig angepasster Organismus hätte keine eigenen Grenzen mehr und würde mit der Umwelt verschmelzen und so nicht mehr existieren. In dieser Vorstellung über die Anpassung dominieren die Fremdeinflüsse gegenüber der Eigenentwicklung.

Das Gegenteil von Anpassung ist nicht eine autarke Eigenentwicklung, die unabhängig von Fremdeinflüssen verläuft, sondern eine autonome Eigenentwicklung mit einer Dominanz der Eigenentwicklung gegenüber den Fremdeinflüssen. Die Eigenentwicklung zeigt sich im Selbstbezug (Auf-Sich-Selbst-Beziehen), wobei indirekte Beziehungen zu den äußeren Bedingungen vorhanden sind, wie es zum Beispiel in der Theorie der Autopoiesis gedeutet wird.

Anhänger der Kritischen Evolutionstheorie widersprechen der Vorstellung der Anpassung, da sie die Evolution wie in der Theorie der Autopoiesis aus der Dominanz der Eigenentwicklung heraus untersuchen (vgl. das Buch „Evolution ohne Anpassung“)[10]: „Selektion ist nicht darwinistische Auslese, sondern Sicherung von Organisation von Lebewesen durch Selbstzerstörung und Selbstbehinderung der defekten Konstruktionen, wodurch deren Eigenschaften untergehen und aus der Population der weiteren Generationsfolge beseitig werden.“ [11] So besitzt Selektion nach dem Verständnis der Kritischen Evolutionstheorie eine lokale Bedeutung, aber eine vielschichtig verstandene Evolution kann nicht auf die darwinistische Auslese (und spontane Mutationen) reduziert werden.

In meinem Konzept (siehe These 10) nähert sich die vielschichtige Vorstellung des Sich-Behauptens der Organismen dann der Vorstellung der Anpassung an, wenn Bedingungen für eine Dominanz der Fremdeinflüsse vorliegen. Diese Vorstellung des Sich-Behauptens erreicht aber diesen Grenzfall der “reinen“ Anpassung nicht, wie er in den darwinistischen Theorien vertreten wird, aber auch den Grenzfall des Selbstbezugs nicht, wie er in der Theorie der Autopoiesis erklärt wird. Damit kann die begrenzte Vorstellung des Sich-Behauptens die beiden einseitigen Vorstellungen nicht integrieren, verknüpft aber beide indirekt und systematisch.

Nach darwinistischen Vorstellungen über die Evolution, die auf der Dominanz der Fremdeinflüsse beruhen, erfolgen erst die Veränderungen in der Umwelt und dann die Eigenentwicklung (Anpassung). Bei Vorstellungen, in denen die Eigenentwicklung dominiert, verändert sich zuerst die Eigenentwicklung und dann wird ein anderer Bezug zur Umwelt aufgebaut (Auf-Sich-Selbst-Beziehen).
    Die vielschichtige Vorstellung, dass sich Organismen (nicht einzelne Lebewesen) in ihrer Umwelt behaupten, beinhaltet auch, dass die Eigenentwicklung und die indirekte Verkopplung mit der Umwelt gleichzeitig erfolgen. Diese vielschichtige Vorstellung nähert sich den beiden konträren Vorstellungen (Anpassung und Auf-Sich-Selbst-Beziehen) an, ohne dass diese integriert werden.

Begründung der begrenzten Geltungsbereiche[edit]

Die Vorstellung der Anpassung entspricht der Vorstellung, dass die Fremdeinflüsse in der Evolution dominieren, die das Wachstum der Funktionen nur indirekt beeinflussen kann. Dagegen entspricht die Vorstellung des Auf-Sich-Selbst-Beziehen der Vorstellung, dass die Eigenentwicklung in der Evolution dominiert, die direkt Funktionen erzeugen und verändern kann.

Die drei Momente der Entwicklung (Selbstbewegung, Selbstentfaltung und Selbsterzeugung) existieren immer nebeneinander, so dass eine Vorstellung, die nur ein Moment der Entwicklung untersucht, einen begrenzten Geltungsbereich besitzen muss. Aufgrund der Strukturähnlichkeit zwischen Wirklichkeit und Denken wird im Konzept der Trialektik wie folgt vorgegangen:

  • innerhalb der Selbstbewegung der Entwicklung
    • Die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede zwischen den Veränderungen der Eigenentwicklung und der Veränderung der Fremdeinflüsse werden innerhalb der Selbstbewegung immer wieder neu bestimmt.
  • innerhalb der Selbstentfaltung der Entwicklung
    • Die in sich widerspruchsfreie Vorstellung, dass die Fremdeinflüsse gegenüber der Eigenentwicklung dominiert, kann nur mit Hilfe einer gegenstandsorientierten Herangehensweisen (der Gegenstand bestimmt die Methode) begründet werden.
    • Die in sich widerspruchsfreie Vorstellung, dass die Eigenentwicklung in der Evolution dominiert, kann nur mit Hilfe einer methodenorientierten Herangehensweisen (die Methode bestimmt den Gegenstand) begründet werden.
    • Die inhaltlich vollständige Vorstellung des Dualismus zwischen Eigenentwicklung und Fremdeinflüsse kann demzufolge nur mit dem Dualismus oder einem unbegründeten Wandel von gegenstands- und methodenorientierten Herangehensweisen begründet werden.
  • innerhalb der Selbsterzeugung der Entwicklung
    • Die vielschichtig verstandene Vorstellung des Sich-Behaupten der Organismen und damit die Vorstellung der direkten Eigenentwicklung und indirekten Fremdeinflüsse kann nur mit einem begründeten Wandel von gegenstands- und methodenorientierten Herangehensweisen begründet werden, bei der das Ganze und seine Teile nicht wie im Dualismus miteinander verschmolzen werden, sondern nur indirekt verknüpft werden (Widerspruch).

Mit dem Begründer der vielschichtig verstandenen Vorstellung ist der Erkenntnisprozess nicht abgeschlossen, da mit diesem Wissen die isolierten Vorstellungen der Dominanz der Eigenentwicklung und die der Dominanz der Fremdeinflüsse durch das Bestimmen ihrer Geltungsbereiche miteinander in Beziehung gesetzt werden können.

(mehr dazu unter spezifisches Konzept der Trialektik)

Literatur[edit]

  • Arnold, Wolfgang [Hrsg.]: Entwicklung: interdisziplinäre Aspekte zur Evolutionsfrage, Stuttgart 1989.
  • Carrol, Sean: EVO DEVO Das neue Bild der Evolution. Berlin 2008.
  • Darwin, Charles: Ãœber die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl. Darmstadt 1988.
  • Edlinger, Karl/ Wolfgang Gutmann, Michael Weingarten: Evolution ohne Anpassung, Frankfurt a.M 1991.
  • Gutmann, Wolfgang: Die Evolution hydraulischer Konstruktionen, Frankfurt a.M 1995.
  • Lovelock, James: Das Gaia-Prinzip. München 1991.
  • Margulis, Lynn: Die andere Evolution, Heidelberg 1999.
  • Maturana, Humberto: Erkennen: Die Organisation und die Verkörperung der Wirklichkeit, Braunschweig 1982
  • – / Francisco Varela: Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln menschlichen Erkennen. Bern und München 1987.
  • – : Was ist Erkennen? München 1994.
  • – : Biologie der Realität, Frankfurt a.M 1998.
  • Mayr, Ernst: Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt, Berlin 1984.
  • – : Eine neue Philosophie der Biologie, München 1991.
  • – : ... und Darwin hat doch Recht, München 1994.
  • – : Das ist Evolution, München 2003.
  • Otto, Stefan: Eine vielschichtig verstandene Evolution - 24 Thesen zum systematischen und indirekten Verknüpfen von Evolutionstheorien, Jena 2011.
  • Wesson, Robert: Chaos, Zufall und Auslese in der Natur, Frankfurt a.M. und Leipzig 1995.
  • Weingarten, Michael: Organismuslehre und Evolutionstheorie, Hamburg 1992.
  • – :Organismen – Objekte oder Subjekte der Evolution, Darmstadt 1993.
  • Wuketits, Franz M.: Evolutionstheorien, Darmstadt 1988.
  • Zrzavý, Jan / David Storch und Stanislav Mihulka: Evolution: Ein Lese-Lehrbuch, Heidelberg 2009.

Einzelnachweise[edit]

  1. Ernst Mayr 2003, 149f
  2. Ernst Mayr 1994, S. 81-87
  3. Wolfgang Arnold 1989, S. 168-174 (Adaptation und Emanzipation)
  4. Karl Edlinger, Wolfgang Gutmann und Michael Weingarten 1991 S. 15-17, 37-39, 62
  5. Humberto Maturana und Francisco Varela 1987, S. 54, 55, 99 und 100
  6. Wolfgang Gutman 1995, S. 9, 60-63, 172, 173
  7. Stefan Otto 2011, Seite 142 - 177
  8. Stefan Otto 2011, Abschnitt 4.2.5
  9. Stefan Otto 2011, Abschnitt 4.3.5
  10. Karl Edlinger, Wolfgang Gutmann und Michael Weingarten 1991
  11. Wolfgang Gutmann 1995, 174

Weblinks[edit]


Kategorie:Eine vielschichtig verstandene Evolution