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Evolutionstheorie

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Die Evolutionstheorie begründet, wie sich Organismen als Individuen, innerhalb von Arten und in Zusammenhängen, die wie bei Strukturen weit oberhalb des Artniveau liegen, entstehen und verändern. Nur steht die Frage, ob eine Theorie dafür ausreichend ist oder ob aufgrund der Komplexität der Evolution eine Kombination von Evolutionstheorien, die begrenzte Geltungsbereiche besitzen, dafür notwendig ist. Damit lassen sich auch konträre Theorie miteinander verknüpfen, zwischen denen es unmittelbar Gegensätze gibt, die aber in einer allgemeineren Ebene indirekt in Beziehung gesetzt werden können.


Liste der Evolutionstheorien (Auswahl)[edit]

Welche Theorie soll wie verwendet werden, um mit Hilfe einer "Evolution der Evolutionstheorien" [1] [2] eine vielschichtig verstandene Evolution zu begründen?

Theorie Begründer Wichtige Merkmale
(+) Vorteile, (-) Nachteile [3]
 *  
Katastrophentheorie Georges de Cuvier (1769–1832) Katastrophen bestimmen das Aussterben der Arten, (+) Veränderungen ohne göttlichen Einflusses, (-) keine Evolutionstheorie
Lamarcks Evolutionstheorie Jean-Baptiste de Lamarck (1744-1829) Vererbung erworbener Eigenschaften, (+) organismuszentrierte Evolutionstheorie, (-) ein direktes “Einschreiben“ der erworbenen Informationen in die DNS nicht möglich
Darwinsche Evolutionstheorie Charles Darwin (1809-1882) ungerichtete Variationen, Anpassung und Selektion (+) umweltzentrierte Evolutionstheorie, (-) Vernachlässigung der Eigenentwicklung der Organismen   *
20. Jahrhundert *** *** *** *** *** *** *** *** *** *** *** *** *** *** ***
Synthetische Evolutionstheorie (SET) Ernst Mayr, Theodosius Dobzhansky, George Simpson spontane Mutation, Anpassung und Selektion, (+) historischen Verlauf der Evolution, (-) nur Dominanz der Fremdeinflüsse [4], Dominanz der Funktionen gegenüber der Struktur [5]   *
Systemtheorie der Evolution Ludwig von Bertalanffy (1901-1972) Fließgleichgewichte in offenen Systemen, keine Selektion (+) wichtige Grundlagen der Selbstorganisation, (-) „Zweckmäßigkeit“ [6](obwohl innerhalb der Strukturgrenzen das Ausdifferenzieren der Organismen nicht nur spontan verläuft)
Neutralitätstheorie Motoo Kimura meisten Mutationen sind selektiv neutral, Mutationsdruck und Zufallsdrift [7], (+) Eigendynamik der genetischen Ebene, (-) neutrale Mutationen sind nur relativ zu selektiven Veränderungen neutral, nicht absolut
Integrierte Evolutionstheorie Josef Reichholf Evolution als Ungleichgewicht, (+) „Emanzipation der Organismen von der Umwelt“ [8], (-) aber insgesamt dominieren die Fremdeinflüsse   *
Qualitative Sprung [9] Peter Beurton interne Kritik am Darwinismus, (+) viele methodologische Analysen [10], (-) bleibt im Darwinismus verhaftet   *
Theorie des unterbrochenen Gleichgewichtes Steven Gould Nach langen Phasen der Ruhe sprunghafte Entwicklung, (+) Morphologie, (-) Organismen nur passive “Objekte“ [11]
Strukturalismus Brian Goodwin Organismen als komplexe Systeme, (+) Selbstorganisation in der Evolution, (-) Strukturen haben keine Geschichte
Theorie der Autopoiesis Humberto Maturana, Francisco Varela Selbsterzeugung und Selbsterhalt, (+) Eigenentwicklung der Organismen, (-) Ursprung in der Evolution ist nicht erkennbar [12]
Kritische Evolutionstheorie (oder Frankfurter Schule) Wolfgang Gutmann Morphologie, Evolution ohne Anpassung [13]; (+) Strukturen mit einer Geschichte, (-) kein Wandel des Denken für die Begründung des Wandels der Organismen
Gaia-Hypothese James Lovelock Gesamtheit von Bio-, Atmo- und Geosphäre, (+) Rückkopplungseffekte, (-) Alles steht nicht mit Allem in Wechselwirkung [14]
Endosymbiontentheorie Konstantin S. Mereschkowski, Lynn Margulis Einzeller nehmen andere Einzeller in sich auf, (+) Symbiose in der Evolution, (-) keinen unendlichen Geltungsbereich
Pluralismus von Organismus, Gen und Umwelt Richard Lewontin Wechselwirkungen von Organismus, Gen und Umwelt, (+) Organismen sind keine “Vehikel“ der Gene [15], (-) Gegensätze zwischen den drei Momenten können nicht vernachlässigt werden
Die evolutionäre Entwicklungsbiologie (evolutionary developmental biology, kurz Evo-Devo) Sean Carroll gemeinsamer genetischer “Werkzeugkasten“, (+) Einfluss genetischer Prozesse auf die Evolution wie Hox-Gene, (-) Organismen sind “Vehikel“ der Gene   *
Theorie der Entwicklungssysteme (Developmental Systems Theory, kurz DST)) Susan Oyama Konzept der erweiterten Vererbung [16], (+) wechselseitige Konstruktion von Organismus und Umwelt, (-) Abhängigkeit des Organismus von der Umwelt (und umgekehrt) hat einen endlichen Geltungsbereich

Einordnung der Theorien[edit]

Nur diese Theorie mit einem Stern * besitzen eine Ähnlichkeit mit den darwinistischen Theorien, das heißt, dass hier die Dominanz der Fremdeinflüsse in der Evolution gedeutet werden [17]. Theorien mit dieser Dominanz kommen zu anderen Aussagen über die Evolution als die Theorien mit einer Dominanz der Eigenentwicklung [18].

Nicht alle Theorien, die keinen Stern * besitzen, stehen wie die Anhänger der kritischen Evolutionstheorie (Frankfurter Theorie) oder wie Ludwig von Bertalanffy auch in fundamentalen Aussagen konträr zu den darwinistischen Theorien. So kommt Ludwig von Bertalanffy in seinen Untersuchungen der Organismen als offene Systeme zu der Aussage, dass die Mutation und Selektion die tibetanische Gebetsmühle [19] [20] der Darwinisten sind.

Josef Reichholf, der insgesamt mit seiner Theorie eine Ähnlichkeit zu den darwinistischen Theorien besitzt, schreibt folgendes: „Die Evolution hat eine Richtung: die Emanzipation von der Umwelt“ [21]. Dieses Grenzen-Setzen gegenüber der Umwelt vermag nur die Eigenentwicklung der Organismen, so dass Joseph Reichholf in seinen Aussagen über die Evolution eher an der Grenze zwischen der Dominanz der Fremdeinflüsse und der Dominanz der Eigenentwicklung in der Evolution bewegt.

Evolution der Erkenntnismittel[edit]

Am Anfang wurde die Frage gestellt: Welche Theorie soll wie verwendet werden, um mit Hilfe einer "Evolution der Evolutionstheorien" eine vielschichtig verstandene Evolution zu begründen? In dem Konzept einer vielschichtig verstandenen Evolution und der Trialektik wird untersucht, wie sich die begrenzten Geltungsbereiche von Theorien und Erkenntnismitteln sich gegenseitig bedingen. Der Kompass stellt die Strukturähnlichkeit zwischen Denken und Wirklichkeit dar. Das bedeutet, wer zum Beispiel Abhängigkeiten in der Wirklichkeit deuten will, kann dafür nur Hierarchien im Denken verwenden und keine Wechselwirkungen oder Gleichgewichtszustände zwischen Erkenntnismitteln.

weitere alternative Evolutionstheorien[edit]

Nach George Levit, Kay Meiser und Uwe Hoßfeld [22] existieren weitere alternative Evolutionstheorien aus dem 20. Jahrhundert, die heute aber kaum noch eine Bedeutung besitzen, zu den darwinschen Theorien:

  • Neo-Lamarckismus nach Othenio Abel und Paul Kammerer (Vererbung erworbener Eigenschaften und Selektion)
  • Mutationstheorie nach Hugo de Vries
  • Biosphärentheorie nach Vladimir I. Vernadsky
  • Formenlehre nach Otto Kleinschmidt
  • Biologische Morphologie nach Hans Böker
  • Idealistische Morphologie nach Adolf Neaf
  • Typostrophie-Theorie nach Otto H. Schindewolf (Saltationismus)
  • Nomogenesetheorie nach Lew S. Berg (Ortogenese)

Literatur[edit]

(Auswahl)

  • Arnold, Wolfgang [Hrsg.]: Entwicklung: interdisziplinäre Aspekte zur Evolutionsfrage, Stuttgart 1989.
  • Axelrod, Robert: Die Evolution der Kooperation, München 2005.
  • Bertalanffy, Ludwig von: Theoretische Biologie, Bd.1, Berlin 1932.
  • Beurton, Peter: Zur Dialektik in der biologischen Evolution. – Deutsche Zeitschrift für Philosophie 23, H.7 S. 913-925, Berlin 1975.
  • – : Fragen der Wissenschaftsentwicklung seit Darwin unter besonderer Berücksichtung von Otto Heinrich Schindewolf, in: Herbert Hörz u.a. (Hrsg.), Gesetz – Entwicklung – Information, S. 134-157 Berlin 1979.
  • – : Historische und methodologische Probleme der Entwicklung des Darwinismus, Dissertation (B), Pädagogische Hochschule Potsdam 1987.
  • – : Genbegriffe. in Ulrich Krohs und Georg Toepfer (S. 195 - 211) 2005
  • Bretschneider, Jan: Der alte Darwin und die neuen Theorien; in Wohin brachte uns Charles Darwin Hrsg. Franz Wuketits Neu-Isenburg S. 45 – 65, 2009
  • Carrol, Sean B.: EVO DEVO Das neue Bild der Evolution. Berlin 2008.
  • Darwin, Charles: Ãœber die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl. Darmstadt 1988.
  • Fischer, Ernst Peter: Das Genom, Frankfurt/Main 2002
  • Fox-Keller, Evelyn: Das Leben neu denken. München 1998.
  • Freytag, Tatjana: Der unternommene Mensch. Eindimensionalisierungs¬prozesse in der gegenwärtigen Gesellschaft, Weilerswist 2008.
  • Goodwin, Brian: Der Leopard, der seine Flecken verliert. München - Zürich 1997.
  • Gould, Steven: Wie das Zebra zu seinen Streifen kommt. Frankfurt a.M. 1983
  • – : Illusion Fortschritt. Vielfältige Wege der Evolution. Frankfurt a.M. 1998
  • Gutmann, Wolfgang: Die Evolution hydraulischer Konstruktionen, Frankfurt a.M. 1995
  • Haken, Hermann: Erfolgsgeheimnisse der Natur, Stuttgart 1983.
  • Holzkamp, Klaus: Grundlegung der Psychologie, Frankfurt a.M. 1985
  • Janich, Peter/ Michael Weingarten: Wissenschaftstheorie der Biologie, München 1999
  • Kimura, Motoo: Die Neutralitätstheorie der molekularen Evolution, Berlin 1987
  • Kirschner, Marc / John Gerhart: Die Lösung von Darwins Dilemma. Wie die Evolution komplexes Leben schafft. Hamburg 2007
  • Krohs, Ulrich / Georg Toepfer [Hrsg.]: Philosophie der Biologie, Eine Einführung, Frankfurt a.M. 2005
  • Lewontin, Richard: Die Dreifachhelix / Gen, Organismus und Umwelt, Berlin 2002.
  • Lorenz, Konrad: Die Rückseite des Spiegels, München 1977
  • – / Fritz M. Wuketits [Hrsg.]: Die Evolution des Denkens, München 1983
  • Lovelock, James: Das Gaia-Prinzip. München 1991.
  • Margulis, Lynn: Die andere Evolution, Heidelberg 1999.
  • Maturana, Humberto: Erkennen: Die Organisation und die Verkörperung der Wirklichkeit, Braunschweig 1982
  • – / Francisco Varela: Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln menschlichen Erkennen. Bern und München 1987.
  • – : Was ist Erkennen? München 1994.
  • – : Biologie der Realität, Frankfurt a.M. 1998
  • Mayr, Ernst: Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt, Berlin 1984
  • – : ... und Darwin hat doch Recht, München 1994
  • – : Das ist Evolution, München 2003
  • Odum, Eugene: Grundlagen der Ökologie. 2 Bde. Stuttgart 1980
  • Otto, Stefan: Eine vielschichtig verstandene Evolution - 24 Thesen zum systematischen und indirekten Verknüpfen von Evolutionstheorien, Jena 2011
  • Oyama, Susan: The Ontogeny of Information: Devolopmental systems and evolution. Durham 2000
  • Reichholf, Josef: Der schöpferische Impuls. Eine neue Sicht der Evolution; Stuttgart 1992.
  • – : Das Rätsel der Menschwertung. Die Entstehung des Menschen im Wechselspiel der Natur: München 2008
  • Riedl, Ruppert: Biologie der Erkenntnis, Berlin-Hamburg 1980.
  • – / Fritz M. Wuketits [Hrsg.]: Die Evolutionäre Erkenntnistheorie. Bedingungen Lösungen Kontroversen. Berlin und Hamburg.
  • Rose, Steven (2000): Darwins gefährliche Erben, München 1987.
  • Stotz, Karola: Organismen als Entwicklungssysteme, in Ulrich Krohs und Georg Toepfer, S. 125 - 143, 2005
  • Then, Christoph: Dolly ist tot – Biotechnologie am Wendepunkt, Zürich 2008.
  • Wesson, Robert: Chaos, Zufall und Auslese in der Natur, Frankfurt a.M. und Leipzig 1995.
  • Wetzel, Manfred: Dialektik als Ontologie auf der Basis selbstreflexiver Erkenntniskritik. Freiburg/München 1986.
  • Weingarten, Michael: Organismen – Objekte oder Subjekte der Evolution, Darmstadt 1993.
  • Wuketits, Franz: Evolutionstheorien, Darmstadt 1988.
  • Zrzavý, Jan / David Storch und Stanislav Mihulka: Evolution: Ein Lese-Lehrbuch, Heidelberg 2009

Einzelnachweise[edit]

  1. vgl. auch Josef Reichholf 1992
  2. Jan Bretscheider 2009, 59
  3. aus der Sicht einer vielschichtig verstandenen Evolution (vgl. Stefan Otto, 2011)
  4. vgl. Ernst Mayr 2003, 154, 188
  5. vgl. „Lebende Fossilien“ bei Ernst Mayr 2003, 324
  6. Ludwig von Bertalanffy 1932, 59
  7. Motoo Kimura 1987, 39
  8. Josef Reichholf 1992, 237
  9. Peter Beurton 1979, 136
  10. Peter Beurton 1987
  11. Steven Gould 1991, 323f
  12. Humberto Maturana, Francisco Varela 1987, 260
  13. Edlinger, Karl/ Wolfgang Gutmann, Michael Weingarten, 1991
  14. vgl. Richard Lewontin 2002, 108
  15. vgl. Richard Lewontin 2002, 50-53
  16. Stotz, Karola, 2005 S. 125 - 143
  17. vgl. auch gen- und umweltzentrietes Evolutionsverständnis
  18. vgl. auch organismuszentrietes Evolutionsverständnis
  19. zit. nach Michael Weingarten 1993, 102
  20. siehe auch Ludwig von Bertalanffy "Das biologische Weltbild" 1949
  21. Josef Reichholf 1992, 237
  22. in Ulrich Krohs und Georg Toepfer 2005, S. 267-286

Weblinks[edit]

Kategorie: Eine vielschichtig verstandene Evolution