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1-Euro-Job

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Ein-Euro-Jobs sind „Arbeitsgelegenheiten“ im Sinne des § 16 Abs.3 SGB II. Diese Arbeitsgelegenheiten sind eine Einrichtung der früheren Sozialhilfe, ehemals § 19 BSHG, wurden aber nie im heutigen Umfang von den Sozialämtern angeboten bzw. durchgesetzt und waren daher in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Es wird kein Arbeitsentgelt oder Lohn, sondern eine „Mehraufwandsentschädigung“ (angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen) gezahlt, da die Grundsicherung ALG II unverändert während der Beschäftigung weitergewährt wird. Die Höhe dieser „Mehraufwandsentschädigung“ ist zwar im Gesetz nicht festgelegt, der frühere Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hat aber eine Entlohnung von ein bis zwei Euro pro Stunde – in Anlehnung an die Entlohnung von Sozialhilfeempfängern - empfohlen. Somit soll Empfängern des neuen Arbeitslosengeld II ein zusätzliches Einkommen ermöglicht werden, welches nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird.

Damit sollen einerseits Arbeiten erledigt werden, die ohne diese Arbeitskräfte nicht zu leisten wären. Zum Anderen sollen die Arbeitsgelegenheiten dazu dienen, Langzeitarbeitslose wieder an den Rhythmus eines festen Arbeitstages zu gewöhnen und so deren Einstellung für Arbeitgeber attraktiver zu machen. Drittens werden sozialpolitische Motive verfolgt.

Die Jobs müssen im öffentlichen Interesse liegen und zusätzlich angeboten werden. Durch die Zusätzlichkeit sollen Verdrängungseffekte weitgehend vermieden werden. Ob dieses Ziel erreicht wird, ist allerdings umstritten. So stellte die Bundesagentur für Arbeit einen Rückgang von Stellenangeboten im Pflegebereich fest. Empirische Daten liegen aber bisher nicht vor.

Zielgruppe der Arbeitsgelegenheiten sind jene Arbeitslosen, die ALG II beziehen. Wer ein Beschäftigungsangebot ohne wichtigen Grund ausschlägt, dem kann das ALG II gem. § 31 SGB II dreistufig um jeweils 30% auf Null gekürzt werden. Arbeitslose unter 25 Jahren müssen mit noch strengeren Sanktionen rechnen, falls sie einen Job ablehnen. Sie erreichen die "Kostenneutralität" bereits nach der 2. Sanktion. Nicht verweigert werden können nach Angabe der Wikipedia die Miet- und Sachleistungen wie Lebensmittelgutscheine, was jedoch nicht der Praxis entspricht.

Als zumutbar gilt jede legale, nicht sittenwidrige Arbeit. Die Jobs werden von kommunalen Beschäftigungsgesellschaften, gemeinnützigen Organisationen und privaten Bildungsträgern angeboten. Es kommen alle zusätzlichen Arbeiten in Frage, die der örtlichen Wirtschaft keine Konkurrenz machen. Möglich sind beispielsweise einfache Arbeiten im Kindergarten, im Garten- und Landschaftsbau, bei der Stadtinformation oder Stadtreinigung, in der Altenpflege und Krankenpflege oder als Einkaufshelfer für Ältere.


Kritik[edit]

Aufgrund der Einführung der Ein-Euro-Jobs wird befürchtet, dass die Beschäftigungs- und Entlohnungsbedingungen aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angegriffen wird. Öffentliche und private Arbeitgeber könnten sich weiter aus ihrer Verantwortung zur Schaffung von regulären Arbeitsplätzen zurückziehen und dazu beitragen, dass sich der Stellenabbau beschleunigt. Dies wird unter anderem dadurch erreicht, indem eine bewusst erzeugte Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte forciert wird. Durch Hinweis auf die leeren Kassen wird eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz erreicht, notwendige Arbeiten durch Ein-Euro-Jobs erledigen zu können.

Qualifizierte Beschäftigte werden verdrängt (z.B. in der Pflege oder in Kindertagesstätten) und faktisch ein Niedriglohnsektor in verschiedenen Bereichen eingeführt, da es sich i.d.R. nicht um zusätzliche oder ergänzende Aufgabenfelder handelt. Somit führt der Einsatz von Ein-Euro-Jobs zu einer Beschleunigung des Stellenabbau. Darunter leidet die Qualität in den Einrichtungen.

Eine der kritischen Anmerkungen hierzu ist, dass die den Ein-Euro-Jobs zugrunde liegende rechtliche Regelung des § 16 (III) SGB II kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts beinhaltet und insoweit verfassungsrechtlich bedenklich ist, als „damit viele hunderttausend Menschen in einen Zustand der Rechtlosigkeit oder Rechtsunklarheit versetzen werden“ (Zitat aus Prof. Dr. Günther Stahlmann, 1-Euro-Jobs aus rechtlicher Sicht) .

Handwerkspräsident Otto Kentzler hat die starke Zunahme der Ein-Euro-Jobs in Deutschland heftig kritisiert. «Bei den Ein-Euro-Jobs brechen alle Dämme». Ihre Zahl sei 2005 auf weit über 200.000 gestiegen, die Bundesregierung peile sogar 600.000 an, so Kentzler. Die Kommunen setzten die Arbeitslosen oft dort ein, wo sie bis vor kurzem noch Handwerksfirmen beauftragt hätten. Somit verdrängten die Jobber die regulär Beschäftigten, die dann auch in der Arbeitslosigkeit landeten.

Kritisiert wird auch, dass Menschen durch die Regelungen zu Ein-Euro-Jobs in Verbindung mit den verschärften Bedingungen des Arbeitslosengeld II mit staatlicher Hilfe in prekäre Arbeitsverhältnisse gezwungen werden. Dabei werden bisweilen Parallelen zum Reichsarbeitsdienst im Nationalsozialismus gezogen.


Links[edit]

Ein Flugblatt gegen Ein Euro Jobs

http://www.montagsdemo.mannheim2004.website.ms - Montagsdemo Mannheim

Zitate[edit]

"Alle arbeitsfähigen Langzeitarbeitslosen müssen sich dann jeden Morgen bei einer Behörde zum 'Gemeinschaftsdienst' melden und werden dort zu regelmäßiger, gemeinnütziger Arbeit eingeteilt - acht Stunden pro Tag, von Montag bis Freitag" - so fasst Stefan Müller (CSU) seine Ideen für eine weitere Verschärfung der Arbeitsmarktreform Hartz IV zusammen.

Der "Gemeinschaftsdienst für Langzeitarbeitslose" solle bundesweit eingerichtet werden und für alle verpflichtend sein, die Arbeitslosengeld nach Hartz IV empfangen, so Müller heute in der "Bild". Wer sich verweigere und nicht erscheine, müsse "mit empfindlichen finanziellen Einbußen rechnen", sagte der Politiker, der arbeitsmarktpolitische Obmann der Unionsfraktion im Bundestag ist.

Spiegel-online (14. Juni 2006)


Kategorie:Repression