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Panokratie

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Grundzüge der Panokratie[edit]

Panokratie ist eine konstruktive Utopie, die vom Darmstädter Diplom-Informatiker Tobias "Blubb" Breiner in seinem gleichnamigen Buch vorgestellt wird. Es handelt sich dabei um ein im wesentlichen anarchistisches Gesellschaftsmodell, das versucht, viele für gewöhnlich offene Fragen modellhaft zu beantworten. Wichtige Aspekte der Konkretisierung sind

  • Aufgliederung in Subsidiarzellen
  • direkte Demokratie, mit elektronischer Unterstützung
  • Kompetenzprüfungen für Entscheidungen auf höherer Ebene
  • Individualwacht als konkrete Form der direkten Aktion
  • Schenkwirtschaft als Alternative zur kapitalistischen Wirtschaftsform

Ein weiterer bedeutender Aspekt ist, daß Panokratie auch in Hybridrealisierung möglich ist, also ein Aufbau panokratischer Gesellschaftsstrukturen innerhalb der heute bestehenden Gesellschaft prinzipiell möglich und legal ist.

Aufgliederung in Subsidiarzellen[edit]

Die Gesellschaft ist von den Ebenen einer Wohngruppe bis hin zur Gesamtgesellschaft in überschaubare Subsidiarzellen gegliedert, innerhalb derer Entscheidungsfindungsprozesse stattfinden und gesellschaftliche Prozesse organisiert werden.

direkte Demokratie[edit]

Entscheidungsprozesse innerhalb der Panokratie geschehen direktdemokratisch und können elektronisch unterstützt sein. Wichtigstes Element dabei ist der Elementar-Entscheid (Elescheid), in dem zwischen zwei Alternativen gewählt werden kann. Abstimmungen auf höheren Gemeinschaftsebenen geschehen mehrheitlich, sind jedoch für Teilgemeinschaften und Mitglieder mit entgegengesetzten Ansichten nicht bindend. Stehen mehrere Alternativen zur Wahl, wird der Abstimmungsprozesses in mehrere Schritte aufgeteilt, wobei die einzelnen Wahlmöglichkeiten binär gruppiert werden, so daß wieder eine Ja/Nein-Entscheidung möglich ist und absolute Mehrheiten automatisch gebildet werden.

Kompetenzprüfungen[edit]

Je höher die Entscheidungsebene, um so höher sollte das Kompetenzniveau der Mitentscheidenden sein. Während in Elementarzellen ("Moy-Zellen") alle Beteiligten entscheiden sollen, ist es eventuell wünschenswert, daß Entscheidungen auf höheren Gliederungsebenen ("Surzellen") nur von hinreichend kompetenten Gesellschaftsmitgliedern getroffen werden. Tobi Blubb entwirft daher die Idee eines Systems aus Mündigkeitsprüfungen, das geeignete Mitglieder feststellen soll. Diese Prüfungen sind so abzuhalten, daß jeweils die Hälfte der Prüflinge sie besteht, so daß die Entstehung einer Bildungsminderheit und damit Führungselite nicht möglich ist.

Kompetenzprüfungen sind von der "durchgefallenen" Hälfte jederzeit und unbeschränkt oft wiederholbar, wobei die Arbeiten aus früheren Prüfungen jeweils zusätzlich neu eingereicht werden. Auf diesem Weg wird vermieden, Personen dauerhaft von Entscheidungen auf höheren Ebenen abzuhalten.

Individualwacht[edit]

Individualwacht bezeichnet die Aktivitäten der Mitglieder, die darauf gerichtet sind, sich gegenseitig vor gewaltsamen Übergriffen zu schützen, Auf der Ebene der Elementarzellen sind daran alle Mitglieder beteiligt, auf höheren Ebenen kann dies, um nicht alle Menschen mit einer Dauerbeobachter-Rolle zu beschäftigen, durch Besucher und Gesandte erfolgen, die zwischen den jeweiligen Subsidiarzellen ausgetauscht werden. Der Aufbau einer Polizei wird dadurch unnötig.

Schenkwirtschaft[edit]

In der panokratischen Schenkwirtschaft stehen, analog zum Anarchismus und Kommunismus, alle Produktionsmittel allen zur Verfügung. Es existiert (über den persönlichen Besitz hinaus) kein Privateigentum. Jede Form von Arbeit oder Gütern wird innerhalb der Gesellschaft also verschenkt, sobald Zeit und Güter im Überfluß vorhanden sind. Dieser Zustand dürfte stabil sein, sobald eine funktionierende Grundversorgung etabliert ist, da die direktdemokratische Struktur der Gesellschaft einer Etablierung neuer Eigentumsprivilegien tendentiell entgegenwirkt und Menschen grundsätzlich geneigt sind, ihre eigene Grundversorgung aufrechtzuerhalten, nötigenfalls zu kooperieren und sich gegen ungerechtfertigte Ansprüche zur Wehr zu setzen.

Zusammenfassung[edit]

Die Grundidee der Panokratie ist der konventionellen Anarchie nicht ganz unähnlich, denn auch in einer Panokratie gibt es keine Herrscher, keine Beherrschten, keine Gesetze, keine Justizbehörden und kein Geld. Die Panokratie macht aber da weiter, wo die Anarchie aufhört, so dass die Panokratie auch als moderne, hochkomplexe Gesellschaftsform existieren kann.

Die Menschen leben in sogenannten "Moyzellen" zusammen, eine Mischung aus Familie, Clique und WG, die aus ca. 15 bis 50 Personen bestehen sollte. Die Moyzelle stellt die unterste Einheit der panokratischen Parzellierung dar. Rund 15 bis 50 Moyzellen schließen sich zur nächsthöheren Subsidiarzelle, der Poyzelle, zusammen. Wiederum 15 bis 50 Poyzellen schließen sich zu einer Fayzelle zusammen, und so geht es immer weiter nach oben, bis alle Menschen erfaßt sind. Die jeweils höchste Subsidiarzelle stellt "Tjo" dar. Tjo heißt das Land bzw. die Gesellschaft, in der eine Panokratie verwirklicht wird.

Der Sinn dieser Schachtelung ist, dass anfallende Arbeiten gemäß den Fähigkeiten und Wünschen der unteren Subsidiarzellen so weit wie möglich nach unten verteilt werden. Außerdem ist diese Schachtelung Voraussetzung für die Individualwacht, welche die Gewalt auf alle Personen gleichmäßig verteilt, da es in der Panokratie keine konzentrierte Macht (Polizei u.a.) mehr gibt. Ziel dieser Individualwacht ist es, die Bildung von neuen Hierarchie zu verhindern. Das wird erreicht indem jedeR einzelne auf sich selbst und auf die Rechte und Freiheiten der ihn/sie Umgebenden aufpaßt. Genau so wird es mit den einzelnen Subsidiarzellen gehandhabt, das heißt dass jede Moyzelle ihre Nachbar- Moyzellen kontrolliert; jede Poyzelle ihre Nachbar-Poyzellen und so weiter.

In der Panokratie wird es sowieso kaum Verbrechen geben, weil es ganz einfach kaum noch Motive dafür geben wird. Da es in der Panokratie kein Geld mehr geben wird, wird es auch keine Eigentumsdelikte mehr geben. Und weil alle Menschen in einer friedlichen und angenehmen Atmosphäre leben, wird es auch nicht mehr zu Gewaltverbrechen in den Dimensionen, wie sie zur Zeit vorhanden sind, kommen. Sollte es doch mal zu Konflikten kommen, werden diese "rituell" gelöst.

In der Panokratie existiert eine geldlose Schenkwirtschaft. JedeR MoyzellenbewohnerIn arbeitet aus freien Willen nach seinen/ihren Fähigkeiten und Wünschen und verschenkt danach seine/ihre Güter bzw. Dienstleistungen an die übrigen MitbewohnerInnen. Da sich die MoyzellenmitgliederInnen untereinander sympathisch sind (sonst würden sie ja auch nicht zusammen leben), stellt diese Schenkwirtschaft auch kein Problem dar.

Aufgrund der Schachtelung Tjo´s stehen alle Güter und Maschinen allen MoyzellistInnen gleichzeitig zur Verfügung. Daraus resultiert, das die anarchistische Wirtschaftsform um vieles wirtschaftlicher und effektiver sein wird als der derzeit existierende Kapitalismus. Außerdem tritt in der Panokratie eine Produktreduktion ein, denn es werden durch die Gemeinschaftsnutzung viel weniger Güter benötigt. So hat dann nicht jedeR einen eigenen Fernseher oder eine eigene Küche, sondern es gibt einen gemeinsamen Kinosaal oder eine gemeinsam benutzbare, gemütliche Kantine. So ist es sogar möglich einen gemeinsamen Fitnessraum, Swimmingpool, ein Labor oder ein Atelier bereit zu stellen. Selbstverständlich hat jede Person weiterhin sein/ihr eigenes Zimmer, eigene Klamotten, ein eigenes Bett, eine eigene Zahnbürste und ganz persönliche, private Gegenstände.

Wichtige Entscheidungen, die in Tjo zu treffen sind, werden mittels modernster Technik per Volksabstimmung getroffen, so dass alle die Möglichkeit haben, mitzubestimmen.

Diskussion der Ideen[edit]

Betrachtet meinen hier direkt veröffentlichten Beitrag als Anfang. Weitere Diskussionen sollten natürlich im dafür vorgesehenen Bereich geführt werden; dann ist das Hiesige auch neutraler zu formulieren.

Elescheide und Mündigkeiten[edit]

Ich (Rauschgoldbengel) halte insbesondere die Realisierung der Direktdemokratie für verbesserungsbedürftig.

  • Zwischen zwei und mehr Alternativen kann auch durch Zustimmungs-Wahl entschieden werden, bei der jeder Alternative unabhängig eine Ja- oder Neinstimme vergeben werden kann. Die Alternative mit der höchsten Zustimmung erhält dann den Zuschlag, und die Entscheidung kann in einem Wahlgang erfolgen.

Anmerkung: zur differenzierten Stimmabgabe in einem Abstimmungsgang bei mehreren Abstimmungsalternativen gibt es diverse ausgeklügelte Abstimmungsverfahren z.B. nach Condorcet, wo eine Präferenzreihenfolge der Alternativen angegeben wird, sodaß faktisch jede Alternative gegen jede antritt. Es gewinnt die Alternative die gegen alle anderen die Teilabstimmungen gewinnt.

Concordet und andere führen ihre Verfahren als Verfeinerung des Zustimmungswahl-Verfahrens an, um eventuelle Entzerrungen gegenüber strategischem Wahlverhalten zu ermöglichen. In der Praxis scheinen aber Präferenz- und Zustimmungsverfahren gleich gut abzuschneiden; insbesondere scheint sich auch bei der Zustimmungswahl langfristig ein nicht-verzerrtes Wahlverhalten einzupendeln. Insbesondere ist die Zustimmungswahl bestechend einfach, verglichen mit Präferenzverfahren. (s. auch deutsche und englische Wikipedia-Schlagworte dazu) --Rauschgoldbengel 22:28, 13. Mär 2006 (UTC)
  • Tobi Blubb entwirft für Entscheidungen auf höheren Organisationsebenen ein klassisches Modell aus Initiative (Unterschriftensammlung, die 2% der von der Entscheidung betroffenen Mitglieder umfassen muß) und Entscheid, der von allen simultan getroffen werden muß. Dadurch kann eine große Menge an Entscheiden anfallen, die zu festgelegten Zeiten getroffen werden müssen und somit zu Abstimmungsmüdigkeit führen können. Eine Alternative wäre ein System, in dem jede Person eine Initiative einbringen kann, die zunächst in der Elementarzelle entschieden wird. Der Entscheid wird dann solange von einer Organisationsebene auf die nächste weitergereicht, bis er seine Bestimmungsebene erreicht oder in einer Organisationsebenen abgelehnt wird.
  • Der so verfeinerte Abstimmungsprozeß kann reversibel umkehrbar gemacht werden, indem ein einmal gemachter Entscheid auch wieder gekippt werden kann, indem er in einem Nachentscheid die nötige Mehrheit verliert.
  • Das System der Kompetenzprüfungen hat, wie es Tobi Blubb einführt, zur Folge, daß innerhalb der Panokratie weiterhin Privilegien existieren. Diese sind zwar vernünftig begrenzt, dennoch enthält das Festhalten an der Existenz von Privilegien die Entwicklungsmöglichkeit, sie weiter auszuweiten, bis wieder eine neue Führungsschicht etabliert ist. Die andere Entwicklungsmöglichkeit ist, Privilegien ganz abzuschaffen. Eine Möglichkeit unter Beibehaltung von Kompetenzprüfungen ist, sie als Zertifikat für die Fähigkeiten einer Person zu betrachten, anhand dessen man seine Entscheidung für die Entsendung in beratende und organisierende Kommitees orientieren kann.

Für eine weitere Diskussion von egalitären Entscheidungsfindungen siehe auch Anarcho-Demokratie.

Kompatibilität zu anderen Projekten[edit]

Trotz der kritischen Punkte dürfte Panokratie zu anderen anarchistischen Projekten kompatibel sein und sich teilweise mit ihnen überschneiden: Panokratische Organisationen können jeweils in andere Organisationen eingebunden sein, oder auch Unterorganisationen enthalten, die etwa Mündigkeitsbeschränkungen ablehnen. Insgesamt kann so ein buntes Geflecht von Gesellschaften und Gemeinschaften entstehen, in denen unterschiedliche "U"topien (ja eben nicht mehr Utopien, sondern Topien, da sie ja nicht mehr im Nirgendwo existieren) koexistieren.


Literatur[edit]

Die ursprüngliche Zusammenfassung von der Panokratie von mortek ist auf coforum.de zu finden. Ich habe keinen Urheberrechtsvermerk gefunden, aber aufgrund des Kontextes gehe ich von freier Verwendbarkeit aus.

Das Buch "Panokratie" von Tobias Blubb ist online zu finden auf www.panokratie.de und ist in Papierform bei Syntropia beziehbar.


Kategorie:Utopie Kategorie:Verwandte Theorien