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Libertärer Kapitalismus

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Der kapitalistische Libertarismus

Unter kapitalistischem Libertarismus versteht man zum einen eine genuin amerikanische Bewegung, die u.a. Grundsätze wie "Steuern sind Diebstahl" vertritt und zum anderen eine ideologische Denkweise, die unter anderem von einigen Schriftstellern, Wirtschaftswissenschaftlern und Philosophen vertreten wird. In den USA ist das Wort "Libertarism" überhaupt erst entstanden. Zur Zeit Franklin Delano Roosevelts (1933-1945) bezeichnete es einen Teil der Oppositionspolitik gegen den New Deal des Präsidenten.

Seine Wurzeln gehen auf den klassischen Liberalismus amerikanischer Prägung zurück, der ökonomisch durch eine weitgehende Laissez-faire-Haltung und politisch durch eine ausgeprägte Skepsis gegenüber staatlichen Institutionen geprägt ist.

Der kapitalistische Libertarismus betont die individuellen Freiheitsrechte und will staatliches Handeln auf ein absolutes Minimum beschränkt sehen. Einige Vertreter dieser Richtung, die Anarcho-Kapitalisten (auch Free-Market-Anarchisten oder Anarcholiberale) lehnen den Staat insgesamt ab. Kapitalistische Libertäre legen das Selbstbestimmungsrecht des Individuums so aus, dass es völlig frei in seinem Handeln und im Gebrauch seines Privateigentums sein sollte, solange niemand anderes Rechte verletzt werden. Insofern stimmen sie mit dem klassischen Liberalismus überein. Erhebliche Unterschiede bestehen aber in der Definitionen des Rechtsbegriffes und in den Ansichten darüber, wie dem Recht in Konfliktfällen Geltung verschafft werden soll. Kapitalistische Libertäre erkennen keine positiv definierten Rechte an, etwa das auf Nahrung, Obdach oder Gesundheitsfürsorge, sondern nur negativ definierte, wie das, nicht angegriffen, missbraucht, beraubt oder zensiert zu werden. Nach ihrer Theorie ergäbe sich daraus eine klare Eigentumsordnung. Nur den Rechten, die sich aus dieser Eigentumsordnung ergeben, gestehen sie Schutzwürdigkeit zu.

In den Vereinigten Staaten stellt der kapitalistische Libertarismus eine einflussreiche und politisch aktive Ideologie dar. Sie ist im rechten politischen Spektrum verankert und wird von den "Libertarians", der drittstärksten Partei nach der Demokratischen und Republikanischen vertreten.

Kritik

Kritiker des kapitalistischen Libertarismus behaupten, dass der Primat der Ökonomie und die uneingeschränkte Freiheit des Wirtschaftens, z.B. die Privatisierung öffentlicher Aufgaben die Alleinherrschaft der Reichen und letztlich das Faustrecht zur Folge haben würde.

Abschaffung oder Marginalisierung des Staates werde Kritikern zufolge dazu führen, dass staatliche Funktionen und Hoheitsrechte von privaten Personen, undurchsichtigen Institutionen oder Firmen übenommen werden, wo sie nicht mehr demokratisch kontrolliert, sondern nur deren Eigennutz unterliegen würden.

Private Kartelle und Monopole würden letztendlich unter Einverleibung ursprünglich staatlicher Hoheitsfunktionen selbst wiederum staatsähnliche Züge annähmen. Diese Art von Libertarismus sei demnach in sich widersprüchlich, und seine konsequente Durchführung würde nicht zu weniger Staat, sondern nur zur Abschaffung der Demokratie führen und letztlich in einem in großen Zügen monopolkapitalisischen Feudalismus enden.

Kapitalistische Libertäre bestehen auf dem Vorrang der Rechte des Individuums vor den Ansprüchen einer wie auch immer gearteten Gemeinschaft oder den Bedürfnissen anderer Individuen. Aus diesem Grund lehnen sie auch Konzepte wie Demokratie, unverlierbare Menschenwürde, Menschenrechte in der allgemein anerkannten Definition oder Nachhaltigkeit, d.h. die Orientierung menschlichen Handelns an den Lebensmöglichkeiten nachfolgender Generationen, ab. Kritiker konstatieren daher, dass der kapitalistische Libertarismus in seinen Konsequenzen eine Nähe zum rechtsextremem Gedankengut aufweist, auch wenn sein individualistischer Ausganspunkt dem typischen Rechtsextremismus entgegengesetzt ist.

Mögliche negative Auswirkungen ihrer Ideologie auf die Gesellschaft oder auf anderen Individuen werden von den Libertären entsprechend energisch bestritten.

Eigentum

Vielfach wird behauptet, dass im Markt-Libertarismus das Eigentumsrecht allein der tragende Gedanke sei. Die häufige Verwendung des Wortes "Eigentum" kann aber bei oberflächlicher Betrachtung in die Irre führen. Denn Eigentumsnormen gewinnen erst dadurch einen praktischen Bezug, wenn sie nicht nur von einem "Eigentümer" von der Welt eingefordert werden, sondern erst dann, wenn auch Dritte diese Normen als solche verstehen. Insofern ist Eigentum in einer freien Gesellschaft, wie Libertäre sie für sich anstreben, nur das Ergebnis der freiwilligen Interaktion und keine politische Doktrin. Ein Beispiel: Für eine freie Gesellschaft wäre es undenkbar, dass einzelne Staaten (bzw. juristische Personen) die ganze Antarktis unter sich aufteilen, obwohl sie dort nicht mehr besitzen als ein paar Messtationen (wie das heute der Fall ist). Eine solche Eigentumsnorm wäre zwar für ein paar Pioniere methodisch, würde aber von Personen, die die Antarktis friedlich besiedeln möchten, nicht verstanden werden. Libertäre haben daher oft ein kritisches Verhältnis zu konstituierten Rechten und denken in dieser Beziehung wie Max Stirner.

Kritisch eingewendet wird hier oft, dass Eigentum in einer Massengesellschaft eben gerade nur durch einen Rechtsstaat garantiert werden könne. Der Eigentumsbegriff, sofern er Gerechtigkeit beinhalten soll (d.h der Eigentümer soll sich sein Eigentum in irgendeiner Weise "verdient" oder "erarbeitet" haben), setzt in dieser Sichtweise das Vorhandensein eines Staates notwendigerweise voraus, um in einer Massengesellschaft überhaupt sinnvoll zu sein. Von dieser Position aus ist der Eigentumsbegriff des kapitalistischen Libertarismus letztlich auf Faustrecht begründet und nicht mehr auf einen, wie auch immer zu begründenden, Gerechtigkeitsgedanken; auch wenn Libertäre dies behaupten würden. Kritiker begründen dies damit, dass der libertäre Eigentumsbegriff nur dann tatsächlich auf Gerechtigkeit basieren könne, wenn von einem unrealistischen Menschenbild ausgegangen werden würde, in dem Menschen z.B. grundsätzlich ohne Zwang auf freiwilliger Basis kooperativ sein müssten.