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*Osvaldo Bayer: Aufstand in Patagonien. [[Trotzdem Verlag]] bei Alibri, Frankfurt/Aschaffenburg, 2010. 423 Seiten mit Fotos. ISBN: 978-3-86569-910-7.  
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*Osvaldo Bayer: Aufstand in Patagonien. [[Trotzdem Verlag]] bei Alibri, Frankfurt, 2010. 423 Seiten mit Fotos. ISBN: 978-3-86569-910-7.  
 
*Osvaldo Bayer: "LA PATAGONIA REBELDE, tomo IV: El Vindicador" 378 S., Editorial Planeta, 1997. [u. 554 Seiten booket/TB 1997]. [Tomo III: 'Humillados y Ofendidos' 274 S.,(1995); tomo II: 'La Massacre' 386 S.,(1994); tomo I: 'Los Bandoleros' 226 S.,(1992) [Jedes Buch inklusive umfangreichen Foto- u. Dokumententeil. Die Erstauflagen 1974-78 erschienen unter dem Titel: 'La Patagonia Tragica']. [http://www.patagonia-argentina.com/i/content/patatragica.php] und [http://www.oni.escuelas.edu.ar/olimpi99/interolimpicos/patagonia1921/books.htm]
 
*Osvaldo Bayer: "LA PATAGONIA REBELDE, tomo IV: El Vindicador" 378 S., Editorial Planeta, 1997. [u. 554 Seiten booket/TB 1997]. [Tomo III: 'Humillados y Ofendidos' 274 S.,(1995); tomo II: 'La Massacre' 386 S.,(1994); tomo I: 'Los Bandoleros' 226 S.,(1992) [Jedes Buch inklusive umfangreichen Foto- u. Dokumententeil. Die Erstauflagen 1974-78 erschienen unter dem Titel: 'La Patagonia Tragica']. [http://www.patagonia-argentina.com/i/content/patatragica.php] und [http://www.oni.escuelas.edu.ar/olimpi99/interolimpicos/patagonia1921/books.htm]
 
*Osvaldo Bayer: "La patagonia rebelde" (Edition definitiva). Editorial Planeta, Buenos Aires 512 paginas (2008)
 
*Osvaldo Bayer: "La patagonia rebelde" (Edition definitiva). Editorial Planeta, Buenos Aires 512 paginas (2008)

Revision as of 14:50, 22 March 2011

Kurt Gustav Wilckens wurde am 3. November 1886 in Bad Bramstedt geboren, er starb am 15. Juni 1923 in Buenos Aires, Argentinien.

Leben

Kurt Gustav Wilckens

Wilckens wurde 1886 in Bad Bramstedt (damals noch kein 'Bad'), Kreis Segeberg in Schleswig Holstein als eines von 8 Kindern von August Otto Wilckens und Johanna Henriette Harms geboren. Er begann früh in den Minen von Schlesien zu arbeiten und imigrierte mit 24 Jahren in die USA, wo er Arbeit in den Minen von Arizona fand. In Arizona bekam er Kontakt mit der IWW (Industrial Workers of the World), einer revolutionär-syndikalistischen Gewerkschaft. Er beteiligte sich an den Streiks und trat als Redner in den Massenversammlungen der Minenarbeiter auf. Gegen die wachsende Macht der Gewerkschaften heuerten die Minenbesitzer bewaffnete Streikbrecher an, die die Streikenden angriffen. Es kam zu Schießereien mit Toten auf beiden Seiten, schließlich zu einem handfesten Aufstand, der in einer Niederlage der Streikenden endete. 1186 Arbeiter (darunter 104 Wobblies [Mitglieder der IWW]) wurden in Viehtrucks verladen und hinter der Grenze in der Wüste von Neu-Mexiko ausgesetzt.

Wilckens wurde als IWW Gewerkschaftsmitglied gefangen genommen, ihm gelang die Flucht, aber er wurde schon bald wieder gefangen und zurück nach Deutschland deportiert. In Deutschland hatte er Kontakt zur anarchistischen Zeitschrift "Alarm" um Carl Langer in Hamburg und wurde zu einem Mitarbeiter. Wilckens war Antimilitarist aus tiefer Überzeugung und er verfolgte mit großem Interesse die antimilitaristische Propaganda in der Zeitschrift "Erkenntnis und Befreiung" des Genossen Pierre Ramus. Die Rede Rudolf Rockers gegen die Produktion von Kriegswaffen während der Konferenz deutscher Arbeiter aus der Waffenindustrie 1919 erfüllte ihn mit großer Freude. Es hielt Kurt Wilckens aber nicht lange in Deutschland, diesmal verließ er Europa Richtung Argentinien.

Ende September 1920 kam Wilckens in Buenos Aires an. Er arbeitete eine Zeit lang als Schauermann im Hafen und bewegte sich in der anarchistischen Szene dort, die damals eine Massenbasis in Argentinien hatte. Die Repression der Polizei brachte ihn im Mai 1921 für 4 Monate ins Gefängnis, einer Abschiebung konnte er entgehen. Nach seiner Freilassung setzte er all seine Energie und sein Geld dafür ein, seine Gefangenen Genossen zu unterstützen.

1921 kam es zum Aufstand in Patagonien, (La Patagonia Rebelde) angefürt u.a. von Antonio Soto. Die vom argentinischen Militär 1921 verübten schrecklichen Massaker an der Landbevölkerung Patagoniens verfolgte Kurt Wilckens von Buenos Aires aus. Die anarcho-syndikalistische FORA (Federación Obrera Regional Argentina) hatte die Landarbeiter zum Generalstreik organisiert; Oberst Varela befehligte die Massaker an ihnen mit 1500 Opfern! Sie erschütterten, den von hohen ethischen Werten geleiteten Vegetarier und Abstinenzler und an einem Anarchismus von Leo Tolstoi orientierten Kurt Wilckens zutiefst.

Kurt Wilckens entschloss sich zum Handeln und plante allein ein Attentat auf "den Schlächter von Patagonien" Oberst Varela. Am 27. Januar 1923 warf er eine Granate auf ihn. Obwohl an den Beinen verletzt, machte dieser nun Anstalten seinen Attentäter anzugreifen, worauf Wilckens ihn mit einem Revolver erschoss. Als Wachmänner ihn überwältigten, rief er aus: "Ich habe meine Brüder gerächt!" Im Prozess erklärte er, daß er Varela erschoss, um zu verhindern, daß dieser jemals wieder jemand tötet. Die Zeitung "La Pampa Libre", vom 15.02.1923, schrieb: "Blonder Gaucho! Bruder Wilckens, den wir als ein Vorbild des armen Volkes ansehen, empfange die Umarmung der Gauchos aus der Pampa."

Das Gericht verurteilte Wilckens zu 17 Jahren Gefängnis. Bei der Armee und der argentinischen Rechten stieß das in ihren Augen zu milde Urteil auf keinen Zuspruch. Ein Komplott wurde geschmiedet. In der Nacht des 15. Juni 1923 schleusten Gefängniswächter Ernesto Perez Millan, Mitglied der faschistoiden, antisemitischen Gruppe "Patriotische Liga", die von Armee, Kirche und Unternehmern unterstützt wurde, in die Haftanstalt ein. Während Wilckens in seiner Zelle schlief, schoss ihn Millan in die Brust. Kurt Wilckens starb am folgenden Tag. Nach der Ermordung von Wilckens kam es in Argentinien zu einem Generalstreik, in Deutschland zu einer Protestkundgebung, am 9.Juli 1923 in Berlin von der FAUD, Redner waren: Rudolf Rocker, Augustin Souchy und Berthold Cahn. Auf den Ankündigungsplakaten der Arbeiterbörse der FAUD Berlin, war zu lesen: "Wilckens ist ohne vorherigen Prozess im Gefängnis umgebracht worden. Die argentinischen Reaktionäre befürchten, dass während der Verhandlung die bestialischen Methoden bekannt geworden wären, mit denen man das Proletariat unterdrückte. Arbeiter protestiert mit eurer Teilnahme gegen den internationalen Faschismus!" Das ganze Volk der Arbeiter und Armen feierte das Ende des Mörders Varela, und der junge Ausländer wurde zu seinem Helden. General Varela hatte das erhalten, was die Anarchisten als "proletarische Gerechtigkeit" bezeichnen. Kurt Gustav Wilckens zum Gedächtnis entstanden in Argentinien Gedichte und er wurde zum Thema der Lieder, der argentinischen "Payadores" (Volkssänger) und der Näherinnen in den Werkstätten und Fabriken. Auch heute noch hört man auf den patagonischen Estancias Lieder für Wilckens, so sein Biograph Osvaldo Bayer. Sollen wir Wilckens heute als "Held" oder "Märtyrer" verehren? Oder sollen wir ihn und der vielen Opfer der Soldateska in Argentienien nicht eher schlicht Gedenken? Schon Michael Bakunin schrieb:"Ich werde sterben und die Würmer werden mich fressen, aber ich will, dass unsere Idee siegt. Ich will die Masse der Menschheit von allen gegenwärtigen, wie zukünftigen Autoritäten und Helden endgültig befreien." Wilckens selbst schrieb wenige Tage vor seiner Ermordung: "Und trotzdem reden wir nicht von Rache. Es war keine Rache. Ich sehe in Varela nicht den unbedeutenden Offizier. Nein, in ganz Patagonien war er Regierung, Richter, Henker und Totengräber. Ich habe versucht, mit ihm das nackte Idol eines kriminellen Systems zu treffen. Doch die Rache ist einem Anarchisten unwürdig. Am Morgen, an unserem Morgen wird es weder Streit, noch Verbrechen und Lüge geben, sondern Leben, Liebe und Erkenntnis. Arbeiten wir, damit der Tag bald kommt". Der Mörder Millan wurde wegen "Unausgeglichenheit" in eine Nervenklinik eingewiesen, wo er bald von einem anderen Patienten erschossen wurde.

Aus dem „Lied für Wilckens“ von Martín Castro, (es in dem Film zu Kurt Gustav Wilckens zu hören).

„...Ich singe um einen Märtyrer zu ehren,
der immer voller Güte war.

Wilckens hat den Handschuh aufgehoben,
den Varela uns ins Gesicht schlug,
als er uns den Krieg erklärte.

Wer kennt nicht die Geschichte
jener blutigen Tage,
als der Tod vieler Arbeiter
Patagonien in Trauer hüllte?

Wilckens ist kein Rächer,
er ist die Frucht,
ist die Ernte,
die Tyrannen zurückerhalten,
wenn sie Gewalt sähen.

Gerechtigkeit war sein Motiv,
die menschlichste Sache dieser Erde -
aus Liebe zu seinen Brüdern
in Elend und Not.

Wilckens ist kein Rächer,
er ist die Frucht,
ist die Ernte,
die Tyrannen zurückerhalten,
wenn sie Gewalt sähen.

Mediale Rezeption

Osvaldo Bayer, den man vielleicht als das journalistische Gewissen Argentiniens bezeichnen könnte, hat als erster die Zusammenhänge des "Aufstand in Patagonien" seit 1968 erforscht. Es erschienen von ihm in den 70-er Jahren vier Bände unter dem Titel "Los Vengadores de la Patagonia Trágica", in den 90-er Jahren als: "La Patagonia Rebelde"; Band 4 beschäftigt sich mit Kurt Wilckens. Gleichzeitig schrieb Bayer das Drehbuch zu dem Spielfilm "Patagonia rebelde" von Héctor Olivera. 1974 gewann der Film den Silbernen Bären der Berliner Filmtage. Das Buch »La Patagonia Rebelde« war während der Militärdiktatur (1976-1982) verboten. Die Vorführung des Films wurde bereits zuvor unter der Regierung von Isabel Perón von der Zensur untersagt und blieb ein Jahrzehnt lang verboten. Osvaldo Bayer musste nach dem Militärputsch von 1976 flüchten, er lebte im Exil in Deutschland und wurde dort einer der bekanntesten Gegner der Diktatur. In den 90-er Jahren erschien noch ein Film von Frieder Wagner und Osvaldo Bayer mit dem Titel: "El Vindicator! (Der Rächer!) Kurt Gustav Wilckens", es ist Bayer zu verdanken, daß dieses Kapitel der Arbeitergeschichte und der Opfer der Vergessenheit entrissen wurde! Nach der Jahrtausendwende erschien von Bayer noch eine Ausgabe von "La Patagonia rebelde" in einem Band, dies ist die Vorlage für die deutschsprachige Ãœbersetzung von Boris Schöppner "Aufstand in Patagonien", die 2010 beim Trotzdem Verlag erschienen ist. Ebenfalls 2010 erschien in deutscher Sprache der Roman "Woher der Wind weht" von Guido R. Schmidt, der die Geschenisse in Patagonien verarbeitet. Im Internet existieren heute in verschiedenen Sprachen, z.B. in der Wikipedia eine Vielzahl an Einträgen zum "Aufstand in Patagonien/Patagonia rebelde", dem Film, zu Kurt Gustav Wilckens und anderen beteiligten des Aufstandes. In der Provinz Santa Cruz gibt es heute für alle Anführer der Landarbeiterstreiks, die 1921/22 vom Militär ermordet wurden Denkmäler. Im Heimatort Bad Bramstedt von Kurt Gustav Wilckens, ist er auch kein ganz unbekannter mehr, nach einer Flugblattaktion von Anarchosyndikalisten der FAU-IAA Hamburg im Jahr 2003, folgte ein Bericht über ihn in der Lokalpresse [1]. 2011 folgte in seinem Heimatort eine Veranstaltung ihm zu Ehren mit der Buchvorstellung von "Aufstand in Patagonien" mit dem Autor und anschließender Filmvorführung, sowie Berichten in der Lokalpresse, der Segeberger Zeitung.[2]

Literatur

  • Osvaldo Bayer: Aufstand in Patagonien. Trotzdem Verlag bei Alibri, Frankfurt, 2010. 423 Seiten mit Fotos. ISBN: 978-3-86569-910-7.
  • Osvaldo Bayer: "LA PATAGONIA REBELDE, tomo IV: El Vindicador" 378 S., Editorial Planeta, 1997. [u. 554 Seiten booket/TB 1997]. [Tomo III: 'Humillados y Ofendidos' 274 S.,(1995); tomo II: 'La Massacre' 386 S.,(1994); tomo I: 'Los Bandoleros' 226 S.,(1992) [Jedes Buch inklusive umfangreichen Foto- u. Dokumententeil. Die Erstauflagen 1974-78 erschienen unter dem Titel: 'La Patagonia Tragica']. [3] und [4]
  • Osvaldo Bayer: "La patagonia rebelde" (Edition definitiva). Editorial Planeta, Buenos Aires 512 paginas (2008)
  • Holger Marcks/Matthias Seiffert (Hg.): "Die großen Streiks. Episoden aus dem Klassenkampf." Unrast Verlag Münster, 2008. (darin: O.Bayer: "Den Hunden zum Fraß. Der Landarbeiterstreik in Patagonien"; H. Marcks: "Das Organisationskonzept der FORA. Ein Exkurs zur argentinischen Arbeiterbewegung"; M.Seiffert:"Vendetta Argentina. Der deutsche anarchistische Attentäter Kurt Wilckens" u.a. Seiten 47-62).

Sekundärliteratur

  • Guido R. Schmidt: "Woher der Wind weht" Ein Patagonienroman. Gebunden, 384 Seiten. Edition Nautilus, Hamburg 2010. ISBN 978-3-89401-729-3 Buchrezension:[5]
  • Hans Peter Duerr (Hg.): "Unter dem Pflaster liegt der Strand" Band 5, Karin Kramer Verlag, Berlin 1978, darin: Osvaldo Bayer: 'Die argentinischen Anarchisten', S. 153-196, insbes. S.171.
  • Horst Stowasser: "Leben ohne Chef und Staat. Träume und Wirklichkeit der Anarchisten", Eichborn Verlag, Frankfurt 1986. 2. Auflage: Karin Kramer Verlag, Berlin 2003. 2. Kapitel: 'Mörder und Märtyrer', S. 30-59, insbes. Seite 45, 48.
  • Walter Bittner: "Gewerkschaften in Argentinien. Vom Anarchismus zum Peronismus", Berlin 1982.
  • "El Argentinazo. Aufstand in Argentinien. Piqueteros&Cacerolazos". (Geschichte der Klassenkämpfe. Sonderfall Argentinien? Die aktuelle Situation). Beilage zum Wildcat-Zirkular Nr. 63, März 2002.

Film

Weblinks

Siehe auch

Kategorie:Faschistischer Mord Kategorie:AnarchistInnen Kategorie:Geschichte Kategorie:IWW