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Jörg Bergstedt
Jörg Bergstedt (* 1964 in Bleckede) ist ein Ökoaktivist, Buchautor und Anarchist aus Mittelhessen (Reiskirchen/Saasen). Außerdem ist er ehemaliges Mitglied des Bundesvorstandes der Naturschutzbund-Jugend und häufiger Referent bei Umweltkongressen. Als Bundesvorstandsmitglied der Naturschutzjugend sorgte er für Unruhe, als er die Auflösung des eigenen Verbandes und eine Orientierung weg von "Verbandsmeierei" hin zu horizontaler, graswurzelartiger Vernetzung für Umweltschutz forderte. Diese Auseinandersetzung verloren er und seine Mitstreiter, woraufhin sie die Naturschutzjugend verließen.
Bergstedt wird von seiten der Medien als "Anführer" der Projektwerkstatt gesehen, was zumindest darin eine Basis findet, dass er als einziger Aktivist seit Bestehen die überwiegende Zeit Mitglied der Projektwerkstatt ist. Die Projektwerkstatt in Reiskirchen/Saasen versteht sich sowohl als Tagungszentrum und Treffpunkt für linke und Umweltgruppen als auch als politische Wohngemeinschaft. Sie ist Nachfolgeprojekt des alten Bahnhofes Trais-Horloff. Bergstedt selbst ist bekannt als Wahlgegner und Gegner des herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystems. Als Anarchist tritt er, häufig gemeinsam mit Espi, für eine herrschaftsfreie Gesellschaft ein.
Bergstedt gilt als scharfer Kritiker sogenannter NGOs, deren reformistischen Ansatz er als staatstragend und falsch erachtet. Insbesondere die großen Umweltverbände und ATTAC stehen im Zentrum seiner Kritik. Auch er selbst steht jedoch immer wieder in der Kritik. So wird ihm ein Hang zur Selbstdarstellung vorgeworfen. Kritiker behaupten, daß die Projektwerkstatt eine sektenähnliche Struktur habe, bei der Bergstedt als Guru fungiere.
Als Mitautor des zur Weltausstellung in Hannover (Expo) erschienenen Buches "Freie Menschen in freien Vereinbarungen" war er an einem der wichtigsten anarchistischen Theoriewerke der 1990er Jahre beteiligt. Er ist damit einer der bekannteren deutschen zeitgenössischen AnarchistInnen.
Contents
Kommunikationsguerilla
Jörg Bergstedt gilt als ein Verfechter von Kommunikationsguerilla, die sich beispielsweise mittels veränderten Wahlplakaten, gefälschten "amtlichen" Schreiben oder Aufklebern auf Produkten äußert. Bergstedt bedient sich dabei auch bisweilen unkonventioneller Methodik, so tritt er bei Happenings häufig mit einem Pappfernseher und Antennen auf dem Kopf im von ihm und seinen Freunden so genannten Mars TV auf, was sicher auch seine komödiantischen Fähigkeiten zeigt, wofür er von Medien und elite-affirmativen Personen als "Politclown" diffamiert wurde. Auf die Aktionen Bergstedts reagiert die Staatsgewalt bisweilen selbst in den Augen unabhängiger Zuschauer sehr hart. So kommt es immer wieder zu einem massiven Polizeiaufgebot und auch Verhaftungen, um ggf. ausgesprochene Platzverweise durchzusetzen. Auch die politische Aktionsform des Versteckten Theaters wird in Mittelhessen mit Bergstedt in Verbindung gebracht.
Gießener Prozesse
Zuletzt erlangte Bergstedt vor allem auf der Ebene Gießener Provinzpossen Bedeutung und wurde in einem politischen Gerichtsverfahren im April 2005 zu 8 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Die Anklage lautete auf gefährliche Körperverletzung sowie Beleidigung und mehrere Sachbeschädigungen. Zu der den Vorwurf der Körperverletzung begründenden Handlung kam es, als Bergstedt im Rahmen einer Spontandemonstration (hier ging es wohl um Kommunikationsguerilla/verstecktes Theater, da diese unmittelbar vor dem CDU-Stand stattfand) am 11. Januar 2001 unter tumultartigen Umständen verhaftet wurde und sich nach Angaben beteiligter Polizisten gegen diese Verhaftung wehrte. Das Verfahren war auch deshalb umstritten, weil es sich auf widersprüchliche Polizei-Aussagen gründete.
Zur Zeit wird ein erneuter Prozess vor dem Gießener Gericht vorbereitet, bei dem es um den Vorwurf geht, dass Bergstedt einen Anschlag auf ebendieses Gericht verübt haben soll. Als interessant wird hierbei angesehen, dass die Richter selbst in der Position der Anklage stehen, da sich der Bergstedt angelastete Anschlag gegen sie gerichtet habe, was die Frage nach der Neutralität der Richter aufwerfen könnte. Hierzu gibt es allerdings auch andere Positionen, die beinhalten, dass Bergstedt seine Verfahren bewusst provoziere, um damit eine vermeintlich politische Botschaft zu senden.
Kritik
Bergstedt verhält sich individualanarchistisch. Er fühlt sich als Person weder an gemeinsam in einem Plenum getroffene Absprachen gebunden (die er boykottiert), noch hält er sie ein. Er versucht, als Alternativen zur Vollversammlung, regelnde Institution in Gruppen zu erkämpfen. So fühlt er sich frei, sich mit Journalist*innen und anderen systemkonformen Leuten auch innerhalb von Projekten zu bewegen, die das ausdrücklich nicht wünschen.
Verhältnis zum Verfassungsschutz
Sowohl innerhalb einiger Gruppen der Umwelt- als auch der linksradikalen Szene ist Bergstedt umstritten, da ihn sein zeitweiliger Kontakt zum Verfassungsschutz zu einer "Persona non grata" hat werden lassen. Jedoch ist dieser Kontakt gut dokumentiert, und Bergstedt selbst bezeichnet sie als politischen Fehler. In einigen Gruppen der linken Szene gilt jenes Verhalten als nicht tolerierbar, da er damit einen angeblichen "Konsens" ignoriert habe, der besagt, dass jedweder Kontakt zu den Geheimdiensten ausgeschlossen ist. Insgesamt stellt der Vorgang ein eher ungewöhnliches Ereignis im politischen Umfeld Bergstedts dar. Kern der Auseinandersetzung ist die Frage nach dem generellen Umgang mit Repressionsorganen. Schematisch auf sie reagieren, wie es das Gros der traditionellen Linken einfordert, oder sich Handlungsmöglichkeiten offenlassen, wie es das Konzept der kreativen Antirepression ist, das von Bergstedt vertreten wird.
Verhältnis zu Rechtspopulisten, Geschichtsrevisionisten und Verschwörungstheoretikern
Jörg Bergstedt trat am 29.10.2011, einige Stunden nach dem Geschichtsrevisionisten Gerd Schultze-Rhonhof, bei der als rechts und Verschwörungstheorien zugeneigt verdächtigen 7. sog. AZK-Konferenz, Anti-Zensur-Koalition-Konferenz, auf. Laut selbstaussage recherchierte er für seinen Reader "Den Kopf entlasten" (www.kopfentlastung.de.vu), in dem er vereinfachte Welterklärungen analysiert und kritisiert.
Veröffentlichungen
- Werkbuch Biotopschutz. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1990. ISBN 3-440-06056-X
- Handbuch Angewandter Biotopschutz. Ecomed-Verlag, Landsberg (3 Bände). ISBN 3-609-75490-7
- Biotopschutz und Landschaftsplanung. Deutscher Gemeindeverlag/Kohlhammer, Köln 1993. ISBN 3-555-00930-3
- Agenda, Expo, Sponsoring, Recherchen im Naturschutzfilz, Bd. 1, Daten, Fakten, historische und aktuelle Hintergründe. Iko-Verlag für Interkulturelle Kommunikation, Frankfurt am Main 1998. ISBN 3-88939-613-5
- Agenda, Expo, Sponsoring, Recherchen im Naturschutzfilz, Bd. 2, Perspektiven radikaler, emanzipatorischer Umweltschutzarbeit. Iko-Verlag für Interkulturelle Kommunikation, Frankfurt am Main 1999. ISBN 3-88939-450-7
- Freie Menschen in freien Vereinbarungen. Gegenbilder zu Markt und Staat Online verfügbar, 1. Auflage als Download Selbstverlag 2000, 2. Auflage im SeitenHieb-Verlag 2012. ISBN 978-3-86747-005-6
- Reich oder rechts?. Iko-Verlag für Interkulturelle Kommunikation, Frankfurt am Main 2002. ISBN 3-88939-652-6
- Mythos attac. Brandes und Apsel Verlag, Frankfurt am Main 2004. ISBN 3-86099-796-3
- Nachhaltig, modern, staatstreu?. SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2005. ISBN 978-3-86747-007-0
- HierarchNIE! Dominanzabbau und Entscheidungsfindung von unten. Online verfügbar. Seitenhieb-Verlag, Reiskirchen 2005. ISBN 978-3-86747-003-2
- Autonomie und Kooperation. (Hrsg. Gruppe Gegenbilder) SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2006. ISBN 978-3-86747-001-8
- Demokratie. Die Herrschaft des Volkes. Eine Abrechnung. SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2006. ISBN 978-3-86747-004-9
- Tatort Gutfleischstraße. Die fiesen Tricks von Polizei und Justiz. SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2007. ISBN 978-3-86747-016-2
- Strafanstalt (als Herausgeber). SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2007. ISBN 978-3-86747-023-0
- Seit 2004 jährlich den Direct Action Kalender. Für das Jahr 2008 im SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2008. ISBN 978-3-86747-017-9. Für das Jahr 2009 gab er den Fotokalender "Genfelder befreien!" heraus, SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2008. ISBN 978-3-86747-031-5
- Organisierte Unverantwortlichkeit. Mini-Reader zum Filz zwischen Konzernen, staatlicher Kontrolle, Wirtschaftsförderung und Lobbying in der Gentechnik in Deutschland. Online verfügbar SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen, 2009. ISBN 978-3-86747-036-0
- Monsanto auf Deutsch. Seilschaften der Agrogentechnik zwischen Firmen, Behörden, Lobbyverbänden und Forschung – von Aachen bis Rostock. SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2010. ISBN 978-3-86747-043-8
- Biotopschutz für die Praxis. Wiley-VCH, Weinheim 2011. ISBN 978-3-527-32688-4
- Technik für ein gutes Leben oder für den Profit? Online verfügbar. SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2011. ISBN 978-3-86747-049-0
- Herrschaftsfrei wirtschaften. Online verfügbar. SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2. Auflage 2011. ISBN 978-3-86747-011-7
- Den Kopf entlasten? Online verfügbar. SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2011. ISBN 978-3-86747-028-5
- Im Namen des Flummiballs (zusammen mit Hanna Poddig). SeitenHieb-Verlag, Reiskirchen 2011. ISBN 978-3-86747-050-6
- Heftreihe zu sogenannten kreativen Widerstandsmethoden (Antirepression, subversive Kommunikation, Kreativ demonstrieren, Widerstand im Alltag usw.)
Weblinks
- http://www.projektwerkstatt.de
- Bergstedt in der deutschen Nationalbibliothek
- Die fiesen Tricks von Polizei und Justiz
kritisches
- Vegan - ökologisch - politisch (Text auf den sich der folgende Link bezieht)
Kategorie:AnarchistInnen (21. Jh.) Kategorie:AnarchopedianerInnen Kategorie:Grüner Anarchismus