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Georg von Rauch-Haus

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Das Georg-von-Rauch-Haus ist das besetzte ehemalige Schwesternwohnheim des Bethanien (Berlin) an der Nord-West-Seite des Mariannenplatzes in Berlin-Kreuzberg. Es stand seit 1970 leer. Das Haus wurde von den Besetzern nach Georg von Rauch benannt, der am 4. Dezember 1971 bei einer "Terroristenfahndung" erschossen worden. In der Folgezeit wurde das Rauchhaus als „selbstverwaltetes Wohnkollektiv“ genutzt.

Die Besetzung

Nach einem Teach-in am 8. Dezember 1971 in der Technischen Universität zum Tode Georg von Rauchs brachen dessen Teilnehmer größtenteils in PKW zur Besetzung des Bethanien auf, zu welcher auch in Flugblättern aufgerufen wurde. Um 21:30 Uhr wurde die Polizei alarmiert, worauf diese sofort ein Großaufgebot zusammenzog, um die Versammlung von etwa 300 größtenteils jugendlichen Personen am nebenliegenden Mariannenplatz durch Schlagstock- und Tränengaseinsatz aufzulösen. Dies gelang nicht auf Anhieb, und so ging der Berliner Senat zu Verhandlungen mit den Besetzern über, welche zu dem Ergebnis führten, dass ihnen das Gelände und das Gebäude zur Verfügung gestellt wurde.

Erste große Razzia

Doch etwa vier Monate später – am 19. April 1972 um 4:15 Uhr – wurde eine Großrazzia im Georg-von-Rauch-Haus mit 800 schwerbewaffneten Polizisten durchgeführt, bei der die Polizei mit dort sichergestellten leeren Weinflaschen, Batterien und einem Wecker, einem kaputten Wasserrohr und Hobbywerkzeug beweisen wollte, dass dort Sprengstoffanschläge geplant würden. Aufgrund dieser konstruierten Beweise wurde das Georg-von-Rauch-Haus schließlich geräumt, was auch Rio Reiser mit der Band Ton Steine Scherben im Rauch-Haus-Song besang.

Die Bewohner

  • bestanden größtenteils aus Arbeitern, Heimzöglingen, Lehrlingen, Schülern und Trebegängern
  • waren meist ca. 40 bis 50 Leute und von 11 bis 35 Jahre alt
  • stammten meist aus Arbeiterfamilien und hatten keine guten Chancen auf Bildung und Arbeit
  • verstanden sich als „links von der SPD“, hatten aber gegenüber DDR-Kommunismus und Anarchismus eine kritische Einstellung

Ziele der Besetzer

  • sich zusammen und gleichberechtigt um einander zu kümmern und leben
  • gleiches Stimmrecht (z. B. auf dem wöchentlichen Plenum)
  • Entwicklung von Verantwortungsgefühl
  • nicht auf die Kosten anderer (z. B. Mitbewohnern) oder in Abhängigkeit anderer (z. B. Senat) leben
  • gesellschaftskritische politische Meinung an andere (z. B. am Arbeitsplatz) weitergeben
  • für eigene Interessen kämpfen (z. B. durch Demos, Flugblattverteilung, Straßentheater u. a.)

Aus einem Fenster des Georg-von-Rauch-Haus hing über 3 Etagen folgendes Transparent, in diesem Satzbau:

ALS WIR BILLIGE
WOHNUNGEN SUCHTEN
liessen sie ganze
Häuser leerstehen
ALS WIR GEMEINSAM
IM KIEZ LEBEN WOLLTEN
rissen sie ganze Blöcke
nieder, bauten sie
Betonkösten dorthin,
verlangten sie
Wuchermieten
ALS WIR DAGEGEN
DEMONSTRIERTEN
ignorierten sie uns
ALS WIR
HÄUSER BESETZTEN
sagten sie, wir
seien Kriminelle
ALS WIR DAMALS
VERHANDELN WOLLTEN
drohten sie
mit Räumung
ALS WIR PROTESTIERTEN
schlugen sie uns ihre
Knüppel auf den Kopf,
sagten sie, wir
seien Terroristen
ALS WIR UNS WEHRTEN
räumten sie
denn von uns geht die
Gewalt aus, sagen sie
warfen sie Tränengas
denn von uns geht die
Gewalt aus, sagen sie
steckten sie uns
in den Knast
denn von uns geht die
Gewals aus, sagen sie
WIR GLAUBEN
IHNEN NICHTS
WIR WERDEN
DANACH HANDELN

Neubesetzung 2005

Hauptartikel: New Yorck 59

Am Nachmittag des 12. Juni 2005 wurde der leerstehende Teil des Bethanienhauses, welcher zuvor als Sozialamt gedient hatte, von ehemaligen Bewohnern und Sympathisanten des Wohnprojektes Yorck 59 besetzt. Knapp eine Woche zuvor wurde das Hausprojekt von der Polizei geräumt. Normalerweise werden in Berlin besetzte Häuser schon vor der Anzeige des Hauseigentümers geräumt, so dass Besetzungen meist nur wenige Stunden bestehen können. Doch die Besetzer des Bethanienhauses wählten einen strategisch guten Tag: auf dem angrenzenden Mariannenplatz gab es zeitgleich ein Straßenfest. Auf Grund der zu erwartenden Solidarisierung durch die Besucher des Festes und der Erfahrungen vom 1. Mai 1987, als bei der Auflösung eines Straßenfestes unerwartet heftige Gegenwehr auftrat, beschloss die Polizei, die Räumung auf den folgenden Mittwoch zu verschieben, ließ den Termin jedoch verstreichen. Der Bezirk will die Besetzer dulden unter den Bedingungen, dass die Besetzer die Schäden, die beim Einbruch entstanden sind, beseitigen und sich schnellstmöglich um ein Alternativobjekt bemühen. Die Unterzeichnung eines Duldungsvertrages scheiterte jedoch am 12. Juli, der Bezirk möchte das Bethanien bis Ende 2005 verkaufen.

Kategorie:Berlin