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Wertkritik/Aufklärung

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Die Wertkritik basiert auf der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule. Dort wurde auch die Aufklärung als Basis des bürgerlichen Wertesystems einem kritischen Licht unterzogen, was sich auch in der modernen Form jener Theorie eben der Wertkritik wiederfindet. Dabei baut der Begriff Wert zwar auf den Begriff von Marx auf, erweitert ihn aber im Sinne von Werte, d.h. er geht über den materialistischen Wertbegriff hinaus. In diesem Sinne wurde das folgende Essay samt der Rezensionen bei indymedia veröffentlicht.


Das Erbe der Aufklärung

von eamr - 15.06.2006 20:50

Natürlich war es schon gespenstisch, wie der deutsche Michel schlief, während in Frankreich für den Erhalt der Lebensgrundlagen der menschlichen Zivilisation gekämpft wurde. Nun stehen die Zeichen auf Sturm, das kommt davon, wenn Wind gesäät wird. Aber es sollte schon die Überlegung erlaubt sein, wofür man kämpft... Ist es nicht an der Zeit die Wertediskussion zu führen, wie von der Union penetrant gefordert? Fangen wir doch gleich mal bei der Arbeit an. Es scheint Sinn und Lebensinhalt des westlich sozialisierten Menschen zu sein, für die Arbeit zu leben. Die Arbeit hat einen Fetischcharakter erlangt, aber dieses geschah nicht erst gestern. I. Kant meinte doch, die Aufklärung wäre die Befreiung des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit. Seltsam, Seltsam!! Dann verwundert es natürlich, warum die Menschen heute immer noch nicht mündig geworden scheinen.

Mich deucht die Aufklärung war vielleicht doch etwas anderes, als das was uns die Geschichtsbücher vermitteln wollten. War sie gar der Übergang zu selbstdisziplinierten und selbstüberwachten Untertanen, um nicht den Begriff Arbeitstiere zu verwenden. Hat die Aufklärung bei näherer Betrachtung gar menschliche Mutanten hervor gebracht, die bedingungslos in die Maschinerie des Kapitals hinein gepresst werden konnten?

Mit der dritten industriellen Revolution wurde die Vollbeschäftigung ins Geschichtsmuseum verbannt. Es mutet wirklich seltsam an, daß man die Frage nicht stellt, warum die menschliche Identifikation so an diesen Götzen gebunden ist. Nun liegt dieses Wahnbild, dieser Götze der westlichen Zivilisation in Scherben. Es gibt keine Arbeit mehr für alle und es wird sie auch nicht mehr geben. Die aus dem System Gefallenden werden bei Seite geschoben und gehören in der Vorstellung des Kapitals auf menschliche Müllhalden. Sie können nicht verwertet werden und dann zählt der Humanismus der Aufklärung auch nicht mehr. Natürlich nicht! Der Humanismus war schließlich Mittel zum Zwecke der Selbstsuggestion einer "gelebten" Freiheit, der Freiheit zwischen Pest und Cholera wählen zu können.

Auch die bürgerliche Demokratie ist ein Resultat der Aufklärung, die bürgerliche Demokratie aus der vor gut 70 Jahre ein System hervor ging, das über 50 Millionen Menschen das Leben kostete. Die rechten Übergriffe, die no-go-areas haben natürlich nichts damit zu tun. Die Frage, in welcher Tradition diese stehen, wird systematisch unterbunden. Das Konkurrenzdenken, das die Aufklärung hervorgebracht hat, produziert kontinuierlich destruktive Ideologien, aber dies darf natürlich nicht öffentlich gesagt werden. Weil die Hinterfragung die Festen des Kapitals ins Wanken bringen würden und dies könnte ja den Freiheitsgedanken wecken. Nein dieser Gedanke ist in dieser Gesellschaft nicht wichtig, wichtig ist nur das funktionierende Subjekt, welches Profite für das grundgesetzlich gesicherte Eigentum produziert.

Es ist nicht die Globalisierung, die die Probleme verursacht, es sind die konservierten Werte: die Arbeit, das Kapital, die Untertankultur, es ist das Patriarchat, das von Hause aus ausgrenzt, es ist die Staatsgläubigkeit, die in Verbindung mit dem Nationalismus (der aus einer Reflexion der Wahrnehmungen resultiert) eine brisante Mischung ergibt, ja es sind eigentlich genau die Werte, die durch die Aufklärung zu Götzen erklärt wurden. Wir brauchen eine Wertediskussion, da stimm ich überein, denn in deren Ergebnis werden wir erkennen, daß kein Weg an der Abschaffung von Kapital, Staat und Arbeit vorbei führt, soll der Untergang der menschlichen Zivilisation in Folge der täglichen Zerstörung ihrer Lebensgrundlage abgewendet werden.

Wofür ich in den kommenden Monaten kämpfen werde, dürfte nun offensichtlich sein...

---

Dieser Artikel ist an die Springerzensur gescheitert. Da indymedia ohnehin das bessere Portal ist, kann ich auf die Veröffentlichung bei spiegel-online auch verzichten.

Danke an Robert Kurz für die Denkanstöße.

eamr


ERGÆNZUNGEN

Aufklärung und Kolonialismus

tut nichts zur sache 15.06.2006 21:02

Vielleicht sollte man auch die Verbindung von Aufklärung und Kolonialismus erwähnen. Es war nämlich eben diese in deren Namen die Menschen in den Kolonien unterdrückt und ausgerottet wurden: Die "unzivilisierten" Wesen, die da so merkwürdig mit nackten Füßen durch die Gegend spazierten mussten ja schließlich zivilisiert werden, zur "Moderne" gebracht werden. Was mit der religiösen Indoktrination anfing wurde mit der Aufklärung fortgeführt. Das heißt nicht, dass diese keinen emanzipativen Kern hat - den hat sie ganz sicher - doch wird und wurde sie immer wieder verwendet, um im Namen der Freiheit das Elend zu transportieren. Und dieses in der Regel im Sinne von wirtschaftlichem Interesse.

NDW

prada meinhof 15.06.2006 22:01

Mmmhhh...

Dein Artikel ist eng angelehnt an die kurzsche Wertkritik. Robert Kurz hat ja nach seinen Beiträgen zur sog. Antipolitik eine 'emanzipatorische Antimoderne' vorformuliert, welche die Aufklärung als spezifisch kapitalistisch entlarvt und zu negieren versucht (ebenso wie die Gegenaufklärung, welche sich in krisenideologisch-fundamentalistischen Antworten auf den "aufgeklärten" Westen zeigt).

Meinereiner hält es aber kritisch mit der Wertkritik; zumal die transzendieren Momente des Klassenkampfes nicht mehr gesehen werden und die Gesellschaft nur noch als "automatisches Subjekt" gesehen wird, welches den irrationalen Selbstzweck Kapital exekutiert. Mag zwar alles ganz stimmig sein, ist aber keine Analyse der Gesellschaft hinsichtlich ihrer Veränderung. Da halte ich es dann lieber mit Hans-Jürgen Krahl :)


Wertkritik

. 15.06.2006 23:04

Dann nenn mir doch mal die transzendentalen Momente des Klassenkampfes ?! Den "Standpunkt der Arbeiterklasse" kannst du eintüten, und der Klassenkampf bereits an sich ist eine Farce, weil die Kapitalisten genauso nur Charaktermasken der Verwertungsinteressen sind wie Arbeiter auch.

Die Gesellschaft als automatisches Subjekt zu charakterisieren ist daher vollkommen gerechtfertigt, und das tut im Ãœbrigen nicht nur Kurz, sondern auch Marx selbst.

Ist halt dieser fiese Fetisch. Und dass Kurz keine Rezepte zur Ãœberwindung desselben vorlegt, kann ihm kaum zum Vorwurf gemacht werden.

Da kann ich nur die Sphäre der Anti-Macht nach Holloway (Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen) empfehlen.

weiter

prada meinhof 16.06.2006 00:03

"Der Vorwurf der Immanenz der Klassenkämpfe ist zwar formal erst einmal richtig, jedoch einem zu statischen Begriff geschuldet; zahlreiche historische Beispiele zeigen das. Nur auf die gesellschaftliche Verantwortung der Produzenten zu pochen, ist auf eine bestimmte Weise nämlich genau das, was Staat, Kapital und Bewusstseinsindustrie am liebsten tun, wenn Krisen- und Kampfsituationen anstehen. Die ewige Schwadroniererei von der Interessengemeinschaft, vom Boot, in dem wir alle sitzen, aber eben auf der Grundlage der besten aller Welten von Herrschaft und Ausbeutung, ist vielleicht das zur Zeit beliebteste Motiv. Gesellschaftliche Verantwortung heißt dann für das große Ganze weiterproduzieren ohne zu murren. Gerade weil in der Selbstverortung der Produzenten als gesellschaftliche, wie in den Klassenkämpfen immanente, wie transzendierende Elemente stecken, bedarf es der revolutionären Ausrichtung der Kämpfe und Organisationsformen, denn die Arbeiterklasse ist revolutionär, oder sie bleibt Arbeiterklasse."

=> http://mitglied.lycos.de/fdkg2003/


@Aufklärung

Aufklärer 16.06.2006 01:30

mal nen ganz andere Denkanstoß.

1.) Im Verhältnis zu Mittelalterlichen Bauern strotzt die Moderne Warenmonade gerdezu vor Autonomie

2.) Das lustige an Geschichte und Geschichtsbetrachtung ist wohl das alles was passiert ist in einer Logischen Kette zum jetzt zu Verfolgen ist. Damit wirkt sie quasie Automatisch(aus A wird B aus B wird C aus C wird ...). Was ja auch nur logisch ist denn sonst währen heute ein anderes. Ganz so Linea ist es dann wohl doch nicht denn im jetzt läßt sich nur allzu schwer das morgen erkennen, da es eben viele Möglichkeiten da hin gibt.

3.) Die ganze Wertkritik selber kommt Geistesgeschichtlich aus dem Klassenkampf, und wenn sie irgendwie einen emanzipatorischen Charakter hat, so hatte der Klassenkampf den selben. Das wenn es um Arbeiterbewegung geht nicht alles Gold ist was glänzt, verwundert mich nun wirklich nicht, den die ist eben Immanent.

4.) Das sowieso alles immanent ist bedarf auch keiner großen Geistigen Anstrengung, den sonst würde die bürgerlich kapitalisitsche Gesellschaft auch schon auf dem Friedhof der Geschichte. Das heißt aber nicht das immanentes nicht tranzendental seien kann. Genau das hat Marx im Proletariat gesehen und benannt. Das heute, über 150 Jahre später das ganze anders aussieht wunder mich nun auch nicht. Die Möglichkeit der tranzendenz haben Aufklärer_innen und kritische Theoretiker_innen meist in der immanenz gesucht und benannt.

5.) Das Erbe der Aufklärung ist eben das wissen um die Möglichkeit der Tranzendens, und jetzt kommt die crux, nicht aber das Wissen um welche Möglichkeit, da diese sich natürlich mit dem Teilweise verwirklichen des Projektes der Aufklärung manifestierten, zur Realität wurden und zum heute führten. Selbiges gilt auch für den Klassenkampf.

6.) Das Problem, welches heute dem ganzen zum Verhängnis wird ist eben das der Verein Freier Menschen immer noch zu verwirklichen ist, wir aber so tun als währe das schon passiert und gescheitert.

e-Mail:: ventose@gmx.net

Zur sog. "Wertkritik"

Problembär Bruno 16.06.2006 16:10

Aus Platzgründen kann die sog. "Wertkritik" oder wertkritische Lesart der Marxschen Theorie an dieser Stelle natürlich nicht kritisiert werden. Einige Anmerkungen sind vielleicht hilfreich, da mir scheint, dass die "FreundInnen" der Wertkritik selten das (ganze) "Kapital" gelesen haben und überhaupt nicht wissen, das Kurz und Marx hier Gegenteiliges behaupten.

1. Nirgends findet sich bei Marx die Behauptung, dass Klassenkämpfe nur immanent sein können. Über die "schlafende" Arbeiterklasse schreibt Marx: "Die Arbeiterklasse ist revolutionär oder sie ist nichts."(MEW 31, S. 446) Der Klassenkampf hat auch für den alten Marx eine entscheidende Bedeutung. Nach Abschluss der ersten Auflage des ersten Bandes des "Kapital" schrieb er, den Inhalt der drei Bände des "Kapitals" zusammenfassend: "Endlich .... der Klassenkampf als Schluß, worin sich die Bewegung und Auflösung der ganzen Scheiße auflöst."(MEW 32, S. 75) Das Problem hat weniger mit Marx' Klassentheorie, als mit der Interpretation derselben durch die Marxisten zu tun. Absolut irre, was der linke Durchschnittsverstand alles glaubt, was die Lohnarbeiterklasse ist. Lektüretipp: Michael Mauke: Die Klassentheorie von Marx und Engels. Frankfurt, 1970. (ist nur noch antiquarisch zu besorgen)

2. Unsinnig ist die "Wertkritische" Interpretation der Bezeichnung der Bewegung des Wertes als Kapital, als "automatisches Subjekt"(MEW 23, S. 169). Sie kann nicht verstanden werden, wenn nicht verstanden wurde, wie Marx die kapitalistische Produktionsweise im "Kapital" darstellt. Marx spricht vom "automatischen Subjekt" im 4. Kapitel(!) des ersten Bandes. Die Frage, wie der Mehrwert zustande kommt, ist an dieser Stelle noch überhaupt nicht gelöst. Daher das große Rätsel auf dieser Darstellungsstufe. Die "okkulte Qualität" des Wertes, "Wert zu setzen, weil er Wert ist"(ebd.) erklärt sich erst, wenn auf dem Warenmarkt die Quelle von Wert selbst verkauft wird, was die Existenz des "doppelt freien Arbeiters", frei von Produktionsmitteln und frei von persönlichen Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnissen, zur Voraussetzung hat. Konsequenterweise führt MArx im übernächsten Abschnitt des 4. KApitels den Verkäufer von Arbeiterkraft in die Darstellung ein. Die kapitalistische Produktionsweise beruht auf der Lohnarbeit, also auf Klassenverhältnissen. Erst wenn die Arbeitskraft eine Ware ist, nimmt das Arbeitsprodukt allgemein Warenform an und dominiert das Wertgesetzt als den PRoduktionsagenten gegenüber fremde und verdinglichte Macht, die Bewegung der Gesellschaft. Der Wert als Kapital erscheint(!) notwendig als "automatisches Subjekt". Das Geheimnis seiner "okkulten Qualität" ist das zu lösende Rätsel. Vor und nach der Lösung des Rätsels bleibt die unmittelbare Erscheinung als "automatisches Subjekt" bestehen. Die Wirkungen der kapitalistischen Form der gesellschaftlichen Arbeit werden den Arbeitsprodukten zugeschrieben. Das Verhältnis der Produktionsagenten (Kapitalisten und Lohnarbeiter) erscheint(!) in dinglicher Gestalt, als Eigenschaft der Arbeitsprodukte bzw. der Waren. Solange "kapitalistisch" produziert wird, werden also die "Sachzwänge" Kapitalisten und Arbeiter beherrschen. Die einen leben damit besser, die anderen schlechter. Fällt die kapitalistische Produktionsweise weg, fallen diese "Sachzwänge" weg. Die "Sachzwänge" sind allerdings keine rein subjektive Täuschung, hinter der sich Betrug und Interesse der ausbeutenden Klassen verstecken. Die falsche Vorstellung entsteht vielmehr spontan aus den realen Verhältnissen. (Vgl. MEW 26.3, S. 290f) Das "automatische Subjekt" ist eine entwickeltere Form des Fetischcharakters der Ware. Wer den Schein als etwas Wirkliches auffasst, erliegt dem Waren- bzw. Kapitalfetisch (Vgl. ebd., S. 127)

Kommentar von "Nante"

Ein Freund von mir hat gemeint daß, wenn er das Wort "Wertkritik" hört sich danach fühlt einfach in die Dummheit reinzuschlagen. Ich verstehe ihn, auch wenn ich das natürlich nie tun würde :-)

siehe auch

Weblinks


Kategorie:Wertkritik