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Difference between revisions of "Anarcho-Demokratie"

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Insofern zeigt sich der Begriff der "Demokratie" als nur bedingt geeignet für Entscheidungsfindungen in egalitären Gemeinschaften.
 
Insofern zeigt sich der Begriff der "Demokratie" als nur bedingt geeignet für Entscheidungsfindungen in egalitären Gemeinschaften.
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==Literatur==
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*Ralf Burnicki: "Anarchie als Direktdemokratie", [[Syndikat A]], Moers 1998.
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*Takis Fotopoulos: "Umfassende Demokratie. Die Antwort auf die Krise der Wachstums- und Marktwirtschaft", [[Trotzdem Verlag]], Grafenau 2003. [http://www.inclusivedemocracy.org/fotopoulos/germ/germtid.htm]
  
 
==siehe auch==
 
==siehe auch==

Revision as of 02:37, 24 September 2007

  1. REDIRECT Vorlage:Seite überarbeiten

Der Artikel ist nicht anarchistisch sondern maximal demokratiekritisch, was schon durch die Perversion in der Bezeichnung des Lemmas eingeleitet wird.

Zur Entscheidungsfindung in egalitären Gemeinschaften

Hier werden Entscheidungsfindungsmodelle untersucht, die für eine herrschaftsfreie Gesellschaft in Frage kommen

Nachteile des Parlamentarismus

Im Parlamentarismus (gemeinhin auch "parlamentarische Demokratie" genannt) wird die politische Entscheidungsgewalt für eine gewisse Zeit an eine kleine Personengruppe, das Parlament zusammen mit der Regierung, delegiert. Einflußnahme auf die eigentlichen politischen Entscheidungen findet (in der Reinform) nur durch regelmäßig abgehaltene Wahlen statt. Daher wird der Parlamentarismus nicht von allen politischen Theorien als Demokratie anerkannt, sondern als Wahl-Oligarchie betrachtet. Zwischen den Wahlen sind die politischen Entscheidungsträger vom direkten Einfluß ihrer Basis weitgehend abgekoppelt, während auch die Basis nicht die Motivationen und Folgen der politischen Entscheidungen vollständig überblicken kann.

Die Wahlen selbst können nur aufgrund einer verzerrten Darstellung der politischen Arbeit der verschiedenen Kräfte getroffen werden: Die Regierungsmehrheit ist die einzige wirklich entscheidende Kraft innerhalb des Parlaments, während die Opposition mit schönen Programmen locken kann, ohne wirklich Konsequenzen tragen zu müssen.

Dadurch ist das parlamentarische System anfällig für Verzerrungen aller Art, etwa verschiedene Formen der verdeckten und offenen, bisweilen offen legalisierten Korruption, man denke etwa an die Aufsichtsrats-Posten verschiedener Politiker oder gutbezahlte Berater-Verträge ohne offensichtliche Verpflichtungen mit großen Firmen.

basisdemokratische Entscheidungsmethoden

Hauptargument für die Direkte Demokratie ist die unverzerrte Beteiligung aller Betroffenen am Entscheidungsprozeß: Eine Entscheidung, die alle betrifft, sollte auch alle mit einbeziehen.

Hauptargument gegen die direkte Demokratie ist ihre Anfälligkeit für Demagogie. Im folgenden ist zu untersuchen, inwiefern das für die jeweiligen Systeme zutreffend ist.

Leichter zu entkräften sind Argumente der Form "Das gemeine Volk ist zu dumm, um brauchbare Politik zu machen!" -- warum soll es dann klug genug sein, brauchbare Politiker zu wählen? Oder: "Wir brauchen professionalisierte Politiker, da sich nicht jeder Mensch um alles kümmern kann!" -- Aber auch nicht um alle korrupten Marotten der Entscheidungselite! Professionalisierte Beratung gerne, aber ich lasse nicht gerne über meinen Kopf hinwegentscheiden. Schließlich schneidet auch nicht ein von der Mehrheit gewählter Friseur meine Haare.


Direkte Demokratie im Kleinen

Direkte Demokratie im Kleinen ist vielfach erprobt und vielfach bewährt. Direktdemokratische Elemente waren bereits in antiken Gesellschaften wie Athen und Rom maßgebend für den politischen und wirtschaftlichen Erfolg der Gemeinschaften. In kleinen, überschaubaren Gesellschaften mit nur wenigen tausend entscheidungstragenden Mitgliedern ist eine solche Entscheidungsstruktur ohne weiteres möglich. Angenommen, auf 100 Personen kommt eine Initiative pro Jahr, so hätte selbst eine Gesellschaft mit 10 000 Mitgliedern nur 100 Entscheidungen pro Jahr, also etwa zwei pro Woche, zu treffen. Selbst größere Entscheidungsvolumen sind noch zu bewältigen.

Direkte Demokratie im Großen

In modernen, parlamentarischen Flächenstaaten sind bisweilen Elemente der Direktdemokratie verwirklicht. Angenommen, in einem Land mit ca. 80 Millionen Einwohnern kommt auf 100 Personen eine Initiative pro Jahr -- so wäre jährlich über sagenhafte 800 000 Initiativen zu entscheiden! Das wird für gewöhnlich dadurch verhindert, daß eine Initiative nur dann zum Entscheid zugelassen wird, wenn sie eine bestimmte Unterschriftenmenge zustandebekommt, z.B. 1% der Bevölkerung.

Da aufgrund des Wahlgeheimnisses eine einzelne Stimme nicht widerrufen werden kann, muß die Abstimmung in einem Durchgang erfolgen. Gleich ob dieser auf einen Tag oder eine Woche verteilt wird: Während des Durchgangs entscheiden nicht nur allgemeine Präferenzen die Abstimmung, sondern auch der Informationsstand und die Wahlmotivation, die von groß angelegten Werbekampagnen beeinflußt werden; um so mehr, je unverständlicher und komplizierter die Initiative formuliert ist.

Eine echte, tiefgreifende Diskussion über den Entwurf der Initiative ist der breiten Bevölkerung dagegen verwehrt; sobald der Entwurf von einer hinreichend großen Anhängerschaft unterstützt wird, geht er unverändert in die Abstimmung, alle übrigen Diskussionen bewegen sich dann nur um Annehmen oder Ablehnen.

Eine einfache Direkte Demokratie hat daher tatsächlich den Mangel, für Demagogie zugänglich zu sein; wer viel Geld hat, die Medien zur Kooperation in der eigenen Angelegenheit zu bewegen, hat gute Chancen, die Meinung für sich zu gewinnen.

Bürgerversammlungen

Bürgerversammlungen, wie sie insbesondere in Kanada praktiziert werden, sind Versammlungen von ausgelosten Wahlberechtigten, die zusammenkommen, um Initiativen und Entscheidungen zu beraten und zu treffen. Darin vereinigen sie Elemente der Direkten demokratie und des Parlamentarismus. Durch das Losverfahren ist die Zusammensetzung der Versammlung nahezu repräsentativ. Das Losverfahren verhindert außerdem, eine Entscheidung einer Wiederwahl wegen zu treffen.

Inwiefern hat die Bürgerversammlung dennoch die Nachteile einer Machtelite?

Angenommen, wir ersetzten Parlamente durch Bürgerversammlungen. Die Entscheidungen werden nun schlimmstenfalls zum Wohle der versammelten Ausgelosten getroffen. Ohne Bestechlichkeit ist das kein Problem, allerdings können auch die Ausgelosten durch Beraterverträge und Aufsichtsratsposten geködert werden, was ihnen einen Vorteil gegenüber der übrigen Bevölkerung gibt. Eine Gesamtbevölkerung kann dagegen schwerlich "bestochen" werden, ohne daß es ein Vorteil für alle ist.

Außerdem könnten sich Bürgerversammlungen durch Verfassungsänderungen in gewöhnliche Parlamente umwandeln.

Rätedemokratie

In der klassischen, marxistischen Rätedemokratie ist die Gesellschaft föderal strukturiert und auf jeder Ebene der Gesellschaft treffen Räte Entscheidungen. Die Räte sind an das imperative Mandat gebunden und jederzeit abberufbar. Im Rahmen ihres Mandats können sie Entscheidungen treffen, die allerdings von tieferliegenden Organisationsebenen widerrufen werden können. Tieferliegende Organisationsebenen ihrerseits können ihren Räten imperative Mandate erteilen, aufgrund derer sie Entscheidungen treffen.

Vorteil dieser Konstruktion ist, daß basisdemokratische Entscheidungsprozesse möglich sind, ohne daß die gesamte Gesellschaft durch einen Zustand von Dauerabstimmungen belastet wird. Entscheidungen werden im Rahmen des Basisauftrags getroffen und Basisaufträge nur so weit weitergereicht, als sie Akzeptanz finden.

Durch ihre Permanenz und ihre grundsätzliche Kompetenz, Entscheidungen zu treffen, sind die Räte dennoch in einer privilegierten Position, die zu Reibungsverlusten führen kann: Die Räte können niererere Ebenen und die Basis mit Initiativen beschäftigen und ermüden, so daß die Entscheidungen nicht ganz unverzerrt getroffen werden. Dadurch hat die Rätedemokratie eine leichte zentralistische Tendenz.

Dezentralisierung und Föderalisierung der Direkten Demokratie

Indem die "Räte" keine eigenständige Entscheidungsträgerfunktion mehr haben, sondern nur noch vorübergehende Entscheidungsvermittler sind, die für die Dauer eines Abstimmungsprozesses gewählt und jederzeit abberufbar sind, kehrt die Entscheidungsgewalt direkt zur Basis zurück.

In einer noch radikaleren Betrachtungsweise sind die Delegierten sogar nur Organisatoren der Kommunikation zwischen verschiedenen Basisgruppen, um die eigentlichen Entscheidungsprozesse zu koordinieren. Die Delegierten können sich in den eigentlichen Entscheidungsprozeß nur an ihrer jeweiligen Basis einbringen und sind somit den anderen Basismitgliedern gleichgeordnet.

Die Initiative zu einem Entscheidungsprozeß kann von jedem Basismitglied ausgehen. Nach Abstimmung an der Basis wird die Entscheidung so lange eine Organisationsebene weiter nach "oben" (d.h. zu den ihr zugehörenden Basisgruppen) weitergereicht, bis die Initiative abgelehnt wird oder auf der Bestimmungsebene (etwa "Land", "Bund") angenommen wird.

Angenommen also, auf 100 Personen käme eine Initiative pro Jahr. Wenn das die Größenordnung einer Basisgruppe ist, wird in der Basisgruppe also etwa eine eigene Initiative pro Jahr beraten, und vielleicht 100 von höheren Bestimmungsebenen, von denen ein nicht unerheblicher Teil abgelehnt wird, weil bereits mehrere ähnliche Entscheide positiv oder negativ ausgefallen sind. Somit kommen wir wieder auf 2 Initiativen pro Woche, die zu entscheiden wären.

Eine dezentral-föderale Basisdemokratie hat also besonders gute Merkmale, die Entscheidungsfindung zur Basis zurückzubringen und damit eine Anarcho-Demokratie zu sein.

Mehrheiten vs. Konsensfindung

Viel diskutiert ist, welche Form der Beschlußfassung am ehesten geeignet ist, eine herrschaftsfreie Gesellschaft aufzubauen. Gegen die Mehrheitsfindung wird überwiegend eingewandt, daß hier eine Diktatur der Mehrheit über die Minderheit etabliert wird. Daher wird von den Mehrheits-Befürwortern überwiegend die Position der Mehrheit mit Minderheitenschutz bezogen, nach der Minderheiten, die mit der Mehrheitsposition nicht übereinstimmen, grundsätzlich nicht verpflichtet sind, der Mehrheitsposition zu folgen.

Gegen das Konsensprinzip wird angeführt, daß auf diesem Weg viele Entscheidungen nicht möglich sind. Andererseits wird von den Befürwortern des Konsenses angeführt, daß in diesem Falle immer mindestens eine Person übergangen wird, oder ein Konsens in einem konkreten Fall vielleicht auch gar nicht nötig ist; der Widerstand dieser Person wäre dann zu untersuchen und eine einvernehmliche Lösung zu finden. Diese Position wird wiederum kritisiert, daß eventuell bestimmte Personen grundsätzliche, mit anderen Personen unvereinbare Interessen haben, etwa Privilegierung gegen Herrschaftsfreiheit.

Ist Anarcho-Demokratie überhaupt Demokratie?

Eine Mehrheitsentscheidung mit Minderheitenschutz ist nicht bindend für widersprechende Minderheiten. Ein Konsens ist nur so lange ein Konsens, wie er von allen getragen wird. Ist eine Mehrheits-Entscheidung und eine Konsens-Entscheidung dann überhaupt eine Entscheidung der Gruppe als solcher?

Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich beide Entscheidungsformen als nicht zwingend für das Verhalten der einzelnen Gesellschaftsmitglieder, die sich nach wie vor ihren eigenen Bestrebungen gemäß verhalten können. Insofern sind beide Formen des "Entscheidens" kein eigentlicher Entscheidungsprozeß, sondern eine Form der Entscheidungskommunikation, da es keine Gruppe, wie etwa eine Verwaltung, gibt, an die die Ausführung der Entscheidung weiter delegiert werden kann.

Insofern zeigt sich der Begriff der "Demokratie" als nur bedingt geeignet für Entscheidungsfindungen in egalitären Gemeinschaften.

Literatur

  • Ralf Burnicki: "Anarchie als Direktdemokratie", Syndikat A, Moers 1998.
  • Takis Fotopoulos: "Umfassende Demokratie. Die Antwort auf die Krise der Wachstums- und Marktwirtschaft", Trotzdem Verlag, Grafenau 2003. [1]

siehe auch


Kategorie:Antagonistische TheorieKategorie:Demokratie