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Max Stirner

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Max Stirner (Pseudonym für Johann Caspar Schmidt, * 25. Oktober 1806 in Bayreuth; gestorben 25. Juni 1856 in Berlin) war ein deutscher Philosoph.

Leben[edit]

Max Stirner stammte aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater fertigte einfache Musikinstrumente; er starb, als Stirner ein halbes Jahr alt war. Seine Mutter heiratete zwei Jahre später einen Apotheker und zog von Bayreuth nach Culm/Westpreussen. Stirner wuchs in Bayreuth bei seinen Pateneltern auf. Nach dem Abitur studierte er von 1826 bis 1828 in Berlin, unter anderem bei Hegel und Schleiermacher. Nach längerer Unterbrechung, während der er durch Deutschland reiste, studierte er 1832/33 zwei weitere Semester in Berlin, um die Voraussetzung zur Ausübung des Lehrberufs zu erfüllen. Er schloss sein Studium 1835 ab, bekam dann jedoch keine staatliche Anstellung und trat seine erste Stelle 1839 bei einer privaten Schule für höhere Töchter in Berlin an. Seit 1841 gehörte er dort dem losen Kreis der „Freien“ an, einem Debattierzirkel oppositioneller (liberaler und sozialistischer) Wissenschaftler und Publizisten, zu denen unter anderem Bruno Bauer, Edgar Bauer, Karl Friedrich Koeppen, Ludwig Buhl, Adolf Rutenberg und zeitweise Friedrich Engels gehörten. Zu dieser Zeit publizierte er einige Artikel unter dem Pseudonym „Max Stirner“.

Ab ca. 1842 arbeitete er an seinem Hauptwerk Der Einzige und sein Eigenthum, das im Oktober 1844 (vordatiert 1845) erschien. Das Werk erregte zunächst Aufsehen, wurde in verschiedenen deutschen Kleinstaaten verboten und wieder erlaubt, wurde jedoch nach 1848 für Jahrzehnte kaum noch erwähnt. Erst Friedrich Engels behauptete 1886 in Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, Bakunin habe viel aus Stirner geschöpft. Seither galt Stirner als Anarchist und wurde in verbreiteten Darstellungen des Anarchismus von Viktor Zenker, Paul Eltzbacher, Ettore Zoccoli und anderen als solcher aufgeführt. Tatsächlich berief sich nur John Henry Mackay für seinen "individualistischen Anarchismus" ausdrücklich auf Stirner, während die meisten sonstigen Anarchisten, auch Proudhon und Bakunin, Stirner ignorierten oder, wie Kropotkin, ablehnten.

Stirner war zwei Mal verheiratet. Seine erste Frau starb 1838 im Kindbett, auch das gemeinsame Kind konnte nicht gerettet werden. 1843 heiratete Stirner Marie Dähnhardt aus Gadebusch; die beiden Eheleute gestalteten die Heirat zu einer formvollendeten Satire auf das kirchliche Eheschließungszeremoniell. Stirner widmete sein Buch Der Einzige und sein Eigenthum, das ein Jahr danach erschien, seinem „Liebchen Marie Dähnhardt“, nicht seiner „Frau Marie Schmidt“. Das war vermutlich eine bitter-ironische Anmerkung zu Maries Wandlung, die nach der 1846 vollzogenen Scheidung zum Katholizismus konvertierte.

Max Stirner übersetzte 1847 Adam Smiths Wohlstand der Nationen ins Deutsche, schrieb noch einige Artikel und erstellte zuletzt eine Dokumentation Geschichte der Reaktion (1852). Er starb 1856 infolge einer Infektion, verursacht durch einen Insektenstich, und wurde auf dem II. Sophien-Friedhof in Berlin-Mitte bestattet. Sein Nachlass muss als verschollen gelten; nur sehr wenige Originaldokumente von und über Stirner sind erhalten geblieben. Auch gibt es keine zeitgenössischen Bildnisse. Der Schriftsteller und Stirner-Verehrer John Henry Mackay verfasste nach über fünfundzwanzigjährigen Recherchen eine Biographie Stirners (3 Auflagen 1897, 1910, 1914), zu der später kaum noch etwas hinzugefügt werden konnte.

Philosophie[edit]

Stirner wird in der Philosophie der hegelschen Linken bzw. den Junghegelianern zugeordnet, was aber nicht wirklich zutrifft. Denn mit Der Einzige und sein Eigenthum stellte er sich nicht nur gegen Hegel, sondern kritisierte vor allem die Junghegelianer Bruno Bauer und Ludwig Feuerbach. Karl Marx – damals noch Anhänger Feuerbachs – befand, dass keine profunde Kritik des „Einzigen“ geschrieben wurde und machte sich mit Sankt Max, als Hauptstück von Die Deutsche Ideologie, selbst daran. Er entschied sich jedoch bald dazu, dieses voluminöse Werk, das länger ist als der Einzige, nicht zu veröffentlichen, obwohl es die erste Formulierung des Historischen Materialismus enthält. Stirner konnte deshalb, anders als etwa auf Feuerbachs Kritik am Einzigen, keine Erwiderung schreiben.

Als erster Philosoph negierte Stirner alle Imperative, verwarf alle moralischen Forderungen, pochte auf die uneingeschränkte Selbstmächtigkeit des Einzelnen und legte alles in dessen Verantwortung und Zuständigkeit.

Bekannte Zitate aus seinem Buch (auf die er oft leichtfertig reduziert wird) sind: „Mir geht nichts über Mich!“ und „Ich hab’ mein’ Sach’ auf Nichts gestellt.“ (was wiederum ein Zitat Goethes ist) Einer der wohl bekanntesten philosophischen Sätze über die Freiheit des Individuums ist: „Frei bin ich von dem was ich los bin!“

Pädagogik[edit]

Die Erziehungs- und Pädagogikfrage ist für Stirner die wichtigste, da seiner Meinung nach alle sozialen Fragen letztlich auf der Erziehung ruhen. Das Ziel der Stirnerschen Erziehungstheorie ist der „persönliche“ oder „freie“, in Ermangelung guter Wörter auch „ganzen“, „wahren“, „vernünftigen“ und „prinzipiellen“ Menschen. Seinen Artikel Das unwahre Princip unserer Erziehung schrieb er, bevor er für Der Einzige und sein Eigenthum ein eigenes Vokabular erfand und von dort an den „Einzigen“ und den „Eigner“ als Ziel angibt.

Stirner ist der Meinung, Pädagogik sollte keinesfalls indoktrinierend sein, sondern sollte die Individualität des Erzogenen stärken: „nicht das Wissen soll angebildet werden, sondern die Person soll zur Entfaltung ihrer selbst kommen; nicht vom Zivilisieren darf die Pädagogik ferner ausgehen, sondern von der Ausbildung freier Personen, souveräner Charaktere“

Er geht weiterhin davon aus, dass man die Kinder bestärken sollte, ihren Stolz und den „Freimut“, die Individualität, fördern solle, da die Kinder den Erziehenden sonst Gewalt antun wollten, was diese – da sie ja selbst frei sind – sich aber nicht gefallen lassen bräuchten.

Wirkung und Kritik[edit]

Obwohl die meisten Darstellungen der Geschichte der Philosophie Stirner allenfalls am Rande erwähnen, hat er zahlreiche Denker beeinflusst – unter ihnen Karl Marx, Friedrich Engels, Rudolf Steiner und John Henry Mackay. Zahlreichen Indizien zufolge hat auch Friedrich Nietzsche den „Einzigen“ gelesen. Die Beeinflussung anderer Philosophen bestand meist aus anfänglicher Begeisterung und schließlich Ablehnung Stirners Philosophie. Es wurde versucht, ihre gewaltige Kraft mithilfe von Marx und Nietzsche zu bannen.

Die Zuordnung Stirners zum Anarchismus ist unter Anarchisten umstritten, da die meisten von ihnen seine Ideen nicht mit denen des Anarchismus für vereinbar halten und nur sehr wenige Stirner tatsächlich als einen ihrer Ahnen betrachten. So wird Stirner u. a. eine verkürzte Herrschaftskritik vorgeworfen, da das von ihm propagierte egoistische Weltbild nicht zwischen Freiheit und Beliebigkeit unterscheide und somit zur Rechtfertigung von Herrschaftsmechanismen heran gezogen werden könne. allerdings können fast alle ideologien zur rechtfertigung von herrschaft missbraucht werden, also kein Argument zur Ablehnung von irgendetwas, nur weil es missbraucht wurde. Stirners Hauptwerk Der Einzige und sein Eigenthum selbst, lässt sich jedoch mit keiner Herrschafts-Ideologie in Einklang bringen.

Eine Renaissance erfährt Stirner heute durch den Postanarchismus – einer Verbindung von Anarchismus und Poststrukturalismus – da Stirner einigen Poststrukturalisten als „Vordenker“ des Poststrukturalismus gilt.

Einen positiven Bezug zu Stirner im Anarchismus ist im allgemeinen in Italien häufiger, in den zwanziger unter den sich selbst als anti-organisatorisch/individualistisch verstehenden Anarchisten wie z.B Giuseppe Giancabilla, und auch bei modernen, sogenannt insurrektionalistischen Anarchisten wie z.B. Alfredo Bonnano (und rund um den Anarchismo Verlag) gibt es einen häufigen Bezug auf Stirner. In den USA gibt es vor allem durch Wolfi Landstreicher einen positiven Bezug. Auch im Frankreich des 18. Jahrhunderts bezogen sich viele Anarchisten auf Stirner, vor allem in den Kreisen der Propaganda der Tat und dem "Illegalismus".

Werke[edit]

  • Parerga, Kritiken, Repliken, Nürnberg: LSR-Verlag, ISBN 3-922058-32-9 enthält u.a. folgende Schriften:
    • 1842 Max Stirner/Gegenwort eines Mitgliedes der Berliner Gemeinde wider die Schrift der siebenundfünfzig Berliner Geistlichen: Die christliche Sonntagsfeier, ein Wort der Liebe an unsere Gemeinen
    • 1842 Max Stirner/Ueber B. Bauer’s Posaune des juengsten Gerichts
    • 1842 Max Stirner/Das unwahre Princip unserer Erziehung
    • 1842 Max Stirner/Kunst und Religion
    • 1843 Max Stirner/Einiges Vorläufige vom Liebesstaat
    • 1845 Max Stirner/Recensenten Stirners


Literatur[edit]

  • Bernd A. Laska: Ein dauerhafter Dissident. 150 Jahre Stirners „Einziger“. Eine kurze Wirkungsgeschichte. 1996, LSR-Verlag, ISBN: 3-922058-62-0.
  • Bernd A. Laska: Ein heimlicher Hit. 150 Jahre Stirners „Einziger“. Eine kurze Editionsgeschichte. 1994, LSR-Verlag, ISBN: 3-922058-61-2.
  • Gerhard Senft: Der Schatten des Einzigen. Die Geschichte des Stirner’schen Individual-Anarchismus. Monte Verita, ISBN: 3900434204.
  • Alfredo M Bonnano: Max Stirner und der Anarchismus. Edition Anares, ISBN: 390505261X.
  • Wolfgang Essbach: Gegenzüge. Der Materialismus des Selbst und seine Ausgrenzung aus dem Marxismus – eine Studie über die Kontroverse zwischen Max Stirner und Karl Marx, Materialis, 1982, ISBN: 3-88535-068-8.
  • Jürgen Mümken: Der „Einzige“ und die Sexualität des „geschlechtslosen Ich‘s“. Edition bandera negra, Heft 7.

Weblinks[edit]

Kategorie:Libertäre IndividualistInnen Kategorie:Individualismus