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Freiraum

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Der Freiraum ist die Freiheit, die Personen oder Gruppen zur Entwicklung, Definition und Entfaltung ihrer Identität und Kreativität benötigen. Räumliche, zeitliche, finanzielle und gesellschaftliche Zwänge wirken entgegen.

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Stuttgart, d. 20.5.2006

Als Freiräume werden selbstorganisierte und -verwaltete Projekte bezeichnet.

Bewegung für Freiraum[edit]

Der Prozess der Gentrifizierung ruft in der Gesellschaft zum Teil Widerspruch hervor. Kritik richtet sich vor allem gegen die durch Aufwertung eines Stadtteils verteuerten Mieten und die dadurch ausgelöste Verdrängung der einkommensschwachen Schichten. Aktiver Widerstand gegen diesen Prozess wird seit einigen Jahren von der sozialen Bewegung für Freiräume getragen, deren Aktivisten vor allem seit Mitte des neuen Jahrtausends verstärkt Häuser besetzen. Zwar nicht vom Ausmaß, aber doch von den inhaltlichen Vorstellungen weist die Freiraumbewegung gewisse historische Bezüge zu der Welle von Hausbesetzungen in den 1980er Jahren auf. Einen wichtigen Stellenwert im Diskurs über Freiräume nimmt das Konzept der Autonomie ein.

Theorie und Praxis[edit]

Zu Freiräumen werden zwar primär leerstehende Häuser in privatem oder staatlichem Eigentum umfunktioniert, die von Aktivisten zum Zweck der Wohnraumnutzung oder als „autonome Zentren“ besetzt werden. Aber auch andere Initiativen können in diesem Zusammenhang genannt werden, wie Kost-Nix-Läden, soziale und kulturelle Zentren, Wagenplätze und alternative Kneipen.

Als Freiraum wird ein meist urbaner Raum begriffen, der vor allem frei von Herrschaftsmechanismen, Diskriminierung und Ökonomisierung ist oder jedenfalls den Anspruch erhebt, sich davon zu emanzipieren. Viele Aktivisten für Freiräume verfolgen das Ziel, gesellschaftliche Ausgrenzung aufgrund von Geschlecht, Sexualität, sozialer Herkunft und Nationalität zu überwinden. Deshalb gehört der politische Einsatz gegen Rassismus, Sexismus und Homophobie zu den Kernthemen der Freiraumbewegung. Ferner sollen Freiräume auch ein lebendiger Platz für Menschen sein, die aufgrund ihrer Einkommenssituation sonst von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen wären. Daher wird versucht, in den Freiräumen auch eine Praxis zu etablieren, die sich der allgemeinen Tendenz zur Ökonomisierung widersetzt. Dies beginnt schon damit, dass Häuser wieder zum Wohnen genutzt werden, die sonst aus Spekulationsgründen leerstehen und verfallen würden. Aber so wird etwa auch bei Veranstaltungen und Konzerten wenig bis gar kein Eintritt verlangt und die Getränkepreise werden möglichst niedrig gehalten, damit Spass und Genuss allen offen stehen.

Freiräume werden außerdem als politischer und sozialer Ort verstanden und genutzt, wo sich verschiedene Initiativen – neben Organisationen mit explizit politischem Anspruch auch Mietervereinigungen, Stadtteilgruppen und vielfältige andere Initiativen – treffen und austauschen können. Auch das praktische Ausprobieren von alternativen – weil herrschaftsfreien und selbstbestimmten – Formen des Zusammenlebens hat große Bedeutung. Dabei spielt das theoretische Konzept der Autonomie eine Rolle. Weitere Anknüpfungspunkte in der Theorie, die sich zum Teil auch in politischen Kampagnen niederschlagen, sind das „Recht auf Stadt“, das erstmals 1968 von dem Philosophen und Raumtheoretiker Henri Lefebvre in seinem Werk „Die Revolution der Städte“ auf die Agenda gesetzt wurde [1] sowie der Queerfeminismus. Somit werfen Diskurs und Praxis der Freiraumbewegung deutlichen Widerspruch zum öffentlichen Diskurs auf: „Der Diskurs der offenen Stadt hat … eine radikale Neubewertung durchlebt. Der hegemoniale Diskurs der Stadt ist kapitalistisch und kommerziell ausgerichtet und versucht, die urbane Kultur und das urbane Leben auf eine wirtschaftliche ‚Standortfrage’ zu reduzieren. Heute treten Experten der Stadtplanung auf die Bühne der Aufmerksamkeit und sprechen von Mega-Events, Wellness-Oasen, Shopping Malls, urbaner Inszenierung, attraktiver Standortsicherung und Massentourismus, wenn sie über eine Stadt reden.“ [2]

Kritik an der Freiraumbewegung[edit]

Ivo Bozic weist in der Wochenzeitung Jungle World darauf hin, dass Anspruch und Wirklichkeit in den besetzten Häusern mitunter auseinanderklaffen und sich besonders auf der subjektiven Ebene in Brüchen in der Biographie ausdrücken können. So könne die »antiautoritäre Politik in der ersten Person« ohne große Brüche in die Karriere des Berufspolitikers oder Kleinunternehmers führen. Das Prinzip der Staatskritik mittels Gesetzesverstoßes durch in der Regel illegalisierte Hausbesetzungen sei zwar Stoff für eine interessante Debatte, gerade diese Frage werde aber von der Freiraumbewegung selten aufgegriffen, so Bozic weiter. Außerdem bedeute schon der Begriff Freiraum häufig eher eine „Freiheit von Raum“ und beinhalte das verbreitete Verständnis von Selbstbestimmung eine gewisse antiindividualistische Tendenz. Ivo Bozic kommt schliesslich zur Schlussfolgerung, dass Freiräume zwar Platz bieten für ansonsten an den Rand der Gesellschaft gedrängte Menschen und solche, die sich dem Status-quo bewusst verweigern, jedoch blieben Freiräume gleichzeitig selbst wieder einer gewissen Kultur und bestimmten Identitäten – wie Punks, Sprayer oder Veganer - verhaftet. Während besetzte Häuser nur sehr relativ „frei“ von staatlichen Eingriffen seien, weil ständig die Gefahr von Repression und Räumung über den Aktivisten schwebe, treffe auch die Freiheit von Ökonomisierung nicht ganz zu, meint Bozic. Die Rollen des Hauseigentümers und Hausmeisters würden durch die Aktivisten nicht abgeschafft, sondern sich angeeignet. Schliesslich seien nach Bozic die Aktivisten für Freiräume auch nicht davor gefeit, den Fallstricken einer verkürzten Kapitalismuskritik auf den Leim zu gehen und eine Nähe zu völkischen Befreiungsideologien aufzuweisen. [3]

Gruppen[edit]

Auch zwei (voneinander unabhängige) Gruppen bzw. Projekte tragen den Namen Freiraum:

Einzelnachweise[edit]

  1. Klaus Ronneberger: ’’Das Recht auf Stadt – die Geschichte einer Parole’’ . In: ’’ Jungle World ’’ , 30. Juni 2011. Abgerufen am 7. August 2011.
  2. Ramón Reichert: ’’Tote Städte, Gentrification & Konsum-Zombies - Die Ökonomisierung des Pratergrätzels für EM&Co’’ . In: ’’ Malmoe ’’ , 2. April 2008. Abgerufen am 7. August 2011.
  3. Ivo Bozic: ’’Der Traum ist Haus – Freiräume und Selbstbestimmung’’ . In: ’’ Jungle World ’’ , 10. April 2008. Abgerufen am 7. August 2011.

Weblinks[edit]

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