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APO-Calypse:Herrschaftsfreie Welt? (Seminar) Reader Autonomie

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Begriff: Autonomie[edit]

"Autonomie" wird auch mit "eigengesetzlich" oder "selbstbestimmt" übersetzt, im Allgemeinen ist damit häufig eine partielle selbständige Entscheidungsgewalt von Teilen eines Systems (z.B. Verwaltungsbereich eines Staates) gemeint. Im politischen Sinne meint "autonom" insbesondere die Unabhängigkeit vom Staat bzw. dessen Ablehnung und stattdessen eine möglichst weitgehend eigenständige Organisation. Die Selbstbezeichnung als "Autonome" ist damit auch eine politische Positionierung gegenüber der Gesellschaft.

Das Gegenstück zur Autonomie ist die Heteronomie ("Fremdgesetzlichkeit").




Wikipedia:

Als eine Autonomie (von (alt)griechisch αυτονομία, (αὐτονομία) autonomía = sich selbst Gesetze gebend, Eigengesetzlichkeit, selbstständig) bezeichnet man je nach Fachbereich oder Zusammenhang Selbstständigkeit, Unabhängigkeit, Selbstverwaltung oder Entscheidungsfreiheit, beispielsweise das Recht nationaler Minderheiten, einen Teil ihrer Angelegenheiten selber zu bestimmen.

„Autonomie bedeutet, daß nicht, wie bei Heteronomie, die Ordnung des Verbands durch Außenstehende gesetzt wird, sondern durch Verbandsgenossen kraft dieser ihrer Qualität (gleichviel wie sie im übrigen erfolgt).“[1]

Autonomie besteht in der Regel im Rahmen eines Systems. Besondere Bedeutung hat sie in der Privat- und Tarifautonomie.

Staaten oder Gebiete werden als autonom angesehen, wenn sie sich außenpolitisch von anderen Staaten vertreten lassen, nach innen aber selbständig sind. Dies sind oft Gebiete innerhalb von Staaten, in denen starke Minderheiten leben.

Autonomie als Protest:
Der Begriff „Autonomie“ zur Kennzeichnung einer politischen oder kulturellen Protesthaltung kam in den 70er Jahren zunächst in Italien auf. In den USA gab es jedoch schon in den 40er Jahren literarische Protestbewegungen gegen die politischen und moralischen Ansichten der Mittelschicht. Gemeint war, den herrschenden Werten und Regeln in Form einer „zweiten Gesellschaft“ entgegenzutreten, und diese gegen die Mehrheitsgesellschaft durchzusetzen. Konflikte mit dem staatlichen Gewaltmonopol, die sich aus diesem Konzept ergaben, führten zur Militarisierung von Teilen der Protestbewegung, die in Deutschland seit den frühen 80er Jahren als „Autonome“ bekannt wurden.




Auszug aus "Autonomie und Kooperation":

Autonomie und Kooperation
Das Grundprinzip herrschaftsfreier Selbstorganisierung
Gibt es ein grundlegendes Bild, mit dem beschrieben werden kann, wie eine herrschaftsfreie Organisierung „von unten“ aussieht – und das im Kleinen (Wohngemeinschaft, politische Gruppe, Projekte, Betriebe) wie im Großen (Städte und Regionen bis zu globalen Zusammenhängen gilt? Vorsicht jedem Versuch einer einfachen Beschreibung gegenüber ist angebracht, denn entgegen steht die ungeheure Vielfältigkeit und Komplexität von Gesellschaft, die noch zunehmen wird, wenn Herrschaftsverhältnisse wie Obrigkeit, Institutionen und Normierungen wegfallen bzw. überwunden werden. Dennoch soll im folgenden der Versuch gemacht werden, ein grundlegendes Prinzip zu beschreiben, das wahrscheinlich nur eines von mehreren ist, dem aber grundlegende Bedeutung zukommt auf allen Ebenen: Autonomie und Kooperation. Dieses Begriffspaar stellt zusammen die Ausgangsbasis von herrschaftsfreier Selbstorganisierung dar. Die Menschen und ihre Zusammenschlüsse müssen einerseits autonom, d.h. selbstbestimmt, unabhängig und in Bezug auf den Zugang zu allen gesellschaftlichen Ressourcen (materielle Ausstattung, Wissen, Informationsaustausch, Mobilität usw.) gleichberechtigt sein. Andererseits ist Kooperation die Voraussetzung, über die eigenen Möglichkeiten hinauszukommen, sich Freiheiten zu schaffen und sich ständig weiterentzuwickeln. Das ist in der Isolation nicht vorstellbar. Als grundlegenden Prinzip von herrschaftsfreier Selbstorganisierung sind Autonomie und Kooperation aber nur zusammen vorstellbar. Ohne Kooperation würde Autonomie zur Isolation oder – als Kollektiv – Autarkie. Das sind keine emanzipatorischen Perspektiven, z.T. erwachsen daraus sogar rechte Ideologien, wenn Kollektive aus abgeschlossene Identitäten betrachtet werden (Volk, Nation, Region). Ebenso ist Kooperation herrschaftsfrei nur unter Wahrung der Autonomie denkbar. Denn sonst würden erneut Hierarchien geschaffen werden, die Autonomie in Frage stellen würden.

Autonomie – Handeln ohne Schranken
Die Autonomie eines Menschen oder eines frei vereinbarten Zusammenschlusses von Menschen bedeutet die möglichst schrankenfreie Nutzung aller Handlungsmöglichkeiten und –alternativen. Praktisch ist dieses nicht grenzenfrei möglich. Einerseits sind die Grenzen durch die allgemein zu einem Zeitpunkt gültigen Grenzen des Handelns gesetzt – was kein Mensch kann, geht nicht oder muss erst erfunden werden. Emanzipation bedeutet aber auch hier den Willen, diese Handlungsmöglichkeiten auszudehnen, z.B. dank neuer Erfindungen, Erkenntnisse und Experimente. Zum anderen ist nicht jede Möglichkeit jedem Menschen in jeder Situation zugänglich. Hier ist Emanzipation das Bestreben, diese Beschränkungen immer weiter abzubauen, damit – so das Ziel – alle Menschen gleichermaßen auf die gesellschaftlichen Möglichkeiten und den gesellschaftlichen Reichtum zugreifen können. Viele formale Beschränkungen wie Eigentumsrecht, Geldzwang bei der materiellen Reproduktion, Abschottung von Wissen, Maschinen usw. können schnell überwunden werden – in der heutigen Zeit steht das Profit- und Machtinteresse dagegen, aber kein an einem besseren menschlichen Leben orientiertes Interesse. Andere Beschränkungen wie z.B. die Verfügbarkeit von Ressourcen, Wissen oder Technik sind nicht vollständig aufhebbar. Gleiches gilt für die Grenzen, die die natürlichen Gegebenheiten auf der Erde vorgeben oder die angesichts des Ziels eines guten Lebens respektiert werden.

Sichtbar ist aber, dass die überwindbaren Grenzen alle von Menschen gesetzte Grenzen sind, d.h. wo mittels eines Aufwandes an Formalitäten, Kontrolle usw. der Zugang zu Wissen, Dingen und Möglichkeiten nicht für alle möglich ist. Autonomie ist für Menschen und Gruppen aber nur dann tatsächlich gegeben, wenn sie nicht nur selbstbestimmt handeln dürfen (also keine Sanktionierung bestimmter Verhaltensweisen), sondern auch können, d.h. auf die Ressourcen zugreifen können, die sie für ihr Leben und das Umsetzen ihrer Entscheidung brauchen. Emanzipation bedeutet, dieses Umsetzen auch zu ermöglichen, d.h. Ressourcen wie Wissen, Technik usw. nicht nur zu schaffen und zu beschaffen, sondern auch so zu organisieren, dass ein Zugriff für alle möglich ist – ohne Bedingungen!




Auszug aus einem Text zum Weltsozialforum 2005:

Autonomie beinhaltet als Voraussetzung die Loslösung von Abhängigkeiten. Autonomie als politischer Begriff hat im lateinamerikanischen Kontext eine andere Bedeutung als in Europa. In Europa wurde vor allem durch so genannte autonome Gruppierungen das Konzept in eine radikale, libertäre Ecke gerückt. Autonom sein gegenüber dem Staat und seinen Repressionsmechanismen ist das Ziel vieler Menschen, die in Europa in autonomen Zusammenhängen aktiv waren oder sind. Die Ketten, die einen gefangen halten werden dadurch sichtbar gemacht, dass man Bewegungen durchführt, die nicht systemkonform ausfallen und deswegen auf staatliche Repression stoßen. Ein bewusster und aktiver Kampf, der in Europa vor allem in den 80ger Jahren viele Anhänger/innen fand. Im lateinamerikanischen Kontext steht Autonomie häufig im Zusammenhang des Bestrebens indigener Gruppen nach Selbstbestimmung (vgl. HERNANDEZ 1999).

Eine andere Form von Autonomie findet sich in politischen Gruppen, die sich mit ihrem Autonomiebegriff nach Europa orientieren. Jede/r, die/der im AIJ-Prozess eigenständig aktiv ist und weder eindeutig für Parteiinteressen oder Interessen sozialer Bewegungen eintritt wird voreilig als autônomo abgestempelt und das durchaus mit negativem Unterton. „Autonomie ist eine schöne Sache für jede/n, die/der reiche Eltern hat“ heißt in Kreisen sozialer Bewegungen oder politischer Parteien. Die wenigsten Projekte oder Initiativen in Brasilien werden ohne die Unterstützung bzw. Abhängigkeit von Parteien, sozialen Bewegungen oder staatlichen Institutionen durchgeführt. Das zur Finanzierung beliebte „Soli-Party-Wir-machen-es-selbst-Konzept“ europäischer Prägung ist in Lateinamerika weniger verbreitet und auch schwerer umsetzbar. Dies gehörte stets zu den gravierendsten Differenzen wenn Europäer/innen, die in ihren Ländern politisch aktiv sind und sich am AIJ-Prozess beteiligen. Sie sind irritiert aufgrund der Nähe der Akteure zu Parteien und beklagen fehlende Autonomie.

Im AIJ-Prozess wiederum hat Autonomie noch eine weitere Bedeutung im Sinne eines Bestrebens größtmöglicher planerischer wie politischer Unabhängigkeit vom WSF. Diese Autonomie ist aber grundsätzlich eingeschränkt, weil volle finanzielle Abhängigkeit besteht. Inwiefern die Option eher weitere Annäherung oder stärkere Unabhängigkeit gegenüber dem WSF heißen soll, ist unter den AIJ-Aktiven ohnehin umstritten.


Fußnoten[edit]

  1. Max Weber in: Wirtschaft und Gesellschaft, Teil 1, Kap. 1, § 12



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