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APO-Calypse:Herrschaftsfreie Welt? (Seminar) Reader Anarchie
Begriff: Anarchie[edit]
Als "Anarchie" wird die Utopie einer herrschaftsfreien Gesellschaft bezeichnet. Vor allem von VerfechterInnen herrschaftsförmiger Organisierung wird das Wort auch abwertend benutzt, um Chaos, Unordnung oder Faustrecht damit zu verbinden. Dies ist jedoch weder im wissenschaftlichen Sinne zutreffend (statt Anarchie ist Anomie gemeint), noch entspricht diese Bezeichnung den idealistischen Vorstellungen. Eine herrschaftsfreie Gesellschaft zeichnet sich nicht nur durch die Abwesenheit einer Regierung und deren Gesetze aus, sondern darüber hinaus durch das Fehlen von Herrschaft. Faustrecht ist dagegen auch eine Form von Herrschaft - diejenigen, die mehr Machtmittel als andere haben, setzen sich durch. In einer herrschaftsfreien (anarchistischen) Gesellschaft soll es weder Herrschaftsinstitutionen noch Mechanismen geben, die die einseitige Ausübung von Macht auf Andere befördern. Statt dessen sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, innerhalb derer Menschen einander gleichberechtigt begegnen. Unterschiedliche Möglichkeiten (z.B. aufgrund von Erfahrung, Spezialisierungen, körperlichen Voraussetzungen) sollen so ausgeglichen werden, dass prinzipiell alle Menschen gleiche Handlungsmöglichkeiten erhalten.
Anarchie ist weder mit dem Begriff der Basisdemokratie gleichzusetzen (diese umfasst im Idealfall zwar die Entscheidungsfindung auf der Grundlage eines Konsens aller, aber macht es möglich, Durchsetzungsmechanismen einzuführen, um einmal getroffene Beschlüsse zu sichern; außerdem lassen sich auch Konsensentscheidungen strategisch beeinflussen, so dass dieses Modell nicht automatisch zu gleichberechtigten Verfahren führt), noch schlüssig mit Strafe, Repressionsorganen, Armeen, Psychatrien oder Erziehung vorstellbar. Jedes dieser Mittel bzw. Organe bedeutet Herrschaftsausübung und widerspräche dem Grundprinzip herrschaftsfreier Gesellschaft. - Trotzdem sind derzeit Denkmuster in "anarchistischen" Kreisen vorzufinden, die solche Ansätze partiell beinhalten und rechtfertigen.
Peter Kropotkin: Anarchismus. Aus der Encyclopaedia Britannica von 1910:
Anarchismus (von Griechisch an und archos, Gegenteil von Herrschaft), Bezeichnung eines Prinzips oder einer Theorie des Lebens und Verhaltens, dem zufolge die Gesellschaft ohne Regierung gedacht wird. Harmonie wird in solch einer Gesellschaft nicht durch Unterwerfung unter das Gesetz oder durch Gehorsam vor irgendeiner Autorität erreicht, sondern durch freie Vereinbarungen, die zwischen verschiedenen Gruppen getroffen werden. Diese Gruppen würden nach territorialen und beruflichen Unterteilungen frei eingesetzt, zum einen um Produktion und Verbrauch zu regeln, zum anderen um die Befriedigung der unendlichen Vielfalt von Bedürfnissen und Wünschen des zivilisierten Menschen zu sichern. In einer Gesellschaft, die nach diesen Prinzipien entwickelt wurde, würden die freiwilligen Vereinigungen (...) eine noch größere Ausdehnung annehmen, um so den Staat in allen seinen Funktionen zu ersetzen. Sie würden ein eng verknüpftes Netzwerk bilden, zusammengesetzt aus einer endlosen Vielzahl von Gruppen und Vereinigungen aller Größen und Grade (...).
Wikipedia:
Der Begriff Anarchie (griech. ἀναÏχία, "Herrschaftslosigkeit"; Kompositum aus α privativum und á¼€Ïχή, "Herrschaft") bezeichnet einen Zustand der Abwesenheit von Herrschaft.
Wenn der Begriff in größeren Zusammenhängen verwendet wird, bezeichnet Anarchie auch eine auf sozialen und philosophischen Ideen basierende Gesellschaftsordnung. Anarchie bedeutet, dass jeder Mensch sich ohne unterdrückende Autorität und in freier Assoziation mit anderen Menschen entfalten kann. Freiwillig angenommene Autoritäten, wie etwa Mentoren, Trainer oder Berater, sind mit der Idee einer herrschaftsfreien Ordnung kompatibel. Ebenso können Regeln in Form von Sozialen Normen existieren. Die Anarchie negiert indes jegliche Autorität, sei es mit oder ohne Gewaltenteilung: Es existieren weder eine Exekutive (ausführende), eine Judikative (richterliche) noch eine Legislative (gesetzgebende) Gewalt, somit also kein Staat. Vielmehr wollen die Anarchisten die Gesellschaft selbst regeln, etwa über Räte, freie Übereinkunft oder rein funktionale Entscheidungen.
Eine solche Organisationsstruktur ist per Definition hierarchie- und gewaltfrei und sollte nicht mit einer herkömmlichen Administration verwechselt werden. Eine anarchistische Gesellschaft im Sinne des Anarchismus ist eine Gesellschaft, in der jeder Mensch selbst beziehungsweise in Kooperation mit anderen für die eigenen Lebensumstände Verantwortung übernimmt. Es gibt keinerlei lenkende Zentralgewalt. Sanktionen gehen nicht von einer Führungsschicht aus, sondern sind nur möglich, wenn vorher vereinbarte Regeln verletzt wurden [1], mit den Worten von Pierre Joseph Proudhon: "Anarchie ist Ordnung ohne Herrschaft."
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird mit dem Begriff Anarchie ein durch die Abwesenheit von Staat und institutioneller Gewalt bedingter Zustand gesellschaftlicher Unordnung und Gesetzlosigkeit beschrieben. Die treffende Bezeichnung für diesen Zustand ist jedoch Anomie.
Bundeszentrale für politische Bildung auf ihrer Kinderseite "HanisauLand":
Das griechische Wort "anarchos" bedeutet übersetzt so viel wie "Herrschaftslosigkeit" oder "Gesetzlosigkeit". Eine Gesellschaft, in der Anarchie herrscht, ist eine Gesellschaft, in der niemand das Sagen hat. Hier gibt es keine staatliche Gewalt, keine gewählten Volksvertreter in einem Parlament, keine Monarchie oder irgendeine sonstige Herrschaftsform. Diejenigen, die eine Anarchie wollen (man nennt sie Anarchisten), treten für die totale Freiheit des Menschen ein. Es soll keine Regeln geben, keiner soll über den anderen herrschen und man soll nicht nach Gesetzen leben, die von anderen Menschen oder einer Regierung gemacht werden. Man kann sich aber vorstellen, dass in einer solchen Gesellschaft nur der Stärkste gewinnt und das Chaos herrscht.
Definition auf www.anarchismus.at:
Kurzdefinition: EinE AnarchistIn glaubt an eine freie Gesellschaft gleichberechtigter Menschen ohne Herrschaft. Er/sie tritt für die Beseitigung jeder Herrschaft ein und bekämpft deshalb Staat, Kirche, Polizei, Kapital, Herrschaftsideologie. Er/sie tritt immer und überall für die Interessen der unterdrückten Masse ein, gleichzeitig arbeitet er/sie an theoretischen Modellen und den praktischen Beispielen für eine zukünftige Gesellschaft: Eine Gesellschaft ohne Herrschaft und Autorität, ohne Ausbeutung und Entfremdung aufgebaut auf neuen Prinzipien wie Solidarität statt Egoismus, gegenseitiger Hilfe statt Konkurrenz und freier Vereinbarung statt Befehlsprinzip
Aus Schmidt, Manfred G. (1995): Wörterbuch zur Politik, Kröner Verlag in Stuttgart:
- Anarchie (von griech. anarchia = Herrschaftslosigkeit, Gesetzlosigkeit). Mehrdeutige und mehrwertige Bezeichnung für herrschafts- oder gesetzlose Ordnungen.
- Für Anhänger des -Anarchismus ist A. eine positivzustimmend bewertete Vorstellung einer herrschaftsfreien Ordnung eines Gemeinwesens, in der die Kooperation und die -Koordination der Tätigkeiten der Gesellschaftsmitglieder ohne Dazwischentreten staatlicher oder sonstiger gesetzlicher Zwangsordnung erfolgen.
- Im allgemeineren Sinne ist A. die Bezeichnung für den Zustand einer Ordnung, die durch das Fehlen autoritativer Institutionen oder Normen oberhalb der Ebene jeweils selbständiger Einheiten gekennzeichnet ist, wie z.B. die Auffassung von der anarchischen Struktur der internationalen Beziehungen in der sog. Realistischen Schule der Forschung zur Internationalen Politik.
- Im hiermit verwandten Sinne ist A. die kritisch-abwertende Bezeichnung für eine Gesellschaftsordnung, die durch gesetzloses (im Sinne von »gegen Gesetz oder Moral verstoßendes«) Tun und Lassen einzelner oder aller charakterisiert ist.
- Anarchismus, eine zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstandene politische Bewegung und Weltanschauung, deren Ziel die Herstellung einer herrschaftsfreien Gesellschaft im Sinne einer Gesellschaftsordnung ohne Ausbeutung, Staat, Militär und Justiz ist, in der die Gesellschaftsmitglieder frei, gleich und brüderlich nach jederzeit kündbarer Vereinbarung in überschaubaren basisdemokratischen Assoziationen zusammenleben. Man unterscheidet verschiedene Formen des A.:
- die extrem individualistisch-libertäre Variante mit dem Leitgedanken der Maximierung individueller Freiheit und Autonomie (z. B. Godwin, 1756-1836),
- den solidarischen A. mit der Leitidee gegenseitiger Hilfe (z. B. Proudhon, 1809-65),
- den kollektiv-sozietären A., der insb. für Assoziationen der Arbeitenden auf der Basis von Kollektiveigentum eintritt (z. B. Bakunin, 1814-76),
- den Anarcho-Kommunismus mit der Leitvorstellung, daß jedem nach seinen Bedürfnissen 711 geben sei (z. B. Fürst Kropotkin, 1842-1921), und 5) den insb. in Frankreich und Spanien verwurzelten
- Anarcho-Syndikalismus, Bezeichnung für eine Allianz von Anarchismus und Syndikalismus, eine vor allem in romanischem Ländern verbreitete Spielart des Anarchismus, die insb. die Abschaffung staatlicher und klassengebundener Herrschaft und die Übernahme der Produktionsmittel durch Arbeiter-Assoziationen, insb. Gewerkschaften, zum Ziel hat, hinsichtlich der Kampfmittel vor allein auf direkte Aktion mittels Streik, Boykott und Fabrikbesetzung setzt und die parteipolitisch geleitete Konfliktführung nach Art der klassischen Arbeiterbewegung und marxistisch-leninistischer Parteien strikt ablehnt.
Definition in Alexander Berkmann, ABC des Anarchismus (1929):
"Anarchismus heißt, daß Sie frei sein werden; daß niemand Sie versklaven, Sie herumkommandieren, Sie berauben oder mißbrauchen wird. Das bedeutet, daß Sie die Freiheit haben werden, das zu tun, was Sie wollen, und daß Sie nicht gezwungen werden, etwas gegen ihren Willen zu tun. Das bedeutet, daß Sie die Möglichkeit haben, ohne Einmischung anderer so zu leben, wie Sie es wünschen. Das bedeutet, daß Ihr Nachbar die gleiche Freiheit hat wie Sie, daß jeder dieselben Rechte und Freiheiten besitzen wird. Das bedeutet, daß alle Menschen Brüder sind und wie Brüder in Frieden und Harmonie lebe werden. Das heißt, daß daß es keine Kriege geben wird und keine Gewaltanwendung einer Gruppe gegen die andere, kein Monopol, keine Armut, keine Unterdrückung und kein Ausnutzen des Mitmenschen.
Kurz gesagt: Anarchismus heißt die Gesellschaftsform, in der alle Männer und Frauen frei sind und in der alle die Vorteile eines geregelten und sinnvollen Lebens genießen."
Auszug aus Fuchs, Christian (2001): „Soziale Selbstorganisation im informationsgesellschaftlichen Kapitalismus“, Selbstverlag (S. 209):
Dem Anarchismus geht es um die unmittelbare Entscheidungsfindung durch Betroffene unter Abwesenheit von Autorität, Herrschaft und Hierarchie. Die Abwesenheit solcher Strukturen, Verhältnisse und Prozesse kann als Annäherung an eine Symmetrisierung der Machtverhältnisse gesehen werden. Symmetrische Macht bedeutet, daß jedeR Betroffene dieselben Möglichkeiten und Ressourcen besitzt, entsprechende Entscheidungen im eigenen Sinn zu beeinflussen. Partizipatorische Basisdemokratie, alle Betroffenen entscheiden alles, das sie betrifft - so könnte ein Ideal des Anarchismus formuliert werden. Und dieses Ideal kommt der Vorstellung der Etablierung inklusiver sozialer Information durch Prozesse der sozialen Selbstorganisation sehr nahe.
Quellen[edit]
Anarchismus:Zitate:APO-Calypse
Kategorie:APO-Calypse:Herrschaftsfreie Welt (Seminar) Reader