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anarchistische kritik & utopie (Jena)
Gesellschaft neu denken[edit]
Angesichts einer Welt, in der wirtschaftliche Interessen immer tiefer in unseren Lebensalltag eingreifen, in der aber gleichzeitig absehbar ist, daß unser kapitalistisches Gesellschaftssystem durch die zunehmende Automatisierung (und damit durch den Wegfall von Arbeitsplätzen) an seine Grenzen gerät, in der Arm und Reich immer weiter auseinanderklaffen, in der aber auch immer deutlicher wird, daß die "demokratischen" Staaten nicht zu tiefgreifenden Veränderungen fähig sind (entweder, weil ihnen die Hände gebunden sind, oder aber, weil alles Gerede von "Demokratie" nur Lippenbekenntnisse sind), angesichts dieser unserer Welt muß es erlaubt sein, sich kritisch mit unserem Gesellschaftssystem auseinanderzusetzen und auch darüber hinauszudenken. Es muß erlaubt sein, zu überlegen, was in unserer Gesellschaft nicht funktioniert und warum das so ist. Und, ja, es muß erlaubt sein, Ideen für andere Gesellschaftssysteme zu sammeln, die möglicherweise in der Lage sind, das eine oder andere Problem unserer heutigen Gesellschaft zu lösen oder zumindest zu mildern. Und es muß erlaubt sein, diese Überlegungen in die öffentliche Diskussion zu tragen, denn nur durch die Öffentlichkeit selbst sind Veränderungen möglich.
Selbstverständnis[edit]
Hinter "Anarchistische Kritik & Utopie" stehen Menschen mit unterschiedlichsten Geschichten, Erfahrungen, Lebensauffassungen und Meinungen. Die Grundlagen, Ursachen und Ziele unseres gemeinsamen Agierens - unser Selbstverständnis - gilt es nun darzustellen.
Unserer Auffassung nach sind Freiheit und Gerechtigkeit das Fundament der Menschlichkeit und Anarchismus eine ihr gemäße Form. Unter Anarchismus oder libertärem Sozialismus verstehen wir das Ideal einer herrschaftsfreien Gesellschaft, eine Form menschlichen Zusammenlebens in der Hierarchien fortwährend hinterfragt und bekämpft werden, in der sich Menschen für ihre Interessen engagieren, statt elitäre StellvertreterInnen zu engagieren, die den Interessen der Macht oder des Kapitals dienen, nur nicht jenen, welche sie alle Jahre wieder legitimieren. Sich für die eigenen Interessen engagieren bedeutet selbstbestimmt zu leben, sich selbst zu organisieren, mit Menschen gleicher Interessen zu kooperieren, nicht in festen Institutionen, vielmehr dezentral, in freien Vereinbarungen und auf Basis gegenseitiger Hilfe. Wir stehen für eine Welt, in der Menschen nicht länger wegen ihrer Herkunft, Hautfarbe, Überzeugung, wegen ihres Geschlechts oder ihrer geschlechtlichen Orientierung oder gar aufgrund von Behinderungen diskriminiert und unterdrückt werden. Für eine Welt, in der nationalistischen und faschistischen Tendenzen, gleich dem rassistischen oder antisemitischen Wahn, der Nährboden entzogen wird. In der patriarchale, chauvinistische und sexistische Vorstellungen keinen Platz haben. Eine Welt in der Vielfalt nicht isoliert oder separiert, sondern vielmehr neben- und miteinander zu bestehen vermag. In der Menschen sich nicht hinter der Identität der Masse verstecken, sondern vielmehr als individuelle Persönlichkeiten mit eigenem kritischen Denken und Bewusstsein, die Welt zu hinterfragen vermögen. Wir sind der Überzeugung, dass Menschen fähig sind in freier Selbstbestimmung, in Solidarität und Verantwortung gegenüber den Mitmenschen und der Umwelt zu handeln, dass gerade dies ihre Menschlichkeit ausmacht. In diesem Sinne ist die Menschwerdung die größte Herausforderung des Menschen. Die gegenwärtige Unfähigkeit der Massen, in herrschaftsfreien gesellschaftlichen Zusammenhängen zu leben, oder sich eine solche Utopie zunächst einmal vorzustellen, gründet in der Sozialisation und Pädagogik, in den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen mit denen Menschen aufwachsen und leben. Diese spiegeln die Ideologie der Autorität, der Hierarchie und der Herrschaft wider und besorgen somit die ewige Wiederkehr des Gleichen, die Reproduktion der Herrschaft. Der Mensch wird wie selbstverständlich zum Objekt, zum bloßen Mittel, zu einem "Humankapital", dessen Existenz sich einzig im Zwecke der Profitmaximierung rechtfertige. Nach Feierabend warten dann vielerlei seichte Ersatzvergnügungen und gefilterte Nachrichten auf uns, die auf Ablenkung dressieren, darauf, ja keinen Gedanken daran zu verschwenden, dass wir auch Subjekte sind, deren Zweck uns selbst innewohnt.
Wir treten ein für eine bedarfsorientierte Solidarwirtschaft, mit nachhaltiger und umweltverträglicher Nutzung der natürlichen Ressourcen; für die Auflösung des Widerstreits zwischen Kultur und Natur; für die Auflösung des Widerspruchs zwischen Produzenten und Konsumenten; für die Aufhebung der Trennung von Arbeit und Leben als Konsequenz des Abgesangs der Lohnarbeit; für lebenslanges Lernen nach Interessen und Fähigkeiten. Die Verwirklichung dieser Utopie ist nur jenseits von Kapital und Staat denkbar. Jeder Regierung, die gegen die Interessen des Kapitals gerichtete Schritte unternimmt, droht die ökonomische Krise und Kapitalflucht. Was der Staat tut und tun kann ist von der Notwendigkeit begrenzt, das System kapitalistischer Organisation, dessen Teil er ist, aufrechtzuerhalten. Der Kapitalismus ist nicht reformierbar. Sozialstaatliche Krücken waren einzig die Erfolge einer Palliativmedizin, die sich darauf beschränkte, hier und da ein paar Schmerzen oder Beschwerden zu lindern - wogegen zunächst nichts einzuwenden ist, im Gegenteil - die aber die Bekämpfung der Ursache nie in Erwägung zog, oder längst aufgegeben hat. Es gilt nicht nach Morphium zu schreien, sondern das stetig nach Wachstum und Maximierung schreiende Geschwür zu bekämpfen.
Als "Anarchistische Kritik & Utopie" wollen wir einen öffentlichen Diskurs über libertäre oder anarchistische Formen der gesellschaftlichen Organisation. Wir wollen Menschen aufklären sich selbst aufzuklären, sie anregen, sich zu informieren, kritisch zu sein, sich bewusst zu politisieren, aber vor allem einen Blick über die Grenzen des Bestehenden hinauszuwagen. Dazu bedarf es zunächst der Analyse und Kritik des sozialen und ökonomischen Status quo, eines aktuellen Bezugs aber auch der Entschlüsselung der konstanten, inhärenten Mechanismen und Konsequenzen von Herrschaft in allen gesellschaftlichen Bereichen. Vor allem aber der Aufspürung von Formen der Unterdrückung, die wir gar nicht mehr bewusst wahrnehmen, weil sie so allgegenwärtig geworden sind. Auf dieser Grundlage lassen sich Utopien, das heißt Wirklichkeitsmodelle entwerfen. Wie kann eine herrschaftsfreie Gesellschaft aussehen? Welche Probleme könnten bei der Umsetzung entstehen? Viele Fragen stehen offen und bedürfen theoretischer Erwägungen: Wie könnte eine Solidarwirtschaft organisiert werden? Wie ist mit Kriminalität umzugehen? Dabei geht es uns nicht darum, alles ins kleinste Detail zu entwerfen, dies widerspräche unserem anarchistischen Verständnis und ist den Abenteuern der Praxis vorbehalten; vielmehr geht es darum, uns unsere eigenen Gedanken zu machen, kreativ zu werden, unterschiedlichste Wege zu entdecken, bereits vorhandene theoretische Ansätze zu analysieren und zu prüfen ob sie einer Kritik standhalten. Wir leben jedoch in einer Welt in der es nun einmal Herrschaft und Unterdrückung gibt und nicht in einer menschlicheren, utopischen Phantasie. In diesem Sinne fragen wir uns durchaus auch, wie wir als AnarchistInnen jetzt leben können und verstehen Anarchismus auch als ein ethisches Leben.
Wir streben nicht die Übernahme der politischen Herrschaft an, denn Befreiung als Macht-Politik, der Austausch einer Clique durch eine andere, ist gleichbedeutend mit dem Verzicht auf Befreiung. Der historische Begriff der Revolution befremdet uns, denn er entbehrt zumeist jedweden emanzipatorischen Charakter, da er Herrschaft nur umzuwandeln, nicht aber aufzulösen vermag und so - wie die Geschichte zeigt - nicht selten noch tiefer in der Barbarei sich verirrt. Revolution oder Subversion kann nach unserem Verständnis niemals ein einziges Ereignis sein, vielmehr ein unendlicher, permanenter Prozess der Analyse des Status quo und der Kritik als Mediator zu einer Utopie, die sich als Wirklichkeitsmodell bewähren muss. In diesem Prozess müssen Theorie und Praxis voneinander lernen und sich miteinander entwickeln. Den Weg kennen wir nicht, unser Nicht-Wissen, Wandern, Irren, Suchen, fragendes Voranschreiten, verstehen wir als Teil des revolutionären Prozesses in der unsere Ziele selbstkritisch in unserem Handeln vorweggenommen und zur Anwendung gebracht werden sollen. Unter diesem Verständnis betrachten wir Politik nicht als institutionalisierte Organisation, sondern als Ausdruck des Lebens eines jeden Menschen, geprägt durch Ereignisse die ein gesellschaftliches Handeln implizieren.
Wir erliegen nicht der Illusion, eine anarchistische Gesellschaft bedeute den paradiesischen Endzustand absoluter Glückseligkeit. Die Erkundungen des Möglichen, führen allenfalls zu einer Welt, die unvollkommen und relativ bliebe, die immerfort der Hinterfragung bedürfe, die jedoch zumindest lebens- und liebenswert wäre. Unsere Utopie stellt ein Ideal dar, das wir - so absolut - nicht erreichen können. Wir kämpfen dennoch für das Unmögliche, verlieren es nicht aus den Augen, um dem Ideal nahe zu kommen, um eine möglichst menschliche Gesellschaft zu erreichen. Alles kann nur auf dem Wege sein.
Weblinks[edit]
- http://www.free.de/aku/
- Versuch einer Kritik am Kapitalismus http://www.free.de/aku/texte/kkritik.php
Kategorie:Anarchistische Organisationen und Initiativen
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