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2008 Griechenland Riots/Erklärung der ArbeiterInnen-Versammlung in der besetzten GSEE-Gewerkschaftszentrale in Athen

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Am Mittwoch, den 17.12.2008, wurde in Athen das Zentralgebäude der Gewerkschaft GSEE von aufständischen ArbeiterInnen besetzt. Die BesetzerInnen riefen in Flugblättern alle ArbeiterInnen zu einer Vollversammlung im "befreiten" Gebäude für den Mittwochabend um 18 Uhr auf. Die mehr als 500 TeilnehmerInnen dieser Vollversammlung verabschiedeten eine Erklärung, die wir für eines der bislang wichtigsten Dokumente in den seit Tagen andauernden sozialen Auseinandersetzungen in Griechenland halten. Wir haben sie deshalb übersetzt und dokumentieren sie hier zusammen mit dem Aufruf zur Vollversammlung, der sich in verschiedenen Sprachen gerade auch an die migrantischen ArbeiterInnen in Griechenland richtet.

Update: Die Gewerkschaftsbonzen waren sauer über die Besetzung der Zentrale der GSEE durch rebellische ArbeiterInnen. Etwa 50 Bürokraten kamen am Mittag mit Bodyguards vorbei, um das Gebäude zurückzuerobern, verschwanden aber beim Anblick von AnarchistInnen aus der Wirtschaftsuniversität, die schnell herbei geeilt waren und Solidaritätsparolen riefen.

Entweder wir bestimmen unsere Geschichte selbst, oder andere werden sie ohne uns bestimmen

Wir hier geborenen oder zugewanderten ArbeiterInnen, Angestellte, Erwerbslose, ZeitarbeiterInnen sind keine passiven TV-GlotzerInnen. Seit dem Mord an Alexandros Grigoropoulos Samstag Nacht nehmen wir an den Demonstrationen teil, an den Zusammenstößen mit der Polizei, den Besetzungen der Innenstadt oder der Wohnviertel. Immer wieder haben wir unsere Arbeit und unsere täglichen Verpflichtungen sausen lassen um mit den SchülerInnen, StudentInnen und den anderen kämpfenden ProletarierInnen auf die Straße zu gehen. Wir haben entschieden, das Gebäude der GSEE zu besetzen

  • Um es in einen Ort des freien Meinungsaustausches und in einen Treffpunkt für ArbeiterInnen zu verwandeln
  • Um den von den Medien verbreiteten Irrglauben zu zerstören, dass die ArbeiterInnen nicht an den Zusammenstößen der letzten Tage beteiligt waren oder sind sondern dass diese Sache von 500 "Vermummten", "Hooligans" und anderen Ammenmärchen seien. Auf den Fernsehschirmen werden die ArbeiterInnen als Opfer der Unruhen dargestellt, während gleichzeitig die kapitalistische Krise in Griechenland und der restlichen Welt zu unzähligen Entlassungen führt, die von den Medien und ihren Managern als "natürliches Phänomen" behandelt werden.
  • Um die Rolle der Gewerkschaftsbürokratie bei der Untergrabung des Aufstandes – und nicht nur dort – aufzudecken. Die GSEE und der ganze seit Jahrzehnten dahintersteckende gewerkschaftliche Mechanismus, untergraben die Kämpfe, handeln Brotkrumen für unsere Arbeitskraft aus und verewigen das System der Ausbeutung und der Lohnsklaverei. Das Vorgehen der GSEE an letzten Mittwoch (dem Tag des Generalstreiks - Anmerkung www.fau.org) ist ziemlich erhellend: Die GSEE setzte eine vorgesehen Demonstration der streikenden ArbeiterInnen ab, stattdessen gab es eine kurze Kundgebung am Syntagma Platz, bei der sie gleichzeitig dafür sorgte, dass die Leute in aller Eile den Platz verließen, aus Furcht davor, dass sie mit dem Virus des Aufstandes infiziert werden könnten.
  • Um diesen Ort, der mit unseren Beiträgen erbaut wurde, von dem wir aber ausgeschlossen waren, zum ersten Mal zu einem offenen Ort zu machen. Einem offenen Ort in Fortsetzung der sozialen Öffnung, die der Aufstand hervorgebracht hat. All die vielen Jahre haben wir an unser Schicksal geglaubt, die Retter für alles Mögliche zu sein und haben dabei unsere Würde verloren. Als ArbeiterInnen müssen wir unsere Dinge selbst in die Hand nehmen und Schluss damit machen, unsere Hoffnungen auf kluge Anführer oder "fähige" Vertreter zu übertragen. Wir müssen uns gegen den Großangriff, der auf geführt wird, eine eigene Stimme erobern, uns treffen, miteinander reden, zusammen entscheiden und handeln. Der Aufbau von kollektivem Basis-Widerstand ist der einzige Weg dazu.
  • Um die Idee von Selbstorganisaton und Solidarität in den Betrieben, den Kampfkomitees und dem kollektiven Handeln der Basis zu verbreiten und dadurch die bürokratischen Gewerkschaften abzuschaffen.

All die Jahre haben wir das Elend hinuntergeschluckt, die Zuhälterei, die Gewalt auf der Arbeit. Wir haben uns daran gewöhnt, die Verkrüppelten und die Toten - die sogenannten "Arbeitsunfälle" - einfach nur noch zu zählen. Wir haben uns daran gewöhnt, zu ignorieren, dass die MigrantInnen, unsere Klassengeschwister, getötet werden. Wir haben die Schnauze voll davon, mit der Angst um unseren Lohn, die Steuern und eine Rente zu leben, die sich mittlerweile wie ein in die Ferne entrückter Traum anfühlt.

So wie wir darum kämpfen, unsere Leben nicht an die Bosse und die Gewerkschaftsvertreter zu verlieren, so werden wir auch keinen der verhafteten Aufständischen alleine lassen, die sich in den Händen des Staates und der Justizmaschine befinden.

Sofortige Freilassung der Festgenommenen! Keine Strafe für die Verhafteten! Selbstorganisation der ArbeiterInnen! Generalstreik!

Die ArbeiterInnen-Versammlung im "befreiten" Gebäude der GSEE Mittwoch, 17. Dezember 2008, 18:00

Die Generalversammlung der aufständischen ArbeiterInnen


Kategorie:Texte