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(Der Mai wird zu Neujahr)
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Dies beinhaltete auch den Anarchismus und ihre Kämpfe mit Anarchisten in Paris, welche zumindest zu einem Todesopfer führten.
 
Dies beinhaltete auch den Anarchismus und ihre Kämpfe mit Anarchisten in Paris, welche zumindest zu einem Todesopfer führten.
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=Jenseits von Frankreich=
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In den späten 1970er Jahren reisten sie ausführlich in Italien, wo die Autonomia ihren ersten Höhepunkt erreichte und der revolutionäre Moment die Fabriken und die Jugend der Kontrolle der Kommunistischen Partei und der Gewerkschaften entriss. Dort begegneten sie auch Comontismo, der sich für einen „kriminellen Kampf gegen das Kapital“ aussprach und erlebten aus erster Hand den gewalttätigen Angriff der italienischen Unkontrollierbaren auf den Staat. Da ihre Handlungsmethoden sie häufig in die Illegalität und manchmal auch ins Gefängnis brachten, begriffen sie dessen Bedeutung und richteten ihre Aufmerksamkeit später fühlbarer auf das System von Verbrechen und Strafe. In den 80er Jahren folgten O.C. Aufruhren im ganzen Land bzw. auf dem ganzen Kontinent, verbreiteten Subversion und bildeten soziale Netzwerke in Paris, Lyon, Belgien, Polen, Brixton und Toxteth. Der Reiz, der sie zu diesen Orten zog war unterschiedlich; in Lyon war es der Nervenkitzel des Joyriding und das Auflauern und Angreifen von verfolgenden Polizeiautos durch eine mit Steinen wartenden Menge. In Polen waren es die wilden Streiks und Besetzungen gegen die kommunistische Regierung. In Brixton und Toxteth war es die Explosion der Innenstadtjugend gegen die Langeweile und die Polizeirepression. An jedem dieser Orte führten sie ihre eigenen Aktionen als Beitrag zum Kampf durch, ohne die lokalen Teilnehmer in welcher Weise auch immer zu beeinflussen. In ihrem damaligen Journal, welches keine politische Veröffentlichung, sondern eher eine Zusammenfassung ihrer Aktivitäten und Reflektionen darauf war, behandelten sie Fragen wie zum Bedürfnis an Unsichtbarkeit (und der konsequenten Ablehnung des politischen Milieus, welches die Aufmerksamkeit der Polizei wegen seiner eigenen Eitelkeit geradezu herausfordert) sowie Strategien zur Untergrabung der alten Welt des Kapitalismus mit all seinen Neuigkeiten und Lügen. Im Jahr 1984 gingen O.C. nach England, um dort zusammen mit den Grubenarbeitern ihre eigenen Steine zu werfen und hielten sich ein Jahr lang in verschiedensten Städten in Yorkshire auf; dies war der letzte Kampf der traditionellen Arbeiterklassenbewegung in Großbritannien, dem letzten Land, das dem europäischen Model folgte. Danach kehrten sie nach Paris zurück (zusammen mit mehreren befreundeten Grubenarbeitern) und begannen Häuser zu besetzen.
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„Lasst unsere Kerkermeister keine Herrschaft walten, lasst uns jeden Tag auf das Herz des Tigers einschlagen, in jeglicher Manier, nach unserem Gegensatz, gegen die Traurigkeit und Einsamkeit der Zellen unserer Gefangenschaft.“

Revision as of 16:48, 12 October 2010

Os Cangaceiros

„Wenn wir die Banken plündern, dann deshalb weil wir erkannt haben, dass das Geld der Hauptgrund unser aller Elends ist. Wenn wir die Fenster einschlagen, dann nicht weil das Leben teuer ist, sondern weil die Waren uns davon abhalten, um jeden Preis zu leben. Wenn wir die Maschinen zerstören, dann nicht aus dem Wunsch die Arbeit zu beschützen, sondern um die Lohnsklaverei anzugreifen. Wenn wir die Polizei angreifen, dann nicht um sie aus unseren Vierteln zu jagen, sondern um sie aus unseren Leben zu vertreiben. Das Spektakel würde uns gerne fürchterlich aussehen lassen. Wir versuchen viel schlimmer zu sein.“

Die Totengräber, Paris, Mai 1980


Der Mai wird zu Neujahr

Os Cangaceiros war eine Gruppe von proletarischen Revolutionären, die aus den Studenten- bzw. Arbeiterunruhen und Besetzungen im Frankreich des Mai 1968 hervorging. Os Cangaceiros – oder Les Fossoyeurs du vieux monde (Totengräber der alten Welt), wie sie auch genannt wurden – kamen in Nice, Frankreich, zusammen und waren charakteristisch für die neuen antagonistischen Sozialbewegungen des Europas nach dem Mai `68, die nichts weniger als das „Ende der Politik“ forderten. In Lokalzeitungen wurden sie als „Hooligans“ und „jugendliche Delinquenten“ bezeichnet. Sie hatten keine offizielle Struktur, sondern bildeten ein Kollektiv aus individuellen Begierden, fähig sich in gegenseitigem Ausdruck zu finden. Mit „Ne travaillez, jamais!“∗ als Programm, machten sie sich daran jene Umstände zu schaffen, die dies sofort möglich machen würden. Zu diesem Zweck kollektivierten sie ihre Ressourcen und kriminellen Begabungen, die ihnen durch ihr Verlangen nach Abenteuer vertraut waren. Sie reisten durch den Süden Frankreichs, gewannen Freunde und initiierten autonom politische Aktionen; meistens gegen die Polizei, die Gewerkschaftsbürokratie, Politiker und soziale Manager aller Art. Sie lebten nomadisch, strebten danach Orte zu finden, wo die Unzufriedenheit ihren Höhepunkt erreichte und bereisten diese, um Situationen dort im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu verschärfen. Insbesondere versuchten sie die Rolle der liberalen, sozialen Demokraten und Linken beim Manipulieren und Befrieden von jenen aufzuzeigen, die zu ihrem eigenen Nutzen revoltierten, indem sie die Bestimmung des Kampfes aus den Händen der generalisierten Radikalität nahmen, die ihre eigene Dynamik hatte.

„Wir wollen ein für allemal klar machen, dass wir, Os Cangaceiros, nicht aus der Linken kommen; es gibt keinen einzigen ehemaligen Linken unter uns. Keiner von uns hatte jemals etwas mit irgendeiner politischen Couleur zu tun. Wir haben nur eine Art der Beziehung zu politischen Gruppen und Organisationen: Krieg. Sie sind alle ausnahmslos unsere Feinde.“

Dies beinhaltete auch den Anarchismus und ihre Kämpfe mit Anarchisten in Paris, welche zumindest zu einem Todesopfer führten.

Jenseits von Frankreich

In den späten 1970er Jahren reisten sie ausführlich in Italien, wo die Autonomia ihren ersten Höhepunkt erreichte und der revolutionäre Moment die Fabriken und die Jugend der Kontrolle der Kommunistischen Partei und der Gewerkschaften entriss. Dort begegneten sie auch Comontismo, der sich für einen „kriminellen Kampf gegen das Kapital“ aussprach und erlebten aus erster Hand den gewalttätigen Angriff der italienischen Unkontrollierbaren auf den Staat. Da ihre Handlungsmethoden sie häufig in die Illegalität und manchmal auch ins Gefängnis brachten, begriffen sie dessen Bedeutung und richteten ihre Aufmerksamkeit später fühlbarer auf das System von Verbrechen und Strafe. In den 80er Jahren folgten O.C. Aufruhren im ganzen Land bzw. auf dem ganzen Kontinent, verbreiteten Subversion und bildeten soziale Netzwerke in Paris, Lyon, Belgien, Polen, Brixton und Toxteth. Der Reiz, der sie zu diesen Orten zog war unterschiedlich; in Lyon war es der Nervenkitzel des Joyriding und das Auflauern und Angreifen von verfolgenden Polizeiautos durch eine mit Steinen wartenden Menge. In Polen waren es die wilden Streiks und Besetzungen gegen die kommunistische Regierung. In Brixton und Toxteth war es die Explosion der Innenstadtjugend gegen die Langeweile und die Polizeirepression. An jedem dieser Orte führten sie ihre eigenen Aktionen als Beitrag zum Kampf durch, ohne die lokalen Teilnehmer in welcher Weise auch immer zu beeinflussen. In ihrem damaligen Journal, welches keine politische Veröffentlichung, sondern eher eine Zusammenfassung ihrer Aktivitäten und Reflektionen darauf war, behandelten sie Fragen wie zum Bedürfnis an Unsichtbarkeit (und der konsequenten Ablehnung des politischen Milieus, welches die Aufmerksamkeit der Polizei wegen seiner eigenen Eitelkeit geradezu herausfordert) sowie Strategien zur Untergrabung der alten Welt des Kapitalismus mit all seinen Neuigkeiten und Lügen. Im Jahr 1984 gingen O.C. nach England, um dort zusammen mit den Grubenarbeitern ihre eigenen Steine zu werfen und hielten sich ein Jahr lang in verschiedensten Städten in Yorkshire auf; dies war der letzte Kampf der traditionellen Arbeiterklassenbewegung in Großbritannien, dem letzten Land, das dem europäischen Model folgte. Danach kehrten sie nach Paris zurück (zusammen mit mehreren befreundeten Grubenarbeitern) und begannen Häuser zu besetzen.

„Lasst unsere Kerkermeister keine Herrschaft walten, lasst uns jeden Tag auf das Herz des Tigers einschlagen, in jeglicher Manier, nach unserem Gegensatz, gegen die Traurigkeit und Einsamkeit der Zellen unserer Gefangenschaft.“