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Voltairine de Cleyre

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framed|right|Voltairine de Cleyre Voltairine de Cleyre, Anarchistin, wurde am 17. November 1866 in Leslie (Michigan, USA) geboren und starb am 20. Juni 1912 in Chicago.

Leben[1]

Voltairine de Cleyre wurde am 17. November 1866 in Leslie (Michigan, USA) geboren und starb am 20. Juni 1912 in Chicago. Sie stammte aus einer sehr armen Familie, trotzdem gelang es ihrem Vater, sie in einer katholischen Klosterschule unterzubringen, wo sie eine solide Ausbildung erhielt, die es ihr ermöglichte, ab 1883 durch Unterrichten für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Die Schulzeit allerdings fand sie bedrückend; sie gab damals ihre religösen Neigungen auf und wandte sich freidenkerischen Ideen zu, die auch ihr Vater vertrat (der sie nach Voltaire benannt hatte).

1887 lernte sie den Anarchismus kennen, zunächst in der Gestalt des individualistischen Anarchismus. Sie dehnte jedoch ihren Horizont rasch aus und akzeptierte anarchistische Positionen jeglicher Richtung, ob militant oder pazifistisch, ob mutualistisch, individualistisch oder kommunistisch, als legitim und bezeichnete sich selbst lediglich als Anarchistin ohne einschränkendes Beiwort. So schrieb sie über die verschiedenen ökonomischen Modelle, die von Anarchisten vertreten wurden: "Ich glaube, dass diese und viele andere an verschiedenen Orten durchaus mit Erfolg erprobt werden können; ich möchte, dass sich die Instinkte und Lebensgewohnheiten der Menschen in jeder Gemeinschaft in freier Auswahl ausdrücken können; und ich bin mir sicher, dass verschiedene Umgebungen unterschiedliche Lösungen verlangen. Obwohl ich anerkenne, dass die Freiheit unter jedem dieser ökonomischen Modelle außerordentlich vergrößert werden würde, gestehe ich offen, dass mich keines davon befriedigt. Sozialismus und Kommunismus verlangen ein Maß an gemeinsamer Anstrengung und Verwaltung, die mehr Regulierung mit sich bringt, als es mit dem idealen Anarchismus vereinbar ist; Individualismus und Mutualismus erfordern die Einrichtung eine privaten Polizei, da sie auf dem Eigentum beruhen, was sich mit meinen Vorstellungen von Freiheit überhaupt nicht verträgt. Mein Ideal wäre eine Situation, in der alle natürlichen Ressourcen für immer frei für alle zugänglich sind, und der Arbeiter individuell alles zur Befriedigung seiner Grundbedürfnisse herstellen kann, wenn er mag, so dass er Arbeit und Muße nicht an den Zeiten der anderen ausrichten muss. Ich glaube, eine solche Zeit wird kommen, aber nur durch die Entwicklung neuer Produktionsweisen und eines anderen Geschmacks der Menschen. Einstweilen rufen wir alle mit einer Stimme nach der Freiheit des Versuchens." (Anarchismus, 1901)

Und zu den unterschiedlichen Methoden, die vorgeschlagen wurden, meinte sie: "Ihr fragt nach einer Methode? Fragt ihr den Frühling nach seiner Methode? Was ist notwendiger, Sonnenschein oder Regen? Sie schließen einander aus - richtig; sie vernichten einander - richtig, doch aus dieser Vernichtung wachsen die Blumen. Jeder wähle die Methode, die seine Eigenheit am besten ausdrückt und niemand verurteile einen anderen, weil er sein Selbst auf andere Weise ausdrückt." (Anarchismus)

Zwischen 1889 und 1910 lebte sie in Philadelphia, wo sie jüdischen Einwanderern Englisch lehrte. Sie legte stets Wert darauf, für sich selbst aufzukommen und nahm keine Honorare für ihre anarchistischen und freidenkerischen Vorträge, die ihr bald überregionale Bekanntheit verschafften. Die Freundschaft mit Emma Goldman litt unter der Verschiedenheit der Lebensauffassung beider Frauen: Voltairine de Cleyre sah in der lebensfrohen Art Goldmans Ansätze zu einer Verbürgerlichung, eine Konzession an die bürgerliche Überschätzung der Dinge gegenüber den Menschen. Emma Goldman legte ihr diese Kritik als Kleinlichkeit aus.

Seit 1892 engagierte sich de Cleyre in der Ladies Liberal League (Frauenfreiheitsverein), ab Mitte der 90er Jahre für die Radical Library in Philadelphia, die bis in die 1940er Jahre existierte. Einem weiteren Publikum wurde sie vor allem durch ihre Gedichte und Kurzgeschichten bekannt, in denen sie neben sozialen und freidenkerischen Texten die Naturlyrik pflegte. Im Jahre 1897 reiste sie nach England, wo sie Max Nettlau, Peter Kropotkin, Louise Michel und Tarrida del Marmól kennenlernte.

Als der Senator Hawley in der Hysterie nach der Ermordung Präsident McKinleys (1901) ein Kopfgeld auf Anarchisten aussetzte, bot sie sich ihm in einem offenen Brief als Zielscheibe an. Tatsächlich wurde im folgenden Jahr ein Attentat auf sie verübt, wenn auch nicht von dem Senator, sondern einem ihrer Schüler, der unter geistiger Verwirrung litt. Sie wurde schwer verletzt, trotzdem rief sie traditionsgemäß die anarchistische Bewegung zur Unterstützung des Attentäters während seiner Gerichtsverhandlung auf. Die Kugeln konnten aus ihrem Körper nicht entfernt werden und untergruben ihre ohnehin schlechte Gesundheit weiter.

1903 reiste sie nach Norwegen, um sich etwas zu erholen. Bei der Einreise wurde sie festgenommen, da zu dieser Zeit der deutsche Kaiser Wilhelm im Lande weilte, und die Polizei vermutete, sie sei gekommen, ihn zu ermorden (die holländischen Wälder hätten es ihr gedankt). In der Folgezeit verschlechterte sich ihre Gesundheit immer mehr. Obwohl sie zunehmend von Depressionen geplagt wurde (1905 unternahm sie einen Selbstmordversuch), gelangte in den letzten Lebensjahren ihre literarische Produktivität auf den Höhepunkt. Es erschienen u.a. die Aufsätze Anarchismus und amerikanische Traditionen (1909), Die beherrschende Idee, Francisco Ferrer, Moderne Erziehungsreform (1910), Direkte Aktion und Die Mexikanische Revolution (1911).

Sie zog 1910 nach Chicago, um an der Ferrer Sunday School und der ähnlich ausgerichteten Chicago Modern School zu lehren. Ihr letztes Engagement galt der mexikanischen Revolution, zu deren Unterstützung sie sogar einen Umzug nach Kalifornien erwog. Es gelang ihren Freunden, kurz nach ihrem Tod 1912 einen Sammelband ihrer literarischen und theoretischen Arbeiten herauszubringen: Selected Works of Voltairine de Cleyre. Pioneer of Women's Liberation. Hg. Alexander Berkman, 1914. (Nachgedruckt bei The Revisionist Press, New York, 1972.) 1978 brachte Paul Avrich eine Biografie heraus: An American Anarchist. The Life of Voltairine de Cleyre (New Jersey, 1978).

Anmerkungen

  1. Der Text erschien als biografische Einleitung zur Übersetzung des Aufsatzes "Anarchism and American Traditions" von Voltairine de Cleyre ursprünglich im Januar 2000 im "Bulletin der Bibliothek der Freien" (Nr. 1).

Weblinks

Kategorie:AnarchistInnen