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Difference between revisions of "Utopie"

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(Weblinks: Freitag-Debatte)
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Der Begriff '''Utopie''' ist vom griechischen Begriff Utopia (griech. ou = nicht, topos = Ort, lat. utopia = Nirgendwo) abgeleitet, das Thomas Morus im Titel seines Romanes ''De optimo rei publicae statu, deque nova insula Utopia'' verwendete. Rahmenhandlung des Romans sind die Erzählungen eines Seemannes, der eine Zeit lang bei den Utopiern gelebt haben will. Der Roman beschreibt eine auf rationalen Gleichheitsgrundsätzen, Arbeitsamkeit und dem Streben nach Bildung basierende Gesellschaft mit demokratischen Grundzügen. In der Republik ist aller Besitz gemeinschaftlich, Anwälte sind unbekannt, und unabwendbare Kriege werden bevorzugt mit ausländischen Söldnern geführt.
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* als Bezeichnung für den Vostellung einer künftigen Gesellschaft  
 
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===Literatur===
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== Begriff ==
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''Im Zusammenhang mit dem sprachwissenschaftlichen Begriff "Utopie" stehen einige weitere Begriffe, die zum Teil zur Herleitung des deutschen Wortes genutzt werden können oder zur Abgrenzung bzw. Konkretisierung helfen können.''
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* eu-topos --> eu (gut) + topos also „guter Ort“<ref>vgl. Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4</ref>
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* a-topie --> griechisch ατοπία, atopía - Ortlosigkeit, nicht zuzuordnen, von hoher Originalität; auch: Unbeschreiblichkeit<ref>vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Atopie_%28Philosophie%29&oldid=34032451</ref>
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* ou-topos --> altgriechisch οὐτοπία „der Nicht-Ort“; aus οὐ- u- „nicht-“ und τόπος tópos „Ort“<ref>vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Utopie&oldid=35055343</ref>
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** idealisierte Vorstellungen, die in dieser Gesellschaft aber nicht realisierbar sind<ref>vgl. Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4, S. 80f.</ref>
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** Beispiel: herrschaftsfreie Welt
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* hetero-topie<ref>vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Heterotopie_%28Literatur%29&oldid=34564403</ref> --> wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder Widerlager, tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind, gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können. Nach Foucault können Gegenstand der Heterotopologie Orte sein, die von einer Gesellschaft errichtet wurden, um das Anor­male besser kontrollieren und bestenfalls disziplinieren zu können. Es können darüber hinaus Orte sein, die sich allein der Lust, der Schönheit oder dem Widerstand verschrieben haben, Orte, die nur solange »toleriert« werden, wie sie kein »öffentliches Ärgernis« oder gar eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.<ref>vgl. http://www.jungle-world.com/seiten/2006/02/6984.php</ref>
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** Orte, die in dieser Gesellschaft möglich sind, sie reflektieren und gewissermaßen aufzeigen, was von der Utopie hier realisierbar ist. Sie sind die "utopischen Ansätze im Hier & Jetzt", die es zu entwickeln gilt.<ref>vgl. Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4, S. 80f.</ref>
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** Allerdings werden mit Heterotopien in der Rezeption häufig negative Aspekte verbunden: beispielsweise ihre Wirkung als Puffer einer Gesellschaft, die gegenläufige Energien auffangen, aber (bzw. vielleicht: und so) das System nicht ernsthaft verändern können. Viele Kommunen könnten in diese Interpretation passen, wenn ihre utopischen Ansätze die Gesellschaft aber nicht wirklich verändern, da sie auf sich bezogen bleiben und keine tiefergehenden Veränderungen erwirken. Kritische, utopisch denkende Menschen werden dort aufgefangen und schaden dem System an diesen Orten möglicherweise weniger, als wenn sie offensiv für ihre Ideen innerhalb der Gesellschaft auftreten würden.
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** Beispiel: Offene Räume mitsamt der dahinterstehenden Logik (das dürfte eine sehr schöne Diskussion ergeben aufgrund der negativen Zuschreibungen des Begriffs Heterotopie). Als Beispiele für Heterotopien nennt Foucault Jugend-, Alten- und Erholungsheime, psychiatrische Kliniken, Gefängnisse, die Kolegs des 19. Jahrhunderts, Kasernen, Friedhöfe, Kinos und Theater, Gärten, Museen, Bibliotheken, Festwiesen, Feriendörfer, kultische und nicht-kultische Reinigungsstätten, Gästehäuser, Bordelle, Kolonien sowie das Schiff als Heterotopie schlechthin.<ref>http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Utopie&oldid=35055343</ref>
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* dys-topie --> dys- altgr. für miss-, un-, übel-; Geschichte, die in einer fiktiven Gesellschaft spielt, die sich zum Negativen entwickelt hat | auch (literarische) Endzeit ist eine Form der Dystopie. Häufig wollen die Autoren dystopischer Geschichten mit Hilfe eines pessimistischen Zukunftsbilds vor Entwicklungen in der Gegenwart warnen. | Typische Charakteristika einer Dystopie sind: Mechanisierte Superstaaten nehmen dem Individuum jegliche Freiheiten, die Kommunikation der Menschen untereinander ist eingeschränkt und gestört, und das Bewusstsein der eigenen Geschichte oder eigener Werte gekappt.<ref>vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Dystopie&oldid=36516470</ref>
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* euchai - Dinge, die zwar schwer zu verwirklichen sind, aber doch möglich<ref>Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4, S. 61</ref>
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* im allgemeinen Sprachgebrauch wird "Utopie" einerseits verwendet, um eine positive Idealvorstellung zu beschreiben, andererseits aber auch um zu sagen, dass etwas unmöglich ("utopisch") ist. Für letzteres wäre statt "utopisch" passender der Begriff "illusorisch".
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==Literatur==
 
*[[Ernst Bloch|Bloch, Ernst]], ''[[Das Prinzip Hoffnung]]'', Frankfurt a. M. 1959
 
*[[Ernst Bloch|Bloch, Ernst]], ''[[Das Prinzip Hoffnung]]'', Frankfurt a. M. 1959
 
* Drücke, Bernd (Hg.), ''ja! Anarchismus. Gelebte Utopie im 21. Jahrhundert. Interviews und Gespräche'', Karin Kramer Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-87956-307-1
 
* Drücke, Bernd (Hg.), ''ja! Anarchismus. Gelebte Utopie im 21. Jahrhundert. Interviews und Gespräche'', Karin Kramer Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-87956-307-1
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*[http://www.dnr.de/publikationen/drb/archiv/freitag-debatte-utopie-konkret.htm Freitag-Debatte: Utopie konkret – Was tun, wenn nichts mehr geht]
 
*[http://www.dnr.de/publikationen/drb/archiv/freitag-debatte-utopie-konkret.htm Freitag-Debatte: Utopie konkret – Was tun, wenn nichts mehr geht]
 
*[http://www.herrschaftsfrei.de.vu Herrschaftskritik und Utopie]
 
*[http://www.herrschaftsfrei.de.vu Herrschaftskritik und Utopie]
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==Quellen==
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Revision as of 13:33, 14 April 2012

Der Begriff Utopie wird heute zumindest in zwei verschiedenen Bedeutungen verwendet:

  • als Bezeichnung für den Vostellung einer künftigen Gesellschaft
  • als Bezeichnung für einen nicht verwirklichbaren Entwurf einer künftigen Gesellschaftsordnung.

Begriff

Im Zusammenhang mit dem sprachwissenschaftlichen Begriff "Utopie" stehen einige weitere Begriffe, die zum Teil zur Herleitung des deutschen Wortes genutzt werden können oder zur Abgrenzung bzw. Konkretisierung helfen können.

  • eu-topos --> eu (gut) + topos also „guter Ort“[1]
  • a-topie --> griechisch ατοπία, atopía - Ortlosigkeit, nicht zuzuordnen, von hoher Originalität; auch: Unbeschreiblichkeit[2]
  • ou-topos --> altgriechisch οὐτοπία „der Nicht-Ort“; aus οὐ- u- „nicht-“ und τόπος tópos „Ort“[3]
    • idealisierte Vorstellungen, die in dieser Gesellschaft aber nicht realisierbar sind[4]
    • Beispiel: herrschaftsfreie Welt
  • hetero-topie[5] --> wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder Widerlager, tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind, gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können. Nach Foucault können Gegenstand der Heterotopologie Orte sein, die von einer Gesellschaft errichtet wurden, um das Anor­male besser kontrollieren und bestenfalls disziplinieren zu können. Es können darüber hinaus Orte sein, die sich allein der Lust, der Schönheit oder dem Widerstand verschrieben haben, Orte, die nur solange »toleriert« werden, wie sie kein »öffentliches Ärgernis« oder gar eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.[6]
    • Orte, die in dieser Gesellschaft möglich sind, sie reflektieren und gewissermaßen aufzeigen, was von der Utopie hier realisierbar ist. Sie sind die "utopischen Ansätze im Hier & Jetzt", die es zu entwickeln gilt.[7]
    • Allerdings werden mit Heterotopien in der Rezeption häufig negative Aspekte verbunden: beispielsweise ihre Wirkung als Puffer einer Gesellschaft, die gegenläufige Energien auffangen, aber (bzw. vielleicht: und so) das System nicht ernsthaft verändern können. Viele Kommunen könnten in diese Interpretation passen, wenn ihre utopischen Ansätze die Gesellschaft aber nicht wirklich verändern, da sie auf sich bezogen bleiben und keine tiefergehenden Veränderungen erwirken. Kritische, utopisch denkende Menschen werden dort aufgefangen und schaden dem System an diesen Orten möglicherweise weniger, als wenn sie offensiv für ihre Ideen innerhalb der Gesellschaft auftreten würden.
    • Beispiel: Offene Räume mitsamt der dahinterstehenden Logik (das dürfte eine sehr schöne Diskussion ergeben aufgrund der negativen Zuschreibungen des Begriffs Heterotopie). Als Beispiele für Heterotopien nennt Foucault Jugend-, Alten- und Erholungsheime, psychiatrische Kliniken, Gefängnisse, die Kolegs des 19. Jahrhunderts, Kasernen, Friedhöfe, Kinos und Theater, Gärten, Museen, Bibliotheken, Festwiesen, Feriendörfer, kultische und nicht-kultische Reinigungsstätten, Gästehäuser, Bordelle, Kolonien sowie das Schiff als Heterotopie schlechthin.[8]
  • dys-topie --> dys- altgr. für miss-, un-, übel-; Geschichte, die in einer fiktiven Gesellschaft spielt, die sich zum Negativen entwickelt hat | auch (literarische) Endzeit ist eine Form der Dystopie. Häufig wollen die Autoren dystopischer Geschichten mit Hilfe eines pessimistischen Zukunftsbilds vor Entwicklungen in der Gegenwart warnen. | Typische Charakteristika einer Dystopie sind: Mechanisierte Superstaaten nehmen dem Individuum jegliche Freiheiten, die Kommunikation der Menschen untereinander ist eingeschränkt und gestört, und das Bewusstsein der eigenen Geschichte oder eigener Werte gekappt.[9]
  • euchai - Dinge, die zwar schwer zu verwirklichen sind, aber doch möglich[10]
  • im allgemeinen Sprachgebrauch wird "Utopie" einerseits verwendet, um eine positive Idealvorstellung zu beschreiben, andererseits aber auch um zu sagen, dass etwas unmöglich ("utopisch") ist. Für letzteres wäre statt "utopisch" passender der Begriff "illusorisch".


Literatur

  • Bloch, Ernst, Das Prinzip Hoffnung, Frankfurt a. M. 1959
  • Drücke, Bernd (Hg.), ja! Anarchismus. Gelebte Utopie im 21. Jahrhundert. Interviews und Gespräche, Karin Kramer Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-87956-307-1
  • Minois, Georges, Geschichte der Zukunft. Orakel - Prophezeiungen - Utopien - Prognosen, Sonderausgabe, Artemis & Winkler, 1998, ISBN 3-538-07072-5
  • Schmundt, Hilmar: Hightechmärchen. Die schönsten Mythen aus dem Morgen-Land, Berlin, 2002.
  • Schwendter, Rolf, Utopie. Ãœberlegungen zu einem zeitlosen Begriff, Berlin / Amsterdam, 1994
  • Seibt, Ferdinand, Utopica. Zukunftsvisionen aus der Vergangenheit, Orbis Verlag München, aktualisierte Neuausgabe München 2001, ISBN 3-572-01238-4
  • Waschkuhn, Arno, Politische Utopien. Ein politiktheoretischer Ãœberblick von der Antike bis heute, Oldenbourg Verlag, 2003, ISBN 3486274481
  • Klaus J. Heinisch (Herausgeber), Der utopische Staat, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Juni 1960, ISBN 3499450688

Weblinks

Quellen

  1. vgl. Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4
  2. vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Atopie_%28Philosophie%29&oldid=34032451
  3. vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Utopie&oldid=35055343
  4. vgl. Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4, S. 80f.
  5. vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Heterotopie_%28Literatur%29&oldid=34564403
  6. vgl. http://www.jungle-world.com/seiten/2006/02/6984.php
  7. vgl. Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4, S. 80f.
  8. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Utopie&oldid=35055343
  9. vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Dystopie&oldid=36516470
  10. Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4, S. 61


Kategorie:Politologie Kategorie:Literatur Kategorie:Utopie