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Difference between revisions of "Karakök Autonome türkei/schweiz"

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Karakök Autonome schweiz - laydaran@immerda.ch  
 
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Karakök Autonome türkei - otonomkarakok@gmail.com  
 
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www.karakok.org
 
  
  
Im Mai vergangenen Jahres (2007) wurde in der 139. Ausgabe des Online-Magazins „Izinsiz Gösteri“ ein Artikel über die Gründungsprinzipien der Karakök Autonome sowie ihre grundlegende Sicht auf Gesellschaft, Politik und Kultur veröffentlicht. Seit damals ist etwas mehr als ein Jahr verstrichen. In dieser kurzen Zeit haben die Karakök-Aktivitäten einen weiten Weg zurückgelegt. Sie wandelten sich von einer einzelnen Gruppe in eine Vielzahl von Autonomen, die gemeinsam und ineinander verflochten arbeiten. Gleich dem Begriff des französischen Philosophen Gilles Deleuze, zeigt die Karakök eine sogenannte „rhizomatische“ Eigenschaft: sie besitzt nicht wie etwa ein Baum ein Zentrum in Form eines Stammes, sondern vielmehr ein dezentralisiertes Wurzelgeflecht. Sie breitet sich auf anti-hierarchische und anti-autoritäre Weise in die Poren der Gesellschaft aus und ist „ohne Wirbelsäule“ sowie „ohne Gehirn“. Diese zwei Begriffe, die im gewöhnlichen politischen Jargon eine schwere Beleidigung darstellen, sind auf der Ebene, auf welcher die Autonome steht (oder besser: sich bewegt), durchaus akzeptable Begriffe. Die Karakök Autonome hat keine steife, starre Struktur oder Wirbelsäule, wie sie in den traditionellen Kämpfen der Arbeiterklasse oder den liberalen Organisationsformen der Bourgeoisie zu finden ist.  
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Im Mai 2007 sammelten sich AnarchistInnen in Istanbul erstmals unter dem Namen „Karakök Autonome“. Aufgrund des engen politischen und freundschaftlichen Austauschs mit den dortigen GenossInnen, beschlossen in der schweiz aktive AnarchistInnen, diesen Namen zu übernehmen. „Karakök“ bedeutet „Schwarze Wurzel“ und signalisiert einerseits das libertäre Spektrum, in welchem wir uns bewegen, als auch die Art und Weise, wie wir dies tun: wie ein dezentrales Wurzelgeflecht, nicht gestützt auf einen einzelnen Stamm oder eine Wirbelsäule, sondern geflechtartig zusammenhängend, gemeinsam stützend und verschiedenartige Strukturen hervorbringend: Äste, Blätter, Blüten.  
  
Nichtsdestotrotz stellt sie ein Ganzes dar; sie setzt sich zusammen aus anarchistischen Individuen, die sich im Willen zur Kollektivität gemeinsam bewegen. Es gibt in der Karakök keine theoretische oder praktische Ausrichtung, die sich von einem starren Zentrum, von oben nach unten in Richtung der passiven Menge bildet. Der gemeinsame Nenner der Individuen und Gruppierungen, welche die Autonome bilden, ist die Übernahme der in der Deklaration erläuterten grundlegenden anarchistischen Ideen sowie die Bemühungen, diese in konkrete Aktivitäten umzuwandeln. Dabei entscheidet kein „Gehirn“, wer, was wo machen wird; vielmehr wird über Art und Realisierung von Aktionen bei Sitzungen durch alle anwesenden Karakök-AktivistInnen gemeinsam entschieden. Deswegen setzen AktivistInnen ihr Zeichen unter rasche und wirksame Entwicklungen an den ungeahntesten und unterschiedlichsten Orten. Gegenüber Interessierten und NeumitgliederInnen ist die Autonome offen: jeder, der sich selbst als Karakök fühlt, ist Karakök.
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== Wie sind wir organisiert? ==
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Wir verstehen uns nicht als Organisation nach klassischem Verständnis, sondern als ein Zusammenschluss von Individuen, die im Willen zur Kollektivität handeln. Die AktivistInnen unserer Gruppe vertreten keine einheitliche starre Denkweise oder Ideologie: unser gemeinsamer Nenner besteht darin, dass wir Herrschafts- und Machtstrukturen jeglicher Art ablehnen und für eine freie Welt kämpfen, für ein selbstverwaltetes, verantwortungsvolles und offenes Miteinander Aller. Gewisse gemeinsame Ziele oder Ansichten gibt es durchaus (auf die untenstehend näher eingegegangen wird), sie kamen jedoch in gemeinsamen Diskussionen oder durch gelebte Praxis auf und wurden nicht von einem “führenden Zentrum” als Programmpunkte aufgesetzt.  
  
Heute werden Karakök-Aktivitäten in Grossstädten wie Istanbul, Ankara und Izmir, sowie in anderen anatolischen Gegenden und in Europa realisiert. In diesem vergangenen Jahr haben wir mehrere bedeutende Kampagnen organisiert oder mitorganisiert. Eine davon war die Antirassismus-Kampagne in der türkei nach dem Mord am afrikanischen Einwanderer Festus Okey auf der Polizeiwache von Istanbul-Beyoglu. In der türkei befinden wir uns zurzeit mitten in der Gründung einer Anarchistischen Föderation. Als „Anarchistische Autonomen“, bestehend aus den drei Organisationen Karakök Autonome türkei/schweiz, Autonome A, Kadiköy-Gruppen, Avcilar, Karahat, Caglayan, Internasyonala.org, Schwarzer Block Izmir, und AKA (Anarchistisches Kollektiv Ankara), haben wir hierfür bereits die ersten Vorbereitungsschritte getan. Die Föderationsgründung hat insofern grosse Bedeutung, weil in der revolutionären Bewegung der türkei immer noch eine grosse Ablehnung gegenüber Zusammenarbeit herrscht – eine Tatsache, die historisch begründet ist und die es nun Stück für Stück abzubauen gilt. Wir müssen nicht gleich denken, um solidarisch und gemeinsam an einem Strang ziehen zu können, im Gegenteil: je mehr unterschiedliche Farben und Sichtweisen zusammenkommen, um so wirksamer kann die anarchistische Bewegung sein. Gerade durch eine solche Zusammenarbeit entwickeln wir uns nicht nur politisch, sondern auch auf zwischenmenschlicher Ebene weiter: durch das Bewahren der eigenen Individualität, indem man aber auch andere GenossInnen in ihrer individuellen Eigenheit und Ansichtsweise respektiert und auf einem gemeinsamen Nenner eine Bewegung aufbauen kann. Eine Kette aus vielen starken Gliedern ist stärker als eine Kette aus vielen schwachen Gliedern, die durch einzelne starke Glieder zusammengehalten werden.  
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Die Karakök Autonome “gehört” niemandem, sie dient einzig und allein der Vernetzung und Organisierung zum Zweck, effektiver Veränderungen zu bewirken. Jede und jeder kann innerhalb dieses Namens frei den libertären Grundgedanken auf welche Art auch immer unterstützen, ohne dass alle anderen dies absegnen müssen. Niemand hat das Recht, über jemand anderen zu entscheiden, sie oder ihn zu führen oder zu kontrollieren. Auch ob und inwiefern man/frau Aktionen unterstützen will, ist jedem selbst überlassen und findet nicht auf Verpflichtung, sondern auf einer freiwilligen Ebene statt.  
  
Nebst der lokalen Ebene arbeitet die Autonome international mit anarchistischen, libertären, kriegsgegnerischen, anti-autoritären Gruppen und Netzwerken zusammen. So kam beispielsweise die PGA (People’s Global Action), der Wegbereiter der ersten Anti-Globalisierungswelle in Seattle, als unser Gast in die türkei. Ausserdem nahmen dieses Jahr Delegierte der Karakök aus der türkei und der schweiz am 8. Kongress der IFA (Internationale der Anarchistischen Föderationen) teil, die 1968 im italienischen Carrara gegründet wurde und sich in der Tradition der 1872 von Michail Bakunin in der schweiz gegründeten Antiautoritären Internationalen sieht. Zum ersten Mal in der Geschichte der Internationale berichteten Delegierte aus der türkei über den Kampf und die Angelegenheiten der Anarchistischen Bewegung in Anwesenheit von Delegierten aus 32 Ländern.  
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Wir handeln im Bewusstsein, bestehende, der Gesellschaft auferzwungene Strukturen über Bord zu werfen, und dabei nicht nur für die Zukunft Neues zu wünschen, sondern Neues bereits in unserem Weg dahin umzusetzen. Unser Widerstand gegen Herrschaft und Autorität kann nicht auf Regierungsstrukturen beschränkt werden, denn auch wir selbst sind Teil dieser Strukturen. Während unseres Widerstandes sollten wir daher das in uns verankerte System nicht ausser acht lassen, wenngleich sich dies oftmals als schwieriger erweist.  
  
Die Karakök Autonome hat sich mit einer antinationalen Einstellung internationale Plätze des Widerstandes ausgesucht. Ausserhalb der türkei richten AktivistInnen ihre Struktur sowie ihr praktisches Schaffen nach der jeweils lokal vorherrschenden Situation aus und legen dabei Wert darauf, mit den GenossInnen aus anderen Regionen oder Ländern in regem, persönlichem Informationsaustausch zu bleiben. Die GenossInnen im Balkan sind mitten in den aktiven Arbeiten für die Gründung einer Anarchistischen Föderation Balkan. In Mitteleuropa dauern ebenfalls die Bemühungen für die Gründung einer Föderation an. In der schweiz haben Karakök-AktivistInnen mit Anarchistischen Gruppen aus der schweiz gemeinsam ein Büro gemietet und befinden sich mit ihnen in kollektiven Aktivitäten. Ende Oktober haben unsere GenossInnen an den kulturellen und praktischen Aktivitäten der „Anarchiewoche“ teilgenommen, welche von den „Zürcher AnarchistInnen“ organisiert wurde. Im November 2008 organisierten wir gemeinsam mit weiteren Gruppen eine Anti-AKW-Demo in Zürich. In München nahmen wir anfangs 2009 im „Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz“ sowie an den Anti-NATO-Aktivitäten teil. Die „Feministische Aktion“ der schweizer Sektion nahm im April 2009 aktiv am FrauenLesbenTreffen in Wien teil und veranstaltete dort u.a. einen Workshop. Am 1. Mai 2009 marschierten wir in Basel innerhalb des Revolutionären Bündnisses und schlugen ein gemeinsames Transpi auf mit der Villa Rosenau und den Kurdischen Militärdienstverweigerern. Der Aufruf zu einem antikapitalistischen Block in Basel war erfolgreich und so konnte durch die aktive Teilnahme mehrerer Organisationen ein kämpferischer 1. Mai durchgeführt werden. Im Zürcher Zeughausareal waren wir schliesslich mit einem eigenen 1.Mai-Stand gegenwärtig und genossen gemeinsam mit den Zürcher AnarchistInnen und der IWW die regen Möglichkeiten eines politischen Austauschs. Am 15. Mai, dem Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung, fanden überall auf der Welt Aktivitäten gegen Krieg und Militär statt. Deshalb, und um uns mit Kriegsdienstverweigerern zu solidarisieren, haben wir an einem gut besuchten, zentralen Ort der Stadt Zürich ein Transparent angebracht: “Soldaten sind Mörder, 15. Mai – Internationaler Tag der Kriegsdienstverweigerung”. Desweiteren sind wir auf Radi LoRa mit einem monatlichen Programm auf Sendung, das wir zweisprachig (türkisch/deutsch) durchführen sowie hauptsächlich als Info-Plattform für die anarchistische und breite revolutionäre Bewegung weltweit nutzen.  
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Dass wir Menschen sind, die einen gemeinsamen politischen Namen benutzen, heisst nicht, dass wir gleich denken müssen, um gemeinsam an einem Strang ziehen zu können, im Gegenteil: je mehr unterschiedliche Farben und Sichtweisen zusammenkommen, umso wirksamer kann die revolutionäre Bewegung neue Alternativen hervorbringen. Erst wenn jeder Mensch frei seine Individualität nach aussen tragen kann und nicht Mitglied einer lähmenden “Herde” sein muss - ohne dass dies jedoch Egoismus, fehlende Rücksichtnahme oder das Hervortreten von Führungsstrukturen bedeutet, sondern vielmehr Selbstverantwortung, ein kollektives und respektvolles, autonom organisiertes Miteinander ohne Machtstrukturen- erst dann können wir nicht nur von freien Individuen, sondern von einer freien Gesellschaft, einer freien Welt als Ganzes sprechen. Gerade eine funktionierende, autonome Kollektivität trotz all unseren Eigenheiten und unterschiedlichen Ansichten stellt doch die Welt dar, die wir uns wünschen. Indem wir bereits jetzt diese Welt in unseren Köpfen, in unserem Handeln und in unseren Umgangsformen erschaffen, entwickeln wir uns nicht nur politisch, sondern auch auf zwischenmenschlicher Ebene weiter und bauen dadurch Stück für Stück am praktischen Funktionieren einer Welt ohne kapitalistisch, feudal, patriarchalisch, religiös oder bürgerlich aufdiktierte Strukturen.  
  
Was ist nun aber das „Geheimnis“ dahinter, dass sich die Karakök in dieser relativ kurzen Zeit, allen Schwierigkeiten zum Trotz, so rasch ausbreiten konnte? Einer der wichtigsten Gründe ist wohl die Tatsache, dass die Karakök Autonome eine Vielzahl von unterschiedlichen Arbeitsplattformen (Autonomen, Initiativen, Föderationen, Netzwerke) gleichzeitig nutzt sowie an einer breiten Palette von Aktionen (z.B. in Arbeitskämpfen, Öko- und Anti-Kriegs-Aktivitäten, Jugend-, Frauen- und Homosexuellen- und Transgenderbewegung) teilnimmt. Von Anfang an hat sich die Karakök keinen Tendenzen einer Propaganda ihres Namens, oder noch schlimmer: einer Medienwerbung für ihre Autonome zugewandt. An vielen Aktivitäten nahm die Karakök teil, ohne ihre Signatur darunterzusetzen. Als letztes Jahr in Taksim (Stadtteil in Istanbul) Karakök-AktivistInnen mit schwarzen Flaggen auf die Strassen gingen und die Medien ihr Auftreten als „Die Jugend trauert mit schwarzen Flaggen um die Vergangenheit“ deuteten, hat kein einziger Aktivist das Bedürfnis verspürt, aufzustehen und zu sagen „Moment Mal! Wir sind die Karakök und die schwarzen Flaggen sind ein Symbol des Anarchismus!“. Denn wir besitzen weder die Absicht, in Medien wie dem Fernsehen oder den Zeitungen zu erscheinen, noch legen wir irgendeinen Wert darauf. Grundlegend ist es für uns, wie wir im Leben und im Alltag dem Kapitalismus, Macht- und Hierarchieverhältnissen und jeglichen Farbtönen der Autorität entgegentreten und sie bekämpfen und mit welchen Alternativen wir die Utopie einer freien Welt erschaffen. Wenn man dies nicht erreichen kann, kann man medienwirksame Shows machen, soviel man möchte – was nützt es dann noch? Der Kapitalismus nährt sich selbst durch seine Medienkultur, deshalb sind die GenossInnen in der Karakök Autonome entschlossen, Selbstpräsentationen fernzubleiben.  
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Ein weiterer Konsens besteht darüber, dass die Erschaffung von Helden und Idolen uns unweigerlich zu Populismus und Hierarchien sowie zur Lähmung eigenständigen Denkens führt. Die anarchistische Theorie kann niemandem “gehören”; sie entstand direkt aus dem Leben heraus und dient dazu, wieder ins Leben zurückzufliessen. Auch wenn Theorien wichtig sind zum Verständnis der Geschichte und der Gegenwart, so wird uns doch ein praktisches Handeln, welches sich einzig und allein an ihnen orientiert, nach rückwärts bewegen. Was uns weiterbringt, ist das scharfe Beobachten der Gegenwart, ihre Analyse und Lösungsansätze. Wir haben es uns daher zum Ziel gesetzt, eigenständig und frei von starren Denkstrukturen die aktuelle Situation zu beobachten und mit unserem Widerstand im Heute und im Morgen anzusetzen, direkt bei allen Hürden, die sich uns reell stellen.  
  
Wir vertreten Kropotkins Ansicht, dass die anarchistische Ideologie eng verknüpft ist mit den „intellektuellen Bewegungen“ der Neuzeit und der Kontakt zu aktuellen intellektuellen Bewegungen uns nicht etwa „beschmutzt“. Während wir den Wunsch nach einer staatslosen, klassenlosen, unterschiedslosen und grenzenlosen Welt pflegen, können wir jede Art von Texten lesen und diskutieren, die uns den Weg nach einer freieren Welt ebnet und können uns, indem wir unsere eigene Quintessenz wahren, auch von anderen intellektuellen Kanälen nähren. Es lässt sich sagen, dass dieses Nichtvorhandensein von „Komplexen“ einer der Faktoren ist, welcher der Karakök eine Entwicklung sowie das Schlagen von libertären Wurzeln erleichtert. In den folgenden Jahren werden möglicherweise weiterhin keine Karakök-Transparente auf der Strasse und an Demos zu sehen sein. Weiterhin werden sich die AktivistInnen, welche die Karakök bilden, nicht in den Medien darstellen oder sich durch sie ein Sprachrohr verschaffen. Doch überall, wo eine Bewegung ist, wird sich auch die Karakök Autonome befinden und folgenden Satz von Buenaventura Durruti in die Welt heraustragen: „In unserem Herzen tragen wir eine neue Welt. Jetzt, in diesem Augenblick, wächst diese Welt!“
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== Was machen wir? ==
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Wir beteiligen uns an den unterschiedlichsten Kämpfen innerhalb des libertär-revolutionären Spektrums, sei es in Arbeitskämpfen, Öko- und Anti-Kriegs-Aktivitäten, Jugend-, Frauen- oder Queer-Bewegung. Auf der lokalen Ebene greifen wir aktuelle ortsspezifische Problematiken auf. Es kommt durchaus vor, dass wir uns hier in der schweiz auf ein bestimmtes Thema konzentrieren und die GenossInnen in der türkei mit einem völlig anderen. Oftmals stellen wir jedoch fest, dass sich diese sich zwar in ihren Symptomen unterscheiden, jedoch auf derselben Grundlage einer kapitalistischen, Hierarchien fördernden Welt voller Regeln, Zwänge, staatlicher Kontrolle und Repression basieren. Dies kann sich beispielsweise in Istanbul durch die Ermordung von Transsexuellen äussern, in Zürich hingegen in der Vereinnahmung der Queer-Bewegung durch den Staat und damit ihre Kontrolle und Schwächung. Beiden liegt eine intolerante und repressive Struktur zugrunde, obschon sie sich kulturell unterschiedlich manifestiert.
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Grossen Wert legen wir auf gegenseitige solidarische Unterstützung mit GenossInnen anderer Regionen. Wir arbeiten antinational mit anti-autoritären Gruppen und Netzwerken aus diversen Ländern zusammen. 2008 wurden Delegierte der Karakök Autonome aus der türkei und der schweiz an den 8. Kongress der IFA (Internationale der Anarchistischen Föderationen) eingeladen. Zum ersten Mal in der Geschichte der IFA waren somit AktivistInnen aus der türkei vertreten und berichteten über den Kampf und die Anliegen der Anarchistischen Bewegung im anatolischen Gebiet. Im Januar 2009 nahmen wir als Delegierte am diesjährigen Treffen der CRIFA (Kommission für Internationale Beziehungen der IFA) in Strasbourg teil.
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'''Karakök Autonome türkei:''' In Istanbul nahmen wir 2008 und 2009 gemeinsam mit weiteren anarchistischen Organisationen an der 1. Mai-Plattform teil und demonstrierten als solche in Taksim. Nach der Ermordung der italienischen Friedensbotschafterin Pippa Bacca initiierten wir in der türkei gemeinsam mit weiteren Gruppen die Kampagne “Biz erkek degiliz” (“Wir sind keine Männer”), welche mit verschiedenen Aktionen das patriarchalische Männerbild anfocht. Desweiteren riefen wir zur Gründung einer Anatolischen Anarchistischen Föderation auf und führten mehrere Vorbereitungssitzungen durch, an welchen anarchistische Organisationen diverser Regionen teilnahmen. In Istanbul organisierten wir ein Symposium zum Thema “Sexualität und Revolution” sowie Filmtage. Im Süden der türkei planen wir ein alternatives Lebens- und Kulturprojekt, dessen Vorbereitungen im Gange sind. Wir nahmen an mehreren Demos und Treffen teil im Rahmen der Kampagne “Kardesime Dokunma” (eine Kampagne gegen staatliche Gewalt) und solidarisierten uns mit antimilitaristischen Aktivitäten und Militärdienstverweigerern.  
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'''Karakök Autonome schweiz:''' Ende Oktober 2008 nahmen wir an den kulturellen und praktischen Aktivitäten der „Anarchiewoche“ in Zürich teil, welche von den „Zürcher AnarchistInnen“ organisiert wurde. Im November 2008 organisierten wir gemeinsam mit einer weiteren Gruppe eine Anti-AKW-Demo in Zürich und in München beteiligten wir uns anfangs 2009 im „Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz“ und unterstützten aktiv die Anti-NATO-Aktivitäten. Die „Feministische Aktion“ der schweizer Sektion nahm am FrauenLesbenTreffen in Wien (April 2009) teil und veranstaltete dort u.a. einen Workshop zu neuen Ansätzen und Wirkungsweisen im Anarchafeminismus. Am 1. Mai 2009 marschierten wir in Basel innerhalb des Revolutionären Bündnisses und schlugen ein gemeinsames Transpi auf mit der Villa Rosenau und den Kurdischen Militärdienstverweigerern. Anschliessend öffneten wir im Zürcher Zeughausareal gemeinsam mit den Zürcher AnarchistInnen und der IWW unsere 1.Mai-Stände. An den StudentInnenprotesten an der Uni Zürich (April/Mai 2009) gegen eine von Konzerninteressen abhängige und ökonomisch orientierte universitäre Bildung beteiligten wir uns aktiv. Im Juni 2009 organisierten wir in Zürich innerhalb des Aktionsbündnisses die Demonstration “Festung Europa stürmen” mit, die am Internationalen Flüchtlingstag stattfand. Während der Demo spannten wir mit den Zürcher AnarchistInnen und der Tierrechtsgruppe Zürich ein gemeinsames Transpi auf. Desweiteren sind wir auf Radi LoRa mit einem monatlichen Programm auf Sendung, das wir zweisprachig (türkisch/deutsch) durchführen sowie hauptsächlich als Info-Plattform für die anarchistische und die breite revolutionäre und alternative Bewegung weltweit nutzen. 
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Nebst den praktischen politischen Aktionen legen wir Wert darauf, die eigene anti-autoritäre und freiheitliche Haltung auch im Alltag praktisch umzusetzen, sei es in familiären, freundschaftlichen oder Liebesbeziehungen, in Arbeits- oder Bildungsverhältnissen, in ökonomischen Beziehungen oder in unserem Verhältnis zu materiellen Besitztümern. Was eine von oben diktierte politische Revolution nützt, solange die soziale, psychologische und kulturelle Grundlage nicht dafür bereit ist, hat uns die Geschichte leider gezeigt. Auch hat uns die Geschichte gezeigt, dass alleinige soziokulturelle Bewegungen ohne die Einbindung in einen politischen, ökonomischen und ökologischen Kontext, langfristig genausowenig zu ändern vermag. Daher sollten wir beiden Seiten mindestens den gleichen Stellenwert zollen.
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Das Leben ist überall. Es zu befreien, liegt in unseren eigenen Händen.
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Lasst uns in unseren Köpfen und Herzen damit beginnen!  
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“Isyan! Devrim! Anarsi!” – “Widerstand! Revolution! Anarchie!”
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==Weblinks==
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http://www.karakok.org
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[[Kategorie:Vernetzung]]
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[[Kategorie:Istanbul]]
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[[Kategorie:Ankara]]
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[[Kategorie:Izmir]]
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[[Kategorie:Basel]]

Latest revision as of 16:16, 5 August 2009

SCHWARZE WURZELN SCHLAGEN

Datei:karakoklogo.jpg

Karakök Autonome schweiz - laydaran@immerda.ch

Karakök Autonome türkei - otonomkarakok@gmail.com


Im Mai 2007 sammelten sich AnarchistInnen in Istanbul erstmals unter dem Namen „Karakök Autonome“. Aufgrund des engen politischen und freundschaftlichen Austauschs mit den dortigen GenossInnen, beschlossen in der schweiz aktive AnarchistInnen, diesen Namen zu übernehmen. „Karakök“ bedeutet „Schwarze Wurzel“ und signalisiert einerseits das libertäre Spektrum, in welchem wir uns bewegen, als auch die Art und Weise, wie wir dies tun: wie ein dezentrales Wurzelgeflecht, nicht gestützt auf einen einzelnen Stamm oder eine Wirbelsäule, sondern geflechtartig zusammenhängend, gemeinsam stützend und verschiedenartige Strukturen hervorbringend: Äste, Blätter, Blüten.

Wie sind wir organisiert?[edit]

Wir verstehen uns nicht als Organisation nach klassischem Verständnis, sondern als ein Zusammenschluss von Individuen, die im Willen zur Kollektivität handeln. Die AktivistInnen unserer Gruppe vertreten keine einheitliche starre Denkweise oder Ideologie: unser gemeinsamer Nenner besteht darin, dass wir Herrschafts- und Machtstrukturen jeglicher Art ablehnen und für eine freie Welt kämpfen, für ein selbstverwaltetes, verantwortungsvolles und offenes Miteinander Aller. Gewisse gemeinsame Ziele oder Ansichten gibt es durchaus (auf die untenstehend näher eingegegangen wird), sie kamen jedoch in gemeinsamen Diskussionen oder durch gelebte Praxis auf und wurden nicht von einem “führenden Zentrum” als Programmpunkte aufgesetzt.

Die Karakök Autonome “gehört” niemandem, sie dient einzig und allein der Vernetzung und Organisierung zum Zweck, effektiver Veränderungen zu bewirken. Jede und jeder kann innerhalb dieses Namens frei den libertären Grundgedanken auf welche Art auch immer unterstützen, ohne dass alle anderen dies absegnen müssen. Niemand hat das Recht, über jemand anderen zu entscheiden, sie oder ihn zu führen oder zu kontrollieren. Auch ob und inwiefern man/frau Aktionen unterstützen will, ist jedem selbst überlassen und findet nicht auf Verpflichtung, sondern auf einer freiwilligen Ebene statt.

Wir handeln im Bewusstsein, bestehende, der Gesellschaft auferzwungene Strukturen über Bord zu werfen, und dabei nicht nur für die Zukunft Neues zu wünschen, sondern Neues bereits in unserem Weg dahin umzusetzen. Unser Widerstand gegen Herrschaft und Autorität kann nicht auf Regierungsstrukturen beschränkt werden, denn auch wir selbst sind Teil dieser Strukturen. Während unseres Widerstandes sollten wir daher das in uns verankerte System nicht ausser acht lassen, wenngleich sich dies oftmals als schwieriger erweist.

Dass wir Menschen sind, die einen gemeinsamen politischen Namen benutzen, heisst nicht, dass wir gleich denken müssen, um gemeinsam an einem Strang ziehen zu können, im Gegenteil: je mehr unterschiedliche Farben und Sichtweisen zusammenkommen, umso wirksamer kann die revolutionäre Bewegung neue Alternativen hervorbringen. Erst wenn jeder Mensch frei seine Individualität nach aussen tragen kann und nicht Mitglied einer lähmenden “Herde” sein muss - ohne dass dies jedoch Egoismus, fehlende Rücksichtnahme oder das Hervortreten von Führungsstrukturen bedeutet, sondern vielmehr Selbstverantwortung, ein kollektives und respektvolles, autonom organisiertes Miteinander ohne Machtstrukturen- erst dann können wir nicht nur von freien Individuen, sondern von einer freien Gesellschaft, einer freien Welt als Ganzes sprechen. Gerade eine funktionierende, autonome Kollektivität trotz all unseren Eigenheiten und unterschiedlichen Ansichten stellt doch die Welt dar, die wir uns wünschen. Indem wir bereits jetzt diese Welt in unseren Köpfen, in unserem Handeln und in unseren Umgangsformen erschaffen, entwickeln wir uns nicht nur politisch, sondern auch auf zwischenmenschlicher Ebene weiter und bauen dadurch Stück für Stück am praktischen Funktionieren einer Welt ohne kapitalistisch, feudal, patriarchalisch, religiös oder bürgerlich aufdiktierte Strukturen.

Ein weiterer Konsens besteht darüber, dass die Erschaffung von Helden und Idolen uns unweigerlich zu Populismus und Hierarchien sowie zur Lähmung eigenständigen Denkens führt. Die anarchistische Theorie kann niemandem “gehören”; sie entstand direkt aus dem Leben heraus und dient dazu, wieder ins Leben zurückzufliessen. Auch wenn Theorien wichtig sind zum Verständnis der Geschichte und der Gegenwart, so wird uns doch ein praktisches Handeln, welches sich einzig und allein an ihnen orientiert, nach rückwärts bewegen. Was uns weiterbringt, ist das scharfe Beobachten der Gegenwart, ihre Analyse und Lösungsansätze. Wir haben es uns daher zum Ziel gesetzt, eigenständig und frei von starren Denkstrukturen die aktuelle Situation zu beobachten und mit unserem Widerstand im Heute und im Morgen anzusetzen, direkt bei allen Hürden, die sich uns reell stellen.

Was machen wir?[edit]

Wir beteiligen uns an den unterschiedlichsten Kämpfen innerhalb des libertär-revolutionären Spektrums, sei es in Arbeitskämpfen, Öko- und Anti-Kriegs-Aktivitäten, Jugend-, Frauen- oder Queer-Bewegung. Auf der lokalen Ebene greifen wir aktuelle ortsspezifische Problematiken auf. Es kommt durchaus vor, dass wir uns hier in der schweiz auf ein bestimmtes Thema konzentrieren und die GenossInnen in der türkei mit einem völlig anderen. Oftmals stellen wir jedoch fest, dass sich diese sich zwar in ihren Symptomen unterscheiden, jedoch auf derselben Grundlage einer kapitalistischen, Hierarchien fördernden Welt voller Regeln, Zwänge, staatlicher Kontrolle und Repression basieren. Dies kann sich beispielsweise in Istanbul durch die Ermordung von Transsexuellen äussern, in Zürich hingegen in der Vereinnahmung der Queer-Bewegung durch den Staat und damit ihre Kontrolle und Schwächung. Beiden liegt eine intolerante und repressive Struktur zugrunde, obschon sie sich kulturell unterschiedlich manifestiert. Grossen Wert legen wir auf gegenseitige solidarische Unterstützung mit GenossInnen anderer Regionen. Wir arbeiten antinational mit anti-autoritären Gruppen und Netzwerken aus diversen Ländern zusammen. 2008 wurden Delegierte der Karakök Autonome aus der türkei und der schweiz an den 8. Kongress der IFA (Internationale der Anarchistischen Föderationen) eingeladen. Zum ersten Mal in der Geschichte der IFA waren somit AktivistInnen aus der türkei vertreten und berichteten über den Kampf und die Anliegen der Anarchistischen Bewegung im anatolischen Gebiet. Im Januar 2009 nahmen wir als Delegierte am diesjährigen Treffen der CRIFA (Kommission für Internationale Beziehungen der IFA) in Strasbourg teil.

Karakök Autonome türkei: In Istanbul nahmen wir 2008 und 2009 gemeinsam mit weiteren anarchistischen Organisationen an der 1. Mai-Plattform teil und demonstrierten als solche in Taksim. Nach der Ermordung der italienischen Friedensbotschafterin Pippa Bacca initiierten wir in der türkei gemeinsam mit weiteren Gruppen die Kampagne “Biz erkek degiliz” (“Wir sind keine Männer”), welche mit verschiedenen Aktionen das patriarchalische Männerbild anfocht. Desweiteren riefen wir zur Gründung einer Anatolischen Anarchistischen Föderation auf und führten mehrere Vorbereitungssitzungen durch, an welchen anarchistische Organisationen diverser Regionen teilnahmen. In Istanbul organisierten wir ein Symposium zum Thema “Sexualität und Revolution” sowie Filmtage. Im Süden der türkei planen wir ein alternatives Lebens- und Kulturprojekt, dessen Vorbereitungen im Gange sind. Wir nahmen an mehreren Demos und Treffen teil im Rahmen der Kampagne “Kardesime Dokunma” (eine Kampagne gegen staatliche Gewalt) und solidarisierten uns mit antimilitaristischen Aktivitäten und Militärdienstverweigerern.

Karakök Autonome schweiz: Ende Oktober 2008 nahmen wir an den kulturellen und praktischen Aktivitäten der „Anarchiewoche“ in Zürich teil, welche von den „Zürcher AnarchistInnen“ organisiert wurde. Im November 2008 organisierten wir gemeinsam mit einer weiteren Gruppe eine Anti-AKW-Demo in Zürich und in München beteiligten wir uns anfangs 2009 im „Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz“ und unterstützten aktiv die Anti-NATO-Aktivitäten. Die „Feministische Aktion“ der schweizer Sektion nahm am FrauenLesbenTreffen in Wien (April 2009) teil und veranstaltete dort u.a. einen Workshop zu neuen Ansätzen und Wirkungsweisen im Anarchafeminismus. Am 1. Mai 2009 marschierten wir in Basel innerhalb des Revolutionären Bündnisses und schlugen ein gemeinsames Transpi auf mit der Villa Rosenau und den Kurdischen Militärdienstverweigerern. Anschliessend öffneten wir im Zürcher Zeughausareal gemeinsam mit den Zürcher AnarchistInnen und der IWW unsere 1.Mai-Stände. An den StudentInnenprotesten an der Uni Zürich (April/Mai 2009) gegen eine von Konzerninteressen abhängige und ökonomisch orientierte universitäre Bildung beteiligten wir uns aktiv. Im Juni 2009 organisierten wir in Zürich innerhalb des Aktionsbündnisses die Demonstration “Festung Europa stürmen” mit, die am Internationalen Flüchtlingstag stattfand. Während der Demo spannten wir mit den Zürcher AnarchistInnen und der Tierrechtsgruppe Zürich ein gemeinsames Transpi auf. Desweiteren sind wir auf Radi LoRa mit einem monatlichen Programm auf Sendung, das wir zweisprachig (türkisch/deutsch) durchführen sowie hauptsächlich als Info-Plattform für die anarchistische und die breite revolutionäre und alternative Bewegung weltweit nutzen.

Nebst den praktischen politischen Aktionen legen wir Wert darauf, die eigene anti-autoritäre und freiheitliche Haltung auch im Alltag praktisch umzusetzen, sei es in familiären, freundschaftlichen oder Liebesbeziehungen, in Arbeits- oder Bildungsverhältnissen, in ökonomischen Beziehungen oder in unserem Verhältnis zu materiellen Besitztümern. Was eine von oben diktierte politische Revolution nützt, solange die soziale, psychologische und kulturelle Grundlage nicht dafür bereit ist, hat uns die Geschichte leider gezeigt. Auch hat uns die Geschichte gezeigt, dass alleinige soziokulturelle Bewegungen ohne die Einbindung in einen politischen, ökonomischen und ökologischen Kontext, langfristig genausowenig zu ändern vermag. Daher sollten wir beiden Seiten mindestens den gleichen Stellenwert zollen.


Das Leben ist überall. Es zu befreien, liegt in unseren eigenen Händen.


Lasst uns in unseren Köpfen und Herzen damit beginnen!


“Isyan! Devrim! Anarsi!” – “Widerstand! Revolution! Anarchie!”


Weblinks[edit]

http://www.karakok.org

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