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Kündigungsschutz

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Unter Kündigungsschutz versteht man gesetzlich festgelegte Regelungen, durch welche die Kündigung eines Vertrags verhindert oder erschwert werden.

Kündigungsschutz findet vor allem im Miet-, Versicherungsvertrags- und Arbeitsrecht Anwendung. Des weiteren kann das Familienrecht (Eherecht) als "Kündigungsschutz" angesehen werden, da auch hier persönliche, verhaltensmäßige und faktische Gründe (Trennung über ein Jahr bzw. über 5 Jahre) die Voraussetzung zur "Kündigung" darstellen.


Vor- und Nachteile eines Arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes

Vorteile

  • Soziale Stellung: Geschützt werden soll die durch eine Kündigung stärker betroffene Vertragspartei. Damit ist eine soziale Sicherheit für eine geregelte Arbeitsstelle garantiert.
  • Es entstehen für beide Seiten (Arbeitgeber wie Arbeitnehmer) eine langfristigere Planbarkeit und größere soziale Stabilität.
  • Bei stabilen Vertragsverhältnissen haben die Arbeitgeber ein größeres Interesse daran, in berufliche Fortbildungen der Mitarbeiter zu investieren. Insgesamt ergibt sich hieraus ein größeres Angebot an qualifizierten Arbeitskräften.
  • Die gesetzlichen Kündigungsfristen bieten höher qualifizierten Arbeitnehmern mehr Zeit, für ihre Qualifikationen passende Stellen zu finden. So wird die wirtschaftliche Ausnützung des vorhandenen Talentpools gebessert.
  • Ein Job-Hopping des Arbeitnehmers wird dadurch vermieden. Der Arbeitnehmer verliert durch den Stellenwechsel für mindestens 6 Monate seinen Besitzstandsschutz. Hierdurch wird ein schneller Wechsel zu dem Meistbietenden wirkungsvoll vermieden und das durchschnittliche Lohnniveau nur unwesentlich über das niedrige Tarifniveau gehalten.
  • Mitarbeiter können im Arbeitsvertrag gehalten werden und wandern nicht in ein höher dotiertes Werkvertragverhältnis (sog. "freier Mitarbeiter", Consultant,...) ab. Weitere Vorteile des Arbeitsvertrages gegenüber dem Werkvertrag außer eine durch Versicherung abdeckbare Haftungsverpflichtung sind mir nicht bekannt.
  • arbeitsrechtliche Kündigungen, die personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt begründet sind, lässt das deutsche Kündigungsschutzgesetz zu. Dieses Gesetz verhindert also keine begründete Kündigung, sondern schützt lediglich die Arbeitnehmer/innen vor Willkür seitens des Arbeitgebers. Beispiel: Sekretärin erhält die Kündigung nachdem sie sexuelle Avancen ihres Chefs zurückweist; das Kündigungsschutzgesetz macht derartige Kündigungen unwirksam, um Nötigung und Erpressung zu verhindern.

Nachteile

  • Unternehmen warten länger mit Einstellungen bis diese unvermeidbar sind bzw. bis ein vorteilhafteres Chancen-Risiko-Verhältnis gegeben ist (Risiken hier z.B. Weiterbeschäftigungspflicht trotz verschlechterter Auftragslage; andererseits Risiko des Nichtausschöpfens des Marktpotentials bei zu wenig (oder überlasteten) Mitarbeitern). Dies führt zu höherer Arbeitslosigkeit.
  • Kündigungsschutz als Standortfaktor: Multinationale Unternehmen könnten möglicherweise eher in Staaten mit geringem Kündigungsschutz Stellen schaffen als in Staaten mit hohem Kündigungsschutz.
  • Kündigungsschutz führt zur Weigerung der Unternehmen ältere Arbeitnehmer einzustellen, da aufgrund der Sozialauswahl ältere Arbeitnehmer nur sehr schwer wieder entlassen werden können. Ähnliches gilt bei der Einstellung von Frauen in gebärfähigem Alter.
  • Die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit für den Einzelnen steigt, während in Ländern ohne Kündigungsschutz nach einer Entlassung auch relativ schnell wieder eine Einstellung erfolgt. Die Belastung der Arbeitslosigkeit für den Einzelnen ist also höher.
  • Strukturkonservativ: Eine Erneuerung der Wirtschaftsstruktur (z. B. eine Verschiebung vom 1. zum 3. Sektor) wird ausgebremst.
  • Die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen wird geschwächt, da weniger Lohnwettbewerb stattfindet.
  • Insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit wird verstärkt, da eine Einstellung von Jungen ein zu grosses Risiko birgt, zu lange auf einem unproduktiven Arbeitnehmer zu "sitzen" (Empirisch findet das z.B. in Frankreich, Südkorea und Deutschland statt)
  • Nach einer Studie des Ifo-Instituts steigt bei starrem Kündigungsschutz (wie in Deutschland) die Beschäftigungsschwelle

Kündigungsschutz im deutschen Arbeitsrecht (Gesetzliche Regelungen)

Gesetzliche Regelungen

Kündigungsschutzrechtliche Regelungen sind in zahlreichen Gesetzen verstreut und vor allem durch die umfangreiche Rechtsprechung weiter entwickelt worden. Die umfangreiche Weiterentwicklung beruht vor allem darauf, dass ein Arbeitnehmer zwar die Möglichkeit hat, seinen Arbeitsplatz zu wechseln, jedoch hat er, von Ausnahmen abgesehen, keine Möglichkeit das Beschäftigungsverhältnis von sich aus zu kündigen, ohne dabei seinen Anspruch auf Sozialleistungen (insbes. Arbeitslosengeld) zu verringern. Die Möglichkeit der Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses bleibt dem Arbeitgeber vorbehalten. Damit der Arbeitgeber nicht allzuoft und allzu offensichtlich von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, mussten die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen immer weiter ausgebaut werden. Die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen werden durch zahlreiche tarifvertragliche Regelungen und gegebenenfalls auch einzelvertragliche Bestimmungen ergänzt. Der Kündigungsschutz umfasst Regelungen, die

  • für den Ausspruch einer Kündigung bestimmte Formen (Schriftform gem. § 623 BGB) oder Fristen (zwei Wochen nach Kenntnis des Vertragsverstoßes für die fristlose Kündigung gem. § 626 Abs. 2 BGB) verlangen;
  • vom Ausspruch der Kündigung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Einhaltung von Mindestfristen vorsehen (vgl. Kündigungsfristen im Arbeitsrecht);
  • die grundsätzlich freie Kündigungsmöglichkeit für den Arbeitgeber dadurch einschränken, dass nur bestimmte Gründe eine Kündigung rechtfertigen können (hier vor allem durch die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes [1]);
  • in Betrieben mit Betriebsrat (im öffentlichen Dienst: Personalrat, im kirchlichen Bereich: Mitarbeitervertretung) die Kündigung von einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats vor Ausspruch einer Kündigung abhängig machen (v.a. Template:Zitat de § BetrVG [2]);
  • eine Kündigung bestimmter Personen oder Arbeitnehmer mit bestimmten Funktionen generell verbieten oder von der Genehmigung einer staatlichen Behörde oder der Zustimmung des Betriebsrats abhängig machen (so genannter "Sonderkündigungsschutz");
  • eine Kündigung aus bestimmtem Anlass verbieten (z.B. Kündigung wegen Betriebsübergang, vgl. § 613a BGB) oder wegen eines bestimmten Motivs (z.B. Maßregelungsverbot gemäß § 612a BGB).
  • die Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter bei betrieblichen Kündigungen vorschreiben. (die sogenannte Sozialauswahl)

Kündigungsschutz im deutschen Mietrecht

1.)Auch hier müssen persönliche (Bruch des Vertrauensverhältnisses - hier schon durch Bildung eines Mieterrates), verhaltensmäßige Gründe zur außerordentlichen Kündigung und Bedarfsgründe (Eigenbedarf, Verwertung) zur ordentlichen Kündigung vorliegen.

2.)Weiterhin kann der Mieter sich auf die Sozialklausel berufen, wenn gesundheitliche Gefährdung oder Obdachlosigkeit durch die Kündigung droht, oder durch eine Behinderung geeigneter barrierefreier Ersatzwohnraum nicht beschaffbar ist. Hierbei hat das Vermieterinteresse Vorrang, da das Grundgesetz zwar ein Recht auf Eigentum, nicht aber ein Recht auf Obdach gewährt. Andersartige denkbare Gesetzesänderungen wären somit verfassungsdiskonform und würden vom Bundesverfassungsgericht kassiert.

3.)Bei Wohnungsknappheit oder Schwierigkeit bei der Ersatzwohnungsbeschaffung kann jeder Mieter - auch nicht sozial schwache - eine Räumungsfrist gemäß Template:Zitat de § ZPO beantragen. In der Regel werden 3-7 Monate zuzüglich zur Kündigungsfrist nach BGB gewährt. Dies liegt allerdings im freien Ermessen des Richters. Ein Rechtsanspruch auf eine relevante Räumungsfrist besteht nicht.

4.) Außerdem besteht seit 1999 mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung ein Kündigungsschutz durch Insolvenz, den es in der alten Konkursordnung nicht gab.

Kündigungsschutz im deutschen Versicherungsrecht

Template:Überarbeiten Hier sind ausschließlich außerordentliche Gründe zur wirksamen Kündigung seitens des Versicherers zugelassen: Zahlungsrückstand und versuchter Versicherungsbetrug. Somit ist für den Versicherer in der Regel eine Kündigung des Vertrages nicht möglich, d.h. es liegt hier ein vollständiger Kündigungsschutz vor.

Seltsamerweise liegt der vollständige Kündigungsschutz auch bei denen Versicherten vor, die sich von der Versicherungspflicht befreien ließen und auf ein günstigeres Angebot auf dem freien Versicherungsmarkt eingegangen sind.

Kündigungsschutz im schweizerischen Arbeitsrecht

Die Kündigung von Arbeitsverträgen ist im Schweizerischen Obligationenrecht (OR) geregelt.

Kündigung bei befristetem Arbeitsverhältnis

Das Arbeitsverhältnis endet ohne Kündigung durch Zeitablauf (OR 334 Abs. 1).

Kündigung bei unbefristetem Arbeitsverhältnis

  • während der Probezeit (die Probezeit beträgt mindestens einen, maximal drei Monate) beträgt die Kündigungsfrist 7 Tage (OR Art. 335b)
  • im ersten Dienstjahr beträgt die Kündigungsfrist einen Monat
  • im zweiten bis neunten Dienstjahr beträgt die Kündigungsfrist zwei Monate
  • nachher beträgt die Kündigungsfrist drei Monate (OR 335c Abs. 1)

Grundsätzlich kann schriftlich vereinbart werden, dass die Kündigungsfrist abgeändert wird. Sie muss aber, ausser bei Gesamtarbeitsverträgen und im ersten Dienstjahr, mindestens einen Monat betragen (OR 335c Abs. 2). Unterschiedlich lange Kündigungsfristen für den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sind in der Regel nicht zulässig (OR 335a).

Formvorschriften: eine Kündigung ist an keine spezielle Form gebunden; Schriftlichkeit wird jedoch empfohlen. Auf Verlangen ist dem Gekündigten eine schriftliche Begründung der Kündigung auszuhändigen (OR 335 Abs. 2)

Missbräuchliche Kündigung (OR 336)

Eine Kündigung von Arbeitgeber- wie von Arbeitnehmerseite ist missbrächlich, wenn sie aus folgenden Gründen ausgesprochen wird:

  • wegen einer persönlichen Eigenschaft, welche keinen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis hat (z.B. Hautfarbe)
  • wenn eine Partei ein ihr zustehendes, verfassungsmässiges Recht ausübt
  • wenn die Kündigung nur aus demjenigen Grund ausgesprochen wurde, um die Entstehung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln
  • wenn eine Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht

Im weiteren ist eine Kündigung missbräuchlich, wenn sie vom Arbeitgeber aus folgenden Gründen ausgesprochen wird:

  • wenn der Arbeitnehmer einem Arbeitnehmerverband angehört oder nicht angehört
  • während der Arbeitnehmer gewählter Arbeitnehmervertretung in einer betrieblichen angeschlossen ist und der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er einen genügenden Anlass zu Kündigung hatte
  • wenn bei Massenentlassungen die Arbeitnehmervertretung nicht konsultiert wurde.

Folgen einer missbräuchlichen Kündigung

Pflicht zur Zahlung eines Schadenersatzes, welcher maximal sechs Monatslöhne beträgt. Die Höhe wird durch das Gericht festgelegt. Für den Arbeitnehmer ist das arbeitsgerichtliche Verfahren kostenlos.

Kündigungsschutz (OR 336c)

Dem Arbeitnehmer darf nicht gekündigt werden

  • bei Militärdienst oder Zivildienst sowie vier Wochen vorher und nachher
  • während (unverschuldeter) Krankheit oder Unfall im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, im zweiten bis fünften Dienstjahr während 90 Tagen und ab dem sechsten Dienstjahr während 180 Tagen. Anschliessend ist eine Kündigung ohne weiteres möglich.
  • während der Schwangerschaft sowie 16 Wochen nach der Geburt
  • während dem der Arbeitnehmer an einer Hilfsleistung im Ausland teilnimmt, sofern diese Hilfsleistung durch eine Bundesbehörde angeordnet wurde und der Arbeitgeber zugestimmt hat.

Eine Kündigung zu diesen Unzeiten ist nichtig. Erfolgte die Kündigung vorher, so wird die Kündigungsfrist unterbrochen.

Fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Ein Arbeitsverhältnis kann durch Vereinbarung, d.h. wenn sich beide Parteien einig sind, jederzeit aufgelöst werden (analog OR 115). Im Weiteren wird das Arbeitsverhältnis beim Tod des Arbeitnehmers beendet. In diesem Fall muss der Arbeitgeber den Hinterbliebenen noch einen Monatslohn, nach fünf Dienstjahren zwei Monatslöhne auszahlen (OR 338). Von der fristlosen Kündigung ist die Freistellung eines Arbeitnehmers zu verstehen. Bei einer (sofortigen) Freistellung wird der Arbeitnehmer von sämtlicher Arbeitspflicht entbunden, erhält aber bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist den vereinbarten Lohn weiterhin ausbezahlt.

Eine fristlose Kündigung ist zulässig bei einem wichtigen Grund, wobei ein wichtiger Grund dann gegeben ist, wenn nach Treu und Glauben das Weiterführen des Arbeitsverhältnis nicht mehr zugemutet werden kann. (OR 337) Die Gerichtspraxis hat folgende Sachverhalte als wichtige Gründe eingestuft: Begehung eines Verbrechens, Illoyalität (z.B. Konkurrenzierung des Arbeitgebers), falschen Angaben bei der Stellenbewerbung, Unkorrektheiten (z.B. trotz Abmahnung wiederholtes zu-spät-kommen), Drohung (z.B. ein Firmengeheimnis zu verraten).

Kommentar

Gewerkschaften können mit den Arbeitgebern Gesamtarbeitsverträge aushandeln, welche den Arbeitnehmern bessere Konditionen einräumen als die gesetzlichen Regelungen. Besondere Bedingungen bestehen auch für Angestellte der Bundesverwaltung. (Bundespersonalgesetz). Obwohl oder gerade deshalb, dass der Arbeitnehmerschutz im Vergleich zu umliegenden Staaten eher schwach ausgebildet ist, beträgt die Arbeitslosigkeit im Durchschnitt nur etwa 4 %. Ebenfalls sind Streiks und Arbeitskämpfe eher selten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die so genannten Sozialpartner, sind in den meisten Fällen bemüht, Arbeitskonflikte durch Verhandlungen gütlich beizulegen. Diese Sozialpartnerschaft hat Tradition; sie wurde in den 1930er Jahren als Reaktion auf den bevorstehenden 2. Weltkrieg geschaffen und hat sich bis heute bewährt. Eine weitere Besonderheit des schweizerischen Arbeitsrechtes ist es, dass bei Massenentlassungen kein gesetzlicher Anspruch auf einen Sozialplan besteht. Wenn ein solcher trotzdem angeboten wird, so geschieht das oft auf freiwilliger Basis oder (bei solventen Arbeitgebern) auf mehr oder weniger sanften Druck der Gewerkschaften bzw. der öffentlichen Meinung.

Siehe auch

Contrat première embauche

Weblinks

Kategorie:Individualarbeitsrecht Kategorie: Mietrecht Kategorie: Versicherungsrecht


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