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Georg Elser

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Georg Elser war ein Widerstandskämpfer, der am 4.1.1903 in Hermaringen geboren und am 9.4.1945 im KZ Dachau ermordet wurde. Elser gewann schon 1936 die Überzeugung, dass Hitler einen neuen Weltkrieg herbeiführen werde. Seit Sommer 1938 war er sich durch Beobachtungen der Aufrüstung und Hitlers ständiger Konflikts-Politik gegen Nachbarstaaten sicher, dass ein Krieg nur durch die Beseitigung der politischen Führung verhindert werden könne. Elser suchte einen Weg, Hitler und seine Führungskräfte nachhaltig zu beseitigen. Die entscheidende Einsicht gewann er im November 1938 bei der Besichtigung des Bürgerbräukellers in München, wo Hitler jedes Jahr am 8. November mit den „alten Kämpfern“ des Putsches von 1923 den fehlgeschlagenen Putsch feierte. Als Elser im August 1939 nach München übersiedelte, um den Anschlag vorzubereiten, hatte Deutschland am 1. September den Zweiten Weltkrieg durch den Angriff auf Polen bereits begonnen.

Elser installierte in drei Monaten Nachtarbeit im Pfeiler hinter Hitlers Rednerpult eine Bombe. Er ließ sich dafür nach 22 Uhr in den unbewachten Saal einschließen und bohrte auf der Altane im ersten Stock mit einfachen Werkzeugen eine Sprengkammer in den Pfeiler hinter Hitlers Rednerpult. Den Sprengapparat mit zwei Pendeluhren einer Schwarzwälder Uhrenfabrik (Villingen) konstruierte er selbst, was die Gestapo lange nicht glauben wollte. Um der Gestapo seine Fähigkeiten zu beweisen, ließ Elser sich noch einmal alles Material geben. In kurzer Zeit baute er unter strengster Aufsicht der Gestapo den Sprengapparat nach, allerdings leider ohne Sprengstoff.

Elser bewies dabei seine hohe Präzision und handwerkliche Souveränität, indem er alle Maße noch auswendig kannte, bis auf den Millimeter. Zweifellos ist diese Leistung so hoch zu bewerten wie die Leistung eines Forschungsingenieurs. Kurz bevor der Sprengapparat am 8. November um 21.20 Uhr explodierte und die ganze Decke zum Einsturz brachte, hatte Hitler den Bürgerbräukeller verlassen. Die Explosion verfehlte ihn und die ganze Führungsgruppe der Nazis nur um 13 Minuten. Gewöhnlich sprach Hitler zwei Stunden, dieses Jahr nur eine Stunde, weil er sofort mit seinem Sonderzug die Nacht durch nach Berlin zurückfahren wollte. Zur gleichen Zeit, während Hitler in München seine Zuhörer gegen England aufstachelte und den Zweiten Weltkrieg herbeischrie, versuchte Elser bei Konstanz, in die Schweiz zu gelangen. Er wurde Opfer einer vom Grenzschutz bei Kriegsbeginn eingerichteten Lichtfalle. In seiner Jackentasche fanden die Grenzer eine Postkarte des Bürgerbräukellers, Teile eines Zeitzünders und Spionagematerial, die den Grenzgänger aber erst später verdächtig machten. Elser wurde an die Gestapo nach München überstellt und dort nach langer, schwerer Folterung, unter anderem durch Heinrich Himmler persönlich, zu einem Geständnis gezwungen. Andernfalls wäre er totgeschlagen worden.

Unlängst erhoben zwei Berliner Professoren (Steinbach/Tuchel) den Vorwurf, die persönliche Folterung durch Himmler stelle eine "Nachkriegsdämonisierung" dar, deren Opfer der Biograph Hellmut G. Haasis geworden sei. Danach ist es Haasis gelungen, durch das Scannen der Fotos des Gestapo-Erkennungsdienstes ein tiefes Hämatom unter Elsers linkem Auge digital nachzuweisen.

Die Gestapo suchte in endlosen Verhören nach den Hintermännern, die sie auf Anweisung Hitlers im britischen Geheimdienst SIS finden sollte. Hitler und Himmler wollten nicht glauben, dass Elser allein gehandelt hatte; er müsse Drahtzieher, Geldgeber und Materiallieferanten gehabt haben. Alles ein Irrtum – ein Umstand, der später Jahrzehnte lang auch die Historiker unheilbar verwirrte. Den entscheidenden Schlag, der mit Sicherheit den Weltkrieg samt Holocaust, Krankenmorden und weiteren Massenmorden verhindert hätte, hatte ein Handwerker allein geplant und ausgeführt. Elser hatte früher zwar immer die KPD gewählt, in Ermangelung einer anderen Partei für die kleinen Leute, aber außer der Holzarbeitergewerkschaft gehörte er keiner politischen Organisation an. Elsers noch immer wirkende Gegner halten sich seit einigen Jahren an seiner Anstecknadel des Rotfrontkämpfer Bundes auf. Aber selbst die Gestapo, die Elser als Befehlsempfänger von Moskau überführen wollte, vermochte keine Mitarbeit Elsers bei Aufstandsvorbereitungen oder ähnlichem nachzuweisen. Er war nur einem Freund zuliebe eingetreten und hatte ihm 30 Pfennige Beitrag pro Monat bezahlt. Eine Furcht erregende Summe für die Gefährdung von Nationalsozialismus und Kapitalismus. Daraus leiten heute widerstandsfeindliche, latent antidemokratische Kreise die Berechtigung ab, Elser als Terroristen herunterzumachen.

 Also nur dieser Einzelne hatte früh erkannt, dass der Kriegstreiber und grenzenlose Mörder Hitler und seine Führungsgruppe bloß mit Gewalt gestoppt werden konnten. Zur selben Zeit gab sich die später recht schmale Militäropposition noch immer als begeisterte Hitler-Anhänger. Die Erkenntnis, dass Hitler mit einem Anschlag beseitigt werden müsse, dämmerte selbst nach der Niederlage von Stalingrad (Januar 1943) nur einer kleinen Gruppe führender Militärs. Auch dann noch wurde unerträglich lange gezögert, der Anschlag ständig verschoben. Angeblich sei die Stimmung im desinformierten und von der Gestapo terrorisierten Volk noch immer nicht günstig. Schließlich trieb die ängstliche christlich-konservative Opposition quer (Kreisauer Kreis), so gut sie konnte. So kam es zu Stauffenbergs Anschlag erst am 20. Juli 1944, peinlich spät, sozusagen fünf Minuten vor zwölf. Geschlagene viereinhalb Jahre nach dem ungeliebten Schreiner von der Schwäbischen Alb. Elsers Tat passte der Nachkriegsgesellschaft in keine ideologische Schublade. Elsers Biograf Hellmut G. Haasis interpretiert aufgrund des politischen Verhaltens und der Aussagen von Zeitgenossen Elser als einen libertären Sozialisten.

Elser wurde in der zweiten Jahreshälfe 1940 oder Anfang 1941 als „Sonderhäftling des Führers“ ins KZ Sachsenhausen eingeliefert und im Februar 1945 vor der Roten Armee nach Dachau verlegt. Hitler hatte geplant, Elser nach dem Krieg in einem Schauprozess als Kronzeugen zu verwenden. Weil Elser sich jedoch konstant weigerte, bei dieser Farce mitzuspielen, musste der von Roland Freisler geplante Hochverratsprozess 1942 aufgegeben werden. Am 9. April 1945 – kurz vor Kriegsende - wurde der schwäbische Schreiner im KZ Dachau ermordet. Theodor Heinrich Bongartz (SA und SS-Mitglied seit 1928 aus Krefeld) richtete Georg Elser auf Befehl von Hitler und Himmler nachts mit einem Genickschuss hin. Erst Ende der 1970er Jahren begann langsam die Anerkennung Elser als des fähigsten Widerstandskämpfers gegen Hitlers Regime. Seit 1995 existiert in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand (Berlin) eine Sonderabteilung für Georg Elser. Eine Wanderausstellung kursiert durch interessierte deutsche Städte.

Zitat Georg Elser nach dem Verhörprotokoll der Gestapo Berlin: "Die seit 1933 in der Arbeiterschaft von mir beobachtete Unzufriedenheit und der von mir seit Herbst 1938 vermutete unvermeidliche Krieg beschäftigten stets meine Gedankengänge. Ich stellte allein Betrachtungen an, wie man die Verhältnisse der Arbeiterschaft bessern und einen Krieg vermeiden könnte. Die von mir angestellten Betrachtungen zeitigten das Ergebnis, dass die Verhältnisse in Deutschland nur durch eine Beseitigung der augenblicklichen Führung geändert werden könnten."


Literatur

  • Peter-Paul Zahl: Johann Georg Elser. Ein deutsches Drama; Bühnenstück, Trotzdem Verlag, Grafenau 1996; (uraufgeführt im Naturtheater Heidenheim, Regie: Peter-Paul Zahl).
  • Hellmut G. Haasis: Den Hitler jag' ich in die Luft. Der Attentäter Georg Elser, Rowohlt-Verlag, Berlin 1999. Vollständig überarbeitete Ausgabe, Nautilus Verlag Hamburg 2009 (5. Aufl.) 400 S. ISBN 9787-3-89401-606-7
  • Hellmut G. Haasis: Georg Elser. Ein schwäbischer Kriegsgegner. Eine Einführung mit Grafiken von Uli Trostowitsch. Klemm & Oelschläger, Münster-Ulm 2012. 120 S. ISBN 978-3-86281-043-7
  • Hellmut G. Haasis: Georg Elsers Attentat im Spiegel der NS-Presse und des Schweizer Journalismus. Regionale Aspekte zum Anschlag im Bürgerbräu am 8. November 1939, in: Andreas Grießinger (Hg.): Georg Elser. Verfolgte – Flüchtlinge – Opportunisten, Konstanz UVK 2000, S. 91-114 (darin Wortlaut von 3 interessanten Schweizer Zeitungsartikeln)
  • Hellmut G. Haasis: Georg Elser schwäbisch bei der Gestapo. Ein Stück mit 20 Szenen. Paris Reutlingen usw., Freiheitsbaum, 2007. 4. Aufl. 2010 ISBN 3-922589-31-6
  • Hellmut G. Haasis: Georg Elser ein libertärer Sozialist. in: Neues Deutschland, 9. November 2009. http://haasis-wortgeburten.anares.org/elser/elser3a.php
  • Steinbach, Peter / Tuchel, Johannes: Georg Elser: der Hitler-Attentäter. Berlin, be.bra-Verl., 2010. 368 S. ISBN 978-3-89809-088-9 (darin findet sich Elsers Gestapoverhör von 1939 komplett nachgedruckt)


Elser, Georg

Film

  • Der Attentäter von Hans Gottschalk (1926-2010), Regie: Rainer Erler (geb. 1933), Elser: Fritz Hollenbeck (geb. 1929) (SDR 1969, 90 min.) (in youtube ist der ganze Film in 7 Teilen zu sehen).
  • Georg Elser, von Klaus Maria Brandauer 1989

Gedenkstätte

  • Georg-Elser-Gedenkstätte in Königsbronn/Baden-Württemberg (seit 1997)

Weblinks

Kategorie:Personen