Still working to recover. Please don't edit quite yet.

Carl Einstein

Aus <a href="http://deu.anarchopedia.org/Carl_Einstein">Anarchopedia</a>, dem offenen Wissensportal für und von AnarchistInnen
Jump to: navigation, search
Carl Einstein
Die Auseinandersetzung mit Themen wie Ideologie- und Sprachkritik in Kunst und Literatur interessieren eigentlich nur Intellektuelle und hat mit den sozi-ökonomischen Auseinandersetzungen in der uns umgebenden Welt nichts zu tun und ob jemand seinen „frühen, noch der Dekadenz verpflichteten Fragmentarismus durch die Synthese von primitiver Kunst und Kubismus überwindet“ ist für die Fragen des alltäglichen Lebens höchst unwichtig und von daher eigentlich hier nicht der Erwähnung wert


Und jene sich „Anarchisten“ nennende KünstlerInnen, die sich auf das Unvorgesehene, Spontane, Chaotische auf das Kreative, die Verweigerung und soziale Utopie des Anarchismus berufen, entziehen sich in der Praxis in der Regel jeglicher persönlichen Verantwortung , nutzen freie Räume für eigene Karrieren, denunzieren den Stoff, aus dem andere ihre Träume, Hoffnungen und Kämpfe machen… Um so mehr seien die wenigen zu nennen, die bereit sind, ihre Tätigkeiten z.b. in Kunst und Literatur hinten an zu stellen in dem Strom der praktischen Auseinandersetzung einer revolutionären Situation – ja in der Revolution den künstlerischen Akt zu sehen, der alles bis da sich Kultur schimpfende in Rauch und Leidenschaft auflöst um dann die Revolution wieder abzulösen durch eine Neuorientierung der Kunst, die sich im Leben jedes Menschen wieder findet und gleichzeitig auflöst---


Zu nennen also hier endlich: Carl Einstein, kein eingetragener Anarchist, aber bis zu seinem Freitod 1940 einer, der so gehandelt hat– und darauf kommt es an. Zum Ende des ersten Weltkrieges, durch den er zum glühenden Antimilitaristen wurde, beteiligte er sich u.a. an der Seite von Erich Mühsam und Gustav Landauer an der Räterepublik. Das blutige Vorgehen von Militär und Polizei unter der sozialdemokratischen Ebert-Regierung 1918/19 gegen die aufständischen ArbeiterInnen lässt ihn jeden Anflug von Pazifismus vergessen, überzeugt ihn eher von der notwendigen Selbstverteidigung der Unterdrückten. Er beschreibt die Sozialdemokraten als herrschaftsstabilisiernd und konterrevolutionär, nationalistische Politik widert ihn mehr und mehr an. Und er beschreibt die Lächerlichkeit und Wirkungslosigkeit der Intellektuellen. In „Fabrikation der Fiktionen“ nennt er sie unverbindlich, pseudoradikal, selbstüberschätzend, arrogant, narzisstisch --- durch ihre „Ästhetisierung“ reaktionär und macht sie für die Situation in Deutschland ab 1933 mitverantwortlich. Er hofft auf eine soziale Revolution, die auch eine Revolution des Bewusstseins, der radikalen kulturellen Veränderung sein soll Ein neuer geistiger Stil ist nur nach einer Revolution möglich, die abgeänderte soziale Tatsachen schafft und andere menschliche Typen hervorbringt … und glaubt sie im Spanien des Jahres 1936 zu finden

Das Hotel Colon, gegenüber der Catedrale und am Eingang zum Barrio Gotico, war in dieser Zeit Stützpunkt der Kommunisten. Nur wenige Meter weiter links, über den Plaza de Antoni Maura, die Via Laietana --- das Centralkomitee der CNT-FAI. Einstein wollte sich bei den kommunistischen Brigaden zum Kampf gegen die Faschisten beteiligen, doch verirrt sich bei der CNT – und bleibt. Er lernt neben deutschen Anarchosyndikalisten auch Emma Goldmann und Bonaventura Durutti kennen und schliesst sich ihnen mit steigender Euphorie an . Zum ersten Mal sieht er all seine eigenen Kompetenzen ernst und wichtig genommen.In einem späteren Brief an Pablo Picasso schreibt er von der schönsten Entscheidung seines Lebens, und betont den Zauber einer umfassenden Revolution. Wirtschaftlich, politisch und sozial. Für ihn war es die besondere Bedeutung, die Kultur, Erziehung und Bildung zugestanden wurde und dies mit der individuellen Freiheit und gleichzeitigen Solidarität . Er geniesst es als Gleicher bei Gleichen gesehen zu werden und für ihn wurde es dadurch auch selbstverständlich, seine Kenntnisse weitergeben zu können, ohne daraus irgendeinen Anspruch abzuleiten. Doch die Kämpfe wurden härter, grausamer und militärischer. Der menschenverachtenden blutigen Walze der Faschisten wurde mehr und mehr auf ähnliche Weise begegnet. Simone Weil, wie Carl Einstein in der selben Kolonne, der „Kolonne Durutti“ hatte sich schon einige Zeit zuvor desillusioniert aus den täglichen Kämpfen zurückgezogen, Carl Einsteins Glaube an eine soziale Revolution schwand bei jeder Erschiessung tatsächlicher oder nur vermeintlicher „Spitzel“ durch die noch vorher von ihm schwärmerisch beschriebenen Milizen. Er fiel mehr und mehr in Depressionen, nun zog auch er sich langsam zurück – auch wenn er weiterhin in der CNT blieb. „Carl hat so verdammt recht ,aber er begeht Unrecht, wenn er die Genossen dafür verantwortlich macht.“ Carl Einstein beginnt wieder zu schreiben, „die Geschichte des Bürgerkriegs in Russland“ Einige berichten noch, dass er weiterkämpfte, dann verwundet wurde . Belegt ist, dass er auf dem Weg nach Paris wie alle anderen KämpferInnen aus Spanien einige Zeit in ein Internierungslager kam. Hinter sich nun mehr die Etablierung der Diktatur in Spanien, vor sich die deutschen Faschisten und die Gestapo, wählt er 1940 den Freitod. Es war wohl die Einheit zwischen Leben und Arbeit, der Drang, auch die Rolle der Intellektuellen in und nach revolutionären Entwicklungen neu zu bestimmen, der ihn auch heute noch aktuell bleiben lässt --- er, der immer wieder die Bereitschaft forderte, sich in den Kämpfen mit den Kämpfen zuständig zu erklären, er, der kritisierte und aufforderte, die jeweiligen literarischen und sonstigen „künstlerischen“ Tätigkeiten in dieser Zeit zugunsten der Tätigkeit des Handelns mit den anderen aufzugeben, ist heute wenig bekannt --- und hier droht er wieder den „Intellektuellen“ in die Hände zu fallen, jenen, von denen er schon damals geschrieben hat „Die Intellektuellen haben immer vom Abenteuer gesprochen, und wenn es dann kommt, vermeiden sie es um jeden Preis.“