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Anarchistische Plattform

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Allgemeines

Auch als Organisationsplattform der Allgemeinen Anarchistischen Union bekannt.

Die Anarchistische Plattform wurde 1926 von den Revolutionären der Allgemeinen Anarchistischen Union (Dielo Truda), Nestor Machno, Ida Mett, Peter Arschinoff u.a. ausgearbeitet, als Reflektion über die Niederlage der Anarchisten und Anarchistinnen in der Ukraine. Sie war ein Versuch, die anarchistische Bewegung zu organisieren, da die fehlende Organisation als der Grund für die Niederlage angesehen wurde. Es handelt sich dabei also um einen Versuch, eine stärkere anarchistische Bewegung zu gründen, um nicht die Fehler der Ukraine zu wiederholen. Die Plattform ist daher ein historisches Dokument, das aus den Erfahrungen von RevolutionärInnen entstanden ist. Obwohl die Plattform nur ein Entwurf sein sollte und daher einige Mängel aufweist (die die Autoren jedoch selbst anführen), hatte sie einen gravierenden Einfluss auf die internationale anarchistische Bewegung und hat dazu geführt, dass anarchistisch kommunistische Gruppierungen zu einer stärkeren Organisation übergingen (ohne dabei jedoch ihre anarchistischen Prinzipien zu verwerfen).

Die Autoren der Plattform waren Veteranpartisanen der Russischen Revolution. Sie halfen einen Guerillakrieg der Kleinbauern und –bäurinnen gegen die westlich europäischen Armeen zu führen und später gegen die Bolschewiken der Ukraine, dessen Bewohner eine unabhängige Geschichte von jener des russischen Imperiums hatten. Deshalb sprachen die Autoren der Plattform mit Sicherheit aus einer Fülle von Erfahrungen und innerhalb ihres historischen Kontextes in einer ihrer Ära zentralsten Kämpfe. Aber das Dokument macht wenig Fortschritt in seiner Ankündigung Klassenkampfanarchistinnen und -anarchisten zu vereinen und ist sehr still in der Analyse oder dem Verständnis von zahlreichen Schlüsselfragen, welche Revolutionärinnen und Revolutionäre dieser Zeit betroffen haben, etwa die Unterdruckung von Frauen oder durch den Kolonialismus.

Obwohl die meisten heutigen anarchistisch kommunistisch orientierten Organisationen behaupten, von der Plattform beeinflusst zu sein, kann diese in retrospektive als ein pointiertes Statement gesehen werden, das aus dem Sumpf heraus entstanden ist, in den der Anarchismus nach der Russischen Revolution gefallen ist. Als ein historisches Projekt werden die Vorschläge und Grundideen der Plattform von individualistischen Tendenzen innerhalb der anarchistischen Bewegung zum Großteil abgelehnt, missverstanden aufgrund von Sprachbarrieren wie manche behaupten (Skirda, 186), oder hat nie unterstützende Elemente oder Organisationen erreicht, die sich um dieses Dokument herum hätten vereinen können. 1927 hielt die Gruppe Dielo Trouda eine kleine internationale Konferenz der Unterstützer in Frankreich, aber diese wurde schnell von den Behörden aufgelöst.

Einleitung

Anarchisten! Es ist denkwürdig, dass, ungeachtet der Kraft, positiven Ausstrahlung und unbestreitbaren Gültigkeit anarchistischer Ideen, ungeachtet der Gradlinigkeit und Integrität anarchistischer Positionen in der sozialen Revolution, ungeachtet des Heldenmuts und der zahllosen Opfer, die Anarchisten im Kampf für den anarchistischen Kommunismus erbracht haben, dass ungeachtet all dessen die anarchistische Bewegung immer schwach geblieben ist; in der Geschichte des Kampfes der Arbeiterklasse war sie meist ein unbedeutender Fakt, aber kein handelnder Faktor.


Die Prinzipien der anarchistischen Organisation

Die Plattform verkörpert eine bestimmte ideologische und taktische Richtung und ist das Minimum, auf das sich alle Teilnehmer der organisierten anarchistischen Bewegung unbedingt einigen müssen.

Es ist die Aufgabe der Plattform, alle gesunden Kräfte der anarchistischen Bewegung in einer vereinten, aktiven und dauerhaft agierenden Organisation um sich zu scharen, in der Allgemeinen Anarchistischen Union. Alle anarchistischen Aktivisten müssen ihre Kräfte in die Schaffung dieser Organisation einbringen.

Die grundlegenden organisatorischen Prinzipien der Allgemeinen Anarchistischen Union sind wie folgt:

1) Einheit der Ideologie

Die Ideologie ist eine Kraft, die die Aktivität einzelner Personen und einzelner Organisationen auf einen bestimmt Weg hin zu einem bestimmten Ziel richtet. Sie muss selbstverständlich einheitlich für alle Personen und Organisationen sein, die sich an der gemeinsamen Union beteiligen. Die Aktivität der Allgemeinen Anarchistischen Union muss sowohl im Allgemeinen als auch im Detail den von ihr bekundeten ideologischen Prinzipien genau entsprechen.

2) Einheitliche Taktik und kollektives Handeln

Die taktischen Methoden, die von einzelnen Mitgliedern oder Gruppen der Union angewandt werden, müssen einheitlich und genau abgestimmt sein, sowohl miteinander als auch mit der allgemeinen Ideologie und Taktik der Union. Eine einheitliche taktische Linie der Bewegung ist von entscheidender Bedeutung für das Leben der Organisation und der ganzen Bewegung: Sie rettet die Bewegung aus dem saugenden Sumpf der zahlreichen, gegenseitig zerstörerischen Taktiken und versammelt alle Kräfte auf einer bestimmten Linie, die zu einem bestimmten Ziel führt.

3) Kollektive Verantwortung

In den Reihen der anarchistischen Bewegung muss die Praxis, auf eigene Faust zu handeln, entschieden verurteilt und abgelehnt werden. Das revolutionäre und sozialpolitische Leben umfasst vor allem zutiefst kollektive Bereiche. Revolutionäre gesellschaftliche Tätigkeit kann hier unmöglich auf der Grundlage der persönlichen Verantwortung einzelner Aktivisten erfolgen. Das ausführende Organ der gemeinsamen anarchistischen Bewegung – die Anarchistische Union – spricht sich entschieden gegen den verantwortungslosen Individualismus aus und führt in ihren Reihen das Prinzip der kollektiven Verantwortung ein: Für die revolutionär-politische Tätigkeit jedes Mitglieds der Union ist die Union als Ganzes verantwortlich; ebenso antwortet jedes einzelne Mitglied für die revolutionär-politische Tätigkeit der Union als Ganzes.

4) Föderalismus

Der Anarchismus hat zentralistische Organisation immer abgelehnt, sowohl im gesellschaftlichen Leben der Massen, als auch im eigenen politischen Wirken. Das System des Zentralismus stützt sich durch die Tötung des Geistes der Kritik, der Initiative und der Unabhängigkeit in jeder Person sowie durch die blinde Unterwerfung der breiten Massen unter den Willen des „Zentrums“. Das selbstverständliche und unvermeidliche Ergebnis dieses Systems ist die Versklavung und Mechanisierung des gesellschaftlichen und politischen Lebens. Als Gegensatz zum Zentralismus hat der Anarchismus stets das Prinzip des Föderalismus vorgebracht und verfochten, ein Prinzip, das die Unabhängigkeit der Person oder Organisation, ihre Initiative und den Dienst an der gemeinsamen Sache verbindet. Durch die Verknüpfung der Idee der Unabhängigkeit und Souveränität des Einzelnen mit dem Dienst an den gesellschaftlichen Bedürfnissen und Instinkten öffnet der Föderalismus die Tür zu einer gesunden Entfaltung der Kräfte jedes Einzelnen. Nicht selten jedoch wurde in den Reihen der Anarchisten das föderalistische Prinzip falsch verstanden – es wurde als Recht aufgefasst, in der Organisation hauptsächlich sein „Ich“ zu bekunden, ohne dass man seine Pflichten gegenüber der Organisation wahrnimmt. Solche Verdrehungen haben unserer Bewegung in der Vergangenheit eine extreme Desorganisation beschert, der wir jetzt mit aller Entschiedenheit ein Ende setzen müssen. Föderalismus bezeichnet die freiheitliche Vereinbarung von Personen und ganzen Organisationen zur Zusammenarbeit, die auf das Erreichen eines gemeinsamen Ziels gerichtet ist. Aber diese Vereinbarung und die föderalistische Union, auf der sie aufbaut, können nur verwirklicht werden, statt Fiktion und Selbsttäuschung zu bleiben, wenn alle Beteiligten an dieser Vereinbarung und dieser Union die übernommenen Pflichten und die gemeinsam getroffenen Entscheidungen in vollem Umfang erfüllen. Gleich wie breit und föderalistisch eine Gesellschaft aufgebaut ist, kann es keine Rechte ohne Pflichten geben, keine Entscheidungen ohne Umsetzung. Umso weniger ist dies in einer anarchistischen Organisation möglich, die sich den Belangen der Arbeiter und ihrer sozialen Revolution verschrieben hat. Zusammen mit der Anerkennung der Unabhängigkeit, der Stimme, der persönlichen Freiheit und der Initiative jedes einzelnen Mitglieds, erlegt die anarchistische Organisation föderalistischen Typs folglich jedem Mitglied auch bestimmte organisatorische Pflichten auf, fordert ihre genaue Wahrnehmung und die Erfüllung gemeinsam getroffener Entscheidungen. Nur so kann das föderalistische Prinzip mit Leben gefüllt werden und ermöglichen, dass die anarchistische Organisation richtig funktioniert und sich dem abgesteckten Ziel nähern kann.


Siehe auch

Links

Die vollständige Übersetzung der Anarchistischen Plattform können Sie auf Anarkismo lesen: [1]
oder auf Anarchopedia: Organisationsplattform der Allgemeinen Anarchistischen Union