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Difference between revisions of "APO-Calypse:Offene Räume Probleme"

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(Kassiopeia in Darmstadt: Überschrift Kassiopeia)
(Offenes Büro in Magdeburg)
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Kassiopeia ist allerdings auch kein Offener Raum und den Anspruch daran gibt es hier nicht bzw. höchstens partiell. Notwendig wäre dazu zum einen der Wille, sich gleichberechtigt miteinander auseinanderzusetzen, das Verhalten und den Umgang miteinander zu reflektieren und Probleme frühzeitig zu kommunizieren. Gleichberechtigung bedeutet dabei auch, auf die Bedürfnisse und Problemwahrnehmung der beteiligten Menschen einzugehen und diese auch ernstzunehmen. Notwendig sind also neben der Bereitschaft zur Auseinandersetzung miteinander viel Kommunikation und selbstkritisches Verhalten. Aber auch, die formale Ungleichberechtigung (Mietrecht) aufzuheben und horizontalere Verhandlungsebenen (z.B. über einen <span style="color:blue">Autonomievertrag</span>) zu schaffen.
 
Kassiopeia ist allerdings auch kein Offener Raum und den Anspruch daran gibt es hier nicht bzw. höchstens partiell. Notwendig wäre dazu zum einen der Wille, sich gleichberechtigt miteinander auseinanderzusetzen, das Verhalten und den Umgang miteinander zu reflektieren und Probleme frühzeitig zu kommunizieren. Gleichberechtigung bedeutet dabei auch, auf die Bedürfnisse und Problemwahrnehmung der beteiligten Menschen einzugehen und diese auch ernstzunehmen. Notwendig sind also neben der Bereitschaft zur Auseinandersetzung miteinander viel Kommunikation und selbstkritisches Verhalten. Aber auch, die formale Ungleichberechtigung (Mietrecht) aufzuheben und horizontalere Verhandlungsebenen (z.B. über einen <span style="color:blue">Autonomievertrag</span>) zu schaffen.
  
=== Offenes Büro in Magdeburg ===
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=== Fuchs im Hühnerstall ===
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'''Tatort: Offenes Büro, Magdeburg'''
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Das "Offene Büro" ist ein Raum der [http://www.greenkids.de Greenkids] im sozial schwachen Magdeburger Stadtteil Buckau, in dem Menschen Infrastruktur, Bibliothek und Aktionsmaterial für Projekte bereitgestellt wurden. Das Büro liegt ebenerdig direkt an der Straße. Die häufigsten BesucherInnen waren Kids aus dem Stadtteil, die diesen Ort ähnlich einem normalen Jugendzentrum nutzen wollten. Wenn es einigermaßen gut lief, haben sie sich Papier genommen und gemalt oder am PC gesessen und Briefe geschrieben bzw. Hausaufgaben erledigt. Inhaltliche Projekte kamen nie zustande und auch eine Mitgestaltung des Offenen Raumes gab es nur mal partiell mit einzelnen Leuten, die häufig den Drucker nutzten und dafuer Schmierpapier besorgt haben.
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Zu den Problemen im Offenen Büro gibt es den ausführlicheren Text "[[Offene Raeume:Offenes Buero Magdeburg|Offenes Büro geschlossen]]", in dem auch die weitere Strategie und Konzeption beschrieben wird. An dieser Stelle soll es nur um den einmal so bezeichneten "Fuchs-im-Hühnerstall"-Effekt gehen, der auch hier auftrat.
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==== Der Konflikt ====
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Der Konflikt, von dem hier berichtet werden soll, ergibt sich aus dem Gegensatz zur Normalität, den ein Offener Raum bildet. Hier (also auch im Offenen Büro, um das es hier geht) macht niemand Vorschriften, sondern zunächst mal steht (im Offenen Büro: fast) alles zur Verfügung. Über die konkrete Nutzung und auch den Umgang miteinander treffen die NutzerInnen Vereinbarungen.
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Auf einzelne Personen lässt sich das Problem nur schwer herunterbrechen, da der Wahrnehmungen der Menschen mit Schlüsselgewalt (auch in dieser Hinsicht ist das Ideal von Offenen Räumen überhaupt nicht erreicht) nach von fast allen "Straßenkids" - gemeint sind junge Menschen, die einen Großteil des Tages in den Straßen von Buckau unterwegs sind, zum Teil von ihren Eltern erst am Abend wieder zuhause erwünscht sind, die überall mal reinschauen und ihre Zeit irgendwie vertun - Aktivitäten ausgingen, die letztlich zur temporären Schließung des Offenen Büros führten.
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Mit zwei kleinen Menschen gab es aus dem [http://www.thiembuktu.de Thiembuktu] bereits die Erfahrung, dass diese zum Teil sehr raffiniert und vor allem hemmungslos Projekte und Menschen, mit denen sie zu tun haben, beklauen. Immer wenn diese beiden oder auch einzelne von ihnen in das Büro kamen, wurde die Atmosphäre angespannt, da der Gedanke, was sie jetzt mitgehen lassen würden, im Kopf war und gleichzeitig der Vorsatz, nicht Kontrolle ausüben zu wollen. Das geschah dann auch: es wurde Zeux geklaut und wenn es jemand mitbekam, wurde in der Form interveniert, dass nachgehakt wurde, was sie damit vor haben und dass andere es auch noch nutzen wollen.
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Aber auch allgemeiner war zu beobachten, dass - egal was - alles, was gratis zu kriegen war, mitgenommen wurde. Ob sie es gebrauchen konnten, war offensichtlich kein entscheidendes Kriterium. Jetzt regulierend eingreifen zu müssen, damit der Materialverschleiß und die Verschwendung von Ressourcen nicht so massiv abläuft, war wieder ätzend. Denn nun kamen sie abwechselnd und täglich, um jedes Mal etwas zu schnorren, von dem sie mitgekriegt hatten, dass es auch mal rausgegeben wurde.
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Ärgerlich war das mehrfache Entwenden von großen Mengen Infomaterials, das im Büro für die politische Arbeit bereitgestellt wurde, um es dann breitflächig auf Buckaus Straßen zu verteilen und damit unbrauchbar zu machen. Dadurch wurde einmal die einzige Kiste mit CityCards, die in einem Projekt im Offenen Büro hergestellt wurden
  
  
 
[[Kategorie:Offene_Räume]]
 
[[Kategorie:Offene_Räume]]

Revision as of 08:57, 13 July 2006

Wie die meisten Dinge im Alltag haben auch Offene Räume mit Problemen zu kämpfen und es treten immer wieder Konflikte auf, die manchmal auch das ganze Projekt in Frage stellen. Allerdings ist der Anspruch, zu einer emanzipatorischen Lösung zu finden in Offenen Räumen höher, da sie bestenfalls visionäre Orte sind, an denen versucht wird, die Utopie einer herrschaftsfreien Gesellschaft zumindest im Rahmen des möglichen zu erreichen.

Aber Offene Räume sind auch Plätze, die deutliche Konfliktlinien aufmachen und die nur funktionieren, wenn ein hohes Maß an Transparenz und Kommunikation geschaffen wird. Offene Räume bilden außerdem einen deutlichen Widerspruch zu häufig konditionierten Verhaltensmustern wie Konkurrenzdenken, Machtorientierung oder Ellenbogenmentalität. Allerdings werden hier zwangsläufig Menschen mit solcherart sozialisierten Umgangsweisen auf einen Raum treffen, in dem ihnen erstmal keine Vorschriften gemacht werden. Bei manchen Leuten tritt dann ein "Fuchs-im-Hühnerstall-Effekt" auf: ohne das eigene Handeln und den letztendlichen Sinn zu reflektieren wird sich ausgetobt, abgeräumt bzw. gezogen, was nur geht. Auch sind die meisten Menschen nicht geübt im Problemlösen auf gleichberechtigter Basis. Sehr schnell wird auf formale Rechte geklopft oder getrickst, um die eigenen Ziele zu erreichen. Den emanzipatorischen Prozess im Auge zu haben und das eigene Verhalten sowie die Gesamtsituation zu reflektieren, muss trainiert werden.

Da es keine formalen Vorrechte gibt und die Entscheidung über die Nutzung des Raumes horizontal gefunden wird, müssen Bedürfnisse und Umgangsweisen miteinander ausgehandelt und vereinbart werden. Da es auch kein formales Recht gibt, auf das mensch sich beziehen kann, erfolgen diese Absprachen sinnvollerweise als Freie Vereinbarungen. Offene Räume gehören damit zu den seltenen Orten, an denen mit herrschaftsfreier Gesellschaftsgestaltung im Hier und Jetzt experimentiert werden kann. Sie können durch offensives Vermitteln der Ideen und Vertreten von Herrschaftsfreiheit aber auch zum Erreichen herrschaftsfreier Utopien beitragen.

Wozu diese Seite dienen kann

Eigentlich haben alle Offenen Räume mit mehr oder wenig großen Schwierigkeiten zu ringen. Häufig wiederholen sich an verschiedenen Orten ähnliche Konflikte. Diese wollen wir hier sammeln und - wo es diese gab - die Lösungsansätze zusammentragen bzw. überlegen, welche emanzipatorischen Lösungen denkbar wären. Davon werden hoffentlich weitere Projekte profitieren, die entweder von vornherein bestimmte Probleme auflösen oder dann zumindest einfacher klären können.

Wir werden hier auch ähnliche Probleme sammeln, die denen Offener Räume ähneln, um emanzipatorische Lösungen zu debattieren. Ihr seid aufgerufen, eure Erfahrungen einzubringen und zum kreativen, herrschaftskritischen Problemlösen beizutragen!

Beispielfälle

In dieser Rubrik sollen Beispiele für Konflikte in Offenen Räumen oder in ähnlichen Projekten gesammelt, eine Beschreibung des Problems, der Lösungsansätze und eine Analyse mit herrschaftskritischem Blickwinkel erfolgen.

FreiRaum in Husum

beGRENZt in Giessen

Aggressiver Umgang, geringe Konfliktfähigkeit

Tatort: Kassiopeia, Darmstadt

Der Wagenplatz Kassiopeia ist formal eher das Gegenteil eines Offenen Raumes. Zeitweise gab es mehrere gleichberechtigte MieterInnen des Platzes, der sich in einer Kleingartensiedlung befindet. Vor mehreren Jahren zogen die meisten der MieterInnen weg und die neu hinzugekommenen waren scheinbar nicht daran interessiert, formale Verpflichtungen und Anstrengungen einzugehen, indem sie sich als HauptmieterInnen beteiligen. Momentan gibt es einen Hauptmieter, die anderen WagenplatzbewohnerInnen führen mit diesem Untermietverträge. Damit sind schon formal keine gleichberechtigten Verhältnisse gegeben.

Allerdings gibt es dort Menschen, denen es wichtig ist, eine emanzipatorische Lösung zu finden und die auf verschiedenen Stufen von Auseinandersetzung versuchne vorhandene Konflikte zu klären.

Der Konflikt

Seit mehr als einem Jahr gibt es einen Konflikt mit eineR der dortigen BewohnerInnen. Dieser ist gekennzeichnet von Umgangsformen, mit die einige PlatzbewohnerInnen nicht akzeptieren können. Dazu gehören regelmäßig wiederkehrende Beschimpfungen und Bedrohungen durch diese eine Person. Mehrfach wiederholten sich solche Vorgänge und führten bereits dazu dass zwei WagenplatzbewohnerInnen psychisch regelrecht fertig waren und allein die Angst vor Wiederholungen schlaflose Nächte und verschiedene teils psychosomatische Effekte verursachte. Die anderen beiden PlatzbewohnerInnen interessierten sich für den Konflikt nicht, obwohl sie manchmal auch unter den Zornausbrüchen der einen Person zu leiden hatten.

Mehrfach wurde nach solchen aggressiven Ausfällen versucht, zu klären, dass diese nicht akzeptabel sind und es schien immer wieder, dass die betreffende Person dies auch so sieht. Die wiederkehrenden Vorfälle führten aber dazu, dass die zwei wesentlich betroffenen Personen kein Vertrauen in Zusagen und das zukünftige Verhalten der problematischen Person mehr aufbauen konnten. Mehrfach versuchten sie, auch die anderen BewohnerInnen für das Grundproblem zu sensibilieren, scheiterte aber komplett. Vielmehr wurde der Konflikt individualisiert und das Leiden von zwei Menschen unter diesen Zuständen ausgeblendet. Sinngemäß sollten diese sich nicht so haben, müssten sich damit abfinden, dass es solche Ausraster gibt.

Umgang mit der Problematik

Nachdem sich die Zusagen, sich nicht mehr aggressiv gegen PlatzbewohnerInnen zu verhalten, als nicht glaubhaft herausgestellt hatten und auch die anderen Gemeinschaftsmitglieder sich in Ignoranz geübt hatten, versuchten die beiden Betroffenen, z.B. über Zettel, die sie für ihre MitbewohnerInnen sichtbar aufhängten, zu verdeutlichen, dass die Situation nicht akzeptabel ist. Es wurde versucht, alle BewohnerInnen zu motivieren, sich gemeinsam über die Zukunft des Platzes und den Umgang miteinander auseinanderzusetzen, woran allerdings kein Interesse bestand (zu aufwendig).

Später folgte ein Offener Brief, der an andere Szenemenschen verteilt wurde, um über das Problem zu informieren und um Unterstützung und Vorschläge zur Problemlösung zu bitten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Atmosphäre soweit verschärft, dass ein weiteres Zusammenleben nicht mehr möglich schien und deswegen die Trennung voneinander eingefordert wurde. Da der ausschlaggebende Mensch inzwischen ein eigenes Grundstück hatte und der Aufwand für ihn den Platz zu wechseln geringer wäre, wurde angesprochen, dass er gehen sollte.

Auch diese Forderung erntete nur Ignoranz und eine deutliche Positionierung, dass die psychische Unterdrucksetzung der zwei handelnden Personen irrelevant sei und sie sich entweder mit der Bedrohungsatmosphäre abfinden müssten oder selbst zu gehen hätten. Es entstand also die krasse Position, dass diejenigen, die ein nicht so "dickes Fell" haben und beängstigende Situationen nicht einfach wegstecken müssen, sich unterzuordnen haben. Die immer wieder eingeforderte gemeinsame Auseinandersetzung mit dem Grundproblem erfolgte nicht.

Allerdings schlug nun jemand vor, eine Supervision durchzuführen, um die Platzprobleme zu klären. Dabei wurde allerdings auch rübergebracht, dass dies vor allem dazu diene, der angeblichen psychischen Macke der Opfer entgegenzukommen. Eine Supervisorin wurde vorgeschlagen, das Verfahren sollte in Form einer Mediation erfolgen. Jedoch war die Supervisorin nicht bereit, zunächst Einzelgespräche mit allen Betroffenen zu führen, sondern bestand auf dem Gruppengespräch vom ersten Moment an. Die Erklärung der beiden Menschen, die eine Auseinandersetzung mit der Problematik gefordert hatten, sie könnten nicht einfach so offenherzig mit dem einen Menschen reden, sondern bräuchten das Vorgespräch, wurde als lächerlich und unüblich abgetan.

Auf die angekündigte Verlagerung des Wagens des bedrohlich wirkenden Menschen wurde inhaltlich garnicht reagiert (nur sinngemäß: ihr habt eine Macke!), die gewünschten Alternativvorschläge gab es von keiner Seite. Da die zwei das Zusammenleben nicht mehr erträglich fanden, wurde nun versucht, die Situation zu eskalieren, um eine Auseinandersetzung zu erzwingen. Die im Offenen Brief andiskutierte Kündigung wurde ausgesprochen. Dies führte nun zu plötzlichen Interventionen der anderen PlatzbewohnerInnen, die erst an gemeinsamen Lösungsversuchen nicht interessiert waren und nun, da die Betroffenen selbst handelnd wurden, dies nicht in Ordnung fanden.

Nun regten sich die MitbewohnerInnen doch, allerdings wieder in einseitiger Anteilnahme für die Person, von der die sich angegriffen fühlenden Menschen die Bedrohung wahrnahmen. Auch auf den anderen Wagenplätzen äußerten sich nun vereinzelte Leute und ergriffen Position für den Menschen, dessen Anwesenheit als unerträglich empfunden wurde. Vielleicht ein Wagenplatztypisches Phänomen: Konflikte werden privatisiert, die Intervention dagegen als inakzeptabel bezeichnet. Womöglich liegt dies an der Assoziation mit der allgegenwärtigen Räumungsgefahr und dem Glauben, es müssten alle irgendwie miteinander klarkommen.

Da sich in Sachen Konfliktlösung weiterhin nichts tat, wurde eine weitere Eskalation herbeigeführt: Nachdem der als problematisch empfundene Mensch seinen Wagen vom Platz fuhr, um diesen gegen einen neuen zu ersetzen, wurde ein Tisch in die Einfahrt gestellt und die Einfahrt blockiert, um zu verhindern, dass der neue Wagen auf das Gelände käme. Nun endlich kam es nach mehr als einem halben Jahr zu einem konstruktiven Gespräch über die Problematik und über den weiteren Umgang damit.

Inzwischen wurde vereinbart, eine Mediation miteinander zu führen, dass dort auch über den Umgang miteinander gesprochen und geklärt wird, wie dieser aussehen soll, und eingefordert, dass der Mensch, von dem die Bedrohungen bisher ausgingen, sich verpflichten soll, bei Wiederholungen und dem Anschein, dass es keine Lösung gibt, den Platz selbst zu verlassen. Dies soll in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten werden und formalrechtlich verbindlich sein.

Bewertung

Mit rechtsstaatlichen Mitteln ("Kündigung", Ankündigung juristischer Schritte, Erwägung eines Polizeieinsatzes) einen solchen Konflikt lösen zu wollen, erscheint zunächst überhaupt nicht vereinbar mit herrschaftskritischen Ansätzen. Das wurde von den SymphatisantInnen des Einen auch so herauskristallisiert. Nachvollziehbar wird dies dadurch, dass dies als letzte Option vor dem selbst aufgeben gesehen wurde und die Betroffenen sich zu schwach und zu wenig unterstützt fühlten, um sich anders schützen zu können.

Unter emanzipatorischen Blickwinkeln ist herauszuheben, dass es vielfältige Anläufe zur Problemlösung, auch mit unkonventionellen Mitteln gab. Diese sind allerdings immer wieder gescheitert. Erst die schrittweise Eskalation der Situation führte zu einer Auseinandersetzung mit den jahrelang vorhandenen und seit längerer Zeit akuten Problemen. Eine solche Eskalation kann emanzipatorisch Sinn machen, um eine gleichberechtigte Diskussion und eine Problemlösung zu anzuregen. Allerdings kann hier auch nicht wirklich von einer horizontalen Ebene gesprochen werden, da das Hausrecht drohend im Raum schwebt.

Kritisch ist auch, dass die handelnden Personen ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr die Kraft hatten, direkte Diskussionen mit den Leuten zu führen, die sie als ignorant oder bedrohlich empfanden. Ansonsten wäre vorstellbar, dass es die Auseinandersetzung und Entscheidung über die zukünftige Verfahrensweise schneller herbeizuführen gewesen wäre. Allerdings standen diese auch ziemlich allein mit der Situation da und wurden von der "Gemeinschaft" und der "Szene" weitestgehend nicht ernst genommen.

Kassiopeia ist allerdings auch kein Offener Raum und den Anspruch daran gibt es hier nicht bzw. höchstens partiell. Notwendig wäre dazu zum einen der Wille, sich gleichberechtigt miteinander auseinanderzusetzen, das Verhalten und den Umgang miteinander zu reflektieren und Probleme frühzeitig zu kommunizieren. Gleichberechtigung bedeutet dabei auch, auf die Bedürfnisse und Problemwahrnehmung der beteiligten Menschen einzugehen und diese auch ernstzunehmen. Notwendig sind also neben der Bereitschaft zur Auseinandersetzung miteinander viel Kommunikation und selbstkritisches Verhalten. Aber auch, die formale Ungleichberechtigung (Mietrecht) aufzuheben und horizontalere Verhandlungsebenen (z.B. über einen Autonomievertrag) zu schaffen.

Fuchs im Hühnerstall

Tatort: Offenes Büro, Magdeburg

Das "Offene Büro" ist ein Raum der Greenkids im sozial schwachen Magdeburger Stadtteil Buckau, in dem Menschen Infrastruktur, Bibliothek und Aktionsmaterial für Projekte bereitgestellt wurden. Das Büro liegt ebenerdig direkt an der Straße. Die häufigsten BesucherInnen waren Kids aus dem Stadtteil, die diesen Ort ähnlich einem normalen Jugendzentrum nutzen wollten. Wenn es einigermaßen gut lief, haben sie sich Papier genommen und gemalt oder am PC gesessen und Briefe geschrieben bzw. Hausaufgaben erledigt. Inhaltliche Projekte kamen nie zustande und auch eine Mitgestaltung des Offenen Raumes gab es nur mal partiell mit einzelnen Leuten, die häufig den Drucker nutzten und dafuer Schmierpapier besorgt haben.

Zu den Problemen im Offenen Büro gibt es den ausführlicheren Text "Offenes Büro geschlossen", in dem auch die weitere Strategie und Konzeption beschrieben wird. An dieser Stelle soll es nur um den einmal so bezeichneten "Fuchs-im-Hühnerstall"-Effekt gehen, der auch hier auftrat.

Der Konflikt

Der Konflikt, von dem hier berichtet werden soll, ergibt sich aus dem Gegensatz zur Normalität, den ein Offener Raum bildet. Hier (also auch im Offenen Büro, um das es hier geht) macht niemand Vorschriften, sondern zunächst mal steht (im Offenen Büro: fast) alles zur Verfügung. Über die konkrete Nutzung und auch den Umgang miteinander treffen die NutzerInnen Vereinbarungen.

Auf einzelne Personen lässt sich das Problem nur schwer herunterbrechen, da der Wahrnehmungen der Menschen mit Schlüsselgewalt (auch in dieser Hinsicht ist das Ideal von Offenen Räumen überhaupt nicht erreicht) nach von fast allen "Straßenkids" - gemeint sind junge Menschen, die einen Großteil des Tages in den Straßen von Buckau unterwegs sind, zum Teil von ihren Eltern erst am Abend wieder zuhause erwünscht sind, die überall mal reinschauen und ihre Zeit irgendwie vertun - Aktivitäten ausgingen, die letztlich zur temporären Schließung des Offenen Büros führten.

Mit zwei kleinen Menschen gab es aus dem Thiembuktu bereits die Erfahrung, dass diese zum Teil sehr raffiniert und vor allem hemmungslos Projekte und Menschen, mit denen sie zu tun haben, beklauen. Immer wenn diese beiden oder auch einzelne von ihnen in das Büro kamen, wurde die Atmosphäre angespannt, da der Gedanke, was sie jetzt mitgehen lassen würden, im Kopf war und gleichzeitig der Vorsatz, nicht Kontrolle ausüben zu wollen. Das geschah dann auch: es wurde Zeux geklaut und wenn es jemand mitbekam, wurde in der Form interveniert, dass nachgehakt wurde, was sie damit vor haben und dass andere es auch noch nutzen wollen.

Aber auch allgemeiner war zu beobachten, dass - egal was - alles, was gratis zu kriegen war, mitgenommen wurde. Ob sie es gebrauchen konnten, war offensichtlich kein entscheidendes Kriterium. Jetzt regulierend eingreifen zu müssen, damit der Materialverschleiß und die Verschwendung von Ressourcen nicht so massiv abläuft, war wieder ätzend. Denn nun kamen sie abwechselnd und täglich, um jedes Mal etwas zu schnorren, von dem sie mitgekriegt hatten, dass es auch mal rausgegeben wurde.

Ärgerlich war das mehrfache Entwenden von großen Mengen Infomaterials, das im Büro für die politische Arbeit bereitgestellt wurde, um es dann breitflächig auf Buckaus Straßen zu verteilen und damit unbrauchbar zu machen. Dadurch wurde einmal die einzige Kiste mit CityCards, die in einem Projekt im Offenen Büro hergestellt wurden


Kategorie:Offene_Räume