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== Fishbowl ==
_[http://www.projektwerkstatt.de/hoppetosse/hierarchNIE/fishbowl.html hierarchnie!reader]
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Eine Fishbowl ist eine sehr einfache, aber oft dynamische Alternative zur Podiumsdiskussion mit ihren krassen Hierarchien zwischen Podium und Publikum sowie, soweit es um Diskussion zu Themen geht, moderierten Großplena mit ihren typischen Dominanzen. Die Methode ist besonders gut geeignet für Streitfragen und offene Diskussionsprozesse (Abwägung von Alternativen, Argumente austauschen usw.) in großen Runden (ab ca. 20 Leute). Auch für (selbst-)kritische Reflexionen z.B. nach Aktionen oder bei Gruppenproblemen kann sie hilfreich sein.
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Fishbowl ist dagegen weniger geeignet für kreatives Ideensammeln oder für die Entscheidungsfindung. Allerdings kann sie auch damit verbunden werden, z.B. in der Vorphase einer Entscheidung, wo die verschiedenen Standpunkte aufeinanderprallen. Ebenso eignet sich die Fishbowl nicht für theoretische Diskussionen, reine Wissensvermittlung oder Erfahrungsaustausch ohne Streitpunkte.
  
[[APO-Calypse:Utopien-Seminar Magdeburg2007|ZURÃœCK zur Ãœbersicht zum Seminar in Magdeburg]]
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Bei der FishBowl sitzt ein kleiner Kreis von Menschen in der Mitte (Es sollten nicht zu viele Redeplätze sein, damit Viel-RednerInnen keine Möglichkeit zur Dominanz bekommen. Je weniger Plätze, je zwingender die Rotation.). Alle anderen sitzen drumherum. Reden können nur die Personen am Tisch, und zwar untereinander als direkte Diskussion, d.h. nicht als aufs Publikum bezogene Aneinanderreihung von Reden. Spontanäußerungen von außen wie Beifall, Zwischenrufe u.ä. stören weniger als im "normalen" Plenum, weil bei der FishBowl die gerade diskutierenden Personen eine herausgehobene Stellung haben. Diese aber ist durchlässig, d.h. es können jederzeit Personen von außen zu dem Tisch gehen und mitdiskutieren. Ist kein Stuhl frei oder ist es gewollt, stellt sich die/der neue DiskutantIn hinter eine andere Person. Die muss dann (Ausreden noch möglich, wenn gerade am Reden) Platz machen und ins Publikum wechseln, kann aber später jederzeit wiederkehren. In der Praxis entwickelt sich nach einer anfänglichen Unsicherheit ein Kommen und Gehen, ohne dass dadurch die Debatte abbricht. VielrednerInnen werden schnell bevorzugt "rausgekickt" - für "Wichtigleute" eine bemerkenswerte Erfahrung!
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* Variation 1.): Das Doppeln: hinter jeder Person in der Mitte steht eine weitere Person und bringt Argumente oder verteidigt. - sehr gut auch für Aktionsschulung: den Plätzen in der Mitte wird Pro und Contra zugeordnet, je zwei Vertreter von Pro und Contra besetzen die genüberliegenden Plätze. Bei dieser Pro-Contra-Variante können sich auch die ZuhörerInnen wie ein Barometer in Pro-Contra-Richtung im Raum bewegen, um die Überzeugungskraft der Argumente anzuzeigen.
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* Variation 2.): Ein oder zwei Stühle stehen zusätzlich im Kreis. Wer mitreden will, setzt sich auf einen leeren Stuhl und geht wieder, wenn er/sie nichts mehr zu sagen weiß. Diese Methode ist auch gut für Diskussionen in einem größeren Kreis geeignet.
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=== Chancen ===
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Die Fishbowl kombiniert eine Großveranstaltung mit den Vorteilen kleiner Gesprächsrunden. In diesen werden keine Reden gehalten, sondern miteinander geredet. Die rhetorischen Unterschiede werden aufgeweicht, eben weil miteinander geredet wird, eine brilliante Formulierung oder Gestik dadurch weniger wichtig wird. Gegenseitige Unterstützung, Nachfragen, Aufeinander-Eingehen und direkter Widerspruch werden viel einfacher, weil keine starren Regeln, Redelisten oder Moderation dieses verhindern. Die Menschen in der Mitte der Fishbowl sind relativ gleichberechtigt. Es entwickelt sich meistens schnell eine ganz normale Redekultur - die drumherum sitzenden Leute werden kaum wahrgenommen. Die Menschen reden authentischer, auch über Gefühle, Bedenken usw., nicht nur taktisch, auf Punktsieg aus.
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Die Menschen drumherum sind zwar nur ZuhörerInnen, können sich aber jederzeit zu gleichberechtigt Beteiligten an der inneren, diskutierenden Runde machen.
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Spannend ist, dass Unterbrechen, Dominanz usw. viel häufiger mit direkter Intervention der Leute untereinander beantwortet werden - ein genialer Beweis dafür, dass die Existenz von Herrschaftsorganen (Moderation, Polizei, Gerichte usw.) unterbinden, dass Menschen sich selbst kümmern! Auch einzelne Störungen von außen bringen keine Probleme - Applaus, Pfiffe, Zwischenrufe usw. können zugelassen werden. Sie gehören zur Emotion von Menschen! Verregelung ist keine Steigerung menschlicher Selbstbestimmung!
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Insgesamt bietet die FishBowl die Chance zur freien Entfaltung einer Dynamik. Dazu kann auch gehören, dass sich neue Themen ergeben, die in dem Moment nicht von vielen besprochen werden wollen. Dafür ist denkbar, am Rande der Veranstaltung Thementische bereitzuhalten für vertiefende Debatten im kleinen Kreis zu speziellen Fragen. Transparenz ist wichtig, d.h. es sollten immer möglich sein, zu erkennen was wo beredet wird.
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Nicht geeignet ist die FishBowl für reine Entscheidungsangelegenheiten, weil es nicht gelingt festzustellen wieviele Menschen welche Positionen vertreten. Als Abwandlung wurde eine Variante zur Entscheidungsfindung entwickelt: die Blüte.
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Es gibt immer wieder viele Bedenken gegen die FishBowl. Viele Menschen haben Angst, ein Verfahren zu starten, bei denen es nach dem Beginn keine hierarchischen Eingriffsmöglichkeiten (seitens der VeranstalterInnen, der „Wichtigleute“ usw.) mehr gibt. Doch genau das ist das Ziel! Der Protest aus „Wichtigkreisen“ oder deren Versuche, Hierarchie zu reorganisieren, muss als Versuch der immer konservativen Orientierung von Macht entlarvt werden, den Status Quo zu erhalten (Beispiel: Beim BUKO 1999 setzten FunktionärInnen des BUKO eine Moderation in der FishBowl durch - das Verfahren scheiterte erwartungsgemäß, die Leute hielten Reden, drehten sich teilweise sogar zum Publikum um).
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Einen ähnlichen Fall gab es im August 2004 in Berlin. Wegen der schlechten Akkustik musste ein Mikrofon benutzt werden. Das veranlasste die Teilnehmer der ersten Runde zum Redenhalten statt Miteinander-Reden. Das war dann auch nicht mehr zu ändern. Mikrofone sind Gift für eine FishBowl, wenn jeweils nur eineR das Mikro hat und nicht alle in der Mitte gleichberechtigt zu hören sind.
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==Quellen==
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# http://www.projektwerkstatt.de/hoppetosse/hierarchNIE/fishbowl.html
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# http://materialien.fgje.de/download/demokratie_fishbowl.pdf
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# http://coforum.de/index.php?FischBecken
  
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[[Kategorie:APO-Calypse:Herrschaftsfreie Welt (Seminar) Reader]]

Latest revision as of 18:46, 10 June 2008

Fishbowl[edit]

Eine Fishbowl ist eine sehr einfache, aber oft dynamische Alternative zur Podiumsdiskussion mit ihren krassen Hierarchien zwischen Podium und Publikum sowie, soweit es um Diskussion zu Themen geht, moderierten Großplena mit ihren typischen Dominanzen. Die Methode ist besonders gut geeignet für Streitfragen und offene Diskussionsprozesse (Abwägung von Alternativen, Argumente austauschen usw.) in großen Runden (ab ca. 20 Leute). Auch für (selbst-)kritische Reflexionen z.B. nach Aktionen oder bei Gruppenproblemen kann sie hilfreich sein.

Fishbowl ist dagegen weniger geeignet für kreatives Ideensammeln oder für die Entscheidungsfindung. Allerdings kann sie auch damit verbunden werden, z.B. in der Vorphase einer Entscheidung, wo die verschiedenen Standpunkte aufeinanderprallen. Ebenso eignet sich die Fishbowl nicht für theoretische Diskussionen, reine Wissensvermittlung oder Erfahrungsaustausch ohne Streitpunkte.

Bei der FishBowl sitzt ein kleiner Kreis von Menschen in der Mitte (Es sollten nicht zu viele Redeplätze sein, damit Viel-RednerInnen keine Möglichkeit zur Dominanz bekommen. Je weniger Plätze, je zwingender die Rotation.). Alle anderen sitzen drumherum. Reden können nur die Personen am Tisch, und zwar untereinander als direkte Diskussion, d.h. nicht als aufs Publikum bezogene Aneinanderreihung von Reden. Spontanäußerungen von außen wie Beifall, Zwischenrufe u.ä. stören weniger als im "normalen" Plenum, weil bei der FishBowl die gerade diskutierenden Personen eine herausgehobene Stellung haben. Diese aber ist durchlässig, d.h. es können jederzeit Personen von außen zu dem Tisch gehen und mitdiskutieren. Ist kein Stuhl frei oder ist es gewollt, stellt sich die/der neue DiskutantIn hinter eine andere Person. Die muss dann (Ausreden noch möglich, wenn gerade am Reden) Platz machen und ins Publikum wechseln, kann aber später jederzeit wiederkehren. In der Praxis entwickelt sich nach einer anfänglichen Unsicherheit ein Kommen und Gehen, ohne dass dadurch die Debatte abbricht. VielrednerInnen werden schnell bevorzugt "rausgekickt" - für "Wichtigleute" eine bemerkenswerte Erfahrung!

  • Variation 1.): Das Doppeln: hinter jeder Person in der Mitte steht eine weitere Person und bringt Argumente oder verteidigt. - sehr gut auch für Aktionsschulung: den Plätzen in der Mitte wird Pro und Contra zugeordnet, je zwei Vertreter von Pro und Contra besetzen die genüberliegenden Plätze. Bei dieser Pro-Contra-Variante können sich auch die ZuhörerInnen wie ein Barometer in Pro-Contra-Richtung im Raum bewegen, um die Ãœberzeugungskraft der Argumente anzuzeigen.
  • Variation 2.): Ein oder zwei Stühle stehen zusätzlich im Kreis. Wer mitreden will, setzt sich auf einen leeren Stuhl und geht wieder, wenn er/sie nichts mehr zu sagen weiß. Diese Methode ist auch gut für Diskussionen in einem größeren Kreis geeignet.

Chancen[edit]

Die Fishbowl kombiniert eine Großveranstaltung mit den Vorteilen kleiner Gesprächsrunden. In diesen werden keine Reden gehalten, sondern miteinander geredet. Die rhetorischen Unterschiede werden aufgeweicht, eben weil miteinander geredet wird, eine brilliante Formulierung oder Gestik dadurch weniger wichtig wird. Gegenseitige Unterstützung, Nachfragen, Aufeinander-Eingehen und direkter Widerspruch werden viel einfacher, weil keine starren Regeln, Redelisten oder Moderation dieses verhindern. Die Menschen in der Mitte der Fishbowl sind relativ gleichberechtigt. Es entwickelt sich meistens schnell eine ganz normale Redekultur - die drumherum sitzenden Leute werden kaum wahrgenommen. Die Menschen reden authentischer, auch über Gefühle, Bedenken usw., nicht nur taktisch, auf Punktsieg aus.

Die Menschen drumherum sind zwar nur ZuhörerInnen, können sich aber jederzeit zu gleichberechtigt Beteiligten an der inneren, diskutierenden Runde machen.

Spannend ist, dass Unterbrechen, Dominanz usw. viel häufiger mit direkter Intervention der Leute untereinander beantwortet werden - ein genialer Beweis dafür, dass die Existenz von Herrschaftsorganen (Moderation, Polizei, Gerichte usw.) unterbinden, dass Menschen sich selbst kümmern! Auch einzelne Störungen von außen bringen keine Probleme - Applaus, Pfiffe, Zwischenrufe usw. können zugelassen werden. Sie gehören zur Emotion von Menschen! Verregelung ist keine Steigerung menschlicher Selbstbestimmung!

Insgesamt bietet die FishBowl die Chance zur freien Entfaltung einer Dynamik. Dazu kann auch gehören, dass sich neue Themen ergeben, die in dem Moment nicht von vielen besprochen werden wollen. Dafür ist denkbar, am Rande der Veranstaltung Thementische bereitzuhalten für vertiefende Debatten im kleinen Kreis zu speziellen Fragen. Transparenz ist wichtig, d.h. es sollten immer möglich sein, zu erkennen was wo beredet wird.

Gefahren[edit]

Nicht geeignet ist die FishBowl für reine Entscheidungsangelegenheiten, weil es nicht gelingt festzustellen wieviele Menschen welche Positionen vertreten. Als Abwandlung wurde eine Variante zur Entscheidungsfindung entwickelt: die Blüte.

Es gibt immer wieder viele Bedenken gegen die FishBowl. Viele Menschen haben Angst, ein Verfahren zu starten, bei denen es nach dem Beginn keine hierarchischen Eingriffsmöglichkeiten (seitens der VeranstalterInnen, der „Wichtigleute“ usw.) mehr gibt. Doch genau das ist das Ziel! Der Protest aus „Wichtigkreisen“ oder deren Versuche, Hierarchie zu reorganisieren, muss als Versuch der immer konservativen Orientierung von Macht entlarvt werden, den Status Quo zu erhalten (Beispiel: Beim BUKO 1999 setzten FunktionärInnen des BUKO eine Moderation in der FishBowl durch - das Verfahren scheiterte erwartungsgemäß, die Leute hielten Reden, drehten sich teilweise sogar zum Publikum um).

Einen ähnlichen Fall gab es im August 2004 in Berlin. Wegen der schlechten Akkustik musste ein Mikrofon benutzt werden. Das veranlasste die Teilnehmer der ersten Runde zum Redenhalten statt Miteinander-Reden. Das war dann auch nicht mehr zu ändern. Mikrofone sind Gift für eine FishBowl, wenn jeweils nur eineR das Mikro hat und nicht alle in der Mitte gleichberechtigt zu hören sind.

Quellen[edit]

  1. http://www.projektwerkstatt.de/hoppetosse/hierarchNIE/fishbowl.html
  2. http://materialien.fgje.de/download/demokratie_fishbowl.pdf
  3. http://coforum.de/index.php?FischBecken


Kategorie:APO-Calypse:Herrschaftsfreie Welt (Seminar) Reader