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Kapital

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Unter Kapital verstehen wir (vorläufig, im dritten Absatz wird es präziser) eine bestimmte Wertsumme, deren Zweck es ist, sich zu ”verwerten”, d.h. Gewinn abzuwerfen. Dabei kann dieser Gewinn auf unterschiedliche Weise erzielt werden. Beim zinstragenden Kapital wird Geld gegen Zins verliehen. Der Zins bildet hier den Gewinn. Beim Handelskapital werden Produkte an einem Ort billig gekauft und an einem anderen Ort (oder zu einer anderen Zeit) teurer verkauft. Die Differenz zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis bildet (abzüglich anfallender Unkosten) den Gewinn. Beim industriellen Kapital wird schließlich der Produktionsprozess selbst kapitalistisch organisiert: Kapital wird zum Kauf von Produktionsmitteln (Maschinen, Rohstoffen) und der Beschäftigung von Arbeitskräften vorgeschossen, so dass ein Produktionsprozess unter der Leitung des Kapitalisten (oder seiner Beauftragten) zustande kommt. Die hergestellten Produkte werden verkauft. Liegt ihr Erlös über den für Produktionsmittel und Löhne aufgewendeten Kosten, dann hat sich das ursprünglich vorgeschossene Kapital nicht nur reproduziert, sondern auch noch einen Gewinn abgeworfen.


Kapital in der eben skizzierten Bedeutung (vor allem als zinstragendes und als Handelskapital, weniger als industrielles Kapital) hat es in praktisch allen Gesellschaften gegeben, die Tausch und Geld kannten, allerdings spielte es meistens nur eine untergeordnete Rolle, während die Produktion für den Bedarf dominierte. Von Kapitalismus kann man erst sprechen, wenn der Handel und vor allem die Produktion überwiegend kapitalistisch (also gewinn- und nicht mehr bedarfsorientiert) betrieben werden. Kapitalismus in diesem Sinne ist eine vorwiegend neuzeitlich-europäische Erscheinung.



Bei der Tausch-Kette G-W-G, Geld-Ware-Geld, wird gekauft, um anschließend wieder zu verkaufen. Geld ist der Anfangs- und Endpunkt des Prozesses. Eine Geldsumme ist von einer anderen nicht qualitativ, sondern allenfalls quantitativ unterschieden. Die obige Zirkulationsfigur bringt nur einen Vorteil, wenn die Geldsumme am Ende größer ist als am Anfang, wenn es sich um eine Kette G-W-G’ handelt, wobei G’ größer als G ist. Zweck des Prozesses ist jetzt die quantitative Vermehrung der ursprünglichen Geldsumme. Das Geld wird nicht verausgabt (wie bei W-G-W), sondern vorgeschossen; es wird nur ausgegeben, damit anschließend mehr eingenommen wird.


Eine Wertsumme, die diese Bewegung vollzieht, ist Kapital. Eine bloße Wertsumme für sich genommen, sei es nun in Gestalt von Geld oder in Gestalt von Waren, ist noch nicht Kapital. Auch ein einzelner Austauschprozess macht aus einer Wertsumme noch nicht Kapital. Erst die Verkettung von Austauschprozessen mit dem Zweck, die ursprüngliche Wertsumme zu vermehren, liefert uns die typische Kapitalbewegung: Kapital ist nicht einfach Wert sondern sich verwertender Wert, d.h. eine Wertsumme, die die Bewegung G-W-G’ vollzieht. Den bei der Kapitalbewegung erzielten Wertzuwachs, die Differenz zwischen G’ und G, bezeichnet Marx als Mehrwert; in der klassischen politischen Ökonomie und in der modernen Volkswirtschaftslehre findet sich dieser Begriff nicht. Mehrwert ist nicht einfach ein anderer Name für Profit oder Gewinn; es handelt sich um etwas Unterschiedliches.


Um es nochmals zu betonen: Kapital ist weder Geld noch Ware für sich genommen, sondern die maß- und endlose Bewegung des Gewinnens G-W-G’