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Slime

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Slime war eine der bis heute einflussreichsten Punkbands aus Deutschland. Sie wurde 1979 gegründet und löste sich 1994 nach einer vorübergehenden Trennung (während der jedoch vereinzelt Konzerte stattfanden) und Wiedervereinigung endgültig auf.

Stil und Bedeutung

Slime war prägend für die seinerzeit dominierende politische Grundhaltung eines großen Teiles der deutschen Punkbewegung. Sie schrieben extrem provozierende Texte. So besangen sie in Deutschland muss sterben dessen Untergang, forderten Yankees raus!, wetterten gegen Bullenschweine und verglichen die Polizei mit der SA und der SS („Polizei SA/SS“). Sie proklamierten legal, illegal, scheißegal und beschimpften mit „A.C.A.B.“ („All Cops Are Bastards“) die Polizei. Deutschland muss sterben (... damit wir leben können) wurde zum Motto der Szene. Die parolenhafte und plakative Verkürzung des Songs bringt die Weltsicht der damaligen radikalen Linken auf den Punkt:

Wo Faschisten und Multis das Land regiern,
wo Leben und Umwelt keinen interessieren,
wo alle Menschen ihr Ich verliern,
da kann eigentlich nur noch eins passieren:
Deutschland muss sterben, damit wir leben können.

Slime richtete sich in Songs wie „Sand im Getriebe“ gegen den Staat und sang in „Nazis Raus“ (Original von Beton Combo) sowie „Schweineherbst“, einer Reaktion auf die Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen, gegen Nazis. Mit „Hey Punk“ schrieben sie außerdem eine Punker-Hymne. Insbesondere der Song „Deutschland muss sterben“ (... damit wir leben können) – eine Umkehrung der Losung „Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen“ auf dem 1936 errichteten Hamburger Kriegerdenkmal am Dammtorbahnhof – sorgt bis heute für heftige Kontroversen. Nach einem Urteil[1] des Bundesverfassungsgerichts ist es jedoch in Deutschland erlaubt, das Lied öffentlich abzuspielen oder zu zitieren. Die Band sah Punk allerdings nicht nur als kämpferische Angelegenheit, sondern auch als Party. Mit ihrem Song „Karlsquell“ ehrten sie das gleichnamige Aldi-Bier, ein damaliges Kultgetränk der Szene. Das Lied D.I.S.C.O. ist anscheinend eine Anspielung auf den gleichnamigen Hit der Disco-Band Ottawan. Slime singt gegen Disco-Besucher, deren Musik und auch die Eitelkeit und „Stumpfsinnigkeit“ der Popper wird kritisiert.

Bandgeschichte

Deutschland muss sterben: 1979–1985

thumb|250px|right|Originaltextblatt von „Deutschland muss sterben“ Die aus dem Hamburger Stadtteil Langenhorn stammende Band bestand 1979 aus den Bandmitgliedern Elf (Gitarre), Eddie (Bass) und Ball (Peter Wodok, Schlagzeug). Frühe Punkbands wie die Sex Pistols, The Damned oder The Clash prägten Klang und Einstellung der frühen Slime. Den ersten Auftritt absolvierten sie in der Jugendstrafanstalt Neuengamme. Wenige Monate später kam der Sänger der Band, Dirk, 1980 als zweiter Gitarrist Christian hinzu.

Slimes Texte waren stets äußerst provokativ, und musikalisch wurden in Deutschland mit ihren Liedern neue Wege beschritten. Die Band spielte auf Schulfesten, linken Demonstrationen, in besetzten Häusern und auf anderen politischen Veranstaltungen. Das erste Album – später als Slime I bekannt – produzierte die Band selbst, veröffentlichte es ohne Label und verkauft es vor allem auf Konzerten und direkt an Plattenläden in Hamburg. Ein wichtiger Auftritt bei einer Anti-Haig-Demo auf dem Berliner Nollendorfplatz folgte. Die Band spielte zahlreiche Konzerte, oft gefolgt von Straßenschlachten zwischen Fans und Polizei. Besonders denkwürdig war hier ein Auftritt im Berliner SO36.

Nach der Veröffentlichung verließ Ball die Band und Stephan stieg als neuer Schlagzeuger ein. 1982 erschien auf dem Label AGR die zweite LP Yankees raus. Die Platten von Slime waren mittlerweile zum festen Soundtrack bei vielen Demos und linken Veranstaltungen geworden. Langsam bildete sich ein „Kult“-Status um die Band, die diesen nie in der Form wollte. Zusammen mit Beton Combo, Aheads und Middle Class Fantasies tourte Slime durch Deutschland. Die Band selbst benutzte dazu einen VW Käfer. Aufgrund der steigenden Popularität und des kommerziellen Labels tauchten erste „Ausverkaufs-“ und „Verrats“vorwürfe in der linken Szene auf; nunmehr prügelten sich nicht nur Publikum und Polizei, sondern in Hannover und München auch Publikum und Band.

Im selben Jahr, also 1982, indizierte die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften“ (BPjS, jetzt BPjM) „Slime I“ als erste Punk-Platte überhaupt zusammen mit dem Sampler Soundtracks zum Untergang von AGR. Die BPjS gab bei der Samplerindizierung den Slime-Song „Polizei SA/SS“ neben dem Song „Helden“ der Gruppe Middle Class Fantasies als Grund an. Die Platten wurden daraufhin mit Pieptönen zensiert. Der Vorfall steigert sowohl Bekanntheit als auch Beliebtheit der Band innerhalb der Punk-Szene enorm. 1989 erschien das Album bei AGR noch einmal unzensiert auf CD, 2003 wurde es bei Weird System mit einer neu aufgenommenen, zensierten Version von „Bullenschweine“ erneut veröffentlicht.

Das dritte Album Alle gegen Alle ist textlich differenzierter. Musikalisch wendet sich die Band vom britischen 77er-Punkrock ab und beginnt Einflüsse des wesentlich dichteren und dunkleren Hardcore Punks, im Stile der Dead Kennedys und Black Flag, zu integrieren. In diese Zeit fallen weitere Konzerte, teilweise mit Vorbildern der Band. Zum Beispiel 1982 in Hamburg-Harburg zusammen mit den Dead Kennedys und MDC, begleitet von einer Hundertschaft Bereitschaftspolizei unter der Bühne. Slime selbst dazu rückblickend: Es heißt, 26 Beamte quittierten nach dem Abend aufgrund der erlittenen Angstqualen ihren Dienst. Auftritte mit Bad Brains in Osnabrück und Ton Steine Scherben in Neumünster folgen.

Die Indizierungen einiger Stücke – vom Umfeld als Zensur empfunden – förderte den Ruhm der Band. Auch ihre künstlerischen Qualitäten und die oft in Schlägereien und Straßenschlachten mit der Polizei endenden Konzerte bedingten schnell einen Star-Status innerhalb der Szene. Sie galten als legitime Nachfolger von Ton Steine Scherben. Gleichzeitig und teilweise deswegen mehrten sich aber ebenfalls kritische Stimmen: Ihr Label AGR galt szeneintern als zu kommerziell ausgerichtet, der Song Yankees raus zog Vorwürfe des rassistisch motivierten Antiamerikanismus ebenso auf sich wie die, den Holocaust zu verharmlosen.

1984 löste sich die Band nach der Veröffentlichung eines Livealbums offiziell auf. Die Bandmitglieder hatten das Gefühl an einem toten Punkt angekommen zu sein, entweder blind als Helden verehrt zu werden oder ungerechtfertigter Kritik ausgesetzt zu sein; sie waren der Ansicht, gegen ihren eigenen Status nicht mehr anspielen zu können und sahen zur Weiterarbeit keine Perspektive mehr. Trotz der offiziellen Auflösung spielten sie in der Zeit bis zur Reunion 1990 mehrmals, so im Störtebecker in der besetzten Hafenstraße oder auf dem Störtebecker-Barkassen-Trip im Hamburger Hafen, bei dem 2.000 Liter Freibier flossen und die Barkasse beinah im Hafenbecken versenkt worden wäre.

Brüllen, zertrümmern und weg: 1990–1994

Die Bandmitglieder trennten sich unter anderem aufgrund ihres gespannten Verhältnisses zur Szene 1984, spielten dennoch einige Gigs, vereinten sich 1990 wieder und nahmen noch im gleichen Jahr neue Songs auf. 1992 erschien das Album Viva la Muerte, auf dem Slime mit Metal-Elementen experimentierte. Das von Rodrigo González (später: Die Ärzte) produzierte Album ist das untypischste der Band. Der Sound ist ruhiger und experimenteller, die Texte unpolitischer als bei anderen Veröffentlichungen. Während die Kritiken auf Viva la Muerte gemischt waren und das Album kommerziell keinen Erfolg hatte, fanden sie auf ihm den Stil, der später Schweineherbst ermöglichen sollte.

Nach einigen Auftritten nahmen Slime 1993 das Album Schweineherbst auf. Die Platte ist textlich differenzierter und anspruchsvoller als frühere Veröffentlichungen, sowie musikalisch ausgereifter. Textlich positionierte man sich weiterhin links und gegen Rassismus. Das Album wurde dem kurz zuvor verstorbenen Drummer Peter Wodok („Ball“) gewidmet. Ende 1994 trennte sich die Band nach einer Abschiedstour endgültig, da ihrer Meinung nach mit dem Album „Schweineherbst“ alles gesagt worden war. Von der Tour produzierte sie später ihr zweites Livealbum. Das Lied „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ stellt eine musikalische Verarbeitung des Gedichtes „Die Todesfuge“ von Paul Celan dar und behandelt das Leben in einem KZ im Dritten Reich.

2002 und 2003 erschienen bei Weird System Nachpressungen der ersten drei Alben, die zensierten Stücke wurden hierfür in Teilen neu eingesungen, um strafrechtlicher Verfolgung zu entgehen. 2004 erschien dort auch die Doppel-DVD „Wenn der Himmel brennt“, die bereits für 2003 angekündigt war, jedoch wegen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft verschoben werden musste. Die DVD bietet in Camcorder-Qualität einen dokumentarischen und authentischen Überblick über die gesamte Bandgeschichte.

Einige der Bandmitglieder von Slime waren und sind auch in anderen Bandprojekten aktiv, wie z.B. bei C.I.A., Elf oder (aktuell) bei Rubberslime.

Die Band war eine der wichtigsten Bands der linken Szene in den frühen 1980ern und so tauchen Referenzen auf sie auch Jahre später auf. Die Ärzte verwenden Material aus Bullenschweine in ihrem Nummer-1-Hit Männer sind Schweine (allerdings am Schluss des Stückes und kaum wahrnehmbar) und spielen auf einigen Live-Konzerten am Ende des Lieds Richtig schön evil den Refrain von Polizei SA/SS, die Absoluten Beginner verwenden Bullenschweine ebenfalls in den 1990ern später als Vorbild für ihren Beitrag K.E.I.N.E. Die Hamburger Hip Hop-Formation Fischmob verwendete den Text von „Bullenschweine“ für ihren Song „Polizei-SA/SS“, einem Stück im Stile der Dance-Aufnahmen der Schlümpfe. Auch im zensierten Lied Kein Gerede von WIZO findet sich ein direkter Bezug auf eine Zeile des Liedes „Bullenschweine“ (Noch ein Aufruf zur Revolte, noch ein Aufruf zur Gewalt). Auch konservative bis rechtsnationalistische Bands wie Endstufe und Kampfzone coverten Slime-Songs („Gewinnen werden immer wir“ auf der 10" „2003“ von Kampfzone; „Linke Spießer“ auf dem 2006er Album „Feuer Frei“ von Endstufe). Auch die Broilers haben auf ihrer 2008 erschienen Ruby Light and Dark EP ein Lied von Slime gecovert, nämlich "Zusammen". Die hessischen Grünen plakatieren ein ironisches Legal, Illegal, Scheißegal im Landtagswahlkampf, der in die Zeit der CDU-Spendenaffäre fiel. 2003 sorgte der Song Yankees raus für kontroverse Diskussionen innerhalb von Attac, als er auf einem Unterstützungssampler für die Organisation erschien, sich Teile von Attac aber wegen der Rassismus-Vorwürfe vom Song wieder distanzierten. Der Song wurde von Rubberslime für den Sampler mit einem anderen Text als dem des Originals von 1982 neu aufgenommen. Besonders die Textzeile „Weltpolizei SA – SS“ erregte die Gemüter einiger Attac-Mitglieder, da sie nach ihrer Meinung die Verbrechen der NS-Zeit verharmlost und zugleich die USA auf eine Stufe mit der SA bzw. der SS stellt.

Diskografie

Chartplatzierungen: Das Album Schweineherbst hatte großen kommerziellen Erfolg und landete auf Platz 66 der deutschen Album-Charts.

Studioalben

  • 1981: Slime I (Raubbau, indiziert)
  • 1982: Yankees raus (AGR)
  • 1983: Alle gegen Alle (AGR)
  • 1992: Viva la Muerte (AGR/Modern Music)
  • 1994: Schweineherbst (Indigo)

Alle diese Alben wurden 2007 auf Slime Tonträger mit zusätzlichen Bonustracks remastered. Allerdings sind die Songs, die damals zu einer Indizierung führten ( z.B. "Wir wollen keine Bullenschweine), so stark geschnitten, dass sie teilweise nicht einmal mehr Sinn ergeben.

Livealben und Compilations

  • 1984: Live (AGR)
  • 1990: Compilation 81–87 (Bitzcore)
  • 1990: Die Letzten (AGR)
  • 1995: Live Punk Club (Grosse Freiheit in Hamburg) (Slime)

Singles

  • 1980: Wir wollen keine Bullenschweine (Moderne Musik)
  • 1993: Der Tod ist ein Meister aus Deutschland (Weserlabel)
  • 1993: Schweineherbst (Indigo)
  • 1993: 10 kleine Nazischweine (mit Heiter bis Wolkig) 2-Track-EP

VHS

  • 1990: Live in Berlin 90
  • 1994: Schweineherbst

DVDs

Zusätzlich gibt es noch Tributsampler.

Quellen

  1. BVerfG, 1 BvR 581/00 vom 3. November 2000

Weblinks

Kategorie:Band