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APO-Calypse:Herrschaftsfreie Welt? (Seminar) Reader Veto,Konsens
Veto, Konsens
Im Konsens (lateinisch Gemeinsinn) ist eine Entscheidung dann ergangen, wenn alle an ihr Beteiligten diese tragen. In kleinen Gruppen werden Entscheidungen oft durch einfaches miteinander Reden im Konsens getroffen, zur Findung eines Konsens in großen Gruppen gibt es Konsensabstimmungsverfahren.
Ist es nötig, in größeren Gruppen einen Konsens zu erreichen gibt es dazu verschiedene Abstimmungsverfahren. Eines ist das auf dem Jugendumweltkongress bis 2001 angewendete: Zu einem zur Abstimmung stehender und ausdiskutierter Vorschlag wird die Abstimmung durchgeführt indem "die vier Konsensstufen" abgefragt werden. Jede Person kann ihre Stimme in eine dieser Stufen geben. Die erste Stufe ist "ich stimme vorbehaltlos zu", die zweite "ich stimme mit Vorbehalten zu", die dritte "ich stimme nicht zu, kann den Vorschlag aber akzeptieren und werde wahrscheinlich nicht zu dessen Umsetzung beitragen" (z.B. bei einer Aktion nicht mitmachen), die vierte ist das Veto. Ein Vorschlag gilt dann als angenommen, wenn die Summe der Stimmen der Stufen eins und zwei den Stimmen der Stufe drei überwiegt, und kein Veto eingelegt wurde. Anderenfalls gilt weiter, was bisher galt. Alternativabstimmungen sind in diesem Verfahren nicht möglich, was bei Fragestellungen schwierig ist, bei denen bisher nichts gilt. Außerdem wird oft in einem Bereich nur zu einem Vorschlag abgestimmt, obwohl mehrere Vorschläge einen Konsens erreichen könnten, wodurch der erstgenannte Vorschlag sich durchsetzt.
Der fortwährende Dissens, der leidenschaftliche Dialog, der immer noch weiterbesteht, selbst nachdem die Minderheit zeitweilig der Mehrheitsentscheidung nachgegeben hat, kann durch langweilige Monologe ersetzt werden – und durch den unwidersprochenen und abtötenden Klang des Konsenses. In der Mehrheits-Entscheidungsfindung kann die geschlagene Minderheit sich vornehmen, eine Entscheidung, in der sie geschlagen wurde, umzukippen – sie haben die Freiheit, offen und hartnäckig durchdachte und potentiell überzeugende Gegenmeinungen zu äußern. Konsens erkennt hingegen keine Minderheiten an, sondern läßt sie zu Gunsten der metaphysischen „Einheit“ der ‘Konsens’-Gruppe verstummen.
(Murray Bookchin, US-amerikanischer Anarchist)
Wie bei Mehrheitsentscheidungen blenden Konsensverfahren die Frage aus, ob überhaupt eine Entscheidung (aller) sinnvoll ist. Solches wäre nur dann der Fall, wenn alle von einer Entscheidung betroffen und an ihr interessiert sind, es also nicht möglich ist, dass verschiedene Gruppen einfach neben- oder nach freier Vereinbarung miteinander Verschiedenes tun, ohne dass andere sich in ihren Handlungen eingeschränkt fühlen. Anderenfalls hat Konsens mit Entscheidungsfindung von unten nicht zu tun, sondern ist im Gegenteil ein repressives Instrument, alle zur Einigkeit über bestimmte Fragen zu bringen.
Zudem ist Konsens die Diktatur des Status Quo: Im Zweifelsfalle bleibt immer alles so, wie es ist: Gegen Veränderungen kann Veto eingelegt werden - aber dagegen, wie es ist, üblicherweise nicht. Also hemmt das Prinzip von Konsens und Veto kreative Entwicklungsprozesse und stärkt die bestehenden Strukturen.
Quellen
http://www.projektwerkstatt.de/hoppetosse/hierarchNIE/reader/abstimmung.html
Kategorie:APO-Calypse:Herrschaftsfreie Welt (Seminar) Reader