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Strike Bike

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Strike Bike war eine Solidaritätsaktion, bei der Fahrräder eines durch die Belegschaft weitergeführten insolventen Unternehmens verkauft wurden.

Aufruf

Eine kleine, große Geschichte dadrüber welche Kraft die Solidarität potentiell hat! Und auch ein Hinweis über die Grenzen der Solidarität, wenn vorher nicht ein hoher Grad von Selbstorganisation vorhanden ist.

"Eine Tat macht an manchen Tagen mehr Furore, bringt mehr Aufmerksamkeit, als tausende Broschüren!", so oder ähnlich, Zitat von Peter Kropotkin!

Vivir la utopía - Solidarität zeigen! Widerstand organisieren! Die Utopie leben! Heute!

Auf! Auf! Zum konstruktiven Werk der Solidarität, zur Anarchie!!!

"Die Grenzen verlaufen nicht zwischen den solidarischen Menschen, sondern zwischen oben und unten!!"


aus:ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 522 / 16.11.2007

Zum Abschied ein Strike Bike

Nordhausener Fabrikbesetzung endet mit selbstverwalteter Produktion 115 Tage lang haben die KollegInnen von Bike Systems ihre Fabrik besetzt (vgl. ak 519 und 521). Die Schließung haben sie damit nicht verhindern können. Seit dem 1. November 2007 befinden sie sich in einer "Auffanggesellschaft". Aber sie haben ein Zeichen gesetzt und hoffen, dass andere ihrem Beispiel folgen und mehr Erfolg haben werden. Mit Begleitung von Presse und jeder Menge Kameras wurden am 22. Oktober zwei Montagebänder in der bereits stillgelegten Fabrik in Nordhausen (Thüringen) wieder in Betrieb genommen. Die KollegInnen der anderen Abteilungen hatten bereits vorgearbeitet: Bleche und Rahmen rot lackiert und mit Schriftzug und Katzenlogo versehen, Räder eingespeicht und bereift, Gepäckträger vormontiert, Züge und Kabel vorbereitet. Die Endmontage konnte beginnen.

So viel Begeisterung darüber, dass die Bänder anlaufen, erlebt man wohl selten in einer Fabrik. "Ich hab mich gefreut auf die ganze Geschichte hier. Wir waren wieder voll im Element. Das hat richtig Spaß gemacht, mal wieder mit den Kollegen zusammen zu arbeiten. Ende der Woche werde ich traurig sein. Wenn man dann durch die Halle geht und sieht, da war mal volles Leben drin, und alles ist wieder leer." (1) Nach der Produktion des Strike Bike ist das Streikzelt wieder abgebaut, sind die Transparente eingesammelt und zum zweiten Mal die Hallen für die Schließung gefegt. Ein neuer Investor ist nicht aufgetaucht. Es sollte noch zwei Interessenten geben, aber große Hoffnung hatte sich niemand mehr gemacht.

Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit Ab dem 1. November sind die KollegInnen in eine Auffanggesellschaft übergegangen, in der sie acht Monate lang für 80 Prozent des bisherigen Lohns an Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen sollen. Bei der Wahl zwischen zwei Auffanggesellschaften - einer der IG Metall (IGM) und einer anderen ihres Rechtsanwaltes - haben sie sich für letztere entschieden. Mit dieser Regelung stehen sie materiell etwas besser da als mit dem ersten Angebot im Juni, als es hieß, dass noch nicht einmal die Kündigungsfristen von durchschnittlich vier Monaten bezahlt werden könnten. Aber gewonnen haben die KollegInnen diese Auseinandersetzung nicht. Am Ende der Maßnahme wird für einige sicher die Arbeitslosigkeit stehen.

Manche sind froh, dass die anstrengende Zeit der Besetzung nun ihrem Ende entgegen geht. In den ersten Wochen haben sie sich keinen freien Tag gegönnt, manche waren rund um die Uhr im Betrieb, und es gab auch manchen Zoff in der "Familie". Eine Betriebsrätin versucht, diejenigen wieder aufzubauen, bei denen die Enttäuschung über das schlechte Ergebnis überwiegt. "Denen sage ich: Ihr habt was erreicht, ihr könnt stolz sein. Ihr habt was erreicht für euer Selbstbewusstsein, ihr könnt erhobenen Hauptes überall hingehen. Wir haben gezeigt, was in uns steckt. Denn wenn du 20 Jahre in der Produktion bist und immer ein und dasselbe machst, stumpfst du ab und merkst gar nicht mehr, was da eigentlich für ein Talent in dir schlummert. Wir haben uns mit Aktionen ins Gespräch gebracht. Das Strike Bike hat eine enorme Solidarität gebracht, das wird nicht so schnell in Vergessenheit geraten. Und wir vergessen das nie! Das nimmt uns keiner mehr, das können wir unseren Enkeln noch erzählen: Wir waren nur eine kleine Firma, und wir haben sie besetzt, in Nordhausen."

Diese Meinung teilen viele, und sie sehen sich als Pioniere: "Ich würde das immer wieder machen. Nur allein um denen zu zeigen, dass es so nicht geht. Auch wenn sie nachher unter dem Strich doch ihren Willen kriegen, ... aber ein bisschen Rummel in der ganzen Republik haben wir ja gemacht, und vielleicht nehmen sich irgendwelche anderen Betriebe das mal zu Herzen, vielleicht klappt es bei denen dann."

Die Erfahrung, "dass man in einer Notsituation so zusammenhalten kann", möchten viele nicht missen, und sie waren begeistert über die unerwartete Solidarität. "Dass jeder erstmal an sich selbst denkt und nichts macht, wenn ein anderer Betrieb geschlossen wird, das ist doch normal. Aber jetzt, wo ich selbst weiß, wie das ist, würde ich schon hingehen und was spenden, wenn in einem anderen Betrieb die Kollegen streiken oder um ihre Arbeitsplätze kämpfen müssen." Bei der Besetzung haben alle Beteiligten viel gelernt. Am Anfang fühlten sich die meisten überfordert, wenn Presse auftauchte. Inzwischen geben viele routiniert vor den Kameras Interviews. Sie erklären nicht nur ihre Lage, sondern auch, wie alles zusammenhängt.

Begonnen haben sie ihre Aktion ohne Vorerfahrung, und nur wenige waren in der IG Metall organisiert. "Die Aktion hat gezeigt, dass man nicht organisiert sein muss, sondern einig. Am Anfang haben wir gedacht, wir brauchen die IGM, weil wir überhaupt nicht wussten, wie das geht."

Radikal nicht, aber ein bisschen radikaler Dass Sekretäre der IGM ständig im Betrieb waren, wurde als Unterstützung gesehen, aber von einigen auch als Kontrolle: "Die haben uns keine Sitzung alleine machen lassen." Die Grenzen des Apparates sind ihnen in dieser Auseinandersetzung deutlich geworden. "Wir sind der IGM dankbar, denn ohne sie und ihre Strukturen wären wir nicht so schnell zu Potte gekommen, die haben wir ganz einfach gebraucht, um die ganze Aktion anzuleiern. Die Leute haben connections, die haben Erfahrung, und dazu sind sie auch da. Für solche Sachen zahlen die Mitglieder Beiträge. Das war wichtig, aber genauso wichtig ist die Hilfe von außen, von anderen Gruppierungen und Organisationen. Eine Organisation wie die Gewerkschaft muss relativ behäbig agieren. Bei entscheidenden Fragen geht das durch mehrere Ebenen. Da können schon mal Wochen und Monate ins Land gehen, um eine Entscheidungsfindung herbeizuführen. Deshalb wäre diese Aktion Strike Bike mit der IGM oder auch mit einer anderen Gewerkschaft nicht durchführbar gewesen."

Die Idee der Selbstverwaltung lag bei dem Produkt Fahrrad nahe und wurde von verschiedenen UnterstützerInnen in die Diskussion gebracht. Konkret wurde sie mit dem Strike-Bike-Vorschlag aus Kreisen der FAU. "Die haben uns überhaupt erst die Möglichkeit aufgetan, dass es überhaupt geht. Von alleine hätten wir das nicht gemacht. Es hätte uns vielleicht an Mut gefehlt, und wir hätten die Vertriebswege nicht gehabt. So weit hätten wir gar nicht denken können."

Die KollegInnen hatten kein Problem damit, sich von AnarchosyndikalistInnen und anderen Linken unterstützen zu lassen, aber auch ihnen gegenüber betonen AktivistInnen ihre Eigenständigkeit: "Die FAU hat uns unwahrscheinlich unterstützt, aber durchgesetzt und umgesetzt hat das der Verein." Für die Produktion der Strike Bikes haben die KollegInnen einen Verein gegründet, der wegen der Garantiebestimmungen noch mindestens zwei Jahre bestehen bleiben wird. KollegInnen, die früher im Büro oder im firmeneigenen Call Center beschäftigt waren, haben sich um den Materialeinkauf und die Auftragsabwicklung gekümmert. Der Verein bezahlt für die Produktionswoche den Strom und die Löhne der KollegInnen. Alle bekommen das Gleiche - 360 Euro für 36 Stunden - angemeldet als Nebenbeschäftigung auf Minijobbasis.

Auch beim Strike Bike stand den BesetzerInnen wieder ihr Vertrauensanwalt zur Seite, den sie schon aus einem früheren Insolvenzverfahren kannten. Seine Beratung hat bei der Besetzung von Anfang an eine wichtige Rolle gespielt. "Ohne ihn hätten wir gar nicht gewusst, was man alles beantragen muss. Da wären wir zum ersten Mal auf die Nase gefallen, da hätten sie uns vom Hof gejagt." Die ganze Aktion war in gewisser Weise sehr ,deutsch`, nämlich in hohem Maße rechtlich verregelt. Gegen die Räumungsdrohung gelang es dem Anwalt, die Besetzung als verlängerte Betriebsversammlung gerichtlich absegnen zu lassen. (2)

Aber eine basisdemokratische Versammlungskultur ist aus dieser längsten Betriebsversammlung in der Geschichte der BRD nicht entstanden. Entscheidungen fielen eher in kleinem Kreis. Manche KollegInnen fühlten sich davon ausgeschlossen; andere schienen ganz zufrieden zu sein, sich nicht um alles kümmern zu müssen. Im Gegensatz zu den Betriebsbesetzungen in Argentinien, wo auf dem Hintergrund des Aufstandes vom Dezember 2001 (zunächst) überall Vollversammlungen zum bevorzugten Ort der Entscheidungsfindung wurden, scheint es in der BRD noch schwierig zu sein, jahrzehntelang praktizierte Vertretungsstrukturen und Passivität zu überwinden.

Das Böse in die Welt hinaus tragen "Wenn ich das noch mal machen würde, würde ich etwas härter vorgehen. Mit den Erfahrungen, die man jetzt hat, würde man vielleicht gleich so ne Marke setzen wie jetzt mit dem Strike Bike, und nicht so viel fragen: Dürfen wir das? ,Radikal` will ich nicht sagen, ... aber bisschen radikaler schon." Den größten Fehler sehen viele darin, dass sie viel zu spät angefangen haben, sich zu wehren: "Wir hätten eher anfangen müssen mit dem Streiken. Wir hätten sagen müssen: Nein, wir bauen keine Räder mehr. Dann hätten wir ein Druckmittel gehabt, weil die Aufträge erledigt werden müssen. Das haben wir verpasst. Die Hoffnung stirbt zuletzt, und wir dachten immer, es geht weiter. Als wir dann angefangen haben, da waren die Aufträge weg. Jetzt ist es zu spät, hinterher ist man immer schlauer."

Als die Nachricht vom Strike Bike die Runde machte, hegten einige UnterstützerInnen die Hoffnung, dies könnte der Anfang einer selbstverwalteten Fahrradproduktion sein. In der Öffentlichkeit entstand teilweise der Eindruck, die Fabrik würde nun von den ArbeiterInnen weitergeführt. Von der Arbeit her wäre das für die KollegInnen tatsächlich kein Problem. Dass sie für den Produktionsprozess keine Chefs brauchen, haben sie gerade bewiesen. Aber es fehlt ihnen an Kapital. Sie haben ausgerechnet, dass acht bis zehn Millionen Euro nötig wären, um die Produktion wieder in Gang zu bringen. Das Strike Bike war nur möglich, indem solidarische KundInnen ihre Fahrräder unbesehen im Voraus bezahlten. Mit diesem Modell kann keine Massenproduktion betrieben werden, die Löhne für 124 ArbeiterInnen bringt. In einer Woche wurden 1.837 Strike Bikes gebaut - so viele Räder liefen früher an einem Tag von den Bändern. Das Strike Bike war nur eine begrenzte Aktion. Aber einige KollegInnen haben den Spaß am Selbermachen entdeckt. Es gibt Überlegungen, eine kleine Produktion von Spezialrädern aufzubauen. Das ist nicht die Lösung für alle, die sie angestrebt haben. Lieber wären sie zusammen geblieben. Schon am Anfang der Besetzung war die Rede von der "Familie, die zusammenhält". In den gemeinsamen Monaten als BesetzerInnen haben sie sich noch mal ganz anders kennengelernt.

Immer wieder tauchte die Frage auf, warum die Politik nicht mit einer Anschubfinanzierung für die selbstverwaltete Produktion zu Hilfe kommt. Schließlich hatte das Land dem Vorbesitzer Biria erhebliche Subventionen zukommen lassen, und die Arbeitslosigkeit der FahrradwerkerInnen wird den Staat auch einiges kosten. Aber manche liefern die Erklärung gleich mit, warum die Selbstverwaltung nicht sein sollte und sie nicht gewinnen durften: "Wenn wir Erfolg gehabt hätten, dann würden doch überall hier im Land die Betriebe besetzt!" Trotzdem hoffen sie, dass ihre Besetzung zum Beispiel wird.

Ein Aktivist zieht Bilanz: "Was am Ende bleibt? 115 Tage länger, und eine schöne Aktion, die uns weltweit bekannt gemacht hat. Man hat einen Haufen nette Leute kennen gelernt und viele Verbindungen geknüpft. Wenn es eventuell Nachahmer gibt, wenn sich das Aufbegehren gegen irgendwelche Chefs jetzt häuft, dann war die ganze Aktion nicht umsonst. Wenn wir nur so ein kleiner Sargnagel werden für den Staat, dann bin ich schon sehr zufrieden. Wenn Leute uns interviewt haben, habe ich immer gesagt: Tragt das Böse in die Welt hinaus, verbreitet es!"

Alix Arnold

Anmerkungen:

1) Die Zitate stammen aus Gesprächen und Interviews mit den KollegInnen in den Tagen vom 22.-24.10.07 während der Produktion des Strike Bike.

2) Die Gesetzeslücke, dass bei Betriebsversammlungen keine Maximaldauer festgelegt ist, wurde schon mehrfach in Situationen genutzt, in denen Streiken legal nicht möglich gewesen wäre. So wurde der sechstägige wilde Streik bei Opel Bochum im Oktober 2004 als "Informationsveranstaltung" bezeichnet, und statt zu arbeiten, redeten die KollegInnen bei Alstom in Mannheim im April 2005 fünf Tage am Stück über geplante Entlassungen. Am 23.10. besuchte eine Delegation von Alstom die FahrradwerkerInnen, und der Alstom-Chor brachte ihnen ein Ständchen in der Montagehalle. http://www.akweb.de


Strike-Bike und die Rolle der Gewerkschaften

Jens, auf Indymedia.de: 08.10.2007 23:44 Themen: Soziale Kämpfe In Deutschland wird eine Fabrik besetzt, die 135 ArbeiterInnen zeigen einen hierzulande fast nie da gewesenen Zusammenhalt, besetzen die Fabrik seit nun 3 Monaten und entscheiden sich zu einem in Deutschland für unmöglich gehaltenen Schritt; der Produktion in Selbstverwaltung. Wohlgemerkt in einem besetzten Betrieb. Damit überschreiten sie alle Grenzen, welche wir uns im Rahmen von Aktionen der DGB Gewerkschaften vorstellen können. Und haben damit einen Erfolg welcher in die Geschichte eingehen wird.

Über google finden sich zwei Wochen nach dem Start der Kampagne sagenhafte 300.000 Einträge zu "Strike-Bike" aus der ganzen Welt. Und fast nirgends ein Wort über die IGM, sondern nur über die in Deutschland wirklich kleine anarchosyndikalistische FAU.

Mir drängte sich sofort eine Frage auf: Was bitte, außer Gejammer über „Heuschrecken“ und die dazu passende Demo in Frankfurt, hat „meine“ Gewerkschaft, die IGM, mit der Geschichte in Nordhausen zu tun?

Ein erster Artikel der das Thema überhaupt erwähnt, von Peter Nowak (Telepolis / Heise) vom 2.10.2007, lässt endgültig aufhorchen. Die IGM als Blockiererin dieser Aktion?

Zitat: Die Tatsache, dass DGB-Gewerkschaften in dem Werk nicht Fuß fassen konnten, hatte die pragmatische Zusammenarbeit mit der FAU sogar erleichtert. Denn durch feste DGB-Strukturen wird in der Regel sehr streng darauf geachtet, dass Konkurrenten von links dort gar nicht erst Fuß fassen können. Dazu werden mitunter auch Verbote und andere administrative Maßnahmen angewandt. Die Arbeiter in Nordhausen haben sich hingegen immer gegen jegliche Bevormundung von Parteien und Gewerkschaften gewandt. Zitat Ende....

Bei genauerer Recherche zu IGM und Strike-Bike findet man dann höchstens lokale Unterstützung, allerdings, wohl bezeichnenderweise, nie von der IGM-Verwaltungsstelle Nordhausen. Sondern z.B. von der IGM Leipzig. Und dort wird´s dann richtig peinlich, anscheinend allerdings ohne die Schuld der lokalen Aktiven, sondern durch den ihnen wohl zentral vorgegebenen Inhalt. In Aufruf des IGM-Leipzig Blogs wird versucht, die Zusammenarbeit der KollegInnen mit der FAU zu vertuschen:

Zitat: Liebe KollegInnen, fast wörtlich schreibt Ihr den Flyer zum Strike-Bike ab. Erstmal schön und gut. Im Original heißt es: “In konstruktiver Zusammenarbeit mit der Radspannerei Berlin Kreuzberg, der Cafe Libertad eG aus Hamburg und der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft der www.fau.org wurde das Konzept kurzfristig entwickelt. ” Warum verschweigt Ihr, die Zusammenarbeit mit der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft? Habt Ihr so wenig Selbstbewußtsein? Zitat Ende

Am 4. Oktober in der "Jungle World" dann das erste Mal offene Kritik an der IGM durch Folkert Mohrhof von der FAU: »Was wir als Mini-Gewerkschaft bekommen haben, ist internationale Solidarität«, sagt Folkert Mohrhof, der Pressesprecher des »Solidaritätskreises Strike-Bike« der FAU, im Gespräch mit der Jungle World. Nur die IG Metall kritisiert er. »Es ist eine absolute Sauerei, von der IG Metall kommt überhaupt nichts.« Und er fährt fort: »Wieso kaufen die eigentlich keine Strike-Bikes? Die hätten die Möglichkeit zu einer Großbestellung.« 

Und im selben Artikel das Eingeständnis: Astrid Schwarz-Zaplinski, die erste Bevollmächtigte der IG Metall Nordhausen, reagiert auf diese Frage ausweichend: »Einzelne Kollegen und Kolleginnen der IG Metall werden sicherlich bestellen.« 

Wirklich beeindruckend.....

Und dann, einen Tag später und direkt hier auf Indy verlinkt (und auch über jede Suchmaschine leicht zu finden), der unfassbare Bericht eines Kollegen von der Radspannerei Kreuzberg über einen Besuch in Nordhausen.

Zitat: als nachtrag noch einen kleinen wermutstropfen. die ig-metall, welche die belegschaft mehr als zwei monate hingehalten hatte, sie vielmehr noch zu überreden versuchte, den kampf aufzugeben im hinblick auf die konsequenzen, sozusagen angstmacherei betrieb, und die eigentlich in ihrer funktion selbstverständliche unterstützung versagte, sprang erst wieder auf den zug auf, nachdem die „tagesthemen“ der ard einen bericht über die werksbesetzung gesendet hatte. sie warb um die 65 noch nicht-mitgliederinnen ihrer organisation, bot ihnen, um die entscheidung zu erleichtern, zinslose darlehen an. 30 der jetzigen vereinsmitglieder vom bikes aus nordhausen e. v. traten ein. der mitgliedsbeitrag von 30,-€ wurde ihnen umgehend vom konto abgezogen, jedoch wurde bis heute kein einziges darlehen gezahlt. statt dessen wurden wimpel und ig-metall-girlanden aufgehängt, plakate gedruckt, die kaum erfüllbare forderungen an die heuschreckengesellschaft „lone-star“ richtet, welche in den usa residiert, und die unvermeidliche, weithin sichtbare ig-metall-flgge gehißt. professionell und erfahren wie sie ist, wurde die fau mit der fehlinformation versorgt, die offizielle pressekonferenz am 02.10.2007 sei um 15:00 uhr angesetzt. eine information, die erstmal niemand anzweifelte, was sich im nachhinein als fataler fehler herausstellte. denn in wirklichkeit hatten sich mehrere fernsehteams und redaktionen einiger namhafter tageszeitungen schon um 12:00 im werk eingefunden, so daß die ig-metall allein mit auf dem podium saß, um sich als haupt-solidaritätsorganisations zu präsentieren. die initiatorinnen von cafe-libertad, die fau und viele andere, welche den kampf von anfang an tatkräftig unterstützt hatten, blieben außen vor. vertrauen ist gut, jedoch nicht in jedem fall. Zitat Ende

Die Lektüre davon bedeutete für mich das Ende meiner Mitgliedschaft in diesem Apparat. Was aber bedeuteten diese Geschehnisse für die Fortführung des vorbildlichen selbstorganisierten Kampfes der KollegInnen in Nordhausen? Hoffentlich werden sie zusammenhalten und sich von der IGM genauso wenig spalten lassen wie von LoneStar und der MIFA, dem Arbeitsamt oder dem Insolvenzverwalter. Den Versprechungen der IGM werden sie zukünftig jedenfalls sicher soviel Glauben schenken wie den Versprechen der „solidarischen“ PolitikerInnen, welche sich in den letzten Tagen der Aktion, als sicher war, was für ein Erfolg die Kampagne haben würde, auf dem Strike-Bike fotografieren ließen. Mit einer gemeinsamen Fortführung des Kampfes ohne sie instrumentalisierende Funktionäre würden sie noch mehr beweisen, als sie es bisher schon getan haben: nämlich, dass die allerbesten Aktionen immer von den Betroffenen selbst ausgehen und, dass dies, wenn konsequent durchgeführt, immer zum Erfolg verhilft. Durch eben dieses Vorgehen haben sie schon eine selten gesehene Solidarität von Unten ausgelöst. Und diese wird allen, die von der Geschichte gehört und gelesen haben, noch mehr Mut machen.

Und noch ein letztes Wort zur FAU, über deren Rolle ja genug bekannt sein dürfte: neben ihrer beeindruckenden Aktivität in vielen Städten ist ihr hoch anzurechnen, dass sie die Informationen, die sie zweifellos über die Rolle der IGM hat, nicht gegen diese ausspielt, während die IGM anscheinend bereit ist, alle Mittel anzuwenden, um die Konkurrenz von links zu unterdrücken.

Weder das erste noch das letzte Mal FAUista 09.10.2007 - 09:49 Trotz der teilweise sehr guten Zusammenarbeit mit KollegInnen aus den gelben Gewerkschaften ist das nicht ungewöhnlich:

http://www.fau.org/artikel/art_070604-003434

Ungewöhnlich ist eher, dass sich (radikale) Linke immernoch aufgerufen fühlen die gelben Gewerkschaften durch ihre Mitgliedschaft zu unterstützen, anstatt eigene Betriebsgruppen oder gar Gewerkschaften aufzubauen. Aber das wird noch nicht mal veruscht, stattdessen wird für eine "kämpferische ver.di" geworben.

Bei allen erwehrten Zielen: selbst die TrotzkistInnen wollen nicht mehr die SPD unterwandern, weil das vertane Energie ist - und seit dem Klimawandel sollten wir doch alle daran interessiert sein Energie zu sparen, oder?



Pressekonferenz in Nordhausen - 2. Oktober 2007 - 15 Uhr

Wir von der Gewerkschaft Freie Arbeiterinnen- und Arbeiterunion (FAU) gratulieren den Kolleginnen und Kollegen zu ihrem Mut, die Verzweiflung über die "Platt-Sanierung" ihres Fahrradwerkes hier in Nordhausen nicht kampflos hingenommen zu haben.

Dieser - vorerst - symbolische Akt, 1.800 »Strike-Bikes« in vollständiger Selbstverwaltung zu planen, zu organisieren und zu produzieren, hat bereits jetzt in Deutschland und weltweit zu einer überwältigenden Solidarität geführt.

Neben weit mehr als 1.400 Bestellungen aus Deutschland, liegen weitere ca. 300 Bestellungen aus Griechenland, Italien, Spanien, Großbritannien, Irland, Belgien, Luxemburg, Österreich und der Schweiz schriftlich vor.

Unterschiedlichste Hilfe und Solidarität kommt von Fahrrad-Kollektiven und -Betrieben, lokalen anarcho-syndikalistischen Gewerkschaftsgruppen (z. B. der CNT-AIT Spaniens aus Sevilla, Valencia, dem Baskenland, Teruel), der Betriebsgruppe der CGT von Airbus in Madrid , vielen Ortsgruppen und lokalen Gewerkschaften der FAU, Metaller-Kolleginnen und Kollegen, linken Gewerkschaftszusammenhängen im DGB, einem Fahrrad-Verein aus Wien, usw. Wir können nicht alle aufzählen.

Solidaritätserklärungen erreichen die Nordhausener Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt - aus Kairo, Tel Aviv, Australien, aus Polen, Ungarn, Sibirien, Brasilien, Bolivien, Johannesburg, von den Wobblies und deren Starbucks-Gewerkschaft aus den USA und Schottland und natürlich aus ganz Europa. Aus Moskau gab es Presseanfragen, zahlreiche Presseartikel wurden verfasst, Radio- und Fernsehinterviews gegeben.

Die Solidaritätsbekundungen machen deutlich, dass die Aktion der Nordhausener Fahrradwerker andere Arbeiterinnen und Arbeiter ermutigt. Sie zeigt ihnen neue Perspektiven im eigenen Kampf gegen Lohndrückerei, Outsourcing, Massenentlassung und Betriebsschließungen - und gegen die Ignoranz vieler großer Gewerkschaften!

Wir als FAU bedanken uns bei den hiesigen kämpfenden Kolleginnen und Kollegen, die unser Angebot zur Unterstützung angenommen haben, ohne sich daran zu stören, dass wir nur eine kleine Gewerkschaft sind und bieten weiterhin unsere solidarische Hilfe und Kritik an.

Ob vielleicht der Traum einer längerfristigen selbstverwalteten Produktion oder einer Genossenschaft in Belegschaftsbesitz auf die Beine gestellt werden kann oder muss, hängt einzig und allein von dem "aufmüpfigen Kollektiv" der Besetzer hier in Nordhausen ab.

Wir als FAU sind zuversichtlich und davon überzeugt, dass sich hier im Werk niemand mehr mit frommen Sprüchen und leeren Arbeitsplatzversprechungen abspeisen lassen wird - und dass die MIFA-Löhne und -Arbeitsbedingungen auch zukünftig in diesem Betrieb nicht akzeptiert werden.

Ich danke Euch für die Aufmerksamkeit und überbringe solidarische Grüsse im Namen meiner Gewerkschaft, der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union, der FAU.

Folkert Mohrhof FAU-IAA Hamburg



aus:

Die Resolution/Lied der Kommunarden....von B.Brecht

In Erwägung: es will euch nicht glücken
Uns zu schaffen einen guten Lohn
Ãœbernehmen wir jetzt selber die Fabriken
In Erwägung: ohne euch reicht's für uns schon.

       In Erwägung, daß ihr uns dann eben
       Mit Gewehren und Kanonen droht
       Haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben
       Mehr zu fürchten als den Tod.

In Erwägung, daß wir der Regierung
Was sie immer auch verspricht, nicht traun
Haben wir beschlossen, unter eigner Führung
Uns nunmehr ein gutes Leben aufzubaun.

       In Erwägung: ihr hört auf Kanonen -
       Andre Sprache könnt ihr nicht verstehn -
       Müssen wir dann eben, ja, das wird sich lohnen
       Die Kanonen auf euch drehn!

ABER: Wir wollen uns nicht Opfern! Genug der Opfer!

Übriegens: Die Solidarität läßt sich nicht nationalisieren!...die Fabrik gehört den ArbeiterInnen!!! Die Solidarität für das Fahrradwerk ist International (vielleicht sollte Mensch besser Transnational sagen), siehe die Bestellungen aus diversen Ländern, u.a. Ägypten!

Kreativität! Emanzipation! Liebe! Widerstand! Konstruktive Selbstorganisation! Solidarität!!!

Weblinks

Kategorie:Aktionen Kategorie:Hamburg