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Kurt Gustav Wilckens

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Kurt Gustav Wilckens, 1886-1923

Kurt Gustav Wilckens wurde am 3. November 1886 in Bad Bramstedt geboren, er starb am 15. Juni 1923 in Buenos Aires, Argentinien.

Wilckens wurde 1886 in Bad Bramstedt (damals noch kein 'Bad'), Kreis Segeberg in Schleswig Holstein als eines von 8 Kindern von August Otto Wilckens und Johanna Henriette Harms geboren. Er begann früh in den Minen von Schlesien zu arbeiten und imigrierte mit 24 Jahren in die USA, wo er Arbeit in den Minen von Arizona fand. In Arizona bekam er Kontakt mit der IWW (Industrial Workers of the World), einer revolutionär-syndikalistischen Gewerkschaft. Er beteiligte sich an den Streiks und trat als Redner in den Massenversammlungen der Minenarbeiter auf. Gegen die wachsende Macht der Gewerkschaften heuerten die Minenbesitzer bewaffnete Streikbrecher an, die die Streikenden angriffen. Es kam zu Schießereien mit Toten auf beiden Seiten, schließlich zu einem handfesten Aufstand, der in einer Niederlage der Streikenden endete. 1186 Arbeiter (darunter 104 Wobblies [Mitglieder der IWW]) wurden in Viehtrucks verladen und hinter der Grenze in der Wüste von Neu-Mexiko ausgesetzt.

Wilckens wurde als IWW Gewerkschaftsmitglied gefangen genommen, ihm gelang die Flucht, aber er wurde schon bald wieder gefangen und zurück nach Deutschland deportiert. In Deutschland hatte er Kontakt zur anarchistischen Zeitschrift "Alarm" um Carl Langer in Hamburg und wurde zu einem Mitarbeiter. Es hielt Kurt Wilckens aber nicht lange in Deutschland, diesmal verließ er Europa Richtung Argentinien.

Ende September 1920 kam Wilckens in Buenos Aires an. Er arbeitete eine Zeit lang als Schauermann im Hafen und bewegte sich in der anarchistischen Szene dort, die damals eine Massenbasis in Argentinien hatte. Die Repression der Polizei brachte ihn im Mai 1921 für 4 Monate ins Gefängnis, einer Abschiebung konnte er entgehen. Nach seiner Freilassung setzte er all seine Energie und sein Geld dafür ein, seine Gefangenen Genossen zu unterstützen.

Die vom argentinischen Militär 1921 verübten schrecklichen Massaker an der Landbevölkerung Patagoniens verfolgte er von Buenos Aires aus. Die anarcho-syndikalistische FORA (Federación Obrera Regional Argentina) hatte die Landarbeiter zum Generalstreik organisiert; Oberst Varela befehligte die Massaker an ihnen mit 1500 Opfern! Sie erschütterten, den von hohen ethischen Werten geleiteten Vegetarier und Abstinenzler und an einem Anarchismus von Leo Tolstoi orientierten Kurt Wilckens zutiefst.

Kurt Wilckens entschloss sich zum Handeln und plante allein ein Attentat auf "den Schlächter von Patagonien" Oberst Varela. Am 27. Januar 1923 warf er eine Granate auf ihn. Obwohl an den Beinen verletzt, machte dieser nun Anstalten seinen Attentäter anzugreifen, worauf Wilckens ihn mit einem Revolver erschoss. Als Wachmänner ihn überwältigten, rief er aus: "Ich habe meine Brüder gerächt!" Im Prozess erklärte er, daß er Varela erschoss, um zu verhindern, daß dieser jemals wieder jemand tötet.

Das Gericht verurteilte Wilckens zu 17 Jahren Gefängnis. Bei der Armee und der argentinischen Rechten stieß das in ihren Augen zu milde Urteil auf keinen Zuspruch. Ein Komplott wurde geschmiedet. In der Nacht des 15. Juni 1923 schleusten Gefängniswächter Ernesto Perez Millan, Mitglied der faschistoiden, antisemitischen Gruppe "Patriotische Liga", die von Armee, Kirche und Unternehmern unterstützt wurde, in die Haftanstalt ein. Während Wilckens in seiner Zelle schlief, schoss ihn Millan in die Brust. Kurt Wilckens starb am folgenden Tag. Nach der Ermordung von Wilckens kam es in Argentinien zu einem Generalstreik, in Deutschland zu einer Protestkundgebung, am 9.Juli 1923 in Berlin von der FAUD, Redner waren: Rudolf Rocker, Augustin Souchy und Berthold Cahn. Kurt Gustav Wilckens zum Gedächtnis entstanden in Argentinien Gedichte und Lieder ("El Heroe") um ihn zu Ehren, er gilt in Argentinien als Held der Arbeiterklasse! Der Mörder Millan wurde wegen "Unausgeglichenheit" in eine Nervenklinik eingewiesen, wo er bald von einem anderen Patienten erschossen wurde.

Osvaldo Bayer, den man vielleicht als das journalistische Gewissen Argentiniens bezeichnen könnte, hat als erster die Zusammenhänge des "Aufstands in Patagonien" seit 1968 erforscht. Es erschienen von ihm in den 70-er Jahren vier Bände unter dem Titel "Los Vengadores de la Patagonia Trágica", in den 90-er Jahren als: "La Patagonica Rebelde"; Band 4 beschäftigt sich mit Kurt Wilckens. Gleichzeitig schrieb Bayer das Drehbuch zu dem Spielfilm "Patagonia rebelde" von Héctor Olivera. 1974 gewann der Film den Silbernen Bären der Berliner Filmtage. In den 90-er Jahren erschien noch ein Film von Frieder Wagner und Osvaldo Bayer mit dem Titel: "El Vindicator! (Der Attentäter) Kurt Gustav Wilckens", es ist Bayer zu verdanken, daß dieses Kapitel der Arbeitergeschichte und der Opfer der Vergessenheit entrissen wurde!



Literatur

  • Osvaldo Bayer: "LA PATAGONIA REBELDE, tomo IV: El Vindicador", Editorial Planeta, [554 Seiten booket/TB] Buenos Aires 1997. [Tomo III: 'Humillados y Ofendidos' (1995); tomo II: 'La Massacre' (1994); tomo I: 'Los Bandoleros' (1992)][1]
  • Hans Peter Duerr (Hg.): "Unter dem Pflaster liegt der Strand" Band 5, Karin Kramer Verlag, Berlin 1978, darin: Osvaldo Bayer: 'Die argentinischen Anarchisten', S. 153-196, insbes. S.171.
  • Horst Stowasser: "Leben ohne Chef und Staat. Träume und Wirklichkeit der Anarchisten", Eichborn Verlag, Frankfurt 1986. 2. Auflage: Karin Kramer Verlag, Berlin 2003. 2. Kapitel: 'Mörder und Märtyrer', S. 30-59, insbes. Seite 45, 48.

Film

  • "El Vindicator! Kurt Gustav Wilckens" Film von Frieder Wagner/Osvaldo Bayer in spanisch (1986/1992) [über Brightcove/ChristieBooks zum Teil per Internet zu sehen, u.a. wird der Neffe Paul Wilckens befragt, sowie anarchistische Freunde und FORA- Genossen, wie Luis Oneto, Umberto Correale u. Emilio Uriondo[2]].
  • "El Vindicator! Kurt Gustav Wilckens", Der komplette Film, 43 Minuten auf spanisch via 'ágora tv' [3]

Weblinks

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