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Tat hin, Tat her - Repression betrifft alle

Auch wenn ich nachweisen kann, dass ich die mir vorgeworfene Tat nicht getan habe, bleibt es wichtig, keine die Verfolgungsorgane erleichternden Aussagen zu machen. Sollen sie ruhig auf der falschen Fährte ermitteln! Jede Erklärung hilft Polizei und Staatsanwaltschaft. Wenn alle potentiellen TäterInnen ihre Unschuld sofort belegen würden, könnte der TäterInnenkreis leicht eingegrenzt werden. Der Staat könnte seine ganze Kraft für die Verfolgung des nun viel kleineren Personenkreises einsetzen. Es dürfte also klar sein, dass auch entlastende Aussagen nicht zu früh gemacht werden sollten - wenn überhaupt.

Der politische Umgang mit Repression, sie anzugreifen und auf sie einzugehen, ist auch eine Abwehr individualisiernder Verfolgung. Häufig zieht der Repressionsapparat einzelne AktivistInnen heraus, um an ihnen ein Exempel zu statuieren und damit andere AktivistInnen zukünftig abzuschrecken - "angeklagt sind einige, gemeint sind alle".

Repression wird zwar im allgemeinen individuell eingesetzt, aber eigentlich richtet sie sich gegen alle, die nicht gehorchen wollen. Sie soll unerwünschtes Handeln abstrafen und vor Wiederholung bzw. Nachahmung abschrecken. Somit sind politische AktivistInnen, die sich gegen Herrschaftsausübung richten, aber natürlich auch alle anderen RegelverstoßerInnen, immer gemeint, wenn sie Ziel von Repression werden - selbst wenn der konkrete Tatvorwurf auf sie nicht zutrifft. Wichtig ist es, sich dieser Rolle und Wirkung von Repression bewusst zu sein und nicht erst zu reagieren, wenn ich den Stein wirklich mal geworfen habe.

Trotz der Bedeutung, die das Annehmen von unzutreffender Repression für andere Betroffene und auf politischer Ebene hat, soll hier keines der üblichen Dogmen aufgemacht werden. Repression ist in aller Regel mit Unannehmlichkeiten verbunden und soll per Definition einschüchtern. Da ist es verständlich, wenn mensch sich nicht immer stark genug fühlt mit ihr umzugehen und sie lieber vermeiden will. Dafür sollte niemand abgestempelt oder ausgegrenzt werden. Wichtig ist aber sich der Folgen - nicht nur für die eigene Person - bewusst zu sein. Eigentlich ist ein Verfahren wegen einer nicht begangenen Tat ein guter Anlass für Aktivionen gegen Polizei, Justiz und Staat. Selbstbewusst kann gegen die Repression agiert werden, sie thematisiert und ihre Organe angegriffen werden, um dann am Ende der Beweisaufnahme den entlastenden Beweis vorzubringen. Und selbst hier kann noch überlegt werden, ob überhaupt Aussagen "zur Sache" gemacht werden, oder mensch sich auf die Entkräftigung von vorgebrachten Indizien konzentriert. Dann kann die Glaubwürdigkeit der angeblichen ZeugInnen durch gezielte Befragung "demonstriert" werden.

Was bleibt ist die Gefahr politisch motivierter Verurteilungen - Beispiele dafür gibt es genug. Wenn mensch davor Angst hat, sollten vorhandene Entlastungsbeweise vielleicht doch vorlegt werden. Doch völlige Sicherheit gibt es nie - selbst wer gleich am Anfang ihre Unschuld beteuert, kann verurteilt werden. Die Unfehlbarkeit von Gerichten ist unantastbar. Beispielhaft dafür sind die Giessener Gerichte. Wenn die sich in ihrem Verurteilungswillen einig sind, nützen EntlastungszeugInnen und der Nachweis massiver Lügengebäude im Polizeiapparat nichts ((Hinweis auf Giessener Bewährungsprozess)). Letztlich ist es also eine politische Abwägung, wie mensch mit Repression - ob unbegründet oder erwartet - umgeht.


Kategorie:Handbuch der Kreativen Antirepression