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Zwangsgesetze der Konkurrenz

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Der Gewinn eines kapitalistischen Unternehmens dient nicht in erster Linie dazu, dem Kapitalisten ein angenehmes Leben zu ermöglichen, der Gewinn soll vielmehr erneut investiert werden, damit in Zukunft noch mehr Gewinn gemacht wird. Nicht Bedarfsdeckung, sondern Kapitalverwertung ist der unmittelbare Zweck der Produktion; Bedarfsdeckung und damit auch das angenehme Leben des Kapitalisten ist nur ein Nebenprodukt dieses Prozesses, aber nicht sein Zweck: sind die Gewinne groß genug, dann genügt bereits ein kleiner Teil davon, um das luxuriöse Leben des Kapitalisten zu finanzieren, der größte Teil kann für die “Akkumulation” (die Vergrößerung des Kapitals) benutzt werden.


Dass der Gewinn nicht in erster Linie dem Konsum des Kapitalisten dient, sondern der beständigen Kapitalverwertung, d.h. der rastlosen Bewegung des immer noch mehr Gewinnens, hört sich vielleicht absurd an. Doch geht es hier nicht um eine individuelle Verrücktheit. Die einzelnen Kapitalisten werden zu dieser Bewegung des rastlosen Gewinnens (beständige Akkumulation, Ausweitung der Produktion, Einführung neuer Techniken etc.) durch die Konkurrenz der anderen Kapitalisten gezwungen: wird nicht akkumuliert, wird nicht der Produktionsapparat ständig modernisiert, droht das eigene Unternehmen von Konkurrenten, die billiger produzieren oder bessere Produkte herstellen, überrollt zu werden. Will sich ein einzelner Kapitalist der ständigen Akkumulation und Innovation entziehen, droht ihm der Bankrott. Er ist deshalb gezwungen mitzumachen, ob er will oder nicht. “Maßloses Gewinnstreben” ist im Kapitalismus kein moralischer Mangel der Einzelnen, sondern notwendig, um als Kapitalist zu überleben. Der Kapitalismus beruht auf einem systemischen Herrschaftsverhältnis, das Zwänge produziert, denen sowohl die Arbeiter und Arbeiterinnen als auch die Kapitalisten unterworfen sind. Daher greift auch eine Kritik zu kurz, die auf das “maßlose Gewinnstreben” einzelner Kapitalisten, nicht aber auf das kapitalistische System als Ganzes abzielt.



Zwar mag ein konkreter Geldbesitzer noch andere Zwecke verfolgen als nur die Kapitalverwertung, dann aber agiert er nicht mehr ausschließlich als “Kapitalist”. Dass der einzelne Kapitalist beständig versucht, seinen Gewinn zu vergrößern, liegt nicht in irgendwelchen psychischen Eigenschaften begründet, wie etwa “Gier”, es handelt sich vielmehr um ein durch den Konkurrenzkampf der Kapitalisten erzwungenes Verhalten. Der einzelne Kapitalist, sofern er Kapitalist bleiben will, benötigt den wachsenden Gewinn nicht etwa für einen wachsenden persönlichen Konsum, der bei großen Kapitalien nur einen winzigen Bruchteil des Gewinns ausmacht, sondern vor allem, um seine Produktionsanlagen zu modernisieren bzw. neue Produkte zu produzieren, wenn es nach den alten keine Nachfrage mehr gibt. Verzichtet er auf Modernisierung oder Veränderung, wird er bald vor dem Bankrott stehen.



Ein Kapitalist, der eine Produktivkraftsteigerung als erster einführt, benötigt nicht mehr dieselbe Menge an unmittelbarer Arbeitszeit, um dieselbe Produktenmasse zu produzieren. Er kann dann entweder dieselbe Menge wie früher aber mit weniger Arbeitskräften produzieren, oder mit derselben Menge an Arbeitszeit und Arbeitskräften eine größere Produktenmenge. Die erste Möglichkeit ist für den Kapitalisten meistens gar nicht realistisch, denn häufig ist die Steigerung der Produktivkraft der Arbeit nur möglich, wenn zugleich der Produktionsumfang erhöht wird. Wir können davon ausgehen, dass die Produktivkraftsteigerung in der Regel mit einer Vergrößerung der Zahl der Produkte einhergeht. Das einfachste Mittel, um die größere Produktmenge abzusetzen, besteht in einer Preissenkung: Das einzelne Produkt wird unter seinem bisherigen Wert verkauft. Auch wenn unser erfinderischer Kapitalist unter dem bisherigen Wert verkauft, braucht er nicht gänzlich auf den Extramehrwert zu verzichten. Verkauft er seine Produkte (bei eigenen Kosten von 240 Euro) statt für 360 nur für 350 Euro, dann erzielt er einen Gesamtmehrwert von 110 Euro, was verglichen mit dem üblichen Mehrwert von 80 immer noch ein Extramehrwert von 30 Euro bedeutet. Der größere Absatz unseres Kapitalisten bedeutet aber – wenn sich in der Ökonomie sonst nichts ändert, was eine größere Gesamtnachfrage hervorruft – dass die anderen Kapitalisten, die dasselbe Produkt anbieten, weniger absetzen können und im Extremfall bankrott gehen. Wollen sie ihre Marktanteile verteidigen, müssen sie ebenfalls zu einem niedrigeren Preis verkaufen. Bei unveränderter Produktionsweise würde dies zu einer Verminderung ihres Mehrwerts führen. Den anderen Kapitalisten bleibt also nichts anders übrig, als ebenfalls die Produktivkraft der Arbeit zu erhöhen und Kosten zu senken, um in der Preiskonkurrenz mithalten zu können.


Die Konkurrenz zwingt somit die Kapitalisten dazu, die Produktivkraftsteigerung, mit der einer anfängt, mitzumachen, selbst wenn sie individuell gar nicht an einer immer höheren Kapitalverwertung interessiert sein sollten. Die immanenten Gesetze des Kapitals, wie die Tendenz zur Verlängerung des Arbeitstages und zur Produktivkraftentwicklung, sind unabhängig vom Wollen der einzelnen Kapitalisten. Sie setzen sich ihnen gegenüber als Zwangsgesetze der Konkurrenz durch. Da jeder Kapitalist diesen Zwang kennt, wartet er normalerweise nicht, bis er ihm von den Konkurrenten auferlegt wird, sondern versucht eher der erste zu sein, der die Produktivkraft steigert, so dass er wenigstens noch etwas vom Extramehrwert hat, anstatt immer nur Verluste zu begrenzen. Im Resultat setzt jeder Kapitalist alle anderen Kapitalisten genauso unter Druck, wie er von ihnen unter Druck gesetzt wird. Und alle tun sie dies, in dem sie einem blinden “Sachzwang” folgen. Auch wenn ein Kapitalist als Person noch so genügsam sein mag – sofern er Kapitalist bleiben will, kann er sich der Jagd nach einem immer größeren Gewinn nicht entziehen.



Der einzelne Kapitalist wird durch die Konkurrenz zur Akkumulation gezwungen. Er muss sich an dem Wettlauf um eine beständige Steigerung der Produktivkraft beteiligen, damit er in der Preiskonkurrenz mithalten kann. Die Steigerung der Produktivkraft über den Einsatz neuer Maschinen ist im Allgemeinen teuer. Häufig genügt es nicht, dieselbe Wertsumme nur in andere Maschinen zu investieren; oft ist eine höhere Wertsumme notwendig, so dass dem einzelnen Kapitalisten die Akkumulation aufgezwungen wird.