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Poststrukturalismus
Der Poststrukturalismus ist eine geisteswissenschaftliche Denkrichtung, die ihren Ausgangspunkt in einer vielfältigen Kritik des Strukturalismus hat. Das Verhältnis von Poststrukturalismus und Strukturalismus ist sowohl von Brüchen als auch von Kontinuitäten gekennzeichnet. Der Poststrukturalismus gehört zu den wichtigen theoretischen Werkzeugkisten des Postanarchismus.
Eine Hauptkritik am klassischen Strukturalismus ist dessen Versuch, transkulturelle, ahistorische und abstrakte Gesetze entdecken zu wollen; nach Ansicht der PoststrukturalistInnen kann so der Wandel der Gesellschaften nicht erklärt werden, der Poststrukturalismus stellt somit den Strukturbegriff des klassischen Strukturalismus in Frage.
Konsequenterweise gerät auch der Wandel selbst in den Fokus des Poststrukturalismus und die (politische) Frage danach, wie gesellschaftliche Strukturen und kulturelle Formationen, die mit Macht und Zwang verknüpft sind, verändert werden können durch subversive Praktiken.
Als poststrukturalistisch werden eine Reihe von Positionen bezeichnet, die in und aus den Werken von Jacques Derrida, Jacques Lacan, Roland Barthes, Julia Kristeva, Louis Althusser, Gilles Deleuze und Michel Foucault entwickelt wurden.
Eine Methode des Poststrukturalismus ist die (eigentlich strukturalistische) Dekonstruktion von Modellen der Wirklichkeit (Dekonstruktivismus).
Nach Jacques Derrida ist Dekonstruktion eigentlich keine Methode, sondern eine Praxis. Dies bedeutet, sie muss nach dem jeweiligen Gegenstand immer anders verfahren und ist nicht immer gleich anwendbar. Dennoch kann man grob gesagt zwei Bewegungen ausmachen: Die erste ist die Umkehrung z.B. von binären Unterscheidungen, die zweite die Verschiebung der ganzen Logik. Bliebe man bei der ersten Bewegung stehen, würde wieder eine neue Hierarchie aufgebaut, darum betont Derrida, dass die zweite Bewegung der Verschiebung unbedingt notwendig ist. Hinzu kommt, dass eine Dekonstruktion eigentlich nie abgeschlossen ist, da sich immer wieder binäre Logiken herstellen. Interessant ist die Praxis der Dekonstruktion nicht nur, wenn man sie auf Texte (im geläufigen Sinn) anwendet, sondern auch für sozialwissenschaftliche Theorien, die sich mit Identitäten oder Identifizierungen beschäftigen wie zum Beispiel die Queer Theory oder die feministischen Theorien (Judith Butler) oder Kulturtheorien. Hier werden anhand der Praxis der Dekonstruktion die Stabilitäten und Wesenheiten von Identitäten hinterfragt, und man sucht nach neuen politischen Wegen.
Vielfach wird der Dekonstruktion auch eine ethische Komponente zugesprochen, da sie die Beziehung zum Anderen eröffnet, zu einem bislang Ungedachten oder Ausgeschlossenen. Die Ethik der Dekonstruktion geht mit ihrem Ethikbegriff zurück auf die Philosophie von Emmanuel Lévinas.
Literatur:
- Francois Dosse: Geschichte des Strukturalismus, 2 Bände, Frankfurt am Main 1999
- Stephan Moebius, 2003: Die soziale Konstituierung des Anderen. Grundrisse einer poststrukturalistischen Sozialwissenschaft nach Lévinas und Derrida. Frankfurt/New York: Campus
- Heike Raab: Foucault und der feministische Poststrukturalismus, Dortmund 1998