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Besinnung und Aufbruch
"Besinnung und Aufbruch" von 1929 bis 1933 die Mitgliedszeitschrift der Gilde freiheitlicher Bücherfreunde. Die Redakteure waren: Willi Jadau (1929-32); Helmut Rüdiger (1932) und Werner Henneberger (1932-33)
Die Zeitschrift der Gilde "Besinnung und Aufbruch" kam im Mai 1929 zum ersten Mal heraus. Als verantwortlicher Redakteur und Verleger fungierte bis 1932 der Berliner Willi Jadau, dann übernahm Helmut Rüdiger die Redaktion und Werner Henneberger den Verlag. Die Angabe bei Hans Manfred Bock, dass es die Zeitschrift zwischen 1929 und 1933 auf 5 Jahrgänge gebracht hätte, ist anzuzweifeln. Im Mai 1933, dem Beginn eines 5.Jahrgangs, war Helmut Rüdiger längst im Exil in Barcelona (bereits seit November 1932), Werner Henneberger hatte die Redaktion im Juli 1932 (Heft 3, 4. Jahrgang) übernommen. Im März 1933, nach dem Reichtagsbrand, wurde er jedoch von der Berliner Gestapo verhaftet.
Die Ausgabe vom Februar 1933 ist eine der aufschlußreichsten. Sie beginnt mit einem Bericht Erich Mühsams über den Kongress "Das freie Wort", wo prominente KünstlerInnen und Parteibonzen gegen den Nationalsozialismus sprachen. Erich Mühsam deutet hier seine Mitgliedschaft in der FAUD an: "Von den Kommunisten und ihren Filialen oder von uns - Gen. Rocker und Linow waren als Vertreter der Geschäftskommission der FAUD. anwesend, ich für die Arbeiterbörse Berlin Brandenburg - hätte der erste somit frühestens am späten Nachmittag zum Worte kommen können." Wir finden hier auch informative Gildenberichte aus Göppingen (von Karl Dingler) und aus Braunschweig (von Fritz Laskowski). Als verantwortlicher Redakteur wird Werner Henneberger angegeben "Berlin SW 19, Märkisches Ufer 20, III, Druck Georg Eichler, Berlin SO 16, Rungestraße 18." Diese 12-Seitige Februarausgabe war auch die letzte.
An der Dina-5-formatigen Zeitschrift zeigt sich erneut das große Interesse anarchistischer Kreise an expressionistisch beeinflusster Kunst. Die Hefte erinnern in ihrer Machart ein wenig an die expressionistische AKTION. Heft 1 präsentierte sich mit einem Titel-Holzschnitt des Kölners Kh. Bodensiek aus dessen Zyklus "Zur freundlichen Erinnerung an den großen Krieg". Bodensiek-Zeichnungen tauchen mehrfach auf. Heft 7 brachte eine Tuschezeichnung des Dichters Panait Istrati, ausgeführt von dem spanischen Graphiker und Anarchisten Helios Gomez. Die Gilde profitierte hier ganz offensichtlich von der Nähe zur IAA (Internationale Arbeiter Assoziation), die 1930 in Berlin eine Mappe von Helios Gomez herausbrachte mit 23 Zeichnungen und einem Text von Romain Rolland über die Diktatur in Spanien. Im Innern der Zeitschrift finden wir weitere Graphiken und Holzschnitte von Künstlern wie George Grosz, Lyonel Feiniger, Ludwig Göbel, Hans Bethmann, Albert Daenens, Arthur Streiter oder mit Franz Wilhelm Seiwert einen weiteren Künstler der Kölner Progressiven. 1932 ändert sich die Gestaltung der Titelbilder. Die Ausgaben zu Emma Goldman und Theodor Plievier erinnern mehr an die Fotomontagen John Heartfields, der Verantwortliche bleibt ungenannt. Als Photograph taucht der Initiator der Göppinger Gildengruppe, Karl Dingler, auf.
Zu den schreibenden Mitarbeitern zählten der spanische Anarchosyndikalist Orobon-Fernandez der lange in Berlin lebte; Rudolf Rocker, Theodor Plievier, Bruno Vogel, Robert Radetzky, der Vagabundenführer Gregor Gog, der Dadaist Raoul Hausmann, der Vagabund und spätere Spanienkämpfer Helmut Klose, die Rathenau-Biografin Etta Federn-Kohlhaas oder Gerhard Wartenberg, ein führendes Mitglied der FAUD Leipzig, später in Berlin. Er wurde 1942 im KZ Sachsenhausen umgebracht.
Literatur
- Heinz Lorenz: "Die Gilde freiheitlicher Bücherfreunde 1929-1933. In: Marginalien. Zeitschrift für Buchkunst und Bibliographie, Hg. Pirckheimer-Gesellschaft; Nr. 126, Berlin & Weimar, 1992
- Wolfgang Haug: Zum Thema Anarchismus, Teil 3: Die Gilde freiheitlicher Bücherfreunde, in: Schriften der Erich-Mühsam-Gesellschaft, Heft 5, Lübeck, 1994
- Wolfgang Haug, Jährlich mindestens drei schöngeistige oder wissenschaftliche Bücher – Die GfB der FAUD, in: Schwarzer Faden, Nr. 52, 1995.
- Helge Döhring: Syndikalismus im Ländle. Die Freie Arbeiter Union Deutschlands (FAUD) in Württemberg 1918 bis 1933, darin Kapitel über die konkrete Gildenarbeit, besonders über die wohl aktivste Gildengruppe in Göppingen, sowie Stuttgart und Heilbronn. http://www.syndikalismus-im-laendle.tk