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Contents
- 1 Entstehung des Begriffs und wesentliche Elemente
- 2 Ursprünge des Antisemitismus: Geschichte der Judenfeindschaft
- 3 Antisemitismus nach 1945
- 4 Antisemitismus in der islamischen Welt
- 5 Antisemitismus in der Linken - Geschichte
- 6 Antisemitismus in der deutschen radikalen Linken - heute
- 7 Radikallinke Theorien über den Antisemitismus
- 8 Siehe auch
- 9 Weblinks
Entstehung des Begriffs und wesentliche Elemente[edit]
Der Begriff Antisemitismus kam in den 1870er Jahren im Deutschen Kaiserreich auf und wird oft dem Journalisten Wilhelm Marr zugeschrieben. Der Begriff entstand im Kontext eines rassistischen Diskurses, in dem das Judentum als "Rasse" der "Semiten", im Unterschied zu den (nichtjüdischen) Deutschen als "Ariern" definiert wurde. Dieser Rassen-Antisemitismus erlebte seine "Blütephase" zwischen den 1870er Jahren und 1945 und mündete in der Ermordung von Millionen von jüdischen und als jüdisch definierten Menschen durch den deutschen Staat während des Zweiten Weltkriegs(Holocaust, Shoah). In den antisemitischen Schriften jener Zeit wird "der Jude" oder "das Judentum" als Klischeebild konstruiert, dem alle möglichen negativen Eigenschaften attestiert werden und das als Erklärung für als negativ angesehene gesellschaftliche Phänomene herhalten muss. Einige dieser Stereotypen sind die Assoziation des Judentums mit Kapitalismus, hemmungslosem Profitstreben, "raffendem Kapital" (im unterschied zum "deutschen, schaffenden, Kapital") Internationalismus, Sozialismus oder Bolschewismus. Die Stereotypen haben sich mit der Zeit weiterentwickelt, jedoch gibt es einige Konstanten, zumindest für die Zeit bis 1945. Eine wesentliche Konstante ist das antisemitische Argumentationsmuster, durch die kapitalistischen Entwicklungen hervorgerufene soziale Verwerfungen mit dem Judentum zu identifizieren. "Die soziale Frage ist die Judenfrage", hieß es schon in der Kaiserzeit. Ein anderes wesentliches Element in dieser Zeit ist die Verknüpfung von Antisemitismus und völkischem Nationalismus. In der völkischen Sichtweise werden "die Juden" als "Volksfremde" und Feinde des "deutschen Volkes" gesehen.
Ursprünge des Antisemitismus: Geschichte der Judenfeindschaft[edit]
Die Wurzeln des Antisemitismus reichen bis weit vor der Entstehung des Begriffes zurück. Oftmals wird im Unterschied zum modernen Rassenantisemitismus für frühe historische Phasen von "Judenfeindschaft" gesprochen. Eine Wurzel der europäischen Judenfeindschaft liegt im Christentum, und damit in den Jahrhunderten nach Christi Geburt. Zunächst war das Christentum eine jüdische Sekte, aber als es zur Staatsreligion des Römischen Reiches wurde, wurde dies mit einer steigenden Abgrenzung zum Judentum verbunden, und seit dem Mittelalter waren die Juden vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt. Erste massive Gewalt gegen Juden gab es zur Zeit der Kreuzzüge, und in darauf folgenden Jahrhunderten, bis ins 20. Jahrhundert hinein kam es immer wieder zu Gewaltwellen gegen Juden. Im Mittelalter wurden Juden vielfältigen Sondergesetzen unterstellt, und es kam auch zur staatlichen Vertreibungen (aus England, Frankreich, Spanien, und einigen deutschen Fürstentümern). Den Juden wurden vielfältige Vorwürfe gemacht: sie wurden als "Gottesmörder", "Brunnenvergifter", "Wucherer" etc. dargestellt. Man könnte argumentieren, dass antijüdische Stereotype und Argumentationsmuster über die Jahrhunderte zum europäischen "kulturellen Erbe" geworden sind.
Vor allem im Zuge der bürgerlichen Revolutionen verbesserte sich die Lage der Juden in Europa und es wurden viele diskriminierende Gesetze aufgehoben (Judenemanzipation). Doch kam es zu Gegenreaktionen von konservativen Kräften, die sich antijüdischer Argumentationsmuster bedienten, und u.a. argumentierten, dass die Juden nicht zum Ackerbau fähig seien und nur in "unproduktiven Berufen" zu finden seien. (In Wirklichkeit waren die Juden in großen Teilen Europas durch diskriminierende Gesetze von Ackerbau und Handwerk ausgeschlossen worden.) Der moderne Antisemitismus des 19. Jahrhunderts muss im historischen Kontext der Reaktion auf die Judenemanzipation, d.h. Erringung der weitgehenden Gleichberechtigung der Juden in der bürgerlichen Gesellschaft, gesehen werden.
Antisemitismus nach 1945[edit]
Nach der industriellen Vernichtung von Millionen von Juden durch den deutschen Staat im Zweiten Weltkrieg hat der Antisemitismus in der Weltgemeinschaft weitgehende Ächtung erfahren. Heute würden sich nur noch extreme Rechte, mit dem NS identifizierende Menschen, selbst als Antisemiten bezeichnen. Dies bedeutet natürlich nicht, dass der Antisemitismus aus weiten Teilen der Bevölkerung einfach verschwunden ist. Auch wenn es öffentlich geächtet ist (bzw. war), antijüdische Äußerungen zu machen, bedeutet dies nicht, dass solche nicht hinter vorgehaltener Hand gang und gäbe sind. Manchmal treten sie auch an die Öffentlichkeit, z.B. durch Äußerungen berühmter Schriftsteller (Martin Walser) oder Politiker (als jüngstes Beispiel Jürgen Möllemann und Martin Hohmann). Dies löst gewöhnlich einen öffentlichen Skandal aus, woran deutlich wird, dass zumindest weite Teile der deutschen Öffentlichkeit Antisemitismus nach wie vor nicht tolerieren. Dennoch verzeichnen jüngste Untersuchungen einen Wiederanstieg (nicht nur Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern wie z.B. Frankreich).
Der Antisemitismus in Deutschland nach 1945 hat einige Formveränderungen erfahren. Obwohl nach wie vor viele alte Stereotypen weiter bestehen (wie das vom Geld raffenden Juden), so sind neue Elemente hinzugetreten, die unmittelbar mit der Verarbeitung des Holocaust zu tun haben. Die Form des Antisemitismus wird auch als "sekundärer Antisemitismus" oder "Schuldabwehrantisemitismus" bezeichnet. Hier wird "den Juden" u.a. vorgeworfen, sie würden aus dem Holocaust Kapital schlagen wollen.
Antisemitismus in der islamischen Welt[edit]
Oftmals argumentieren AraberInnen, wenn sie mit dem Vorwurf des Antisemitismus konfrontiert sind, sie könnten gar keine Antisemiten sein, da sie ja selbst "Semiten" (und damit Opfer von Antisemitismus) seien. Diese Argumentationsweise knüpft an ein sprachwissenschaftliches Faktum an, nämlich dass Arabisch (neben Hebräisch) eine semitische Sprache ist. Jedoch wird bei dieser Argumentationsweise die Bedeutung des Begriffes Antisemitismus falsch interpretiert. Der Begriff ist nämlich, wie oben dargestellt, als spezifisch gegen "die Juden" oder "das Judentum" gerichtet verstanden worden, die als "Semiten" definiert wurden. Dabei wurde der Begriff "Semit" von den Antisemiten nicht sprachwissenschaftlich, sondern rassisch verstanden, da ja die meisten Juden deutsch- oder jiddisch oder andere indo-europäische Sprachen als Muttersprachen hatten, und nicht hebräisch.
Was ist nun das Verhältnis der islamischen Welt zum Antisemitismus? Zunächst einmal muss man festhalten, dass die Judenfeindschaft in der islamischen Welt, im Gegensatz zum Christlichen Europa, keine Jahrhunderte bis Jahrtausende alte Tradition hat. In den muslimischen Gesellschaften waren die Juden, obwohl sie nicht alle Rechte wie die Muslime hatten, allgemein als Minderheit anerkannt, die über vielfältigen Schutz verfügten. Es gab keine weit verbreitete Tradition antijüdischer Gewalt und Vertreibungen wie im christlichen Europa. Auch wenn es Zeiten religiöser Intoleranz gab, waren im Allgemeinen die muslimischen Länder toleranter. Antijüdische Ideen sind auch nicht so tief in der islamischen Religion wie im Christentum verwurzelt.
Der moderne Antisemitismus ist in Europa entstanden und kam über Europa in die islamische, vor allem. die arabische Welt. Erklärungsfaktoren dafür sind u.a. der europäische Imperialismus und Kolonialismus, die Entstehung des Panarabischen Nationalismus, der umkämpfte Status von Palästina/Israel und die Propaganda der Nazis im Zweiten Weltkrieg. Der Zerfall des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg führte zur Besetzung arabischer Gebiete (unter dem Mandat des Völkerbundes) durch Großbritannien (Irak) und Frankreich (Syrien). Gleichzeitig gab es das britische Mandatsgebiet Palästina, in dem es eine zionistische jüdische Einwanderung aus Europa gab. Dies alles fand im Kontext eines erstarkenden arabischen Nationalismus statt, der stark vom kulturalistischen deutschen Nationalismus inspiriert war. In den Jahrzehnten nach dem ersten Weltkrieg kämpften arabische Nationalisten im Irak und Syrien zusammen mit Nationalisten aus dem Palästinensischen Mandatsgebiet gegen die jüdische Einwanderung, die sie ihrem Ziel der Schaffung eines Großarabiens entgegengesetzt sahen. Gleichzeitig gab es ein starkes Ressentiment vieler panarabischer Nationalsten gegen die Besatzer Großbritannien und Frankreich. In diesem Kontext konnte die Propaganda der Nazis auf fruchtbaren Boden fallen. In den 30er Jahren gab es in Syrien und Irak profaschistische Organisationen, die sich an Deutschland orientierten. Für die Nazis war diese Allianz rein strategisch, da sie die AraberInnen als "minderwertige Rasse" ansahen. Sicherlich teilten die profaschistischen arabischen Nationalisten ebenfalls nicht alle Elemente der Nazi-Ideologie (vor allem nicht deren Theorie der Überlegenheit der "arischen Rasse"), dennoch wurden einige Elemente der Nazi-Propaganda (getreu dem Motto, der Feind meines Feindes ist mein Freund) übernommen. Besonders die antijüdische Propaganda fiel bei arabischen Nationalisten auf fruchtbaren Boden, und so kamen viele Elemente des Europaeischen Nationalismus in die arabische Welt.
Somit war das Aufkommen des Antisemitismus in der arabischen Welt von Anfang an unmittelbar mit der Palästinafrage verknüpft. Dies heißt jedoch nicht, dass alle arabischen "AntizionistInnen" Antisemiten sind. Der Kampf der PalästinenserInnen gegen die Besatzung kann vor allem als antikolonialer Kampf angesehen werden, der viel mehr mit anderen antikolonialen Kämpfen wie zum Beispiel dem Algerischen Befreiungskrieg oder den Befreiungskämpfen im Südlichen Afrika zu tun hat, als mit Nationalsozialismus. Ein großes Problem ist jedoch, dass aufgrund der Entwicklung des Staates Israel nach dem Holocaust und der historischen Legitimation des Zionismus und Israels aus der Erfahrung des europäischen Antisemitismus und des Holocausts (und oft auch seiner politischen Instrumentalisierung durch israelische und US Amerikanische Rechte) holocaustleugnende und andere antisemitische Schriften aus Europa (wie den frei erfundenen Protokollen der Weisen von Zion) in der Arabischen Welt nach wie vor auf fruchtbaren Boden fallen. Hinzu kommt eine politische Instrumentalisierung des Palästinaproblems durch viele arabische Staaten, die nicht am Schicksal der PalästinenserInnen interessiert sind, sondern in Israel einen Sündenbock gefunden haben, um von innenpolitischen Problemen abzulenken.
Nicht nur der säkularen arabischen Nationalismus, sondern auch der Islamismus (der den Nationalismus als dominante Ideologie der Intellektuellen in weiten Teilen des Nahen Ostens abgelöst hat) bedient sich Stereotypen und Argumentationsmuster, die aus dem europäischen Antisemitismus stammen. Bin Laden redet z.B. vom Kampf gegen Zionisten und Kreuzzügler.
Antisemitismus in der Linken - Geschichte[edit]
Wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen, so hat es auch in der Linken in Europa immer Antisemitismus gegeben. Im 19. Jahrhundert waren einige Stereotype von Juden so weit verbreitet und als selbstverständlich angesehen, dass sie auch von linken Theoretikern teilweise unkritisch aufgegriffen wurden. ... Karl Marx: Zur Judenfrage [1]
Eindeutig antisemitisch war der auch als ein Begründer des Anarchismus bekannte Proudhon (1809 – 1864).
Auch in der Sozialdemokratischen Partei, der Partei der deutschen Arbeiterbewegung, waren im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, antisemitische Stereotype verbreitet. Aufgrund der internationalen Ausrichtung der sozialistischen Bewegung waren diese Stereotype aber sicherlich weniger verbreitet als basierend auf dem früher bereits bestehenden kirchlichen Antijudaismus durch einen immer stärkeren Deutschnationalismus auf der rechten Seite des Parteienspektrums. Entsprechend gehörte die SPD politisch zu den wichtigsten Gegnern des Antisemitismus. Nicht zuletzt deshalb traten viele Juden und Juedinnen der SPD bei.
Die '68 Linken postulierten aufgrund ihrer generell gegen das politische Establishment gerichteten antiimperialistischen Haltung die notwendige theoretische und praktische Unterstützung palästinensischer Widerstandbewegungen. Diese Solidarität richtete sich entsprechend rasch gegen die israelische Politik, die im Widerspruch zur palästinensischen Befreiungsbewegung und im Einklang mit den imperialistischen Absichten der USA aufgefasst wurde. Zur Abgrenzung gegen den Antisemitismus von rechts wurde diese politische Haltung als antizionistisch bezeichnet. Von Gegnern der 68er-Linken wurden dann aber rasch der Vorwurf des linken Antisemitismus - was als politisches Totschlagsargument weit wirksamer zu sein schien als der ebenfalls erhobene Vorwurf des Antiamerikanismus. Zwar wurde und wird von einigen Bewgungen aus dem Umfeld der Neuen Linken das Existenzrecht Israels angezweifelt und stattdessen ein binationaler Staat der Juden und Palästinenser gefordert. Von den meisten linken Bewegungen wird aber heute sowieso die Zweistaaten-Lösung Israel und Palästina statt eines binationalen Staates der Juden und Palästinenser als zukunftsfähige Lösung angesehen, so dass eine Verwechslung von Antizionismus und Antisemitismus heute ungleich schwieriger ist. In der Vergangenheit ging diese Solidariät mit dem palästinensischen Widerstand auch soweit, dass Anschläge auf jüdische Einrichtungen verharmlost oder in Extremfällen (RAF) begangen wurden. Diese Taten Einzelner sind aber keineswegs charakteristisch für Bewegungen aus der 68-Bewegung bezüglich Antisemitismus (frühere prominente Exponenten wie Daniel Cohn-Bendit und Joschka Fischer sind eher proisraelisch), wie auch Aeusserungen von Hohmann oder im Historikerstreit auch nicht die generelle Haltung der CDU/CSU zu Antisemitismus widergeben.
Antisemitismus in der deutschen radikalen Linken - heute [edit]
Seit den 1980er und vor allem den 1990er Jahren ist es in der bundesdeutschen Linken verstärkt zur (selbstkritischen) Auseinandersetzung mit Antisemitismus gekommen.
Radikallinke Theorien über den Antisemitismus[edit]
In der radikalen Linken in Deutschland sind einige vom Marxismus und der Kritischen Theorie (Frankfurter Schule) inspirierte Theorien des Antisemitismus populär. Das in den 1940er Jahren geschriebene Buch "Dialektik der Aufklärung" von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno enthält ein "Elemente des Antisemitismus" betiteltes Kapitel, in dem unter anderem an Freudianische Konzepte angeknüpft wird (z.B. Projektion). [2] An Horkheimer und Adorno knuepft Detlev Claussen an. [3] Ein weiterer in der radikalen Linken in Deutschland einflussreicher Text ist ein aus den 1980er (?) Jahren datierende Artikel von Moishe Postone, der an die Marxsche Werttheorie anknüpft. [4]
Siehe auch[edit]
Weblinks[edit]
Zum weiterlesen: Artikel zum Antisemitismus bei www.wikipedia.de
Antisemitismus [5]
Judenfeindlichkeit [6]
Judenfeindlichkeit heute [7]
Arabischer Antisemitismus [8]
Quellen:
Dokumentation des "Antisemitismusstreits" in der bundesdeutschen radikalen Linken [9]
Dokumentation der Anti-Defamation League (bürgerliche Organisation aus den USA) zum weltweiten Antisemitismus [10]
Stephen Roth Institute for the Study of Contemporary Antisemitism and Racism (Institut in Tel Aviv/Israel) [11]
Kategorie:Antagonistische Theorie Kategorie:Herrschaft Kategorie:Antisemitismus