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Zudem: Wenn wir davon ausgehen, dass es zahlreiche libertäre Kurden gibt, dann dürfte ziemlich sicher sein, dass keine dieser Gruppen oder Einzelpersonen sich PKK nennen würde. Trotzalledem, wenn sich jemand ernsthaft mit Bookchins Aussagen beschäftigt, ist dies willkommen, für eine autoritäre Kaderorganisation vereinnahmen lassen sich libertäre Aussagen aber nicht. | Zudem: Wenn wir davon ausgehen, dass es zahlreiche libertäre Kurden gibt, dann dürfte ziemlich sicher sein, dass keine dieser Gruppen oder Einzelpersonen sich PKK nennen würde. Trotzalledem, wenn sich jemand ernsthaft mit Bookchins Aussagen beschäftigt, ist dies willkommen, für eine autoritäre Kaderorganisation vereinnahmen lassen sich libertäre Aussagen aber nicht. | ||
Revision as of 11:05, 3 September 2006
Murray Bookchin wurde am 14.01.1921 in New York (USA) geboren und starb am 30. Juli 2006 in Burlington (USA). Seine Eltern waren russische Imigranten. Mit neun Jahren wird Bookchin Mitglied in der kommunistischen Jugendgruppe Young Pioneers, neun Jahre später lässt er sich nach einer öffentlichen Stalin-Kritik aus der Young Communist League ausschließen und wendet sich dem Trotzkismus zu.
In New Jersey arbeitete er in einer Gießerei und als Gewerkschaftsaktivist bevor er der U.S. Armee beitrat. Später arbeitete er in der Autoindustrie, verließ die Branche und die Gewerkschaften aber nach dem General Motors Streik von 1946.
Seine Interessen verschoben sich auf die Umwelt und das Schreiben, er schloss sich dem Kreis um die Zeitschrift Contemporary Issues an, ehemalige Trotzkisten um den Deutschen Emigranten Joseph Weber. In Contemporary Issues (und parallel in der deutschsprachigen Ausgabe Dinge der Zeit) veröffentlichte er seine ersten Artikel, u.a. zur Lebensmittelchemie. Bookchin zählt deshalb zu den Vorbereitern der ökologischen Bewegung. Als Theoretiker fühlte er sich dieser Bewegung eng verbunden, durchschaute aber im Gegensatz zu den GRÜNEN, dass der Beherrschung der Natur durch den Menschen auch immer Hierarchie und Machtstreben zugrundelagen. In der Ablehnung von "Hierarchie und Herrschaft" entwickelte Murray Bookchin eine anarchistische Ethik und Philosophie. Er schätzte die deutsche Philosophie von Kant bis Adorno, geschult am Spanischen Bürgerkrieg und der Spanischen Revolution entwickelte er eine "Soziale Ökologie", die auf Dezentralisierung, dualer Gegenmacht, Selbstverwaltung und Selbstorganisation aufbaute, den Klassenkampf alter Prägung ablehnte und stattdessen auf Stadtteilarbeit, Bürgerversammlungen und direkte Demokratie setzte. Wichtiges Vorbild war für ihn die Polis der griechischen Städte im Altertum, deren Bürgerversammlungen und gleichberechtigte Entscheidungsmöglichkeit der männlichen Vollbürger er vorbildhaft sah, auch wenn ihm bewusst war, dass dieses urdemokratische Verhalten als Kehrseite und Widerspruch die Frauen ausschloss und auf zudem Sklaverei basierte. Ohne diese Kehrseite sah er aber Züge, die nachahmenswert schienen. Seine Ideen und Theorien veröffentlichte er in Büchern, Interviews und Artikeln.
Von 1977 bis 1981 lehrte er am Ramapo College in New Jersey.
In Burlington wurde Bookchin Ideengeber einer grünen Bewegung, die sich aber immer kritisch und ablehnend mit der Grünen Partei der USA auseinandersetzte! 1971 beteiligte er sich an der Gründung des »Institutes für Soziale Ökologie« [1] in Plainfield, das bis März 2006 existierte und zeitweise zum organisatorischen Zentrum einer internationalen Bewegung für "Libertären Kommunalismus" werden konnte. (Das Institut wurde aufgelöst, der Platz verkauft, die Seminare sollen in Burlington an anderen Orten fortgeführt werden. Die Bibliothek von 6000 Bänden wird im Burlington College öffentlich zugänglich bleiben.) Höhepunkt dieser Organisationsversuche für einen pragmatischen Anarchismus, der sich international politisch auf kommunaler Ebene organisiert, waren die Kongresse in Lissabon 1998 und Vermont 1999. Leider konnten die positiven Ansätze aus Lissabon (26. -28.08.98) ein Jahr später nicht fortgesetzt werden, zu "amerikanisch" wurden bereits im Vorfeld potentiell Interessierte durch ein Screening-Verfahren von der Teilnahme ausgeschlossen. Die Angst, Saboteure als Teilnehmer auf der Konferenz empfangen zu müssen, führte letztlich zum Scheitern der 2.internationalen Konferenz und verwies die Ideen zurück an die jeweils interessierten Gruppen. Trotzdem zeigte die Initiative, dass es möglich ist international über einen Provider zu diskutieren, Schritte abzustimmen und zu gemeinsamen Positionen und Aktionen zu kommen, die ein neue libertäre Bewegung international voran bringen könnten.
Am 30. Juli 2006 verstarb Murray Bookchin im Alter von 85 Jahren. Er hinterließ seine Lebensabschnittsgefährtin Janet Biehl; Sohn Joseph Bookchin; Tochter Debbie; und seine Ex-Frau und lebenslange Freundin Beatrice Bookchin.
Werke
- Lebensgefährliche Lebensmittel (1955)
- Our Syntheic Environment (1962)
- Crisis in Our Cities (1965)
- Post-Scarcity Anarchism (1971)
- The Limits of the City (1973), (1986) (dt. Die Grenzen der Stadt)
- Spontaneität und Organisation (1974), Karin Kramer Verlag, Berlin
- Für eine befreiende Technologie (1975), in: Unter dem Pflaster liegt der Strand, Bd.2
- The Spanish Anarchists (1976), Harper Colophon Books, New York
- Pour Une Société Écologique (1976)
- Die Formen der Freiheit. Aufsätze über Ökologie und Anarchismus(1997), Verlag Büchse der Pandora, Asslar-Werdorf
- Die Grenzen der Stadt (1977), Verlag Jakobsohn, Berlin
- Selbstverwaltung. Die Basis einer befreiten Gesellschaft - Murray Bookchin, Luciano Lanza u.a., hrsg. von Wolfgang Haug, (1979), Trotzdem-Verlag, Reutlingen
- Hör zu Marxist - von Morray Bookchin (1979), Winddruck Verlag, Siegen
- Auf Englisch
- Toward an ecological society, (1980), Black Rose Verlag, Montreal
- Hierarchie und Herrschaft (1981), Karin Kramer Verlag, Berlin
- Interview mit Murray Bookchin von Hannelore Wegener (1991), in: Unter dem Pflaster liegt der Strand, Bd.9
- Natur und Bewusstsein - von Murray Bookchin (1982), Winddruck Verlag
- The Ecology of Freedom (1982), überarbeitet (1991)
- Murray Bookchin: Die Radikalisierung der Natur - Zur Ethik eines radikalen Naturverständnisses, in: Schwarzer Faden Nr.17 (1985)
- Murray Bookchin: Thesen zum Kommunalismus, in: Schwarzer Faden, Nr.19, 1985 (dazu: Diskussionen in SF 21 und 22)
- Die Ökologie der Freiheit. Wir brauchen keine Hierarchien.' (1985), Beltz Verlag
- The Modern Crisis (1986)
- The Rise of Urbanization and the Decline of Citizenship (1987), Sierra Club Books, San Francisco (neu als: Urbanization without Cities, Black Rose Verlag (1992))(dt. als: Agonie der Stadt)
- Interview mit Murray Bookchin vom Oktober 1984, 2 Teile, in: Schwarzer Faden Nr.26 und 27 (1987 und 1988)
- Introductory Essay, in: The Anarchist Collectives, by Sam Dolgoff (1990), Black Rose Verlag, Montreal
- Remaking Society (1989),(1990), South End Press, Boston (dt. Die Neugestaltung der Gesellschaft)
- Defending the Earth (mit Dave Foreman) (1991)
- The Philosophy of Social Ecology (1990), (1995)
- Murray Bookchin: Über die Aufklärung, in: Schwarzer Faden, Nr.39 (1991)
- Murray Bookchin: Libertärer Kommunalismus - ein Konzept für eine konkrete Utopie, in: Schwarzer Faden Nr.43 (1992)
- Die Neugestaltung der Gesellschaft - von Murray Bookchin (1992), Trotzdem Verlag, Grafenau
- in diesem Buch befindet sich im Anhang eine 42-seitige Bibliographie von Bookchins Werken mit den verschiedenen Ãœbersetzungen bis zum Jahr 1990, zusammengestellt von Janet Biehl zu seinem 70. Geburtstag (14.01.1991)
- Anarcho-Syndicalisme & Anarchisme (1994), Atelier de création libertaire, Lyon
- To remember Spain. Essays (1994), AK Press, San Francisco
- Murray Bookchin: Die Frage nach der Zukunft der Städte, in: Schwarzer Faden, Nr. 50 (1994)
- Which Way for the Ecology Movement? (1994), AK Press, San Francsico
- "Anarchismus ist sehr schick geworden". Interview mit Murray Bookchin in Burlington/Vermont von Wolfgang Haug, in: Schwarzer Faden, Nr.52 (1995)
- Social Anarchism or Lifestyle Anarchism (1995), AK Press, San Francisco
- Die Agonie der Stadt. Aufstieg und Niedergang des freien Bürgers, (1996), Trotzdem Verlag, Grafenau
- Murray Bookchin: Die Einheit von Ideal und Praxis (Kritik an Chomsky), in: Schwarzer Faden Nr.61 (1997)
Über Libertären Kommunalismus
- Lissabon-Bericht: Libertärer Kommunalismus - eine Erneuerung des Anarchismus von Wolfgang Haug, in: Schwarzer Faden Nr.66 (1998)
- Die neue Bewegung für einen libertären Kommunalismus steckt gleich in der Krise. Die Konferenz von Plainfield 1999 von Wolfgang Haug, in: Schwarzer Faden, Nr. 69 (1999)
Ãœber Bookchin:
- Cornelia Wicht: Der Ökologische Anarchismus Murray Bookchins (1980), Verlag Freie Gesellschaft, Frankfurt
- Ulrike Heider: Die Narren der Freiheit. Anarchisten in den USA heute (1992), Karin Kramer Verlag, Berlin
- Bob Black: Anarchy after Leftism (1997), Columbia Alternative Library
Nachrufe
Es ist sicherlich ungewöhnlich an einen Nachruf kritische Fragen zu stellen; dennoch möchte ich zwei drei Dinge zu diesem Nachruf einer PKK-Gruppe anmerken. Erstens verstand sich die PKK sicherlich nicht als "libertär", zweitens wurde sie aufgelöst. Wenn es nun Nachfolgegruppen geben sollte, die sich wieder unter der Bezeichnung PKK äußern oder politisch betätigen, so dürfte die Frage im Raum stehen, für wen diese Gruppe eigentlich spricht? Sollte es sich wirklich um die PKK handeln, wäre die Frage, wieviel Einfluss hat diese libertäre Gruppe auf die Gesamt-Organisation, die bislang immer als hierarchische Kaderpartei aufgetreten ist. Zudem: Wenn wir davon ausgehen, dass es zahlreiche libertäre Kurden gibt, dann dürfte ziemlich sicher sein, dass keine dieser Gruppen oder Einzelpersonen sich PKK nennen würde. Trotzalledem, wenn sich jemand ernsthaft mit Bookchins Aussagen beschäftigt, ist dies willkommen, für eine autoritäre Kaderorganisation vereinnahmen lassen sich libertäre Aussagen aber nicht.
Weblinks
- Indymedia: Murray Bookchin im Alter von 85 gestorben
- Video von 1979 auf YouTube, englisch