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Contents
KinderRÄchTsZÄnker wollen grundsätzliche Veränderungen
Alles hat mit einigen einfachen Fragen angefangen, z.B.: Dürfen Eltern Dich zwingen, Klamotten anzuziehen, die Du nicht willst? Wann wird ins Bett gegangen? Darf Lehrer auf Klo gehen verbieten? Insgesamt war schnell eine ganze "Fibel" mit Problemen von jungen Menschen zusammengetragen. Das war 1992. Die Gruppe, die sich diese Arbeit gemacht hatte, gab sich den Namen KinderRÄchTsZÄnker, kurz K.R.Ä.T.Z.Ä. Seitdem gibt es im Verein Netzwerk Spiel/Kultur Prenzlauer Berg e.V. ein Projekt, in dem sich Jugendliche mit der Gleichberechtigung von Menschen unabhängig vom Alter beschäftigen. Und neben den alltäglichen Ungerechtigkeiten, denen junge Menschen häufig ausgesetzt sind, stießen sie beim Nachdenken schnell auf mehrere sehr allgemeine Punkte, die die ganze Gesellschaft betreffen: Woher nehmen Eltern das Recht, ihren Kindern Vorschriften zu machen? Ist die Schulpflicht sinnvoll oder sollte sie nicht besser durch ein Bildungsrecht ersetzt werden? Warum haben Kinder kein Wahlrecht?
Mit diesen und ähnlichen Fragen haben sich die KinderRÄchTsZÄnker in den letzten Jahren beschäftigt.
Kinderinteressen
Hauptfrage war immer wieder, wie erreicht werden kann, daß sich tatsächlich etwas ändert. Die KinderRÄchTsZÄnker haben auf mehreren Kinderparlamenten, bei "Kids beraten Senator", Kindertagen, Kinder-"Gipfeln" und ähnlichen Veranstaltungen die Erfahrung gemacht, daß es dort fast unmöglich ist, wesentliche Dinge zu diskutieren, geschweige denn, wirklich etwas zu beeinflussen. Typische Forderungen bezogen sich meist auf allgemeine Probleme (die die Erwachsenen eigentlich schon kennen und selbst lösen könnten), wie zum Beispiel die verstärkten Bemühungen der Bundesregierung zur Verbreitung der Energiesparlampe oder das Einrichten einer Tempo-30-Zone, sichererer Überwege vor Schulen, die Qualität des Schulessens und dergleichen. Diese Themen erfassen - so wichtig sie sind - nach Meinung der K.R.Ä.T.Z.Ä. das Hauptproblem nicht: Kinder werden von Erwachsenen nicht wirklich ernst genommen. Vielfach nutzen Politiker Begegnungen mit Kindern zur Selbstdarstellung. Im Zweifelsfall entscheiden sich die Erwachsenen, gerade auch die Politiker, nicht für die Kinderforderungen. Kinder werden von ihnen nicht als Subjekte mit tatsächlich gleichberechtigten Interessen wahrgenommen.
Eine weitere Besonderheit vieler Kindermitbestimmungsinitiativen besteht darin, daß das Thema Schule vielfach ausgeklammert bleibt. Es wird zwar viel über die Gewalt in der Schule geredet, daß aber die Gewalt der Schule, also die vom Schulsystem ausgehende Gewalt, vielleicht eine Ursache für die Gewalt von Jugendlichen ist, das wird nur selten bedacht.
K.R.Ä.T.Z.Ä.-Aktionen
Also: wie kann was geändert werden? Die K.R.Ä.T.Z.Ä.- Leute haben das Plakat "Was wir an der Schule falsch finden" herausgegeben - und festgestellt, daß es viele Leute toll und richtig finden. Allerdings hat es noch nicht dazu geführt, die aufgeführten Mängel abzuschaffen. Die K.R.Ä.T.Z.Ä.- Leute sind von Journalisten interviewt worden und haben Prüfsteine für die Bundestagswahl 1994 herausgegeben. Von den Parteien kamen daraufhin fast ausnahmslos allgemeine dicke Broschüren, die auf die Fragen nicht eingingen.
Schließlich ging die Gruppe - vertreten durch zwei ihrer Mitglieder im Alter von 13 und 16 Jahren - vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und verlangte, nicht länger vom Wahlrecht ausgeschlossen zu werden. Auch wenn die Verfassungsbeschwerde ohne inhaltlich behandelt worden zu sein nicht zur Verhandlung angenommen wurde, hat sie ihre Wirkung gehabt. Denn das Thema wurde und wird noch überall diskutiert. Solange nicht alle Menschen mitbestimmen können, handelt es sich nicht wirklich um Demokratie. An diesem Punkt lassen die KinderRÄchTsZÄnker nicht locker.
Eine andere große Aktion bestand darin, daß 17 Jugendliche für vier Wochen nach Nicaragua gereist sind, um sich mit der dortigen Kinderbewegung zu treffen und zu ergründen, ob es sinnvoll ist, Kinderarbeit zu ächten - oder statt dessen zu achten, wie es die Kinderbewegung fordert? Durch Arbeiten kann man viel lernen, die Erfahrung machen, wichtig zu sein und Verantwortung übernehmen. Außerdem könnte man finanziell unabhängiger werden. Natürlich müssen Ausbeutung und Mißbrauch verhindert werden. Aber ist das allgemeine Kinderarbeitsverbot dazu das richtige Mittel
Die letzte große Aktion von K.R.Ä.T.Z.Ä. ist noch nicht zu Ende: Ist es sinnvoll, Kinder zum Lernen zu zwingen? - Ein Gruppenmitglied hat, mit einer ausführlichen Begründung mehr als ein halbes Jahr nicht am Chemieunterricht teilgenommen, weil er sich gegen sinnentleerten Zwang wehren will und um die Diskussion um ein Recht auf Bildung auf den Punkt zu bringen. Dieser Fall liegt momentan noch beim Gericht. Aber die allgemeine Öffentlichkeit und viele Fachleute interessieren sich bereits jetzt sehr dafür.
Wer bei den KinderRÄchTsZÄnkern mitarbeiten will oder sie und ihre Forderungen genauer kennenlernen möchte, der kann Montag bis Freitag nachmittags in unseren Laden in der Dunckerstr. 11 vorbeikommen. Seit März '96 ist K.R.Ä.T.Z.Ä. im Internet.